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Wahrscheinlich wird er später Gelegenheit gehabt haben, sie zu seinem Nutzen vorteilhaft ins Geld zu setzen, da die Uhren zu jener Periode, wo sie den Landleuten noch etwas seltenes waren, in einem hohen Preise standen. Der Husar hieß entweder Wehle oder Kunze. Noch in dem letzten Jahre unseres Aufenthalts zu Jons dorf belustigte uns alle noch ein wunderbarer Kauz mit seiner Gegenwart. Es trat nämlich einmal ganz unverhofft ein junger, blonder, ziemlich tölpischer Kerl bei uns herein in einem grasgrünen Fracke und mit einem nach städtischer Weise aufgewichsten und gepuderten Kopfe nebst Zöpflein, welcher mit wichtiger Miene den Papa selbst zu sprechen verlangte und, als nun dieser aus seiner Stube herunter geholt wurde, ihn trötzer- lich fragte, ob er nicht einen Substituten brauchen könne und sich ganz unerwartet dabei selbst hierzu anbot, indem er ganz zuversichtlich noch hinzu setzte: „Nu a Betstunde! könnt ich machen!" Auf die abschlägige Antwort des Papas, fragte er denselben nun, ob er ihn nicht als Hausknecht bei sich behalten wolle. Da er nun auf diesen so weit herabgestimmten Antrag eben auch keine günstige Antwort erhielt, indem ihm der Papa entgegnete, daß er auch keines Hausknechts be dürfe, zog er wieder von dannen. Er nannte sich Wehle von Großschönau und unsere da- malige Kinderfrau, die, wenn ich mich recht entsinne, aus Großschönau war, ließ sich so über ihn aus: „Dan Heeßen se ei Grußschüne ock 'n Spuljunqen!" Von diesem wunder baren Kauze, der sich später die hiesige Stadt zu seinem Auf enthalte wählte, wo er die Dienste einesSonnenbruders oder Eckstehers verrichtete und den ich, als auch wir nach Zittau gezogen waren, nun alle Tage sehen konnte, indem er, wenn er eben nicht beschäftigt war, sich unter das Portal des da- mals im Ruin liegenden alten Rathauses (wunderbarer Weise sogar neben dem Pranger) hinpostierte, wäre noch viel zu erzählen. Doch gehört dies nicht in meine Erinnerungen aus dem Jonsdorfer Iuqendleben und ich erwähne hier nur noch, daß jener Mensch hier für ein Individuum galt, mit dem es wohl nicht so ganz richtig im Oberstübchen sein möge, und daß er hier nie anders als: „der Potsdamer" hieß und genannt wurde, weil er immer davon sprach, daß er nach Potsdam gehen wolle, doch aber niemals dahin ging. Nach seinem Familiennamen Wehle nannte ihn hier wohl kein Mensch, wenigstens nicht, wenn von ihm die Rede war. An den Wochen- und Arbeitstagen ging er wie ein ge wöhnlicher Tagelöhner angezogen, und im Winter hatte er einen Anzug von grasgrünem Kalmuck oder Frieß, nämlich ein Paar weite Chariwari-Hosen und eine Jacke von dem selben Zeuge, die in die Hosen wie bei Kindern mit ein geknöpft war und bei seinen Verrichtungen des Holz- und Wassertragens nahm er sich dann nicht viel anders aus als ein auf den Hinterbeinen herumlaufender, zur Arbeit dres sierter Orang-Utang. An Wochentagen arbeitete dieser Kerl wie ein Gaul, aber an Sonn- und Festtagen spielte er den vornehmen und großen Herrn; dann trug er sich fast wie ein englischer Marineoffizier in einer hochroten Uniform mit himmelblauen, seidenen und goldbetreßten Aufschlägen und hatte dazu enganliegende, weißseidene, bis an die Knöchel herunter gehende Unaus sprechliche an, die zum Überflüße unten noch mit kleinen Schnallen versehen waren. Auf dem Kopfe trug er einen verwogen gestellten dreieckigen Dressenhut und in der Hand, an der er weiße Handschuhe trug, ein zierlichesRohrstöckchen. Er ging in diesem Staate gravitätisch ums Tor spazieren und es konnte ihm in dieser Ausstaffierung gar nicht ein fallen, irgend Jemanden zu grüßen. So oft er aber bei dem Hause des Bankier Meusel vorbei ging auf seinen Gängen, soll er allemal ausgespuckt, sehr geschimpft und räsonniert haben, daß ihm dieser seine Tochter nicht zur Frau geben wolle. Auch solche Käuze muß es geben! — Im Winter 1852—1853. Carl Theodor Pescheck. Der Schatz im Acker Dr. Frenzel ferner, ferner Zeit, etwa 1400 Jahre vor Christi Geburt, war ein kunstreicher Wanderschmied und Bronzegieher durch die Oberlausitz gezogen. Überall, wo er die Hütten von Menschen fand, war er eingekehrt und hatte seine Ware feilgeboten, die er auf einem Ochsenkarren mit sich führte. Freundlich hatte man ihn ausgenommen und die Dorf jugend umstand sein Gefährt, in dessen planenbedeckter Tiefe fremde blitzende Dinge lagen: Armringe. Halsketten, Spangen, Speerspitzen und Beile. Die Alten brachten dem Händler ihren zerbrochenen Schmuck, er »ahm ihn und gab dafür prächtigen und neumodischen Zierat. Milch, Gebäck und Fleisch ward ihm zugegeben, soviel er für sich forderte. Kunstreick geflochtene Matten bot man ihm an und Vieh und Holzkästen und goldgelben Bern stein, den man — selten genug — auf den Feldern hier und da fand. Ein reger Tauschhandel war im Gange, jeder deckte seinen Bedarf an Bronzeqeräten ein, denn erst in ein paar Jahren konnte man auf die Rückkehr des Mannes hoffen, der diese Wunderdinge verfertigte, der die geheime Kunst kannte, Erz zu schmelzen, zu gießen und zu glätten. Befriedigt zog nach einigen Tagen der Händler weiter. In einer dunklen Regennacht aber schlich aus dem Dorfe ein Mann hinaus nach einer kleinen, buschbestandenen Anhöhe. Unter dem Arm trug er ein Tongefätz. Sein Inhalt war schwer: Was er erhandelt hatte an Erzschmuck lag darin. Und er vergrub cs auf der Höhe, damit kein Dieb ihm sein Gut aus der Hütte stehle. Aber der Mann starb und vergeblich suchten seine Söhne in der Hütte, in der Asche des Steinherdes, im Lehmestrich der Behausung nach der glänzenden Habe des Vaters. Sie war verschwunden. Und oben auf dem Hügel ruhte der Schatz Jahrhunderte und Jahrtausende hindurch. Im Frühjahr 1923 ackerte auf Spittwitzer Flur ein Knecht auf dem Felde an der Höhe. Da ruckt der Pflug, die Pferde stehen, mit dem Fuße stößt der Ackersmann ein grünes Blech zur Seite. Holla, da liegt ja noch mehr! Mit den Händen wühlt er nach: Aus den braunen Scherben eines alten Topfes zieht er Armringe und Futzringe hervor, Perlen kollern dazwischen und merkwürdig geformte Geräte, alles aus — ja aus was denn? Grün siehts aus, schwer ists, Kupfer? Mit dem Taschenmesser ritzt er ein Stück an. Ja, es ist Kupfer, bloß nicht so rotglänzend. Er wühlt und sammelt ein. Das Zeug ist jetzt teuer! Er muß seinem Bruder in Seidau sowieso noch Geld geben! Nun, der nimmts gern an, als es der Finder am Sonnabend mit in die Stadt bringt. Aber bei einem Bautzner Altwarenhändler sieht der Ziegeleibcsitzer Arnold eines Tages, wie ein Mann alte Kupferringe verkaufen will. 5 Pfund sind es. Halt, woher haben Sie denn die Dinger? — Und da kommt die ganze Geschichte heraus. Der Besitzer des Ackers und damit des Fundes wird ermittelt. Der Ritterguts besitzer Dr. Heiber schenkt ihn der Bautzner Gesellschaft für Ur- gefchichte. Heute ist dieser „Depotfund" im Mufeum zu sehen.*) Solche Schatzfunde sind in der Oberlausitz häufig schon entdeckt worden. Wir kennen sie aus Muskau, Schwarzkollm, Lippitsch, Biereichen, Priebus, Nebelschütz, Seeligstadt, Miltitz, Loblenz, Großhähnchen, Nedaschütz, Leutwitz, Schmölln, Ebendörfel, Bob litz, Droben, Zschillichau, Rakel, Löbau, Herwigsdorf, Ober- seifersdorf, Olbersdorf und Zittau. Das ist eine stattliche Anzahl. Alle diese Schätze wurden vergraben von vorsichtigen Leuten oder