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Dort zieht noch ein flacher Graben dem Wäldchen zu, der Rest der alten Preußenschanze. Don ihr aus sandten sie den Tod in Feindes Reihen, bis er sie erreichte. In der Ferne ragt der Stromberg auf. Friedrich hatte General v. Retzow befohlen, sich auf ihm festzusetzen. Allein, Daun kam ihm mit seinen Österreichern zuvor. Retzow wurde mit seinen 10000 Preußen bis hinter Weißenberg abgedrängt, verlor jede Fühlung mit dem Hauptheer und kam für die Schlacht nicht mehr in Frage. Das war schon ein ungünstiger Auftakt. Ungünstiger aber noch stand es um Hochkirch selbst. Sehen wir es! Wir wandern die Straße zurück. Wir können sie absehen bis nach Hochkirch hinauf. Längs der Straße, auf beiden Seiten von ihr, lag Friedrichs Heer in langgestreckter Front. Malerisch liegt das Dörfchen mit dem waldigen Czorneboh im Rücken. Die „Blutgasfe" führt uns in den Ort. Uber anderthalb Jahrhundert ist's her seit der Schlacht. Aber das Volk hat es bis heute nicht vergessen, daß Blut in Strömen auf den Gassen rann. Es fällt uns auf, daß fast nur neue Häuser das Dorf zusammenstellen. Die alten gingen damals in Rauch und Flammen auf. Wohl deins blieb übrig. Da hieß es. den Ort von neuem aufbauen. Beim Gasthaus „zum alten Fritz" läuft eine Kirsch-Allee schnur gerade vom Dorfe fort auf den Lzorneboh-Wald zu. Beiderseits von ihr lag Friedrichs schwere Artillerie. Auch dort im Bauern busch hatten einige Bataillone Deckung gesunden. Wir kommen dahin, wenn wir die Straße nach Wuischke gehen. Kurz vorm Dorfe aber wenden wir uns rechts ins Feld. Bei Steindörfel er- reichen wir die alte Heeresstraße, auf der wir nach Hochkirch zurückgehen. Wir kommen am Gasthof zum Goldenen Schlüssel vorbei. Hier hielt Ziethen mit seinen Husaren, ein Stück weiter noch biwakierten seine Dragoner. Wie ungünstig war solch eine Stellung! Alle Höhen ringsum hatten die Österreicher besetzt: den Stromberg, den Wohlaer Berg, die Höhen bei Eiserode, die Czorneboh-Hänge bis nach Wuischke und Rachlau hin. Sie selbst konnten nicht beobachtet werden, Wälder deckten sie. Doch konnten sie in Friedrichs tiefer liegende Stellungen hineinsehen und alle Vorkehrungen genau verfolgen. Friedrich fühlte sich selbst nicht wohl hier. Es war ihm nur Not stellung. Niemals hätte er hier eine Schlacht begonnen. Er traute aber auch Daun nicht zu, daß er ihn angreifen werde. Er hielt ihn für zu zaghaft. Seltsam, daß der so kriegserfahrene Preußen könig das Unglück nicht sah, das sich über ihm zusammenzog! Der Feind suchte ihn zu überlisten. Bauern von den umliegenden Dörfern mußten Verhaue bauen, damit die Preußen die Arbeiten im österreichischen Lager nicht hörten. Noch als Daun in der Nacht zum Angriff vorging, mußten sie Lagerfeuer schüren; Friedrich sollte glauben, die Österreicher lägen noch beim Biwack. Allnächtlich schlugen die Österreicher blinden Lärm, um diePreußen einzuwicgen. Und wirklich, als dann wahrer Alarm geschlagen wurde, glaubten diese, es sei wieder nur Geplänkel. Am Abend des l3. Oktober rückte Daun bis an den Waldrand vor. Die Räder der Kanonen, die Hufe der Pferde, ja selbst die Säbel scheiden hatte man mit Stroh umwickelt, um jedes Geräusch zu vermeiden. Keith hatte dem König gesagt: „Wenn uns die Öster reicher hier in Ruhe lassen, verdienen sie alle gehenkt zu werden!" Ziethen und Seidlitz drängten ihn zu Sicherungsmaßnahmen. Um ihnen ihren Willen zu tun, ließ er drei Bataillone und eine Brigade in Alarmbereitschaft bringen. Als aber Mitternacht vorüberging und die Österreicher noch immer nicht angriffen, ließ er sie in Ruhestellung gehen. Am nächsten Morgen wollte er auf- brechen! Zu spät! In nächtlichem Schlafe liegt das Dors. Vom Kirchturm schlägt es die fünfte Stunde. Da wird es drüben im Walde lebendig, Kanonen dröhnen durch die Stille der Nacht. Mit „Hurri! Hurri!" rennt es die Hänge herab. Die preußischen Vorposten sind schnell still gemacht. Die preußischen Kanonen sind rasch genommen. Eie werden umgedreht. Man schießt auf Preußen mit preußischen Geschützen! Friedrichs Grenadiere, kaum erst zur Ruhe gegangen, umfängt bleierner Schlaf. Diele werden in ihren Zelten, noch schlummernd, von feindlichen Kolben erschlagen. Andere finden nicht Zeit, den Waffenrock überzuwerfen. Das Koppel über'« Hemd geschnallt, die Muskete in der Hand, so eilen sie auf die Straße. In gestrecktem Galopp jagt ein Bote die Straße nach Rodewitz hinab. Schaumbedeckt rast sein Roß über den Gutshof. Auch der König findet kaum Zeit, die Uniform anzulegen. Nur lose be kleidet schwingt er sich in den Sattel. Und nun jagen beide die Straße zurück. Inzwischen sind die Österreicher ins Dorf ein- gedrungen. Ein furchtbarer Nahkampf wütet zwischen den Häusern. Noch ist es rabenschwarze Nacht. Niemand kann Freund und Feind unterscheiden. Man mutz sich gegenseitig die Mützen ab- tasten. Bald aber wird es Licht. Aus den erntegefüllten Scheunen prasseln die Flammen heraus. Die Häuser gehen in Glut auf. Aus den Türen stürzen todesgeängstigt die Einwohner hervor, Mütter mit Kindern iin Arm, Männer mit mühsam geretteter Habe. Sie kommen nicht weit. Dort rafft sie feindliches Eisen dahin. Hier werden sie unter Pferdehufen zerstampft. Da gehen Räder über ihre Leiber hinweg. Wie eine gigantische Fackel leuchtet der Kirchturm überm Dorf. Er lodert lichterloh. Die Preußen weichen zurück. „Vorwärts meine Kinder!" Keith führt sie vor. Die Österreicher werden wieder aus dem Dorfe hinaus gedrängt. Keith wird verwundet. Die Preußen weichen zurück. Dreimal geht das so in wechselvollem, heißem Ringen. Zuletzt trifft ihn der Tod in die Brust. Später findet man seine Leiche zertreten unter zerschossenen Leibern. Im Kirchhof hat sich Major v. Langen mit 300 Preußen eingeschloffen. Mit Löwenmut hält das Häuflein den Gottesacker. Acht Regimenter führen die Österreicher nacheinander gegen die Friedhofsmauer vor, an der sich Leichenbe'ge bis zum Mauerkranze hinauf türmen. Der König fängt seine zurückweichenden Truppen auf und führt sie selbst gegen das Dorf an. Sein Pferd wird ihm unter den Beinen weggeschossen. Ihm zur Seite fallen zwei seiner Pagen. Drinnen im Kirchhof wird's stiller und stiller. Wenige Mann nur sind vom Bataillon noch übrig. Noch aber halten sie den Platz. Als sich die Nebel lichten, sieht der König, die Schlacht ist für ihn verloren. Es mag gegen 9 Uhr sein. Da läßt er zum Rück- zug blasen. Drinnen im Friedhof hört man die Hörner. Major v. Langen muß zu seinem Könige. Durch kühnen Ausfall sucht er sich Bahn zu schlagen in die Mauer der feindlichen Truppen. Wie Tiger fallen sie über das Häuflein her und machen es nieder. Schwer verwundet fällt er in die Hände der Feinde. Er kann nicht bei seinem König sein, der bei Wurschen und Kleinbautzen die Trümmer seines Heeres sammelt. Neuntausend seiner Streiter liegen blutend und tot auf dem Schlachtfelde. Fast ebensoviel hat auch der Feind verloren. Der König läßt den Mut nicht sinken. Mit klingendem Spiel geht es nach Bautzen. Betreten wir den Friedhof! Am Eingang stehen drei Denk steine. Einer von ihnen ehrt das Andenken Majors v. Langen. Noch sehen wir im Gemäuer der Kirche Kugeln von jenem Tage. Auch die Kirchentüren sind von Gewehrkugeln durchlöchert. Hinter dem Altar erhebt sich ein Denkmal, das Friedrich seinem General Keith setzen ließ. „Er war ein Mann von einfachen, biederen Sitten und hoher soldatischer Tüchtigkeit. Während er nicht fern von hier im Kampf die wankende Schlachtreihe der Seinen mit seinem Geist, seinem Arm, seinem Wort und Beispiel wieder festigte, fiel er, kämpfend wie es sich Helden geziemt. .." schrieb ihm der König auf den Leichenstein. Wir wandern die Straße nach Pommritz hinab. Blutgasfe! Nun erst verstehen wir recht ihren Namen. Verband Lusatia Großschönau. Der Verband „Lusatia" hält am 15. Juni im hiesigen Orte seine Wanderversammlung ab, die um 2 Uhr nachmittags im „Weinhaus" ihren Anfang nimmt. Für den Vor mittag ist eine Besichtigung des Krumbholzmuseums in Aussicht gestellt. Die geehrten Leser finden im Anzeigenteil Näheres hierüber. Eibau. Der hier bestehende Humboldtverrtn kann auf das stattliche Alter von 60 Jahren zuriickbltcken und wird am 1. Juni aus diesem Grunde eine Jubiläumsfeier veranstalten, zu der die dem Verbände „Lusatia" angehörigen Vereine «ingeladen werden. Das dem Verein gehörige Museum auf dem Beckrnberge kann nachmittags besichtigt werden, während die Feier erst am Abend stattfindrt.