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7« Gbevlauflher Helmatzeltung Clr. ö seiner Frau Nikolina in Leipzig weilte, in studentischen Kreisen ein. Gustav Wolf, der Nikolina, einer äußerst gelehrigen Frau, Unterricht im Deutschen erteilte, kam mit den Isländern in engste Berührung und von dem Klangre chtum ihrer Sprache entzückt, so daß er ihnen noch mehr Aufmerksamkeit widmete. Er über setzte verschiedene Poems (Johann Iönsson hat sich auch in der Poesie versucht) und kam schließlich zu dem Entschluß, Iönsson, der sich als Meistersprecher erwies, mit auf seine Fahrten zu nehmen. So veranstalteten die Beiden am 9. und 10. Februar d. I. je einen D'chtcrabend in Bautzen und Bischofswerda mit großem Erfolge. Sie übertrafen die gehegten Erwartungen. Die Kritik, die wir dem ersten der Abende folgen lasten konnten (Der zweite Abend war nicht minder gut) lautet: „Dichterabende haben ihr bestimmtes Publikum. Da sehen wir drei Gruppen: die wirklich künstlerisch Empfindenden, dann die, welche zwar glauben, künstlerisch zu empfinden, aber mitunter bei den ernsten Stellen lachen, bei den heiteren ein saures Gesicht ziehen und am Schlüsse ebenso fortgehen, wie sie gekommen sind. Gottlob sind sie seltener an solch einem Abend vertreten. Die dritten kann man schwer auf ihr Verständnis prüfen, weil sie meist die Freunde des Dichters sind. Groß ist freilich eine solche Gemeinde ganz selten einmal, dafür hat sie den Vorzug, nicht mit „Maste" be- zeichnet zu werden. Gustav Wolf, der uns seine Kunst bisher in einigen Ver öffentlichungen kosten ließ, trat selbst vor uns, um all sein Feuer zündend in die Herzen der Hörer zu gießen und den reichen Quell seiner Poesie übersprudeln zu lassen. Seine Dichtung ist reine, empfundene Kunst. Wir dürfen stolz sein, ihn unseren heimischen Dichter nennen zu können, obwohl er kein Heimat dichter ist. Er ist mehr, mehr auch als jene Dichter, die in über hebender, eitel selbstherrlicher Art ihre dichterische Kraft über schätzen, mit der sie sich bald verausgaben, wenn nur Halbwegs ein Problem an sie herantritt, die nichts Neues zu gestalten wissen, wenn sie überhaupt gestatten können, sondern die nur im Glitzerglanz ästhetischer Schöntuerei Altes übertünchen. Himmel hoch hebt sich Gustav Wolf darüber hinaus, denn sein Schaffen, seine Kraft sind begründet in stetem Borwärtsstreben, verbunden mit wirklichem Können, das nicht zurückschreckt vor der Lösung von Problemen und das eingestellt ist auf Kamps. So offenbart sich in seinem Sonettkranz „Zwischen Winter und Frühling" und in seinem Sterbelied „Ich hasse dick Stadt" nicht minder als in seinem „Sommerlied" der starke Zug nach dem Kampfe nm die Freiheit. Welche Seelenzeichnung legt er in seinen „Tanz"! Und das und noch mehr mit dem ihm eigenen Pathos vorgetragen, erzielt eine Wirkung, die den Hörer packt und mit fortreißt. Selbst seine Übersetzung aus dem Serbischen „Bleibt hier im Lande" von Santic nimmt sich davon nicht aus. Wolf hat seinen Stil, seine Kraft und seinen Weg. Der Abend bestätigt nur, daß er nicht auf halbem Wege stehen bleiben, sondern wetterschreiten wird nach den gesteckten Zielen, und unsere Glückwünsche be- gleiten ihn dabei. Und nun Johann Iönsson. Isländische Dichtungen! Kein Mensch wird sie verstehen, so hieß es vorher, und jetzt können wir sagen, jeder hat sie erfühlt, empfunden. Der Melodien reichtum aus dem Munde eines solchen wahrhaft unbestrittenen Meistersprechers, wie Ionsson, die Form seines Vortrags und nicht zuletzt seine Persönlichkeit, die Tönung seiner Stimme, das alles ist wie geschaffen zum Vortrage einer Dichtungsart wie der „Edda" oder den „Grettirliedern", aus denen uns Wolf gute Übersetzungen beschert hat. So auch das „Delirium bibendi" von Iöhann Iünsson, das beide mit tiefer Wirkung vortrugen. Heines „Erklärung", übersetzt von Hannes Hafstein, Ludwig Uhlands „Des Sängers Fluch", von Matthias Iochumsson ins Isländische übersetzt, und der von Valdemar Briem übersetzte „Erlkönig" von Goethe mögen wohl dem Verständnis am nächsten gestanden und den tiefsten Eindruck erzielt haben. Iönsson ist ein Sprecher, wie man ihn selten einmal finden dürfte, und er hat es seinem Freunde Wolf wahrlich nicht leicht gemacht, aber beiden Sängern germanischer Kraft und Mannheit können wir Glück wünschen zu einem so selten schönen Abend, der auch in seinem Aufbau unter Vermeidung unnötiger Länge nicht das geringste in seiner Wirkung verloren gehen ließ. Diese Worte sollen kein Loblied, sondern die Feststellung einer Tatsache sein." Für all dies können wir unserm Gustav Wolf nicht dankbar genug sein und seinem Freunde Iönsson dürfen wir wohl Schillers Worte zurufen: so sind wir eines Stammes doch und Bluts ....!" Gustav Wolf aber wünschen wir auf seinem weiteren Wege und bei seinem ferneren Schaffen Glück und Heil. Mag er, wie bisher, seine Heimat nicht darüber vergessen, die mit Stolz auf ihn schauen darf. Lweigverein Littau iler Deutschen Sprachverein». Wie der vorletzte Abend, den der Verein veranstaltete, unserer heimischen Volkssprache gatt, so war auch der letzte Vortragsabend in gewissem Sinne der Pflege der Heimatliebe gewidmet. Herr Dr. Mascheck sprach über Timm Kröger, den holsteinischen Bauernsohn, der uns in seinen Novellen das Bild seiner Heimat in immer neuen Zügen mit unermüdlicher Liebe und unübertroffener Kunst zu malen versteht Timm Kröger, geb. 1844, hat bis zum 19. Lebensjahre auf dem Hofe seiner Eltern gelebt, schwankend, ob er Bauer werden oder studieren solle. So hat er gerade die für die Entwicklung des künftigen Mannes entscheidenden Jahre in der Heimat verbracht, hat sie und ihre Bewohner, die ihn als einen der Ihrigen betrachteten, ganz anders kennen gelernt, als wenn er nur zu vorübergehendem Aufenthalte aus der Stadt heimgekommcn wäre. Diese für seinen späteren Beruf „verlorenen" Jahre sind so für ihn als Dichter die bedeutungsvollsten geworden. Endlich entschloß er sich für eine gelehrte Laufbahn, holte die Schulwissenschaften nach und studierte dann Rechtswissenschaft. Er war dann als Richter in Westpreußcn tätig, aber die Sehnsucht nach der Heimat führte ihn nach Schleswig-Holstein zurück, wo ec als Rechtsanwalt an ocr- schiedencn Orten, zuletzt in Kiel, wirkte. Erst mit 44 Jahren trat er als Schriftsteller hervor: der Erfolg, den er fand, veranlaßte ihn, sich mit 58 Jahren ganz der Schriftstcllerei zu widmen. Die schön sten seiner Novellen sind in den nächsten Jahren erschienen. Als er 1918 starb, war er als der bedeutendste unserer deutschen Heimat dichter anerkannt. Wesentliches Merkmal der Heimatkunst ist für ihn die Gebundenheit an eine bestimmte Landschaft mit Unter streichung der in dieser Umwelt heroortretendcn Eigenart bei den Menschen wie bei der Natur. Im übrigen gelten für sie die Gesetze der hohen Kunst: ein echter Heimatdichter wird seine Gestalten bei aller Hervorhebung scharfer Charakterköpfe nicht weniger ins Typische und Allgemein-Menschliche emporheben wie jeder andere echte Dichter. Er wird auch nicht ausgcsprochenermaßen Heimatliebe predigen und andere zu gleicher Gesinnung zu bekehren versuchen, denn echte Kunst verträgt keinen außer ihr liegenden Zweck. Die Hauptsache aber ist, daß Timm Kröger diesen seinen Forderungen entsprechend Werke von solcher Schönheit und dichterischer Kraft geschaffen hat, daß ec sich ebenbürtig neben die großen Erzähler des letzten Jahrhunderts stellen darf und zugleich ein Musterbild für alle Heimatdichter sein kann. — Herr Dr. Winkler las dann eine Krögersche Novelle vor, die bei den Anwesenden einen anschaulichen Eindruck von der Kunst und Eigenart des Dichters hinterließ. sn werten Beziehern der „Gberlausitzer Heimat-Zeitung" teilen wir bereits heute mit, das) wir uns entschlossen haben, vom 3. Vierteljahr ab wieder das ursprünglich vierzehntäglge Erscheinen dieser Heimatzeitschrist zu ermöglichen. Dadurch werden wir in die Lage versetzt, alle dis zur Aufnahme an genommenen Aufsätze, Erzählungen und dergleichen mehr schneller zur Veröffentlichung zu bringen. Jetzt müssen wir vor allem darauf bedacht jein, schon länger bei uns lagernde Einsendungen abzudrucken, neben bei aber auch an die Jahreszeit gebundene Arbeiten mit unterzubringsn. In allen Fällen, in denen Lein ablehnender Bescheid ergangen ist, er folgt die Veröffentlichung je nach Mastgabe des verfügbaren Baumes und der Dringlichkeit. Verlag der..Gberlausitzer Heimat-Zeitung"