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auch wohl die Hoffnung, je großartiger das Gastmahl, um so schonender werde man mit der Stadt verfahren, um so leichter werde es möglich sein, von einer auferlegten Kriegs kontribution einige Tausend Taler herunterzuhandeln. Aber auch in ruhigen, in Friedenszeiten benutzte man dieses Mittel, um für die Stadt irgendwelchen Nutzen heraus zuschlagen. Es war an der Tagesordnung, daß hohe Beamte, Kommissare usw. die Städte bereisten, um in dem oder jenem Punkte der Verwaltung nach dem Rechten zu sehen, oder es kam, besonders in der Herbstzeit, vor, daß ein Ade liger von seinen Besitzungen abreiste, um den Winter in der Hauptstadt, in Dresden, bei Hofe zu verbringen. Da unter ließ man es denn nie, ihnen ein kleines Geschenk zu machen, ihnen irgendwelche Aufmerksamkeiten zu erweisen, Bequem lichkeiten zu bereiten — denn man wußte nicht, ob man ihre Fürsprache bei der Landesregierung nicht schon in den näch sten Wochen werde in Anspruch nehmen müssen. Die Geschenke, die man machte, kamen meist aus dem städtischen Ratsweinkeller, indem man die Gäste entweder zu einem Trünke auf den Ratskeller lud oder ihnen ein so genanntes Flaschen-Fuder?re86n1-Wein verabfolgen ließ. Es bestand meistens in 4—7 Kannen Rheinwein, dessen Preis für die Kanne zwischen 28 und 40 Groschen schwankte. Mit solchen Geschenken wurden neben vielen Anderen be dacht der General von Schrieben, der Landesälteste von Igtritz, als er am 20. Mai 1755 Zittau besuchte, der geheime Kriegs rat Akoluth, die „Frau Gräfin von Rexin, Cuoernantin aus dem Stift Radewitz", der Oberstleutnant von Blätz usw. Sechs Kannen Rheinwein zu 40 Groschen wurden dem Oberamtskanzler Ritschier sogar bis nach Bautzen gesandt, offenbar für eine der Stadt Zittau erwiesene Gefälligkeit. Eines der großartigsten Bankette veranstaltete der Rat jedoch, als am 18. und 19.November 1755 der Ambassadeur Graf von Keyserling, dessen Sohn nebst Gemahlin, der Landeshauptmann Graf von Dallwitz nebst Gemahlin und deren Sohn in Zittau weilten. Die Kosten beliefen sich auf nicht weniger als 155 Reichstaler 17 Groschen 10 Pfennige, wobei allein für 33 Taler 12 Groschen Wein getrunken wurde. Dabei erfahren wir auch gleich, welche Sorten damals der hiesige Ratsweinkeller führte, nämlich Rheinwein, Meißner, alten Meißner und Ungarwein. Die Preise für die Kanne betrugen bei Rheinwein 28 bezw. 40 Groschen, Meißner 8, alten Meißner 14 und Ungarwein ebenfalls 40 Groschen. Ratskellerverwalter bezw. Pächter war die ganze Zeit über Johann Adam Schubert. Bisher war die Honorarienkasse eigentlich nur fremden Leuten zugute gekommen, und es sollte uns doch sehr wundern, wenn nicht auch der Rat selbst es verstanden hätte, sich von ihren Geldern ab uno zu ein vergnügliches Stündchen zu bereiten. Das ist denn auch in der ausgiebigsten Weise ge schehen, offenbar bei jeder nur möglichen Gelegenheit, und es ist staunenswert, wie man es in Altziltau verstand, eine an sich recht langweilige Arbeit zu einer kleinen Feierlichkeit umzugestalten. Das trifft am meisten bei den wöchentlichen Ratssitzungen zu: denn immer wieder liegt uns vom Rats- kellerbewirtschaster Schubert eine Rechnung vor, nach der auf Befehl des Rats oder auf Anordnung des regierenden Bürgermeisters, meist des Dr. Hoffmann, vom Ratsdiener Kemna oder vom Ratstürsteher Steiger eine Erfrischung in die Ratsstube geholt wurde. Und wenn man den Gästen, die in Zittau weilten, Rheinwein oder andre Weine vorsetzte, so behielt man das Beste, was der Ratskeller barg, für sich selbst zurück; denn in der Ratsstube wurde sehr selten Wein, sondern meist sogenannter Süröser Sekt getrunken, der sich in jener Zeit großer Beliebtheit erfreut zu haben scheint. Und der Rat verfehlte auch nie, zu dem schweren Getränk eine tüchtige Portion Brot zu bestellen, so wie man auch heute noch in Niederbayern Brot zum Biere vorgesetzt be kommt. Von Zeit zu Zeit wurden in der Stadt allgemeine Spritzen proben abgehalten,um nachzuprüfcn, ob das Feuerlöschgerät, wie fahrbare und Handspritzen, Sturmfässer, Schöpfgefäße, Wasferzuber, Eimer, Haken und Leitern in Ordnung und zum Gebrauche jeden Augenblick bereit seien. Sie fanden seit 1755 bis 1765 aus der Neustadt, seit 1766 bei der Rat hausruine, seit 1771 auf dem Markte und seit 1831 auf der Schießwiese statt und bildeten allemal ein großes Fest für die Jugend. Doch erseh.n wir aus den Quittungen zur Hono rarienkasse, daß sich auch die Alten die Gelegenheit zunutze machten, um sich einige behagliche Stunden zu bereiten. Meist wurde das sämtliche Feuergerät am Tage vor der Ratschür, d. h. am Tage vor Bartholomäi, vorgeführt. Das geschah am 12. August 1756, und die Bleicher tranken dabei ein Fäßchen Bier aus, dessen Preis — 1 Reichstaler 4 Groschen — ihnen von der Honorarienkasse vergütet wurde. Bei der „Sprötzenprobierung" am 5. Oktober 1762 ließ sich der Rat auf seine Stube V» Kannen Madeira 1 Reichs taler 18 Groschen holen, 1 Kanne Rheinwein für 2 Reichs taler und eine halbe Kanne Kräuterwein für 1 Reichstaler. Aus den Preisen geht hervor, daß die Kriegsjahre auch den Wein verteuert hatten, der ja nach Zittau eingeführt werden mußte. An Gebäck verzehrte bei dieser Gelegenheit 1763 der Rat für 10 Groschen Kreuzkuchen und Butterbretzeln. Es hat auch den Anschein, als ob das Zittauer Feuer löschgerät in besonders gutem Rufe gestanden habe; denn als am 20. November 1753 der russische Botschafter mit seinem Sohne und dem Landeshauptmann zu Bautzen in der Stadt weilte, wurden ihm die 4 großen Feuerspritzen von den hierzu bestimmten Bürgern und Bleichern oorgeführt. Auch wenn ein Biermaß geaicht wurde, was alljährlich geschah, nahm der Rat regen Anteil und ließ sich seine Ar beit meistens mit einigen Kannen Rheinwein, Süröser Sekt und „feiner Butterware" vergüten, das man auf dem Wein keller oder auf der Ratsstube verzehrte. Damit wäre das Ende des 2. Abschnitts erreicht, und ehe wir uns dem letzten Teile der Arbeit zuwenden, wollen wir noch in aller Kürze eine Aufzählung einzelner Fälle geben, in denen die Mittel der Honorarienkasse in Anspruch ge nommen wurden. Zu den Festen, die „eine löbliche Schützen kompagnie" alljährlich veranstaltete und die meist im Juni oder August stattfanden, bewilligte der Rat regelmäßig 10 Taler zu Wein, die von den Schützenältesten in Emp fang genommen wurden. Als solche sind 175S zu nennen Samuel Gottlieb Behle und Johann Christian Hübner, 1763 Behle und Johann Gottlob Lichtenfels. Bor allen Dingen aber machte man sich feierliche oder besondere Gelegenheiten außerhalb der Stadt auf den ins Weichbild gehörigen Dörfern zunutze, um sich aus dem Rats keller ein paar Kannen Rheinwein mitzunehmen, und nach der Zahl der Kannen muß sich öfters sogar ein kleines Trinkgelage entwickelt haben. Solche Ausnahmefälle sind z. B. die Abhaltung eines Ehedings in Seitendorf und Reichenau am 15. Februar 1756, 1754 eine zweimalige Probepredigt in Reichenau, die Installation des Pfarrers in Seitendorf am 1. August 1762 und die Entsendung einer Ratsdeputation nach Großschönau 1757. Ferner hatte die