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herum im Umkreise von etwa 200 Metern hat das fleißige Völk° chen die Bäume vor dem Raupenfraße geschützt, sodaß sie mit üppig grünen Nadeln dastehen — ein seltsamer Anblick in dem sonst kahlen Walde. Nur an den Rändern des Kreises begann der Raupenfraß und er geht allmählich vom Grünen ins Dürre über. Wittichenau. Allerlei vom Sterben aus Witti chenau. Einen seltenen Glockenton vernahmen kürzlich früh die Bewohner unserer Stadt. Das Sterbeglöckchen verkündete seit 9 Wochen zum ersten Male wieder, daß eine erwachsene Person unserer großen Kirchgemeinde zur ewigen Ruhe eingegangen ist. Schlechter stand es innerhalb dieser Zeit mit dem Gesundheitszu- stand der Kinder. Namentlich der Keuchhusten hat viele kleine Himmelsbewohner gemacht. — „Es hat geklingelt!" — „Wieder einer ist nach Niederland mit Brettern handeln gegangen!" — „Wer mag gestorben sein?" Fragen in unserer Kleinstadt beim Sterbegeläut. Aufmerksamen Beobachtern gibt das Glöcklein schon selbst Aufschluß. Zunächst über die finanzielle Lage des Verstorbenen. Bei einem Reichen tönt's vom Turm „Samt und Seide, Samt und Seide", den Armen als Abschiedsgruß „Lein- wandkittel, Leinwandkittel". Schon aus der Dauer des Läutens selbst kann man den Reichtum der Hinterbliebenen schätzen. — Können sie nicht so tief in den Beutel greifen, dann schwingt der Glöckner nur Kurie Zeit das Glöckchen, andernfalls bedeutend länger als die vorgeschriebene Dauer von 15 Minuten. Ehedem kostete ein Sterbeläuten 15 Psg. (sechs Dreier), jetzt als Normal taxe 50 Pfennig. — Schlimm für einen Toten, wenn er lange aus einen Nachbar warten muß: nach altem Wittichenauer Volks glauben hat der „Letzte" immer die Friedhofswache über. — Eine Nalurseltenheit. Das prächtige Kummergebirge bei Hi rschberg i. B. bietet zurzeit eine Nalurseltenheit. Die mächtigen Nadelwälder sind der Nonne zum Opfer gefallen, die weiten Abhänge sind Kahl, oben aber auf dem Kamme bleibt der Wanderer überrascht stehen. Nicht Hunderte, nein Tausende von Sträuchern der Tollkirsche haben sich dort angesiedelt, und zurzeit prangen daran die giftigen, glänzend schwärzen Beeren. Es ist ein Vorkommen, wie es in solcher Fülle weit und breit nicht beobachtet werden kann. — Krebsreichtum der märkischen Gewässer in früheren Zeiten. Der Flußkrebs gehört heute schon zu den Seltenheiten und ist ein teurer Leckerbissen geworden selbst in der fluß- und seenreichen Mark Brandenburg. Einst war das anders. Die Chronisten der Vergangenheit berichten, daß aus dem Oder- und Havelgebiet alljährlich große Mengen von Fischen und Krebsen in Zügen von 10—14 Fuhren auf einmal nach Dresden, Leipzig, Hamburg, ja bis nach Bayern und sogar nach Italien ausgeführt wurden. In den Jahren 1717—19 waren in Oder und Warthe so viel Krebse, daß niemand sie mehr begehrte; man mästete bei Wriezen die Schweine damit. Ein Gutsbesitzer löste aus den in seinem See an einem Tage gefangenen Krebsen soviel Geld, daß er dafür ein Paar Ochsen kaufen konnte. Im 16. Jahrhundert mußte in Küstrin aus dem Markte für 100 Schock Krebse ein Schock davon als Zoll gezahlt werden. In einem Jahre betrug die Einnahme aus diesem Zoll 325 000 Schock Krebse, was einer Einfuhr von 32 500000 Schock dieser Schalentiere entsprechen würde. „Ach, wenn es noch wie damals wär!" Der Seufzer ist wohl angebracht. Und wie steht es in unserer Heimat mit dem Krebs? Was die Krebspest nicht abtötete, das wurde durch die übelriechenden Abwässer unserer Fabriken, die trotz wasserpolizeilicher Über wachung immer wieder in die Dorsbäche geleitet werden, ver nichtet. Erst jetzt wieder habe ich eine Fabrik bei Bautzen beim Wasseramt der Amtshauptmannschast zur Anzeige bringen müssen, weil sie ihre Schleuse in einen Zufluß der Spree ablaufen ließ. Steht man auf der Neißebrücke im Parke zu Muskau, so sieht man ölige Flecken, in allen Regenbogenfarben glänzend, über den Wellen treiben. Nicht nur Fisch und Krebs, sondern auch die Wasservögel leiden darunter, deren Gefieder verunreinigt wird, auch sterben die Bakterien ab, die in den Flüssen die Selbstreinigung besorgen. Helft alle beim Heimatschutz! Zeigt eine jede Übertretung der Verordnungen des Wasseramtes bei der Amts hauptmannschastan! Zibelle. Erdölfunde. Einer bedeutenden industriellen Zukunft sieht unser Nachbarort Roßnitz entgegen. Hier sind durch Bohrungen bedeutende Erdöllager festgestellt worden. Eine Gesellschaft hat sich bereits den Abbau der Lager gesichert und mit den Besitzern der betreffenden Grundstücke Verträge abgeschloffen. Auch auf dem Gebiete des Rittergutes Niederzibelle sind Erdöl lager gemutet worden. Die bevorstehenden Bohrungen, die ver träglich binnen drei Jahren in Angriff genommen werden sollen, dürsten zahlreichen Erwerbslosen der hiesigen Gegend Beschäfti gung gewähren. Hohnstein (Sächs. Schweiz), 2. Okt. Ubervierhundert Jahre im Besitze der Familie Liebethal ist das Gut mit Schankwirtschast zur Grundmühle an der Straße von Hohn stein nach Bad Schandau. Emil Liebethal, welcher das Anwesen seinem Sohne übergeben hat, ist jetzt im Alter von 83 Jahren gestorben. Bad Schandau. Altertumssund. 3m Staatsforstrevier Mittelndors sanden Arbeiter in der Nähe des Vorderen Raub- schloffes (Frienstein) eine etwa fünfzig (?) Zentimeter lange Speer oder Lanzenspitze, die schon mehrere Jahrhunderte dort gelegen haben mag. Seidenberg (OL). Hier ist eine neueIugendhcrberge eröffnet worden, die an der Görlitzer Straße liegt und Tages raum mit Kochgelegenheit und Schlafraum mit vier Betten und sechs Strohsäcken besitzt. Anmeldung beim PastorSchulze. Die Herberge wird ganz besonders denen willkommen sein, die von Görlitz nach dem Iser- und Riesenoebirge und auch durch Böhmen wandern wollen. Kamenz. Wie in Weigersdorf, so ist auch hier ein weißer Sperling diesen Sommer über als regelmäßiger Gast im Hose eines hiesigen Einwohners zu sehen gewesen. Erst neulich hatte ich mit meinen Schulkindern das Glück, vom Fenster aus diese seltene Erscheinung inmitten seiner grauen Brüder eine Zeit lang zu beobachten. Wie ich in Erfahrung gebracht habe, ist in dem- selben Hofe im vorigen Jahre ein Sperling mit einigen weißen Schwanz- und Flügelsedern des öfteren eingekehrt. Es kann mit Sicherheit angenommen werden, daß der weiße Sperling von heute einer seiner Nachkommen ist. K. Hosfmann. Neukirch (Lausitz). Die Bisamratte ist nun auch in die Lausitz vorgedrungen. Beim Fischen des neuen Teiches am hie sigen Ritterguts ist eine Bisamratte von nahezu Meter Länge zum Vorschein gekommen. Das Tier sprang den Rittergutspachter Martin Trähne an, der sich mit einem Holzknüppel zur Wehr setzte. Es gelang ihm jedoch nicht, sich das Tier vom Leibe zu hal ten, sodaß er seinen Bruder zu Hilfe herbeirufen mußte, der mit einem Jagdgewehr herbeieilte. Inzwischen hatte sich das Tier in seinen Bau zurückgezogen, und erst nach langen Bemühungen ge lang es, die Bisamratte aus dem Baue herauszubringen, worauf sie durch einen wohlgezielten Schuß erlegt wurde. Zweifellos ist das Tier nicht das einzige seiner Gattung in unserer Gegend. Die Tiere sind jedenfalls von der Elbe durch das Wesenitztal hierher gedrungen, mit dem Auftreten weiterer Exemplare dürfte zu rechnen sein. Hirschberg, 4. Oktober. DieBisamratte imRiesen- gebirge. In Schreiberhau sind vor kurzem Bisamratten beob achtet worden. Wahrscheinlich sind sie aus Böhmen hereingekom men, wo bekanntlich die amerikanische Bisamratte wegen ihres kostbaren Pelzes eingeführt worden ist. Die Bisamratte verbreitete sich aber sehr schnell und richtete bald sehr großen Schaden, be sonders an Uferbauten, an. Auch stellte sich bald heraus, daß ihr Fell hier wertlos wurde. Löbau, 6. Oktober. EinHeimatfreundderLausitzist mit dem verstorbenen Stadtrat und Fabrikanten E. G. Berndt dahingegangen. Uber vier Jahrzehnte hindurch hat er sich rastlos aus heimatkundlichem Gebiete betätigt und außerordentlich wert volle Sammlungen zur Geschichte, Naturgeschichte und Volks kunde der Lausitzer Heimat angelegt. Das natur- und Heimat-