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Kultur und den Barbarismus aufgehen, der im Gasthofe zu Tanngrün herrscht." Der Sprecher musterte durch seinen Kneifer die Wirkung seiner Worte. Gottfried Liebscher blieb eine Weile still. Er überlegte blitz, schnell, datz so ein Zeitungsartikel nicht eben angetan sein würde, sein Sommergeschäft zu verbessern, und das Geschäft kam zuerst daran. Da mußte alles andere zurückstehen. „Sie haben mich doch wohl verstanden, mein Herr?" fragte der beleidigte „Deleschierte". Der Wirt warf ihm einen scheelen Blick zu. „Iech bien nö taub", brummte er. Dieser verdammte Lackfritze da sollte sich doch ver rechnet haben mit seiner Zeitungsschreiberei. Da drängte sich der schiefe Max an ihn heran. Mas hatte denn der nun? Hm, der Pilzpeppi hatte ihn eben geknufft, er solle doch mal wegen der Käthe fragen, jetzt, da der Wirt König ge worden sei, Hobe er wieder gute Laune. Er schluckte und druckte wieder, schüttelte die Arme, als sollten die Worte aus den Ärmeln rutschen und sagte endlich: „Herr Liebscher, iech wollt Ihnen ock froin, ob iech ond iech mecht...." Gottfried hätte jetzt grade Lust gehabt, auf den stotternden Löffler-Max zu hören. Die Zeit war wenig dazu angetan. „Loß miech e drei Teifls Noam e Ruh", fauchte er ihn an. Pilzveppi hatte sich hinter den Zögernden gestellt, der schon wieder Kehrt machen wollte. Ein energischer Stoß, da flog er bald dem Wirt um den Hals. „Woas wöllst denn nu du Gahnoaff wieder?" schrie der ihn an. „Iech, iech mecht Ihnen ock froin, ob ob Sie miär und ob Se welltn miär de Kath gähn." Gott sei Dank, das war heraus! Aber die Ungnade Seiner Majestät lag noch schwer auf dem Übeltäter. „Iech hoa been Leut zo verschenk». Wörscht abn dö Kath falber froin miffn." Das hätte ihm grade noch gefehlt, dem seine einzige Tochter zu geben. Weswegen steckte er denn schon wieder in'dieser ver dammten Zwickmühle. Nur wegen des albernen Löfflerjungen, der den Fremden hinausgeworsen hatte. Nein, der hatte es verspielt bei ihm. Da war doch der Rieger ein ganz anderer, wenn er auch nicht auf dem großen Geldsacke sitzen konnte. Selber fragen? Der Löffler-Max kratzte sich hinter den Ohren. Da mußte er sich erst Mut antrinken. Käthe erstaunte nicht schlecht, wie der Bursche ein Bierleichen Kognak verlangte. Das war doch sonst seine Schwäche nicht. Von dem Gespräch hatte sie nichts am Schanktisch vernommen. Das Stimmengesumwe hatte es verschlungen. Der Max ging mit seiner muterzeugenden Flüssigkeit hinaus vor das Haus. Jetzt ergriff der Städter wieder das Wort. „Also, Herr Kretschamwirt, ich gratuliere zum König. Durch die Art der Behandlung, die ich hier vorgesunden habe, ist natür lich der Zweck meines Besuches aufgehoben. Die Zeitung werde ich per Kreuzband zuschicken." Da grinste ihn Gottfried so recht niederträchtig an. „Sie komm sich wühl rajcht schlau vir, mei Lieber. Nu, denkn Sie ock nö, doaß iech su domm bien, wie Sie denkn. Do stömmt woas no goar nö. Berantwurtlch könn Sie miech ock machn, wenn iech Schötznkiench bien." „Das sind Sie doch." „Ötz hoa ch no goar nö gsoit, ob iech's oanahm, ond iech nahm 's abn ne oa. Iech pfeif druf." Aber da drängte sich Frinker-August, der Hauptmann, hervor. „Doas ös an Beteiligung", schrie er drohend. „Ond iech nahm's abn nö oa. War will miech denn zwing?" „Doas sticht be diär", sagte der Hauptmann ernst, „aber pseisn doarsst nö drus. Doas ös an Beteiligung." „Nu gut, do pfeif iech abn ne druf, aber Kiench bien'ch abn o ne." Der Fremde stand verdutzt da und wußte nichts zu sagen. Sollte ihm die geplante Genugtuung doch noch entgehen? Wütend stotterte er: „Das ist ja die reinste Komödie hier. Sowas kann auch nur hier in Tanngrün passieren. Ich sage Ihnen " Da schrie Pilzpeppi mit lauter Stimme: „Kath, breng mer halt no a Bier, 's sömfie kömmt." Dann kam er ganz langsam, aber mit unheildrohendem Gesichte auf den Städter zuqeschrilten. Der sagte kein Wort weiter, stülpte seinen Hut auf den Kopf und drängte sich zur Tür hinaus. Man sah ihn nicht mehr wieder. Auch die Zeitung durchsuchte dann der Kretschamwirt drei Wochen lang vergebens. „War ös'n nanu Kiench?" ging die Frage durch die Runde. „Ommer ward am besten gschossn Hot," sagte der Wirt und sah den Rieger-Franz an. Der wehrte hastig ab und erwiderte: „Nee nee, iech bdank miech fer die Ihr. Iech hoa ne's Geld derzu, doaß'ch's kennt zon Fauster nausschmeißn." Da warf sich der Kretschamwirt von Tanngrün, Gottfried Liebscher, in die Brust und sagte gewichtig: „Doas loaß ock mein Sorg sein. Iech dächt, der Schwiegersuhn von Kratschnwört, dar kennt'ch's schonn amo leistn, Schötznkiench zo sein." Das kam dem Franz so überrascht, daß er gar keine Wort fand. Bor Freude glühte er über und über wie eine Pfingstrose und stotterte nur überrascht: „Os doas, ös doas ..." „Mei Arnst ös/ ergänzte der Wirt. Da stand auch schon die Käthe da. Das Wort hatte sie genau gehört. Mit einem Iubelschrei fiel sie dem Franz um den Hals. Und die Schützen drum herum konnten sich wieder nicht genug- tun mit Schreien und Gröhlen. Am lautesten aber stimmte der Pilzpeppi ein, und als Käthe zu dem hinging und ihm herzhaft die Hand drückte, konnte der Vater sich nicht erklären, was das zu bedeuten habe. Die Leute strömten hinaus, den andern die Neuigkeit mitzu teilen, denn eine Verlobung ist auf dem Lande eine Staats angelegenheit. Fast hätte der Löffler-Max nicht hereingekonnt. Er wurde hart an den Türpfosten gedrückt. In der Hand hielt er sein leeres Biertelfläschchen. Auf seinem Gesichte brannte die Röte des Heldenmutes. Oder war cs etwas Anderes? Er wollte nicht länger warten. Wer weiß, wie lange die Kurasche bloß anhielt. Die Zeit wollte ausgenützt sein. Seine Augen suchten das Mädchen. Ah, da stand sie neben dem Franz Rieger. „Du!" Er zupfte sie am Ärmel. Sie merkte cs nicht. „Du!" Er zupfte sie nochmals. Sie drehte sich um. Nanu, was wollte denn der jetzt von ihr? Sah er denn nicht, was hier los war? „Woas wöllst'n?" fragte sie sanfter, als sie sonst mit dem Burschen zu reden pflegte. Max gab sich einen Ruck, richtete sich so stramm auf, wie es ging und sagte: „Du, dr Boater Hot gsoit...." Verdutzt hörte das der Gotlsried Liebscher. „Nanu, woas wöllstn mit miär?" sagte er staunend. Der Bursche begann abermals: „Wetzt, iech wellt diech ock froin, denn a Hot gsoit, dr Boater ..." Ober Käthes Gesicht flog ein Schein des Verstehens. Sie fragte: „Wöllst mer wühl gratulieren?" „Zo woasn denn?" sagte Max dumm. Da schaute er dem Franz Rieger in die Augen und wußte im Augenblicke, was geschehen war. Nein, so was, der Rieger, und er, Max Löffler, war doch der Einzige vom reichen Löffler-Bauer. Wunderlick, wunderlich, wie doch die Welt ist. Aber er gab beiden die Hand und sagte gleichgültig: „Nu ja, do gratulier'ch." Und er war auch wirklich gleichgültig dabei, denn er sagte sich: „Hm, sött Weibvelker gibts ja gnung e dr Walt." Acht Heimatkartsn (Tuschzeichnungsn) von Richard Mättig, darstellend alte Kirchen der engeren Heimat, sowie Schlop Uleuhörmh mit kurzen geschichtlichen Erklärungen, für 10 Goldpjennig.