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trösten, bis er wieder mehr Geld habe. Da er aber sein Versprechen nicht einlösen und überdies den Wassermann in der Trunkenheit verhöhnt hatte, erschien dieser eines Mor gens im grünen Wams und roten Käppchen vor dem Bauernhof und wollte mit einem großen Stein das Tor verrammeln. Dem Bauern wurde Angst, und er redete dem Wassermann zu, von seinem Vorhaben abzulassen, er solle auch den versprochenen Lohn haben. Erst wollte der Wasser mann nichts davon wissen, sagte aber dann: „Ich trage ihn fort, falls Euer Hahn in neun Minuten kräht, sonst müßt Ihr mir neun Laibe Brot geben." Da krähte der Hahn, und der Wassermann trug den Stein weg und warf ihn in die Gemeindebüsche, nahe beim Nebelschützer Steige, wo er heute noch liegt. (Nach Meiche?) >) Vergl Oberlaus. Heimatzeitg. 1924 S. 105, S. 172. 2) Nur auf einem einzigen Rundhöcker auf rrekt. Kamenz fanden fick Ende 1V9 Schrammen, nämlich auf Proterobasgana löcken in Zschuckes Steinbruch bei Wieso (Annsh Kamenz). — Beyer, R. I. Geol. Führer durch die Lausitz, Berlin 1914, S 123. 2) Sekt Kloster Et. Marienstern der Geol. Spez. Karle v Sachsen. (Bi. 37 v. O H rrmann) Leipzig 18 2. E^iäuterunacn S. 26. «) Stephan, G Der ..Steinerne Frosch" bei Miltitz. Mitt. Sachs. Heimatschutz, Bd. X, D esden 1921. S 162-164. Die bei- geoebene Abbildung zeigt deutlich die Froschgestalt des Rund- böckers. ') Im Sommer 1889 durch Steinbruchbetrieb zerstört. — Sekt. Kamenz d Geol Spez. Karte o. Sachsen. (Bl. 36 v. E. Weber) E'läu, S. 33-34 °) Anonymus. Volkssaqen der Lausitz. Nr. 11. Der Frosch. Noch Laus Mag, Bk> 16, Görlitz 1838. S. 136-138. — Gräoe, H G. Bolkstaaen und voikstüml. Denkmale der Lausitz. Bautzen 1839. S. 79. — Haupt, K. Sagenbuch der Laosin, I. Leipzig 1861. S. 179-180. ?) Meiche, A. Sagenbuch des Königreichs Sachsen. Leipzig 1903. S 389-3"1. Das Karl Iägersche Bethlehem im alten Bautzener Gewandhause Obl. i. R. F. W i l h e 1 m - Bautzen e älter man wird, desto klarer treten die Ereignisse der frühen Jugendzeit wieder vor unsere Seele. Es ist etwas ganz Besonderes um das erste Erleben eines Menschen. Mögen auch die späteren Jahre viel Wichtigeres bringen, was unfern Lebensgang beeinflußt, die Zeit läßt diese Ereignisse verblassen. Was wir aber in früher Jugend erlebt haben, hat so fest Halt und Gestalt in unserer Seele gewonnen, daß es selbst in den Träumen häufig wicderklingt. Darum, ihr Ellern, sorgt dafür, daß eure Kinder schöne Iuqenderinnerungen mit ins Alter nehmen! Die Weihnachtszeit ist so recht geeignet dazu. Es sei mir deshalb gestattet, eine Kindheitserinnerung wieder aufleben zu lassen, die gewiß noch viele ältere Leute mit mir teilen werden, die Erinnerung an das schöne Iägersche Bethlehem, das jedes Jahr um die Weihnachtszeit im allen Gewandhause zur Freude von jung und alt zu sehen war. Karl Jäger war ein kleiner Mann von unscheinbarem Äußeren, von nur wenigen gekannt, Kassenbote bei der Gesellschaft Societät, der in dem Hause auf der Äußeren Lauenstraße eine kleine Ober- stube bewohnte, wo jetzt die Lauenschänke ist. — Kurz vor Weih nachten lud er regelmäßig durch die Bautzener Nachrichten „das hochgeehrte Publikum Bautzens und der Umgebung ergebenst ein, seine Ausstellung biblischer Svenen, die er wieder vermehrt und verbessert habe, zu besuchen. Erwachsene zahlen 2 Groschen, Kinder die Hälfte, Standespersonen nach Vermögen." Der Er trag dieser Ausstellung gewährte dem bescheidenen Manne im wesentlichen die Mittel zu seinem Lebensunterhalte. Da mochte der Wind noch so stark um die Straßenecken pfeifen, der Schnee noch so hoch liegen und in Ohr und Nase geweht werden, man ließ der Mutter nicht eher Ruhe, bis sie uns recht warm anzoq — was wir sonst gar nicht leiden mochten — und mit uns Kindern abends um 6 Uhr „aufs" Gewandhaus ging ins schöne Bethlehem. Vom Hauptmarkte stiegen wir auf einer langen, geraden F-eitreppe zum ersten Stockwerk hinauf. Wir kamen in einen großen, finste-n Bodenraum, aus dem uns eisige Luft entgegendrang. Der schwache Schein einer Öllampe ließ uns die dunkeln, dicken Balken sehen die die Decke des zweiten Stockwerks trugen und die breiten, von der Zeit zermürbten Dielen. Früher hatten hier die Tuchmacher ihre Stände gehabt, jetzt exerzierten die Soldaten hier, wenn es auf der Schießbleiche gar zu windig war. Dann ging's auf einer Holztreppe zum zweiten Boden hinauf. Hier hielten um Weihnachten gewöhn lich die Schuhmacher seil. Jeder Meiner hatte an dem Rahmen- gestell, an dem die Sckuhe und Stiefel hingen, auch eine Laterne mit einem Rüböllämpchen aufgehängt — Petroleum durste wegen der Feuersgefahr nicht gebrannt werden. Von hier aus führte eine Türe in den Wollsaal, wo die Versteigerungen staltsanden, wenn in Bautzen Wollmarkt war. Hier wurde auch seit Baier Jahns Zeiten geturnt, weil es sonst keine Turnhalle gab. Jetzt hatte der Stadtrat den Saal zur Ausstellung des Bethlehems jreigegeben. Vor der Türe war die Kasse. Kinder ohne Ettern durften nicht herein; denn „Angreifen" war streng verboten. Nun tat sich die Pforte zu der ersehnten Herrlichkeit auf. Der erste Eindruck war für uns Kinder bezaubernd. Ein milder Lichtschimmer durchflutete den Raum mit seinen weiß getünchten Wänden. Der erste Blick schweifte hin über die im Halbkreise längs der Wände ausgestellten breiten Tafeln, auf denen man scheinbar unzählige Figuren, Häuser, Tempel, Bäume, Sand wege und nach dem Hintergründe zu Berge, Meere und Wolken übersehen konnte. Längs der Tischkanten waren in Abständen künstliche Palmbäume erricht->t, aus deren Kronen Lämpchen ihr Licht nach der Schaufelt» hin e'gossen, auch in den Häusern und Tempeln, hinter Büschen und Bergen strömte Licht hervor, so daß man alles recht gut zu sehen vermochte. Längs der Taseln lief rings herum ein erhöhter Tritt, daß auch die ganz Kleinen ihr Näschen über die Tischkante erheben konnten. Links war der Anfang, da stand der Stall von Bethlehem mit dem neugebornen Heiland so schön vor uns, wie die Kinder phantasie ihn nicht schöner sich denken konnte, links d>e Engel- Verkündigung, rechts kamen die Waisen aus dem Morgenlande mit großem Gefolge, und im Hintergründe sah man auf einem nach den Bergen sich hinziehenden Wege das nav Ägypten fliehende Ellernpaar (gefertigt 1822). Die Personen im Vorder- gründe waren nach meiner Erinnerung handgroß, aus Holz aufs feinste geschnitzt und mit bunten Farben sinngemäß bemalt, die Tiere, der Stall mit dem Strohdachs von der entsprechenden Größe, die ferneren Figuren in perspektivischer Verkleinerung. Jedes war ein Kunstwerk für sich in der Stellung, dem Gesichts ausdruck, dem Faltenwurf der Kleidung. Bon den vielen Schäf chen, den Hirten und den Englein, die aus den lichten Wolken herabschwebten, hatten nicht zwei dieselbe Bewegung. Man hätte hier stundenlang stehen und ansckauen mögen, wenn man nicht weitergedrängl worben wäre. Nun stand man vor der zweiten Gruppe: Der herrliche, große Tempel Salomons in Weiß und Gold mit einer weiten Säulenhalle, in der wir den zwölfjährigen Jesus, von den Schriftgelehrten umgeben, erblickten, wahrend die besorgten Ellern schüchtern näher traten (gef. 1847). Ich halte mich bei der weiteren Be'ch ribung der Szenen nun möglichst an den Wortlaut, den der Künstler in seinen Bekanntmachungen, wie ich sie in alten Budissinischen Nachrichten gesunden habe, selbst gewählt hat. In einem andern Teile dieses nach dorischer Ordnung gefertigten Tempels sehen wir eine große Szene von 57 Personen, welche vorstellt, wie Christus einen Gichlbrüchigen, der durch das Dach herabgelassen wurde, gesund machte (1847); wieder in einem andern Teile die Darstellung des Kindes (1839) und auf den Zinnen des Tempels erblickten wir Iesum, zu dem der Versucher spricht: „Bist du Christus, so laß dich hinab!" Weiter schreitend sahen wir das blaue Wasser des Jordans aus den Bergen hervorbrechen, in dem Jesus von Johannes getauft wurde, während aus lichten Wolken die Taube herabschweble