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Romanische Kunst in der Oberlausitz und ihre Wehrkirchen Von Dr.Marttn Jäkel ie Schönheit gotischer Kunst ist auch in der Ober lausitz jedem Besucher des Klosters Oybin, des Bautzner Domes, des Klosters Marienstern und vieler anderer herrlicher Bauwerke leicht ver ständlich und zugänglich. Uns umsängr darin sosort der mystische Zauber des Diittelalters, und die meisten sind überzeugt, in den gotischen Bauten die ältesten unsrer Heimat bewundern zu dürsen. Fast garnicht bekannt ist die ältere Borstuse, die romanischen Bauten in der Oberlausitz, und selbst der Kundige mutz sich die wenigen Reste erst müh sam zujammensuchen. Doch sind sie künstlerisch reizvoll und führen uns in die früheste Zett deutscher Besiedlung der Lausitz, jn die Zeit von 1000—1300. Die romanische Kunst unterscheidet sich von der gotischen nicht nur durch Tonnengewölbe, rundbogige Fenster und Tore, sondern vor allem durch starken Mauerbau. Die reise Gotik kann die Wandslächen völlig entbehren und kon struiert wie die modernen Warenhäuser alles aus Säulen und Pfeilern und ersetzt die Flächen durch große, prunk volle Glassenster. Fn der Lausitz haben nur einige Stadt kirchen, Oydtn und Marienstern so kühne Konstruktionen, die allen Dorskirchen sind alle stark massiv wie die roma nischen Borbltoer. Das durgenarme Land, das keinen Schutz gegen die Feinde des Ostens und Südens hatte, brauchte für seine neuen deuschen Siedlungen befestigte Mittelpunkte als Zuflucht in Kriegsnol. Trotzige Kirchen entstanden an Steilabhängen, umgeben von Friedhofsmauern, die mancher Burg genüg! hätten. Mit der romanischen Bauweise stehen unsre Lausiger Wehrkirchen in enger Verbindung, und das Bedürfnis nach Schutz und Verteidigung lretz nicht einmal die gotischen Lundklrchen zu zierlicher Entfaltung gelangen. Romanische Bauten und Anlagen. Völlig erhalten sind nur drei romanische Kirchen, zuerst genannt sei Ruppersdorf (AmtshauptmannschastLöbau). Aus dem Langhaus (mit Dachreiter) blickt man in den klei neren Chorraum mit halbrundem Abschluß (Apsis), den ein schmales Rundbogensenster erhellt. Das Kreuzgewölbe im Chor ist aus dem 18. Jahrhundert. Mangels besonderer Kunstformen kann nur aus der Putzquaderung aus das Ende des 13. Jahrhunderts als Erbauungszeit geschlossen werden. Kreisförmig umgibt der alte Friedhof die Kirche, die in dem ältesten Giebel ein innen schietzschartenartig schräg geleibtes Fenster ausweist, mit einem Stein als Sturz abgedeckt — eine alte Wehrkirche. Eine unverkennbar romanische Anlage mit gradlinig ge schlossenem Chor hat Berzdorf auf dem Eigen (Amts hauptmannschast Löbau). Hier ist sogar das romanische Chor gewölbe, früher mit braunroten Rosen bemalt, noch erhalten. „Es ruht aus derben, rundbogigen Werksteinrippen mit fast quadratischem Querschnitt, gefaßten Kanten und plumpem Kragstein. Ihre Bemalung bestand nach den abgeblätterten Stellen der Tünche aus weißen Bändern (?) aus rotem Grund." Langhaus und Chor haben romanische Rundbogen fenster, und die Anlage entstand wohl frühestens um 1300 (Gurlitt, Seite 65). Der Kirchhos hat die bei Wehrkirchen übliche Kreisform rings um die Kirche, die aus einer Anhöhe inmitten des langgestreckten Dorfes liegt. Auch die Kirche zu S ch ö n a u auf dem Eigen (Amts hauptmannschast Löbau), 12S6 erwähnt, ist romanisch er halten in Langhaus, quadratischem Chor und halbrundem Abschluß. Der ovale Kirchhof mit hoher Bruchsteinmauer war für Verteidigung eingerichtet. Sehr eigenartig ist die Propstei zu Marienstern '(Amtsh. Kamenz), die nach Gurlitt, S. 186, vielleicht aus einer nördlich orientierten (?) romanischen Kapelle hervor gegangen sein könnte. „Es ist ein zweigeschossiger Bau, in beiden Geschossen gewölbt, mit einem apsisartigen Vorbau nach Norden, der im Obergeschoß durch Ochsenaugen erhellt wird." Bon der groß angelegten, kreuzförmigen romanischen Kirche zu Bernstadt (Amtsh. Löbau) ist nur noch das alte Mauerwerk aus der Mitte des 13. Jahrhunderts er halten. Romanisch sind Sakristei und vier Rundbogengurte der Vierung und des Chores (gradlinig abgeschlossen), die nach karolingischer Tradition wie am Portal von St. Michael, Hildesheim,, durch Wechsel von weißen und dunk len (roten?) Steinen gemustert sind. Sollten hier altsäch- sijche Einflüsse vorhanden sein wie in Gröditz und Ostritz? Als Wehrkirche hat sie im Dachraum des Südslügels eine schießschartenartige Fensternische. „Der Kirchhof umgibt rings die Kirche und bildet schon wegen seiner hohen, durch den Fluß geschützten Lage einen festen Ort. Die «ehedem ziemlich hohe Mauer» mit Brustwehren wurde 1837 sehr erniedrigt." Der wasserreiche Kirchhos bildete im Hussiten- und 30jährigen Kriege die Zufluchtsstätte der Bernstädter, und eine Urkunde von 1430 erzählt von Erstürmung durch die Hussiten (Gurlitt, S. 33). Der alte Grundriß der Kirche von Grödi tz.(Amtsh. Bautzen) hat romanische Form mit dem typischen Turm- querbau. Schon 1222 wurde die Pfarrei dem Dekanat Bautzen verliehen. Zu besichtigen ist nur noch ein kostbarer Rest, ein romanisches Portal aus Granit. Es ist zweistufig abgetreppt, innen tragen Pfosten das Bogenfeld, in dem ein Kreuz den Mittelpunkt bildet. Bor die Pfosten ist links und rechts eine Säule gestellt, mit verschiedener attischer Basis und Blattkapitäl, die auf einfacher Kämpferplatte einen schlichten, halbkreisförmigen Bogen tragen. Vermutlich stützten die Pfeiler davor noch einen äußeren Bogen. „Das wertvolle Werk, in welchem dem ungefügen Baustoff immer hin reiche Formen abgerungen sind", setzt Gurlitt um 1200 an. Vergleicht man die Abbildungen romanischer Portale bei Burkh. Meier, so erkennt man leicht den Einfluß der Meister am Harz auf das Gröditzer Werk. Wie am Portal der Quedlinburger Stiftskirche, das im 12. Jahrhundert eine Sonderstellung einnahm, sind Säulen eingestellt nach italienischem Vorbild. Als Weihedatum der Quedlinburger Kirche ist 112S bekannt, und so kann das Gröditzer Portal in den nächsten Jahrzehnten in Anlehnung an das berühmte Vorbild entstanden sein. Bedeutende Reste romanischer Kunst erhielten sich in der katholischen Kirche zu O st r i tz (Amtsh. Zittau), die nach den fünf rundbogigen Blendbogen im Schiff ursprünglich eine romanische Basilika von sünf Systemen gewesen ist. Aus der Entstehungszeit stammen nur noch der Chor mit gradlinigem Abschluß. Sakristei und Portal. Die Kreuz gewölberippen des Chores haben zwar den Spitzbogen, werden aber noch von starken Rundstäben der romanischen Zeit gebildet. „Dieser Bauteil dürfte unter zisterziensischem Einfluß in der ersten Hälfte des 13.Jahrhunderts entstanden sein. Nach Marienthal kam der Orden 1234, darauf weisen