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Gberlauflßer Helmatzetturlg ISS Är.jS Die Raupenplage in den Wäldern der nördlichen Oberlausitz und der angrenzenden Gebiete scheint ebenso schnell, wie sie ge kommen ist, abzuflauen. Seit einigen Tagen hat der Fraß der Forleule, dem besonders die Stangenhölzer zum Opfer fielen, so schreibt man dem „Niederschl. Anz.", stark nachgelassen und ganz aufgehört. Die Raupen sind in großen Massen abgestorben und hängen tot an Stämmen und Asten oder liegen am Erdboden. Die durch das Wandern in die Gräben gelangten Raupen sind ebenfalls vernichtet. Die Glogauer Reviere Stadlforst, Höckricht und Glogischdorf sind als frei von der Forleule zu betrachten, vereinzelt ist die Nonne zu beobachten, die aber auch vielfach ab gestorben oder krank gefunden wird. Es scheint damit der Fraß sür dieses Jahr als beendet betrachtet werden zu können, ebenso ist anzunehmen, daß der weitaus größte Teil der Raupen nicht mehr die Kraft haben wird, sich zu verpuppen und für später ge- sährlich zu werden. rr In Forstkreisen macht man für das Raupensterben sowohl die Schlupfwespen, welche die Tiere anstechen und ihnen ihre Eier in den Leib legen, verantwortlich, als auch einen Pilz, der die Raupen überfallen haben soll. Näheres über diese Art Raupen pest ist noch unbekannt. Damit schwindel die Gefahr auch für die Lausitz, doch werden viele Fälle von Bergiftungserscheinungen an Menschen gemeldet, die dann auftreten, wenn Pilze und Beeren aus Raupenfraß gebieten genossen wurden. Ob allein der Kot den Giftstoff enthält oder ob die raupenfeindlichen Kleinpilze Träger desselben sind, ist noch nicht erforscht. Jedenfalls sollte man sich vor dem Genuß von Waldfrüchten aus verseuchten Gebieten streng hüten und be sonders auch die Kinder darüber aufklären. Auch aus der Dresdner Heide liegen Nachrichten vor, daß die Nonnenschäden nicht mehr fortschreiten. Für die Bäume freilich, die nun kahl und dürr wie ausgebrannt ihre Wipfel klagend zum Himmel strecken, kommt das Sterben ihrer Peiniger zu spät. Sie werden wohl geschlagen werden müssen. Jedoch behaupten Forstleute, daß gesunde Bäume einen einmaligen Kahlfraß über stehen. Das sicherste Zeichen für den eingetretenen Baumtod be steht dann, wenn ein Baum seine Rinde äbwirft. Hoffen wir, daß die Plage nun bald ihr Ende erreicht und die Schäden sich als nicht so hoch Herausstellen, wie befürchtet wurde. An den Pranger! Einen Höhepunkt von Gefühlsroheit zeigt uns folgende Meldung: „Haugsdorf, 1. Juni. Daß man Fische mit der Heugabel fangen kann, bewies ein hiesiger Landwirt, der aus der Mündung eines kleinen Rinnsals mittels der untergelegten Heugabel sich zusammendrängende laichende Schleien in großem Bogen in seine Wiese warf. Auf diese mehr natürliche als kunst volle Weise gelang es ihm, einiger großer Fische habhaft zu werden." Hier kann man nur mit Rousseau sagen: Menschen seid menschlich! Der „Sächs. Erzähler" meldet am 12. Juli aus der Gegend von Bischofswerda: Seltene Pflanze: Bor kurzem wurde auf einer Wiese in der Nähe von Waldeck die Bisam- oder Moschusmalve (Klalva mosctmta L,.) gefunden, eine -seltene Malvenart, die in Westdeutschland häufig, aber bei uns und in weiter Umgebung wildwachsend noch nicht wahrgenommen wor den ist. Ihre Stengelblätter sind handförmig geteilt mit doppelt fiederspaltigen Zipfeln. Die ansehnlichen weißen Blumenkrouen, sowie das ganze Kraut duften stark nach Moschus. Schirgiswalde. In unserem, idyllisch in den Lausitzer Bergen gelegenen Städtchen ist in den Tagen vom lO bis 12. August eine Zusammenkunft aller auswärts lebender Schirgiswalder ge plant. In allen Gauen Sachsens und weit darüber hinaus im Deutschen Reiche, ja selbst im Auslande, leben Schirgiswalder Kinder. Die Eigenart unserer Verhältnisse hat cs bedingt, daß viele Schirgiswalder seit Jahrzehnten überall weit verstreut wohnen. Sie wieder einmal zu vereinen und auf diese Weise den Heimalgedanken zu pflegen, ist der Zweck der Zusammenkunft. Auch diejenigen, die früher in Schirgiswalde länger gewirkt haben, mögen an der Zusammenkunft teilnehmen. Die Fest- ordnung sieht ein überaus reichhaltiges Programm vor. Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß diese Tagung das Zusammen gehörigkeitsgefühl stärken und damit sich zum Nutzen für unser ganzes deutsches Vaterland gestalten wird. Anmeldungen sind an den Bürgermeister von Schirgiswalde, Rathaus, zu richten. Grimma, 8. Juli. Spuren des geheimnisvollen Bilmesschnitters waren, wie schon berichtet, in den Fluren Grimmas und der Umgebung gefunden worden: schräg durch die Roggenfelder laufendes etwa 15 am breite Streifen, aus denen die Halme 12 bis 15 cm über dem Boden glatt abgebissen sind und unversehrt am Boden liegen. Außer einem Bilmisschnitt in Flur Dorna wurden noch zwei Bilmesschnitte in der Flur Grimma gefunden. Während der Heimat- und Naturkundige Oberlehrer Boigt-Golzern behauptet, daß nur der Hase der nächtliche Roggen schnitter sein könne, weist D r. Henning in Grimma auf den Hamster hin. Dr. Henning hat die hier vorhandenen Bilmes schnitte eingehend untersucht und seine Beobachtungen und Schlußfolgerungen nebst genauen Plänen in der „Grimmaer Pflege" veröffentlicht. In dem einen Getreidefeld konnte ein ganzes Netz solcher Schnitte in einer Gesamtausdehnung von rund 500 Schnitten festgestellt werden. Die drei Hauptgänge be gannen an der Hauptröhre eines noch bewohnten Hamsterbaues in einem Kleefelde und führten von da durch Roggen, Weizen weiter. Hier ist einwandfrei erwiesen, daß der Hamster die Gänge geschnitten hat. Der gleiche Nachweis ließ sich in zwei anderen Füllen erbringen. Von der Anwesenheit des Hasen oder Kanin chens in den Gängen ließ sich keine Spur finden. Uber die Gründe, die den Hamster dazu veranlassen, solche Gänge herzu stellen, können nur Vermutungen geäußert werden. Es wäre wünschenswert, wenn durch Beobachtungen anderwärts die Ver suche Dr. Hennings zur Lösung dieser Frage unterstützt würden. Der Bilmesschnitter ist dem Volke seit undenklichen Zeiten bekannt, es sieht in ihm einen Getreidedämon, gegen den es nützt, daß man am Ostermorgen vor Sonnenaufgang über die Saat felder schießt, daß man an der Scheune Tannenzweige anbringt, oder daß man beim Andreschen Wachholderzweige unter die Garben legt. — Mitteilungen über solche Bräuche in der Lausitz an Dr. C. Müller-Löbau erbeten! Liegnitz,27.3uni. Auffindung vonTropfsteinhöhlen in Schlesien. An der Nordwestecke unterhalb der Nordspitze des Kitzelberges bei Ober-Kausfung an der Katzbach ist eine Höhle aufgesprengt worden, über deren Ausdehnung man sich noch nicht im Klaren ist. Leider sind die wunderbaren Tropfstein gebilde und Knochenreste geraubt worden. Dagegen gelang es, Überreste vom Höhlenbären zu finden. Der Sage nach ist das Innere des Kitzelberges das Reich des Schaumbergzwerges. In den Dolomitbrüchen am Eisenberge ist eine weitere Höhle auf gedeckt worden. Auch in der Oberlausitz sind ähnliche, wenn auch kleinere Höh len gefunden worden: Die Kalke von Kunnersdorf bei Görlitz enthielten solche. Hier wurden Knochen vom Höhlenbär, dem Zeitgenossen und Iagdtier des diluvialen Menschen, aufgefunden. (Naturwiss. Mus. Görlitz, Marienplatz.) Wenn heute jemand niesen muß, so wünscht ihm sein Begleiter „Gesundheit!" Man pflegt noch „Prosit" (Es nütze Dir!) zu sagen, andrerseits aber noch „Helf Gott!" Und so gibt es eine ganze Menge frommer Wünsche, die heute noch im Volke gang und gäbe sind. Woher kommt dieser Brauch? G. Sticker schreibt in seinem Pestbuch (Gießen 1908 I S. 32): „Während einer Prozession, die zur Abwehr der Seuche (Beulen pest in Rom 589) gehalten wurde, befiel zahlreiche Menschen ein plötzliches Niesen und Gähnen, wobei sofort achtzig tor hinstürz ten. Aus dieser Pest soll der Gruß beim Niesen „Gott segne Dich!" und das Bekreuzen des Mundes beim Gähnen herrühren." — Als Quellen gibt Sticker an: Gregor v.Tour, Herm.Contractus, Sigefr. Misnensis. Demnach scheint auch unsere Sitte, beim Gähnen die Hand vor den Mund zu halten, ein aus Pestzeiten herrührender, nun aber verschlissener Brauch zu sein. Daß bei der ungeheuren Gefahr, die die Pest bedeutet, und bei ihrer ebenso ungeheuerlichen Verbreitung im Mittelalter sich Pestbräuche weit- hin ausdehnten, erscheint nicht verwunderlich.