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Sollte es nicht möglich sein, die Figuren des Denkmals im originalen Zustand an der jetzigen Stelle zu erhalten so wäre es wohl das Richtigste, sie in das Bautzener Museum zu überführen und am Schloßturm wetterbeständige, getreue Kopien anzubringen. Die baldige Herstellung von Gips- oder Kunstst ein er bgüssen nach den Figuren des Cörvinus-Denkmals er scheint aus alle Fälle als eine der vordringlichsten Aufgaben Bautzener Denkmalspflege. Noch wünschenswerter wäre natürlich die Anfertigung guter Kopien in hartem (etwa Postaer) Sandstein durch'einen zu dieser Arbeit geschickten Bildhauer. Bei einer Restaurierung des Denkmals möchten sodann der üvsteirrkünstlerischen Wirkung halber die heute leeren Rahmemfeider zu beiden Seiten der Trennische wieder ent- sprechend gefüllt werden. Aus alten Abbildungen wissen wir, daß sich auf diesen Flächen ehemals plastischeWappen der von König Mathias beherrschten Länder befanden. Als Quelle hierfür kommen in erster Linie die „Lausitzischen Merkwürdigkeiten" .Samuel Großers vom Jahre 1714 in Betracht. Großer bringt nach Seite 152 (des 1. Teiles) einen Kupferstich, der zur Rechten des Königs 3 und zu seiner Linken 4 übereinander gereihte, in gotischen Ranken aufgehängte Wappen zeigt. .Die Beschreibung dazu lautet: „Um und um sind die Wapen der Königreiche Ungarn, Kroatien, Dalmatien, Böhmen, wie auch der Herzogthümer Österreich, Schlesien, Steher, Mähren, Lausitz." Johann Benedikt.Cabpzow (Ehrentempel der Oberlausitz, 1719, Seite'244/5) bestätigt die Angaben Großers unter Berufung aus eine Beschreibung Benjamin Leuber's (Ve8- criptio nrcis Ortenburg cmp. VlI 76) und fügt noch hinzu, daß. sämtliche Wappen „aus guten Stein" ge- hauen seien. . Unter Zugrundelegung des Großerschen Stiches gibt Fritz Rauda iu seinen Untersuchungen über die „mittel alterliche Baukunst Bautzens" (Görlitz, 1905) eine Rekon struktion des Denkmals. 'Auch Cornelius Gurlitt greift-in seiner beschreibenden Darstellung der älteren Bau« und Kunstdenkmäler Sachsens (33.Heft: Bautzen, 1909) auf Größer zurück, irrt aber offen bar, wenn er auf Seite 186,angibt, daß sich im Giebelfelds die Wappen des Königreichs Ungarn und ein solches'mit dem Reichsadler (mal) befinden, und daß die schmäleren Felder seitlich vom Mittelteil die Wappen der übrigen Pro vinzen des Reiches (Kroatien,Dalmatien, Österreich,Schlesien Steiermark, Mähren und Lausitz) enthalten hätten. -Die beiden^ heule noch vorhandenen Wappen unter der Stephanskrone im Giebelfeld sind als die Wappen von Ungarn, Dalmatien, Böhmen und Mähren anzusprechen. Ungarn: 4 Streifen, Böhmen: aufgerichteter, gekrönter, doppelschwänziger Löwe, Dalmatien: 3 Leopardenköpfe, . . Mähren: geschachter, gekrönter Adler. Die seitlich der Trennische ausgehängten Wapp ei trugen nach dem Großerschen Kupferstich folgende Bilder Zur Rechten des Königs, oben: 2 Kronen (vermutlich Galizien),. , in der Mitte: Rabe mit RinF-im Schnabel (per sönliches Wappen des Mathias Coroinus) unten :aufgerichteter, nach links gewendeter Löwe (Deutung ungewiß, event. Luxemburg), durch glückliche Umstände größere Reste der alten Polh- chromie erhalten haben, so würde es sich empfehlen, nur die vorhandenen Farben aufzusrischen, eventuell stellenweise zu übergehen und einigeRetouchen undTönungcn vorzunehmen. Jedenfalls sollte dann nicht ohne wcitikres ein völlig neuer, tMMlistischer Farbenüderzug über das Denkmal gelegt. >MWi. In dieser Hinsicht hat man schlimme Erfahrungen bei der Restaurierung der berühmten Naumburger Stislet- siguren und der „Paradies-Skulpturen" am Freiburger - Münster gemacht. Beide Werke sind nach sachverständigem Urteil infolge zu starker moderner Bemalung für den künstlerischen Genuß heute so gut wie verloren (ogl. Ma; Saüerlandt, Deutsche Plastik des Mittelalters, K.R. Langewiesche, Düsseldorf und Leipzig 19ll, Seite 11)' Als Beispiel besonders gut gelungener Wieder herstellung einer ehemals polychroiken gotischen Skulp tur, die auch durch einen monotonen Ölfärbenanstrich ent stellt worden war, möchte ich die kürzlich vollendete Frei- legung der vielgenannten „Nürnberger Madonnck" im Germanischen Nationalmuseum ansühren. Man begnügte sich dabei mjt Recht, die alte Fassung so gut wie möglich unter den späteren Ölsarbenschichten hervorzuhokcn, ohne die in der Fassung vorhandenen Schäden durch Ncübemalung ganz zu verdecken. Allerdings ist zuzugeben, daß die Auf gabe bei der Nürnberger Statue eine ungleich leichtere war, da es sich dort um Holz als'Material und-nicht um zer bröckelnden Sandstein, wie beim Corvinusdenkmal,"handelt. Immerhin dürste es sich lohnen, das Nürnberger Beispiel fruchtbringend zu verwerten (ogl. Bericht von F.H. Zimmer mann im Anzeiger des Germanischen Nationalmuseums. 192 t. Seite 3-^7 m. Abb.) ' Weiterhin muß mit der Möglichkeit gerechnet werden, daß am Coroinus - Denkmal unter dem Ölfarbenanstrich überhaupt keine Spüren der alten farbigen Fassung mehr vorhandeü sind und daß der Sandstein bereits von innen heraus so weit derwittert ist, daß er nach Abnahme der deckenden Ölfarbenljaüt völlig zerfällt. Bei verschiedenen Skulpturen deL Dresdener Zwingers war dies leider der Fall. .Unter diesen Umständen würde es sich fragen, ob man mit der Abnahme des Öisarbenanstrichs weitergeht. Dies dürfte meiner Ansicht nach nur dann geschehen, wenn man aus . Grund der neuesten Erfahruitgen im Restaurierringswesen mit Sicherheit im Stande wäre, dem kranken Stein durch Imprägnieren mit einem Steincrhaltungsmitt'el neue Festig keit und Cohaerenz zu verleihen. Jedenfalls wäre es sehr zu bedauern, wenn man nach 'EntfernurH.des Ölsarbenanstrichs/genötigt wäre, inte grierende Bestandteile der Figuten durch sog. Führungen, d. h. durch so gch wie möglich nachgearbcitete und eingepaßte Sandfteinstücke zu ergänzen. Man muß sich darüber klar sein, daß dcmn schließlich nur noch eine moderne Kopie an Stelle des unwiederbringlich verlorenen Originals treten würde. Dieser Gedanke ist unerträglich bei der Bedeutung,' die dem Coroinus-Denkmal als einer der seltenen spät gotischen MonumentalSkulpturen mit notorischer Porträtähnlichkeit zu kommt.- Gs sei in diesem Zusammenhang an die urkundlich beglaubigte Tatsache er- innerr, daß- das Modell der Siatue drejmial nach BudÄ« pest geschickt werden mußte, um dem König Gelegenheit zr? geben, die Ähnlichkeit Nachprüfen und verstärken zu lassen (sgl. Mani.ius in Hoffmanno 8criptore8 reimm Iu8oti- carUm, 171S, lib. VI, csv. 1l5 pax. 394). . '