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Da besann sich Gottfried erst wieder, daß das ja ihm gälte. Na ja, Freibier hatte er versprochen und es nun über dem Ärger wieder vergessen. „Ich dank schien, s ös schonn gutt," rief er, „s Bier kömmt glei. Woart ock an Staub!" Da strich sich der Pilzpeppi seinen Bart und sagte schmunzelnd: „Ja, woas denn, Kratschnwört, diech meen mer doch goar nö. Dr Leffler-Max ös halt Kiench gwurn." Er blinzelte vergnügt zu Käthe hinüber, die sich in den Hintergrund verkrochen hatte. Sie wußte, daß jetzt das Gewitter kam, das die Atmosphäre im Kretscham reinigen sollte. Würde es halten, was man sich von ihm versprach? Max Löffler versuchte, seine Haltung znrückzugewinnen. Seine Rolle hatte er bis jetzt noch nicht mit königlichem Anstand gespielt. Das sah er selber ein. Er rückte sich zusammen, richtete sich auf und sagte stolz: „Iawull, Kiench biench." Der Pilzpeppi schwenkte sein verschossenes, jeder Farbe bares Lodenhütlein in der Lust, drehte sich auf einem Beine um seine Längsachse und schrie: „Dr Max soll lab»." O Volksgunst! Wenige Minuten früher hatte er ebenso be geistert den Liebscher-Gottfried als Schützenkönig ausgerufen. Und die Schützen taten es ihm nach. „Dr Leffler-Max soll labn! Hoch dr neue Schötznkiench!" Vergessen war der Kretschamwirt mit seinem Freibier. Der Löfflerbauer würde es sich gewiß auch was kosten lassen, seinen Einzigen als König glänzen zu sehen. Und Max glänzte wirklich bereits. Sein ganzes Angesicht war in Sonnenschein getaucht und lachte wie ein Posaunenengel. So was mar ihm aber auch noch nicht passiert, daß er der Mittelpunkt gewesen wäre, um den sich alles drehte. Im Gegenteil, an die Wand hatten sie ihn für gewöhnlich gedrängt, ihn, den Sohn des reichen Löfflerbauern. O, jetzt wollte er ihnen erst einmal zeigen, wer er war. Die sollten sich wundern. Gottfried sprang von seinem Stuhle auf. Uber sein Gesicht flog ein Leuchten wie von verhaltenem Lachen. Die verkohlten ja den Löffler wieder mal richtig. „Woas soll lus sein?" rief er in den Trubel hinein. Und die Menge konnte sich wieder nicht genug tun mit Hoch rufen. Die Einen schrieen, weil sie an den Geldsack des alten Löffler dachten und meinten, der neue König werde nun Sonntag für Sonntag seine Spendierhosen anhaben, wenn er in den Kretscham komme. Die Andern schrieen, weil doch nun einmal ein König dasein mußte. Wer es war, war ihnen gleichgültig. Ein dritter Teil rief aus Ironie mit. Das waren aber wenige, denn Ironie ist kein Kräutlein, was gemeinhin wächst. Der Tollste aber war der Pilzpeppi. Immer und immer wieder schwenkte er sein schmieriges Hütlein und schrie aus vollem Halse. „Dr Leffler-Max ös Kiench gwurn." Gottfried setzte sich wieder beruhigt auf seinen Stuhl. War ja nicht möglich, was die da zusammcngröhlten. Ein Narrenstreich, weiter nichts. Vielleicht hatte ihn gar der Pilzpeppi ausgeheckt, weil der gar so stark dabei interessiert tat. Er lachte laut auf und schaute den angeblichen König spöttisch an. „Du, Max, womit hast denn geschossn? Mit an Lötkolben oder mit aner Kinnerknoallbichs? Ond iähr, treibt iähr doch euer Allotria, mit man er wollt, aber denkt nö, doß iech druf reiflieg. Iher schoißt der Leffler-Max n Mond ronner, oas doß dar iber- haupt dö Scheib tröfft. Ond nu goar miech iberschissn, wu iech an Schuuß gmacht hoa wie no nie? Nee, nee, Leut, miech könnt er nö öffn Basn loadn. Woas meenst du derzu, ahler Fuchs du, Pilzpeppi?" „Froin doch halt falber!" sagte der vorsichtig. Max wartete die Frage nicht ab. Der Wirt kränkle ihn doch arg. Was war denn nun dabei, daß ein Anderer für ihn geschoßen hatte. König war er doch, und das war die Hauptsache. „Demld Bäck Hot fer miech gschossn," sagte er erbost. Da sprang der Wirt wieder auf. Also doch wahr? Er schaute den Burschen an, als wolle er ihn fressen. So einer war der also? Und dabei tat er, als könne er nicht bis drei zählen. Der Schuft! Wieder krachte des Zornigen Faust auf den Tisch. (Fortsetzung folgt.) Buchbesprechungen Obersiichsische Heimatstudien, I. Heft: Die vorgeschichtlichen Sied- langen und das Siedlungsland im herzynischen Urwaldgebiet von vr. pkil. Walter Frenzel. Verlag Rohland L Berthold, Crimmitschau. 1924. 72 S., 13 Abb, 1 Urlandschaftskarte und 4 Fundkarten Goldmark 4.—. Man wird unwillkürlich an die „Obcrlausitzer Heimatstudien" erinnert, die Dr. Frenzel so erfolgreich begründete, daß von ihnen bereits 3 Hefte erschienen sind, wenn man diese erfreuliche Neu erscheinung zur Hand nimmt. Sind etwa die „Obersächsischen Heimat studien" auch von Dr. Frenzel inspiriert worden? Sei dem wie ihm wolle — wir danken der Arbeitskraft Dr. Frenzels jedenfalls auch für diesen Beitrag zur heimatlichen Siedlungsforschung nach dem heutigen Forschungsstand und werden uns freuen, wenn sein Buch in recht naher Zukunft auf Grund weiterer Forschungsergebnisse die danach naturgemäß notwendigen Ergänzungen finden würde. Dies gilt namentlich für den böhmischen Anteil der Arbeit, für den Dr. Frenzel ja selbst auch am meisten den Mangel an verwendbaren Forschungsresultalen verspürte. Hoffen wir, daß es den in Aussicht gestellten Bestrebungen der Herren Gymnasiallehrer Otto Tschakert in Brüx, wohnhaft in Teplitz, Uherrstr. 3, und Dr. Preidel in Bodenbach in Verbindung mit dem Tcplttzer Museum gelingen möchte, den deutschen Arbeitskollegen die tschechischen Arbeiten in Übersetzungen möglichst bald zugänglich zu machen, deren Kenntnis sür eine gedeihliche Entwicklung der sächsischen Borgeschichtsforschung unentbehrlich ist. Hoffen wir aber ebenso, daß manche Foi schungslückc im eigenen Lande recht bald verschwinden möge. Nach einem Geleitwort von Universitäts-Professor Dr. Kötzschke als dem Herausgeber der „Obersächsischen tzcimatstudien", welches deren Doppelziel: „Förderung ernster gefchichtswissenschastlicherSchiirs- arbeit und Vertiefung und Bereicherung eines geschichtlich begrün deten Heimatbcwußtseins" gewidmet ist, fordert Dr. Frenzel in seinem Vorwort uns armgewordene Deutsche auf, mehr wie in den früheren Zeiten des Reichtums im eigenen Lande zu forschen. Im I. Kapitel wird „der herzynische Urwalddesland und seine siedlungsgeschichtliche Bedeutung" behandelt. Stark philologisch gefärbten Ausführungen über den herzynischen Wald folgt cineCharak- terisierung des Urwaldes um 1000 n. Lhr. mit seinem Wildmangel, seinen Einöden — z. T. aus Grund zeitgenössischer Beobachtungen — und seinem Baumbestand mit überwiegender Eiche, der als nächst häufigste Bäume Buche, Birke, Kiefer und Linde folgen. Die bei gegebene Urlandschastskarte des nordherzynischen Gebietes, auf mühe vollster Kleinarbeit beruhend, illustriert die ungeheure Ausdehnung des Waldes und die Lage der für eine Besiedlung zur Verfügung stehenden Freilandschasten. Das 2. Kapitel bringt „Grundsätzliches zur vorgeschichtlichen Siedlungssorschung". Nach Knappen geschichtlichen Angaben zur Siedlungsforschung erläutert Dr. Frenzel hier ihie Arbeitsweise und führt für seine paleoklimatisch bedingten Zeitabschnitte die Namen der verschiedenen Völkerwanderungen ein. Wenn diese Einteilung nach der Ansicht des Verfassers noch nicht ideal ist — ich stimme dem bei — so liegt das eben daran, daß für unser Gebiet nacheiszeitliche Klimaschwankungen bisher nur aus den geschichtlich bezeugten Wanderzeiten erschlossen werden können, während das Umgekehrte zu fordern wäre. Das damit kein Vorwurf ausgesprochen sein soll, möchte ich besonders betonen Ich selbst halte die nacheiszeitlichen Klimaschwankungen ja nicht nur für eine vorteilhafte Arbeitshypo- thcsc, sondern auch ich sehe in ihnen eine Möglichkeit zur Erklärung dec Veränderungen der Bevölkerungsdichte in der Vorzeit. Aller dings muß ich dabei Dr. Frenzels Forderung beipflichtcn, wie er sie im 2. Heft seiner .Obcrlausitzer Heimatstudien" — E. 59 ff. — auf- stellt, daß erst Funde der Pflanzen- und Tierwelt aus den in Be tracht kommenden Zeiten für unser Gebiet mit Sicherheit von solchen Klimaschwankungen zu sprechen gestatten werden. Im 3. und längsten Kapitel „Siedlung und Siedlungsland während der vorgeschichtlichen Zeiten" werden dann die Siedlungen von der Altsteinzeit bis zur Kolonisalionszeit besprochen. Trotz der bedauerlichen Lückenhaftigkeit unserer Kenntnisse hat Dr. Frenzel hier mit emsigem Fleiß eine solche Fülle von Stoff verarbeitet, daß es mir im Rahmen dieser Besprechung nur möglich ist, aus einige Einzel- heilen hinzuwetsen. Zu den allsteinzeitlichen Einzelfunden gehört noch ein aus Zwickau stammender Acheulöenkeil, der sehr an den bekannten Faustkeil von Markkleeberg erinnert. Er wurde mir un längst vorgelegt und wird hoffentlich bald veröffentlicht. Die Aus führungen über Markkleeberg kann ich nur unterstreichen. Ebenso billige ich Dr. Frenzels Außerachtlassung aller Einzelsunde — Lese stücke und Depotfunde — sür seine Karten, die Verkleinerungen seiner im Maßstabe 1:100000 angelegten Urlandschafls- bezw. Orts-Flur-