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v»nboe«>n . Grsrh-inl allei- 1^ Tag» LreiVagg? Unbe^el-Htiyter' Sctiristieftung und Geschäftsstelle in" Reichenau, Sa. Fernsprecher Nr. 21S Druch u Veriog .Alwin Marx (Inh. Otto Marx) Sudiaufttzer Nachrichten, Reichenau/Sa. Gefcf)ics)ie, nstLitepatuv' Blaiten füp L^simatfunöe, Nr. 13 Sonntag, den 2d. Juni (Brächet) 1V22 § 3. Jahrgang Festtage in der Brüdergemeine Herrnhut Zur Feier des 200jährigen Bestehens von Herrnhut am 16. bis 18. Juni 1922 (Eigener Bericht unseres Sonder-Berichterstatters) Herrnhut im Festkleid e. Die trübe Stimmung des Wetters in den letzten Togen hatte fich langsam verzogen. Heller war der Himmel. Zwischen den großen, blendend weißen Wolken, die wie Engelscharen mit mächtigen Schwingen über die Erde flogen, sah der blaue Himmel, schaute die alles erwärmende Sonne hindurch. Es war, als hätte Gott den dichten Wolkenschleier der letzten Tage zerriffen, um sein freundliches gnädiges Antlitz zur Erde zu wenden: denn ein Tag der Freude, ein Tag zu seinen Ehren sollte kommen. Herrnhut schaut auf sein 200jähriges Bestehen zurück. Fleißige Hände gaben den Häusern grünen Schmuck. In den Schaufenstern liegen Gegenstände mannigfacher Art, welche aus das Fest Hinweisen. An den Haustüren einzelner Häuser hängen laubgeschmückte große Tafeln mit Worten, welche en- deuten, was einst an diesem Ort« stand: wie etwa das erste Hau» von Herrnhut, das Haus Christian Davids, Nitschmanns, Reißers und anderer mehr. Die Häuser um den Markt und den Saal (so wird das Gotteshaus genannt) zeigen einen finnigen, einfachen, aber sehr wirkungsvollen Schmuck von Girlanden. Ebenso sinnvoll, geradezu fesselnd ist das Innere des Saales hergerichtet. Eine kunstfertige, führende Hand hat hier dem Zauber der Blumenpracht, die ja aus Gotteshand «us allen beschert wird, zu vollendeter Wirkung verholsen. Alles, mit ganz wenigen Ausnahmen, ist im Saale weiß. Herrnhut hat sein Festkleid angelegt, um bereit zu sein, wenn der Segen au» göttlicher Hand am Festtage heradkommen wird. Eine große Anzahl auswärtiger Gäste waren geladen nnd zum Teil schon am Freitag erschienen. Bei der Anmeldung vor der Empsangsstelle auf dem Dahnhose ertönten die Laute fremder Sprachen. Der Abschluß des 2. Jahrhunderts. Um 5 Uhr nachmittags trat die Gemeine nur unter sich im Saal zur Schlußoersammlung zusammen. Vor jedem größeren Fest« wird eine solche Stunde, gleichsam al» Abschluß eines vergangenen Zeitabschnittes, gefeiert. Don 5—6 Uhr nachmittags des Freitags wurde also das vergangene, zweite Jahrhundert seit Herrnhuts Bestehen feierlich ge- schlossen, um unter dem Zeichen der Liebe und Treue, der Dankbarkeit und Untertänigkeit in das neue, das dritte, ein- zutreten. Herr Prediger H. E. Reichel amtierte bei dieser Feier und führte in meisterhafter Rede vor Augen, wie der Herr die Gemeine io Liebe und Gnade beschützt hat. „Habt ihr nicht geschmeckt, daß der Herr freundlich zu euch ist?" Als ernster oder auch bitterer Vorwurf könnte diese Frage ausgesprochen werden. Aber auch, und das soll geschehen, als freudiger Ausruf, kann sie erklingen. 3a, und abermal» ja. Wir haben geschmeckt, daß der Herr freundlich zu uns ist. Auch das Wort Zinzendorss: „Herrnhut soll nicht länger stehen, al» die Werke deiner Hand ungehindert drinnen gehen, und die Liebe sei sein Band " fand seine Würdigung in finnvoller, bildlicher Rede. Siu großes Gebet, bei dem die Gemeine vor ihrem Herrn nieder kniete, beschloß diese Echlußfeier des veistoffenen Jahrhunderts. Und als die Andächtioen den Saal verließen, da vernahm ihr Ohr, wie das neue Glockengeläut zum ersten Male ertönte. Zum ersten Male erklang die Stimme der neuen größere» Bronzeglocke, die om 7. Juni eingeweiht wurde, neben der kleinen, älteren. Ihr erster Ton k ang „Friede", läutete das kommende Jahrhundert in Herrnhuts Geschichte ein. Und nun sollte das Fest seinen Anfang nehmen. Am Freitag, dem 16. Juni 1922 abend« 8 Uhr ver sammelte sich die Gemeine mit ihren Gästen im Gotteshaus zur Be grüßunosversammlun g, die den Auftakt bilden sollte für das Fest selbst. Der Saal war dicht gefüllt von den Geschwistern der Gemeine. Aus dem Fußboden logen Tannenreiser gestreut und vor dem Liturgustisch erhob sich schlichter frischgrüner Pflanzenschmuck. Daneben war ein kleines Rednerpult errichtet, an dem noch eine große Zahl auswärtiger Vertreter zu Worte kommen sollten. Mit Chor- und Sologesängen, die auch künstlerisch schätzenswert waren, sand der Begrüßungsabend seine Einleitung, Daraus folgte die Ansprache des H-rrn Unitätsdirekiors Bischof Paul Jensen. „Dor wenigen Stunden", begann er sein Wort, „waren wir hier in diesem Saale versammelt, um vsm alten Jahrhundert Abschied zu nehmen." Er sprach den Wunsch aus, daß sich alle fest zusommenschließen wöckten zu einer Gemei-e, die beten und hören kann, zu einer Geweine, die sich ausstrecken kann. Dann ging der Bischof zum Gebet über, in welchem er nach dem Danke, daß Gott die Gemeine