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Gberlaufltzer Helmalzettung Är.ls Der Schützenkönig Eine Oberlausitzer Geschichte von Richard Blasius-Schandau (Fortsetzung) Der Pilzpeppi hörte das Herablassende sehr gut aus dem Tone heraus. Er schielte geärgert nach dem Fremden und fragte gereizt: „Woas tiätn mer machen?" „Schön wohnen", erwiderte der Fremde, griff in die Westen tasche, setzte sich einen Klemmer auf und beobachtete den Alten mit halbgeschlossenen Augen. „Oos wenn doas diech woas oaging," knurrte ihn Pilzpeppi grimmig an. Max setzte sich zu ihm. „An Drajg giehtsn oa," meinte er, um auch sein Scherflein dazuzugeben. „Kostbare Kerle", dachte der Fremde vergnügt, „schon mehr Originale. Da kann man schon sein Vergnügen haben." Und laut sagte er: „Sagt mal, ists hier nicht recht einsam im Winter?" „Woas soll sein?" brummte Pilzpeppi und schob einen Priem in den Mund. „Einsam, öde, langweilig." Des Fremden Blicke streiften geringschätzig die Einrichtung der Wirtsstube. „Do mußt halt en Winter amo komm. Do wörschts schon» sahn," ries der Alte und schob den Priem von rechts nach links. Der Städter fühlte sich durchaus nicht beleidigt. Wie konnten ihn solche ungebildete Menschen auch beleidigen? Ganz aus geschlossen. Ihn, der er Prokura für Tulpenstiel <L Co. hatte. Im Gegenteil, belustigt fühlte er sich. „Was macht ihr denn da so im Winter?" interviewte er weiter. „Saufn." Eine urwüchsige, aber trotz ihrer Kürzedoch erschöpfende Antwort. Der Städter überlegte Das machten sie in der Stadt eigentlich auch nicht anders. Aber er wollte doch seine Überlegenheit zeigen. „Wir in der Stadt haben im Winter Theater," sagte er und spitzte den Mund, als sei er selbst der Schöpfer dieses Kunst instituts. „Woas hoatter?" meinte Pilzpeppi. „Theater, wo gespielt wird." Da mengte sich der Max Löffler ein. „Gespielt wörd be ons o moanchmol die ganze Nacht. A Skoat öm de Börtl. Iech spiel aber ock Schoofkoop." Selber ausgemachter Schafskopf, dachte der Fremde, ließ sich aber zu der Erklärung herab: „Ich, äh, meine Theater." „Komedch meenst", sagte Pilzpeppi verächtlich, „doas hoan mer n ganzn Sommer dorch? „Was, wirklich?" Der Fremde war wirklich erstaunt. Sollte sich das Nest etwa gar die Satire eines Bauerntheaters gestatten. Das gäbe ja einen gottvollen Ulk. „Ja", fuhr der Alte fort und strich sich seinen langen, weißen Bart. „Do gibts ba ons groad gnung Komedch. Do lachn mer iber die oalbern Stoadtoaffn, die ba ons römlaufn ond siech ei- bölln, sä könn ons oeroalbern." Der Erfolg war da. Der Fremde steckte seinen Kneifer ein, drehte sich hochmütig um und überließ die beiden Dörfler ihrer barbarischen Unkultur. Käthe setzte dem Pilzpeppi das neue Bier hin und wisperte ihm dabei zu, er solle nicht gar so grob sein. „E zon Teifl," erwiderte er, „iech koan emol doas Luderzeug nö leidn. Wenn a no woas sott, schmeiß chn naus." Da neigte sich Käthe an sein Ohr und flüsterte ihm zu: „Sm Gotteswölln, dar brengt doch an goln Noi! fer d Schötzenfoahn." Der Alte ließ einen Pfiff hören, langgedehnt. Das war sein Zeichen höchster Überraschung. Dann stand er auf, zog Käthe ans Fenster und flüsterte ihr zu: „Wetzt woas ch mach? Mit menner Grobheet muß ch uffhiern. Aber n Max hetz ch n ofn Hoals. Su oalbern wie dar ös, su an Stadter gegniber will a doch sein Forsch zeign. Iech brengn su weit, doaß a dann Karin nausschmeßt. Danno kriggt bei Doater an Hellnwut »f Maxn." Käthe warnte: „Nam dch en acht derbei!" Der Fremde nahm jetzt von den beiden Dörflern weiter keine Notiz mehr. Er strafte sie einfach mit Verachtung. Aber das Mädl, Donnerwetter, die mußte er fick jetzt umso besser besehen. Wieder hing er sich seinen Kneifer auf die Nase und äugte nun unaus gesetzt nach Käthe. Äh, verdammt gut gewachsen, das Mädl. Und sowas hier in der Barbarei, schade. „Ah, sind gewiß die kilia Kc>8pttali8?" fragte er Käthe. Pilzpeppi hatte sich wieder auf seinen Platz gesetzt. Er beugte sich zu Max hinüber und raunte dem zu: „Hörschts? Stz fängt er halt o no oa, of de Kath zo schimpfn." Max guckte böse nach dem Fremden. Im Stillen begutachtete er dessen Körperkräste. Hm, weit her wars damit nicht. Das sah er sofort. Mit dem wurde er schon fertig, obgleich er auch kein Starker war, und bei Raufereien deshalb gewohnt war, sich durch eiliges Verschwinden vor den Fäusten anderer zu retten. „Woll mein nausschmeißn? fragte er leise. „Brauchst do miech derrzu?" entgegnete Pilzpeppi höhnisch. Käthe hatte sich nicht um die ihr unverständliche Frage ge kümmert. Da wiederholte sie der Fremde mit der Beharrlichkeit, die er bei Tulpenstiel L Co. gelernt haben mochte. „Woas soll ch sein?" Kurz und schnippisch klang die Frage. Sie hatte es schon lange satt, dieses alberne Anstarren durch die Brillengläser. „Iech meine, ob Sie die schöne Wirtstochter sind?" Der Frager spitzte wieder den Mund, als stehe eine Portion Schlagsahne vor ihm. „n Kratschnwört sei Majdl biench," erklärte Käthe kurz. „Ah so, die Rose, um die hier die Falter gaukeln." Löffler-Max beugte sich zum Alten. „Woar doas o gschimpft?" fragte er. Pilzpeppi lachte. „Nee", meinte er, „ötz wörd a iäschlch." Käthe hantierte wieder hinter dem Schanktisch umher. Da er-, hob sich der Städter, trat an den Tisch und begann: „Ah, sagen Sie doch mal, mein schönes Fräulein " Aber er kam nicht weiter, denn sofort unterbrach ihn Käthe: „Iech bien kee Fräulein." Pilzpeppi nickte befriedigt. Seine Diagnose war richtig gewesen. Der hatte einen Klapps. Der also Beurteilte lehnte sich unterdessen mit dem rechten Ellenbogen auf den Schanktisch und in dieser ihm wohl elegant blinkenden Pose versuchte er mit der spröden Dorfschönen ins Gespräch zu kommen. „Was macht denn Ihr Schatz?" fragte er mit honigsüßer Stimme, bekam aber kratzbürstigen Tones die einfache Antwort: „Schießen." „Doas zieht of diech," sagte Pilzpeppi zum Löffler-Max. „Sieh ock ja, doaß d'Kiench wörscht!" „Iech tu doach aber nö schiffn," gab der leise zurück. „Sö will dersch ock zo verstiehn gähn, woas d machn sollst Wörscht abn ock sahn miffn, doaß d halt Kiench wörscht." „Was schießt er denn?" fragte der Städter und ging einen Schritt um den Schanktisch herum „Stze groad Scheibn, aber...." Das Aber war ein Warnungssignal. Sie sprach nicht weiter. „Aber?" Jetzt stand er bereits neben ihr hinter dem Tische. „Aber wenns sein muß, o Mensch», iberhaupt wenn enner sen Majdl zo nohnd kömmt." Käthe war keinen Schritt zurück gewichen, hatte sich aber zu voller Größe aufgerichtet und schaute dem Aufdringlichen finster in das Gesicht. „O." Der machte einen Satz rückwärts, ging dann verlegen im Zimmer umher, sah sich die Öldrucke von Hindenburg und Luther an, als ob er deren Gesichter noch nie gesehen hätte, und setzte sich dann wieder an seinen Tisch. Abgeblitzt! Aber was stört das große Geister? Er war ja fern der Kultur. Wie konnte er die Leute da ernst nehmen, und wenn sie gleich Weiberröcke trugen. „Ah, Sie sind durchaus nicht aus den Mund gefallen," sagte er und lachte dem Mädchen zu, freilich glomm dabei doch etwas wie Verlegenheit in ihm auf.