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was den Schwarzen ärgerte. Eines Abends kam er aus dem Ofen und sagte zu dem Vater: „Weißt du nicht, was ich dir ge boten habe? Morgen müssen deine Kinder sterben!" Am nächsten Morgen starben alle drei Kinder auf einmal. Der Mann aber war noch nicht belehrt. Als nun die Leute und seine Frau ihn beständig mit Fragen quälten, da plauderte er endlich auch sein Geheimnis aus. Wieder trat ihm der Schwarze entgegen und sagte: „Entfliehe aus diesem Hause, sonsttbist du morgen tot!" Erschrocken verließ er schleunigst seine Wohnstätte und mußte bettelnd durch Wendenland ziehen, da er in der Eile vergessen hatte, den Kessel mit dem Goldschätze mitzunehmen. Das Häus chen ist längst verschwunden, der Kessel jedoch ist in einer Fels spalte des Proitschenberges eingeschlossen. 2. Vie Erscheinung auf arm caucherfrieavofe Auf dem mittleren Teile des Jahrhunderte alten Bautzener Taucherkirchhofes öffnet sich in der Mittagsstunde des Weih nachtstages zuweilen die dort befindliche, zu anderer Zeit fest ver schlossene Gruftkapells. Da erklingen, von unsichtbaren Händen gespielt, die sanften Töne einer Orgel. An einem kleinen Tische sitzt ein eisgrauer Mann in der Tracht vergangener Zeiten und schreibt eifrig in den vor ihm liegenden Pergamenten. Sobald die Glocke Eins auf dem Turme des fernen Petridomes schlägt, schwindet der Spuk, die eisernen Türen und Fenster des Gebäudes schließen sich rasselnd und krachend, und bald herrscht wieder tiefe Stille an der geweihten Stätte. Weihnacht Im Dsrgwald Sagt durch Schnssgeflock Lin flüchtig Del) erschrocken, Eichhörnchen nagt am Wurzelstock, Im Dund erklingen die Glocken. And da und dort ein Lichtchen blinkt, Dis Dämmrung hebt dis Schwingen Nm Pförtchen leis Lhriftßindlein klinkt, — — Im Äund die Glocken erklingen. Es singt an Gottes hsil'gem Drt Dis Kinderschar zur Stunde And kündet frohes Wsihnachtswort. - - Dis Glocken erklingen im Aunds. And wo ein einsam Seelchen zag Lauscht auf des Heilands Schwingen, Läßt Gott wie leiser Glocken Schlag Der Weihnacht Kunde klingen. Helens Helbig-TrSnVner. Die Pfefferkuchenstadt Bon Otto Flösset, Bautzen ^Wkin solch« Großstadt. Christmarkt ist ein ausgebreit'te« MA Warenhaus. Da hat jede Sacke ihren Fleck. Dort M-iM gibt es Epielworen, hier Christboumdestong, an jener Ecke Schürzen und Bänder, an dieser Kö-d», Dürsten und Besen. Ein besonderes B ertel ist dem P' ffeikucken ein geräumt. Man braucht nicht lange erst noch seinen Sränden zu sragen. Ein feiner Duft führt dorthin. Unsere Kleinen haben eine eigene Nase für derartige Dinge. Da stehen die buckligen Buden in langen Reiben. Sanz vorn — an der „Rampe" liegen die losen Pstfferkuchen, die gewöhnlichen, die ohne Titel und Adel. Don ihr« Gattung tonn'» man früher im Glücksrad für ganze harte zehn Pfennige K"le in A»s maßen von 60X40 gewinnen. Als tzoi'p'gewinn versteht sich. Weiter noch hinten kommen dann di» brfferev Socken, Oblaten kuchen, tzonigschnitten, Sckokoladenherzen, rote und g ünblave Packungen mit den gelatinenen Sucksevstercken, an die sie fick mit Hellen Maodelaugeu drängen wie riwa einaesperrte Bögel Zwischendrin die Wage mit der lange», spitzen Zunge, die ewig nach dem Kuchen leckt, und den beiden blanken Mesflogsckalen an langen Schnüren. Dann Fächer mit Pflastersteinen, Pfeffer- nüffelo und Schokoladevspitzen. Und über all der lachenden Herrlichkeit thront die dicke Psefferkuckensrau mit dem unaus- hörltchen „Noch was mitnehmen zum Feste?" im Muude, die blauen Hände unter der Schürze. Ein Ludwig-Richter-Bild! Bor den Buden aber schreien an langen Holzstangen feste Schilder: „Pulsnitzer Pseff-rKuchen." auf die Straßen hinüber. Pulsnitzer! Gewiß, Nürnberger Lebkuchen Hot alten guten Klang. Neiffer Konfekt — das mir dem dicken Schokoladen guß darüver — ist aucv nicht zu oerachien. Schließlich haben es auch die Liegnitzer Bomben in sich. Doch Pulsnitzer bleibt Pulsnitzer. Das ist nun mal so. Und wenn schon Muttchen schwankt, einmal anderes zu versuchen, am Ende sagt fir dann resolut zu ihrem Buben an der Hand: „Ach komm, wir holen Pulsnitzer!" Mau ist in dieser Sache streng konservativ hier- zulande. Wett hinten in der Laufitz liegt das Städtchen. Dort, wo es schon hart in« Preußische gehl. Abseits von dem breiten Schieoenstrang. Fernab vom gewichtig meinenden Lärm der Zeit! Es hat sich nie hervorgedrängt in der Geschichte. Es buk seine Pst ffe Kuchen, still und zufrieden. Ls beglückte die Dörfer mit Honighrrzen und gab den S'ädten Pflastersteine. Man schätzte sie — und schätzt sie noch — ohne ihoen in Lob hudelet sonderlich Dank zu zollen. Man behandelt fir als gute Haursachrn, von denen schon die Großeltern wußten: „Es geht nichts drüber," und nicht al« Modeartikel und Saisonseviolionev. Das Städtchen wiederum vermißt nicht das breite Reklame, geschrrt. Es ist sich des Wertes seiner Ware wohl und voll bewußt. „Wir sind Pulrnitzer. Wohin wir kommen, kennt und wertet man uns." Aber da« ist kein Protzenium. Das ist da« weise Wissen de« Ohnehin Uberlrgenseins, dos keiner künstlichen Stützung bedarf. Ls liegt »in weihnachtlicher Zauber über dem Städtchen schon in Tagen, au denen anderswo kein Mensch au Weih nachten noch denkt. Die Pulsnitzer find um diesen vorweih nachtlichen Zauber, der schon im Frühherbst anhebt, zu benei den. Die Sossen duften nach Honig und Mandeln. Vertraute Gerüche. Air kennen sie au» Kindertagen her. Da knipsien wir die weißen Mandeln au« ihren geschwollenen, ledernen Bäuchen. Mutt« rührte die Stollen an. Die Streusel standen fertig io tönernen Schüsseln, obenauf die großen, von denen wir nicht glauben mochten, daß sie sich nachher aus den Kuchen hallen könnten, weshalb es uns ratsamer erschien, sie noch vor. her zu verspeise». So seine» Dosten liegt über der Stadt. Kein Wunder. Denn in den Häusern stehen Männer und Mädchen und mischen und mengen und rühren und stretchen und gießen und backen tausend süße Livge. Rebe mir niemand von Honigkuchen-„Fabriken". Man d-rkt dabei an lange und nüchterne Säle, geschwärzte Frusterfluchien, sausende Maschinen nnd rauchende Schlot». Nicht» von all»n dem gibt es in dem Städtchrn. Da» taug'« wenig zum K'einstadtitqll und w-niger noch zur Psefferkucheupoeste. Pulstttz-r Pstfferkucheu! Co groß ihr Rus, so klein ist die Siätte ihre» Werden». Kaum größer al» eine Bäckerei. Als man noch für 35 Pfennige «in Paket Herzen bekam — die Zeit gab es wirklich einmal —, war in der Pf,fferküch» Haften uvd Regen ohne E-d». Durch der Hände lange Kette um die Wette lief das Kuckenstück, bis »s endlich frisch und knusprig vorn im Laden avlangtr und des Käufers Harne. Das Fever vnierm Sirupkocker gir g nicht aus Do« Teigsaß vermochte di» Menpen gewürzten Mehls kaum zu soffen. Der große elektrische Ofen war Tag und Nacht beiß. Er tot fast amerikanische Arbeit. Ein schier endloser Strom von Kuchenblechen ging durch srluen finstern Schlund. Die Mänver hatten alle Hände voll zu tun, daß gleichzeitig immer auch ein halbes Hundert Blech» drinn»n in der Hitze waren. Dorn schoben sie die eng belegt,n Bleche ein, un- unterbrochen. Sirte» Minuten später erschienen fir ausgrbocken am anderen End«, mit militärischer Pünktlichkeit, «ins noch