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osten aber reiht sich Berg an Berg bis hin zum turm geschmückten H u t b e r g b e i K a m e n z. Den Abstieg vom Butterberg nehmen wir an seiner Nord seite und gelangen dann, bald wieder westlich gehend, auf schönen Waldwegen und blumigen Wiesenpfaden nach Rammenau, dem Geburtsort unseres großen Johann Gottlieb Fichte, dessen 162. Geburtstag erst in diesem Fahre hier festlich begangen wurde. In der Nähe der Kirche finden wir sein Denkmal, einen riesigen Bronzekopf auf granitenem Unterbau mit einer Ruhebank davor, den Blick dorthin gerichtet, wo einst sein Vaterhaus stand. Der Post agent betraut ein kleines Fichte-Museum, in dem mit liebe voller Pietät ein paar Andenken an den Philosophen und andere Gegenstände aus der damaligen Feit und aus der Natur um Rammenau aufbewahrt werden. Östlich der Kirche verlassen wir das Dorf und streben auf einsamer Landstraße nach dem Sattel zwischen Burkauer Berg und Tanneberg, zwei durch Kontaktwirkung zu Quarzglimmerfels umgewandelten Grauwackekuppen. Hier betreten wir erstmalig das Gebiet der Berührung der unter- silurischen Grauwacke mit dem Lausitzer Hauptgranit. Auf der Paßhöhe liegt, angelehnt an dunklen Nadelwald, das Gasthaus „Zum heiteren Blick". Es trägt seinen Namen mit Recht, denn der Blick von hier aus auf das tiefer lie gende langgestreckte Burkau, auf denTaucherwald und die zahlreichen Dörfer rund ums Kloster ist einzig schön zu nennen. Hinter dem Gasthaus nimmt uns ein sanft anstei gender Waldpfad auf und führt uns über die Höhen des Tanneberges und des Rammen« uerSteinberges. Schade, daß wir das dreizackige blaue Kammzeichen und die -Markierung (Lausitzer Weg) so selten antreffen, dafür aber bis zum Hochstein umso häufiger oft aufdring lich wirkende Wegweiser „Nach dem heiteren Blick". Endlich haben wir nach reizvoller Wanderung mit vielen schönen Ausblicken nach der Klosterpflege und den zur Linken hingelagerten Waldgründen den Gipfel des 449 m hohen granitischen Hoch- oder Sibyllen st eines erreicht. Mühelos erklettern wir die gewaltig aufgetürmten, durch Stufen und Geländer zugänglich gemachten Gipfelklippen und halten Rundschau. Der Hochstein wird ausschließlich durch den mittelkörnigen Lausitzer Granitit gebildet. Uber die Entstehung der Felsklippen auf seinem Gipfel ist an sich nicht sehr viel zu sagen. Sie sind in der Hauptsache ein Produkt der rastlos arbeitenden Verwitterung, die, wie wir aus den riesigen Blockmeeren ringsum erkennen, immer weiter fortschreitet ch. Ein früherer Besitzer der Herrschaft Elstra hat die Klippen durch Stufen und Geländer zugänglich machen lassen. Leider aber ist die Aussicht durch den hohen Fichtenbestand etwas beeinträchtigter). Am Westfuße der Klippen streicht ein von Nord nach Süd verlaufender Theralitdiabasgang vorüber, der sich über den ganzen Bergrücken verfolgen läßt. Der Granitit erscheint in der Nähe des Diabases ost dunkel gefärbt. Wahrscheinlich ist diese Färbung auf Kontaktwirkung zurückzuführen. Auf der Oberfläche der einzelnen Felsplatten finden wir häufig Vertiefungen verschiedener Größe, die, wie wir weiter unten sehen werden, von den alten Heimatforschern in oft phantastischer Weise als Opferbecken der einstigen Bewohner dieser Gegend gedeutet werden. Sie werden aber in der Hauptsache natürlichen Ursachen ihre Entstehung zu verdanken haben. Einmal können diese Vertiefungen vom Regen ausgewaschene Höhlungen herausgewitterter fremder Gesteinseinschlüsse (Grauwacke) sein, oder die vereinigte Wirkung von niederen Pflanzen, von Wasser und Spalten frost hat sie herausgearbeitet. Damit soll aber, wie weiter unten noch ausgeführt wird, die mythologische Bedeutung der Felsklippen und des Berges durchaus nicht bestritten werden 2). Die Namensbezeichnung Höchstem ist wohl eine der ältesten und auch die gebräuchlichste. 2n der reichen Literatur über unseren Berg tritt dieser Name schon 1796 auf 3). Die Bezeichnung „m eiß erS te in", dieP re u ß kerch nach der Oberlausitzer Grenzurkunde von 1223 5) auf Grund ihrer Deutung durch Worbs 6) erwähnt, beruht auf einem Irr tum. Zwar heißt es dort, nachdem vorher der Sumpf zwischen Rammenau (kiurnnovve) und Geißmannsdorf ((Zwilbrektck- 6or!) genannt wird: exinäe in Xlbum l-upiciem (von da nach dem weißen Stein). Er glaubt hierin die wegen des hellfarbigen Granites weißlich erscheinenden, infolge dama liger geringer Bewaldung auf dem Gipfel weithin sichtbaren und „daher sich zum Gränzpuncte" gut eignenden Gipfel klippen des Hochsteines zu erkennen. Meiche hat aber in einer überaus scharfsinnigen Deutung der berühmten Grenz urkunde nachgewiesen, daß der „weiße Stein" keinesfalls auf dem Hochstein zu suchen ist, sondern daß er „eine jetzt namenlose Felsenklippe des Scherflings oder des Butter berges nördlich Bischofswerda—Pickau" ist ch. Später be gegnen wir den Namen: Der große Stein, der hohe Stein, Hohn st ein, Hohen st ein, Hund st ein ch, Haynstein ch, Sibinnen st ein,Sibyllen st ein. Die letzten beiden Bezeichnungen haben zu viel Irrtümern in der Namensdeutung Anlaß gegeben. So führte der bekannte 1831 in Kamenz verstorbene Stadtphysikus Bönisch diesen Namen eine Zeitlang sogar auf das alte Volk der Sibinnen zurück. Dann wieder glaubte er, der Name stehe mit der Verehrung der altwendischen Lebensgöttin Siba oder Siwa in Zusammenhang, der aus den Felsplatten Opfer dargebracht worden sein sollen 10). Preußker ") zitiert im wesentlichen die Angaben Bönischs, spricht dann aber später 12) die Vermutung aus, daß der Name auch mit der aus den nordischen Sagen bekannten weisen Frau Sibil Zusammenhängen könne, eine Auffassung, welche sogar in neuester Zeit nochStörzner ich vertritt. Spätere Forscher, wie Haupt ich, Kramer is), vertreten dann wieder die Ansicht, der Name Sibyllenstein gehe auf die genannte Göttin Siba zurück. Aller Wahrscheinlichkeit nach aber stammt er erst aus neuerer Zeit, aus dem Ende des 18. Jahr hunderts ich. Damals soll der Besitzer der nahen Herrschaft Elstra, ein Herr 0. Ponickau, die Felsen durch Stufen und Geländer zugänglich gemacht und sie seiner Gemahlin oder Tochter zu Ehren Sibyllenstein genannt haben. Auf dem Friedhöfe zu Prietitz befindet sich auch tatsächlich im Erb begräbnis eines Zweiges dieser Familie ein Leichenstein einer „O. Sibylla E. Gräfin Vitzthum v. Eckstädt aus dem Hause Ponickau", die 1793 in Dresden verstorben ist ich. Durch diese Feststellung dürften die in der alten Literatur immer wiederkehrenden Erörterungen über die Entstehung des Namens Sibyllenstein gegenstandslos geworden sein. Zweifellos haben die Gipfelklippen des Hochsteines in deutscher und darauffolgender wendischerVorzeit demGötter- kultus gedient. Doch wird die mythologische Bedeutung des Berges in der Literatur allgemein übertrieben. Schon Oertel betont in seiner Einleitung zu einem dichterischen, wissen schaftlich wertlosen Erguß über die schöne Gegend, daß der