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Leipzig. Bei Erdarbeiten am Reichsbankgebäude stieß man auf den Grundstein der alten St. Pcterskapelle, der 1507 gelegt wurde. Der Stein ist etwa 45X60 cm groß und 20 cm stark und trägt in guterhaltener, sauber ausgesührter Meiselarbeit die In schrift: „Anno Dm. 1507 dinstag in den heiligen ostern da der erst stein zum gottes Hause St. Peters gelegt worden." In der Mitte des Steines ist ein kleines viereckiges Loch herausgearbeitet, das eine Miniatururne ohne Inhalt barg; unter der Urne fand man zwei Münzen, die eine etwa in der Größe der früheren Fünfmarkstücke, die andere kleiner. Abgedeckt war der Stein mit einem anderen gleichgroßen, der auf seiner Rückseite ein Kreuz trägt. Der Fund soll in das Stadtgeschichtliche Museum übergeführt werden. Diese Nachricht ist durch viele Tageszeitungen gegangen und mancher wird über ihr alten Zeiten nachgesonnen haben. Ein ähnlicher Fund aus dem Untergründe eines Altares befindet sich im Kunstgewerbemuseum Leipzig (Grassimuseum).— Das Kreuz des Dccksteines ist als Weihekreuz anzusprechen, wie jeder ähn liche am Torgewände des Torhauses vor dem Kloster St.Marien- stern betrachten kann. Die Beigaben in Form von Gesäßen und Münzen entspringen aber dem alten Volksglauben: Es sind Bauopfer, die eingemauert wurden, um den Zorn dämonischer Erdgeister über den Eingriff in ihr Reich durch das Grundgraben zu besänftigen. Wenn dann im Laufe der Jahrhunderte die Ge- .fäße zu Öl- oder Salbenbüchsen sich verkleinerten, so zeugt dies nur für die Abwehr derartigen Volksglaubens durch kräftige Weihemittel der mittelalterlichen Kirche. — Auch in Häusern der Oberlausitz sind ähnliche Bauopfer niedergelegt worden. 3n Neu- Kirch bei Königsbrück wurde in der Grundmauer eines alten Ge- bäudes z. B. ein mittelalterliches Tongefäß gefunden. Es er scheint angezeigt, daß bei der hoffentlich recht bald einsetzenden regeren Bautätigkeit alle Beteiligten auf ähnliches achten, wenn alte Häuser niedergelegt werden. Die Bauopfer wurden in ver- schiedenstcr Gestalt därgebracht: Lebend eingemauerte Katzen, Geflügel, Gebrauchsgegenstände, Münzen, Gefäße mit Speisen, Pflanzenbündel (Johanniskraut) und — Salamander. Ein letzter Rest der alten Bauopfer lebt in veränderter Bedeutung fort in dem Glase, das der Bauführer beim Hebeschmaus vom Dach stuhle aus hinabwirft. Überhandnehmen von Elstern. In verschiedenen Gegenden Sachsens macht sich eine starke Vermehrung der Elstern bemerk bar. So wird besonders in der Gegend von Leisnig über auf fallende Verbreitung des Vogels geklagt, auch in der Colbitzer Gegend ist eine Zunahme beobachtet worden. Da die Elstern als Nestplünderer auftreten und auch junge und alte Vögel rauben, ist dort ein fühlbarer Rückgang im Bestand der wirtschaftlich nütz- lichen Singvogelwelt eingetreten. Auch der Jagd und der Land wirtschaft fügt die Elster Schaden zu, weil sie die Jungen des Rebhuhnes und des Hofgeflügels gefährdet. In Anbetracht der Gefahren, die eine weitere Vermehrung der Elstern für Land wirtschaft, Obst- und Gartenbau herbeiführen würde, werden die Iagdberechtigten ersucht, die Elstern nach Möglichkeit abzu schießen und ihre Nester zu zerstören. Auch in der Oberlausitz ist eine Zunahme dieses schönen Vogels zu beobachten. In Bautzen nistet er dieses Jahr in den Gärten der Vorstadt. Doch soll mit dieser Notiz nicht einem Feldzuge gegen diesen Raubvogel das Wort geredet werden. Er ist nicht nur schädlich, sondern macht sich auch nützlich durch Vertilgung von Ungeziefer, Raupen und durch Ausschaltung allen schwäch lichen Kleinwildes von der Vermehrung. Gerade kümmerndes Feder- und Haarwild fällt der Elster zum Opfer und kann somit seine schlechten Eigenschaften nicht vererben. Daß dies ein hoher Nutzen ist, wird jeder weidgerechte Jäger bestätigen. Doch eine Mahnung: Hallet die Kinder ab, wenn sie Nester ausnehmen wollen! Dies ist Sache des Jägers! Großröhrsdorf. Eine Familientagung des Stammes Schurig. Der Großröhrsdorfer Anzeiger berichtet: Am 30. Mai vollendeten sich 100 Jahre, daß Johann Gotthold Schurig der Altere mit Jungfrau Johanna Karoline Schöne, eines Band- machers Tochter, in Großröhrsdorf getraut wurde. Der 30. Mai fiel im Jahre 1824 auf den I.Pfingstfeiertag. Seine Nachkommen haben in Erinnerung an den 100jährigen Hochzeitstag in der Pfingstwoche einen Familientag abgehallen. Es mögen wohl 150 über 14 Jahre alte Personen fein, die sich am Sonnabend nach Pfingsten im Mittelgasthof einfinden wollten. Gleichzeitig voll- enden sich jetzt 300 Jahre, daß die Gesamtfamilie Schurig in Großröhrsdorf eingewandert ist. Auf dem Deckel des ältesten Kirchenbuches von Großröhrsdorf stand die Bemerkung: „Das Schurig'sche Geschlecht stammt aus Graupa. Vater war Matthäus, Mutter war Dorothea, Georg Küchlers, Bauers und Schiffanker schmiedes zu Großhennersdorf, Tochter, Söhne waren Johannes, Matthäus, Christoph, Bartholomäus". 3n den Kirchenbüchern kommt vorher auch nicht ein einziges Mal der Name Schurig vor. Es hat sich die Familie so verbreitet, daß es 1900 bei 6769 Einwohnern in 77 Haushaltungen 314,1905 in 86 Haushaltungen 334, 1910 91 Haushaltungen 338 des Namens Schurig gab. Die Familie Schurig hat an Kopfzahl bis auf die Familie Schöne alle Familien überflügelt. Wer Familienstammbäume bearbeitet, wer Ahnentafeln auf Grund von Kirchenbüchern aufstellt, staunt, wie die Familie Schurig überall eingreift. Sie ist wie ein alter, noch immer blühender Rosenstock, der mit seinen Zweigen und Asten seit nunmehr 300 Jahren nach und nach die ganze Kirchgemeinde umrankt hat. Darum erscheint es uns vollkommen berechtigt, wenn die vor 300 Jahren geschehene Einwanderung einer so be deutsamen Gesamtiamilie, deren Eintritt und Ausbreitung sich an der Hand der Kirchenbücher geschichtlich genau verfolgen läßt, besonders gefeiert wird. Aus diesem Anlaß hat im Anschluß an den im engeren Kreis abgehaltenen Familientag zu Ehren der Gesamtfamilie Schurig am Trinitatisfest, den 15. Juni, vormittags 9 Uhr ein großer Festgottesdienst stattgefunden.—Die Pflege der Familienüberlieferung auch in bürgerlichen Kreisen ist sehr zu be grüßen. Mehr und mehr erkennt man auch hier, daß die Bande des Blutes eine Macht darstellen können. Gerade in der Ober lausitz gibt es bereits eine große Anzahl bürgerliche Familien verbände, die sich nicht nur ideal betätigen, sondern noch zu wirt- schaftlichen Unternehmungen zusammengeschlossen haben. Diese Rückkehr zur germanischen Sippe ist ein erfreuliches Zeichen in unserer Zeit. Wer Ähnliches beabsichtigt, wende sich an den Leiter der deutschen Zentralstelle für Familienforschung, Dr. Wecken, Leipzig-Oetzsch, Hauptstraße 66. Hier wird er sachgemäß beraten werden. Die Kosten sind gering. Pflanzenschutz. In der sächsischen Oberlausitz ist eine Reihe von seltenen Pflanzen durch das sächsische Pflanzenschutzgesetz vom 23. Mai 1923 geschützt worden. Auch für die preußischen Teile der Oberlaufitz besteht eine ähnliche Verordnung in der Polizeiverordnung des Landwirtschafsministers vom 30. Mai 1921 (Amtsblatt der Regierung, Liegnitz 1921, S. 296). Nach beiden Schriftstücken ist es verboten, geschützte Pflanzen zu be schädigen, aber auch das Verpflanzen derselben in Hausgärten ist untersagt. Es bedarf wohl keiner näheren Begründung dieser Maßnahmen bei unseren Lesern, aber wir richten an sie die Bitte, den Pflanzenschutz tätig zu fördern, indem sie Frevler gegen die Schätze der Heimat zur Anzeige bringen, oder sonstwie auf das Verwerfliche ihres Tuns Hinweisen mögen. Gerade während der sommerlichen Wendezeit hat man oft genug Gelegenheit, recht trübe Beobachtungen zu machen. Helft alle, ehe es zu spät ist! Der "Bilwisschnitter", ein seltsamer Unbekannter, macht in der letzten Zeit wiederum häufig von sich reden. Seit Wochen werden in den Fluren Grimmas und der Umgebung merkwürdige Spuren entdeckt. Es handelt sich um schräg durch die Roggen felder laufende, fast gradlinige, 15 cm breite Streifen, auf denen die Halme 12—15 cm über dem Boden glatt abgebissen sind und unversehrt am Boden liegen. Obwohl Spuren der Tätigkeit des geheimnisvollen „Bilwisschnitters", wie man die unbekannte Erscheinung nennt, seit altersher in ganz Mitteleuropa zu finden sind, ist es noch nicht gelungen, diese Dinge aufzuklären. Zweifel- los ist es ein nächtliches, scheues Tier, das die Roggenfelder in dieser Weise schädigt. Vor allem hat man den Hasen im Verdacht, von dem man annimmt, daß er sich Wege durch die Getreidefelder beißt, um bequeme Pfade und Wechsel zu erhalten, aus denen er