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Violinist im Gewandhaus-Orchester und wurde später Kapell meister am Alten Theater. Er ist vor allein durch seine Schriften über Biolinliteratur, über den Schulgesang, über Hausmusik u. a. bekannt geworden; seine Kompositionen scheinen weniger Ver breitung gefunden zu haben. — Neben diesen 6 Musikern, die allgemeines Interesse beanspruchen dürfen, hat Zittau noch an die 20 musikalische Namen aufzuwetsen, deren Bedeutung mehr lokaler Art ist. Da der Rat der Stadt in früheren Jahrhunderten dem auch anderwärts geübten Brauche huldigte, Stadtkinder vor andern zu versorgen, so begegnen uns unter den Zittauer Kantoren und Organisten eine ganze Anzahl gebürtiger Zittauer; HieronymusPäschelius, 1544 in Wittenberg immatriku liert, Kantor von 1554—55; Jakob Hänsel, der dasselbe Amt von 1604—II innehalte, auch als Komponist bekannt; Michael Zieger, 1650 als Sohn eines deutschen Schulhallers geboren, hatte in Leipzig studiert und den Magisterrang erworben, war Lehrer an der dortigen Nicolaischule geworden und wurde von dort 1682 als Kantor nach seiner Vaterstadt berufen, wo er bis 1735 wirkte; sein Nachfolger, Johann Christoph Grünwald, 1696 geboren, Kantor von 1735—51, von dem einigeProgramme zu Schulkomödien aus den Jahren 1748—50 erhalten sind; die Organisten Laurentius Sternberger 1600—34, Christian Bogel von 1692-98, Gottfried Paul von 1662—1704 an St. Peter und Paul und Christian Räthelt, sein Nachfolger an derselben Kirche. Auch mehrere einheimische Orgelbauer von Ruf hatZittau hervorgebracht, so Zacharias Friedel, der 1611 die Orgel der Iohanniskirche erweiterte und auch als Komponist durch sein „Erstes musikalisches Kränzlein, d. i. der erste Theil 3 slim. Konzerten, Rostock 1614" bekannt geworden ist; ferner Johann Gottlob Tamitius, der Sproß einer berühmten Orgelbauerfamilie, 1738 in Zittau geboren, hatte bei seinem Vater, der 1717 seine Werkstatt von Dresden, wo er Hoforgel bauer war, nach Zittau verlegt hatte, seine Kunst erlernt und be währte sie später in verschiedenen Orgelbauten; endlich Johann Gottfried Augustin, 1762 geboren, ein Schüler seines gleich namigen Vaters, der als ehemaliger Leineweber den Orgelbau bei Tamitius gelernt hatte; der jüngere Augustin wandte sich 1785 nach Bautzen. — Etwas ausführlicher müssen wir der Zittauer Patrizierfamilie von Hartig gedenken, weil wir hier an einem Beispiel zeigen können, wie in früheren Zeiten die Musik als wichtiges Bildungsmittel in den vornehmen Familien geschätzt wurde. Johann Jakob v. Hartig, 1639 in Zittau geboren, ging nach dem Besuch des heimatlichen Gymnasiums und der Leipziger Universität 1660 nach Italien, promovierte 1662 in Padua zum Doktor Iuris, bereiste darnach Frankreich und kehrte nach 9 jähriger Abwesenheit in die Heimat zurück, wo er rasch durch die verschiedenen Stellen der städtischen Ver waltung bis zum Amte des Bürgermeisters aufstieg. Er war ein Meister auf der Laute; seine musikalischen Lehrer waren der Zittauer Organist Hammerschmidt, der päpstliche Kapellmeister Carissimi in Rom, Gratiani in Venedig, Lutty in Paris u. a. In seinem Hause in Zittau und auf seinem Landsitz Alt-Hörnitz herrschte reges künstlerisches Leben, und Musiker von Rang waren dort angesehene Gäste, wie z.B. der junge Johann Kuhnau, der spätere Leipziger Thomaskantor, während seiner Zittauer Zeit (1680) mehrere Wochen im Hörnitzer Schlöffe wohnte. Auch ein jüngerer Sproß der Familie von Hartig wird als großer Musikfreund erwähnt; die Musiker Stölzel und Quantz rühmen ihn als einen „der stärksten und geschmackvollsten Klavieristen". — Hier ist auch der Ort, der Familie Flaschner von Ruhberg, die Schmorkau bei Kamenz besaß, Erwähnung zu tun. Der ältere Flaschner, Gotthilf Benjamin, 1761 Inder Gegend von Zittau geboren, der in Leipzig Theologie studiert hatte und später in Zittau lebte, ließ verschiedene Sammlungen von Liedern und Klavierstücken drucken. Friedländer bespricht sie in seiner „Geschichte des deutschen Liedes" und erkennt Flaschners natürliche Anlage für Melodien sowie sein Bestreben, einen volkstümlichen Ton anzuschlagen, an. Sein Sohn Fried rich August Flaschner von Ruhberg, 1798 in Zittau ge boren, arbeitete in derselben Richtung weiter und schrieb eben falls beliebte Klavier- und Singstücke. — Endlich bleiben uns noch einige Zittauer zu nennen, die an andern Orten ihren must- kalischen Wirkungskreis fanden: Johann Hermann, geb. 1515 oder 16, von 1531—36 Kantor an der Thomaskirche in Leipzig, dann Kantor am Dom zu Freiberg, wurde dort 1541 Amtsvogt und starb 1593; Christian Gerstner, 1675 geboren, erst Kantor in Lommatzsch und Chemnitz, von 1727—53 Kantor an der Annenkirche in Dresden; Christian Lies n er, ebenfalls 1675 geboren, von 1708—31 Rektor in Glogau, dessen musikalische Talente Hoffmann in seinem Lexikon „Tonkünstler Schlesiens" rühmt; Johann Benjamin Michaelis, 1746 geboren, der in Leipzig Medizin studierte, sich dann der Musik zuwandte und Theaterdichter der Seilerschen Truppe in Hamburg wurde, mehrere Operetten schrieb und nach einem zwar kurzen, aber reichlich bewegten Leben 1772 bei seinem Freunde Gleim in Halberstadt starb; Johann Gottl. Geisler, 1753 geboren, ebenfalls Student der Medizin in Leipzig, später Privatgelehrter, bekannt durch sein 1792-1800 erschienenes mehrbändiges Werk „Beschreibung und Geschichte der neuesten und vorzüglichsten Instrumente und Kunstwerke für Liebhaber und Künstler"; Friedrich Ferd. Funke, geb. 1777, von 1800—1819 Orga nist in Grimma; Christian Gottl. Lange, 1791 geboren, 1822 Organist an der Waisenhauskirche, von 1835—58 an der Annenkirche in Dresden; Hermann Paul Öhme, 1875 geb., Kantor und Organist in Leipzig. Noch reicher als Zittau selbst ist die Umgebung der Stadt an bedeutenden Musikern. Als ältester Meister begegnet uns da Gottfried Bopelius, geboren 1635 in Herwigsdorf, der als Kantor an der Leipziger Nikolaischule gewirkt hat. Er gab 1682 das „Neue Leipziger Gesangbuch" heraus, das von den späteren Kirchenmusikern als wichlige Grundlage benutzt und so noch heute von Bedeutung ist. Gerber (Musiklexikon) berichtet von diesem Buche, daß Bopelius sich darin vor manchen vorkommenden Noten des A, und h bedient und auch schon den nach Diadana- Art bezifferten Baß angenommen habe. — Sodann hat die Zittauer Gegend der Stadt Leipzig noch zwei Nachfolger Bachs im Thomaskantorat beschert:Schicht und Richter, so daß im ganzen mit Hiller und dem obengenannten Hermann vier Inhaber dieses angesehenen musikalischen Postens unserer Oberlausitz entstammen. Johann Gottfried Schicht wurde 1753 in Reichenau geboren und besuchte das Zittauer Gymnasium. Auch er kam, wie damals mancher andere, aus der Rechtswissenschaft, die er in Leipzig stu dierte, zur Musik. Er wurde 1785 Hillers Nachfolger als Dirigent der Gewandhauskonzerte und 1790 Thomaskantor. Don seinen Oratorien wurde „Das Ende der Gerechten" am meisten ausgeführt. Sein großes Choralbuch von 1819 ist ein Werk von bleibendem geschichtlichen Werte; von den 1285 Melodien, die es enthält, waren über 300 von ihm selbst erfunden. Auch in die heutigen Choralbücher sind einige von ihnen übergegangen, wie auch ein- zelne Motetten von ihm noch immer gesungen werden. — Fast 60 Jahre später, 1808, wurde in Großschönau Ernst Friedrich Eduard Richter geboren. Er war ein Lehrerssohn, besuchte das Zittauer Gymnasium und wandte sich dann, wie die allermeisten studierenden Oberlausitzer, der Leipziger Lima mater zu. Nach dem er die Theologie an den Nagel gehängt und sich ganz der Musik ergeben hatte, bekleidete er verschiedene musikalische Ämter, bis er endlich 1868 als Moritz Hauptmanns Nachfolger das Thomaskantorat erhielt. Als Komponist ist Richter nach Rie manns Urteil sehr respektabel, namentlich in seinen Motetten und Psalmen; aber ungleich bedeutender ist sein Ruf als Theoretiker. Sein berühmtestes Buch „Praktische Studien zur Theorie der Musik" war bis 1900 in 22 Auflagen erschienen und u. a. ins Englische, Schwedische, Russische, Polnische, Französische, Italie- nische, Spanische und Holländische übersetzt worden. Richter ist 1879 in Leipzig gestorben. — Wir wenden unsere Aufmerksamkeit nun der berühmten Musikerfamilie Schneider zu. Ihr Haupt war Johann Gottlob Schneider, geboren 1753 zu Altwaltersdorf unter der Lausch«. Er war zuerst Weber und hatte es durch eisernen Fleiß dahin gebracht, daß er Lehrer und Organist in Gersdors wurde. Wieviel Segen er dort gestiftet hatte, zeigte sich bei der Feier seines 50 jährigen Amtsjubiläums im Jahre 1837»