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Ofenfeuer Bon Margarete Reichel-Karsten ist ein grauer, kalter Spätherbsttag. Der Wind schüt- letzten, welken Blätter pon den Bäumen. Rauh und unfreundlich ist cs draußen. Um so behaglicher ist es im Zimmer, wo in dem weißen Kachelofen ein gemiit- liches Feuer brennt. Das lodert und knistert hinter der schwarzen Ofentüre, kleine Feuerzungen plaudern. „Ich bin aus dem Nadelwald," erzählt das Reisig. „Ach, war es dort schön! Zwischen Farnkraut und blühender Heide bin ich ausgewachsen. Die Vöglein kamen zu mir her und sangen ihre Lieder. Der Sonnenschein küßte mich." — Mit einem schmerz lichen Seufzer bricht die Erzählung ab. Da fängt ein großes Holzscheit an zu knistern, dann noch eins und noch eins. „Wir sind alle von einem Stamm," fangen sie an zu plaudern. „Wir haben als schlanke, silberweiße Birke auf grünem Feldrain ge standen. Dort schauten wir über wogende Kornfelder zu einem fernen Kirchturm. Ja, wir haben etwas von der Welt gesehen," und in schönen Erinnerungen brennen sie lichterloh. —Plumps, da schüttet eine Hand mit einer Schaufel schwarze Steinkohlen stücke auf die brennenden Scheite, und dichter Kohlenstaub deckt ihre glühenden Bekenntnisse. Für ein Weilchen sind die Knister- stimmchen verstummt, aber dann, als man da drinnen, im Ofen, Luft geschöpft hat und zu Atem gekommen ist, reden die Knister stimmen lauter und lauter. Ein heftiges Wortgefecht ist ent brannt, die Reden prasseln nur so aufeinander. „Wir sind ehrwürdige, alte Leute," beginnen die Kohlen, „wir haben eine Vergangenheit! — Die schwarzen Diamanten nennt man uns. O, wenn wir alles erzählen würden, die Menschen würden staunen. Wenn sie uns gesehen hätten, damals vor Tausenden von Jahren, als wir noch mächtige Farnkräuter und Riesenschachtelhalme waren! — Damals! — Wie lange ist das her? — Wir können uns garnicht mehr ordentlich erinnern, wir haben ja so lange in der Erde geruht. Und die Erde ist so ganz anders geworden, nicht zum Wicdererkennen. Und die Menschen! — Ja, wer sind eigentlich die Menschen? — Als wir lebten, gab es da auch schon Menschen? — Nicht, daß ich mich erinnern Könnte! — Nun stören sie uns in unserer Ruhe und holen uns aus unfern Gräbern ans Tageslicht. Wir sollen ihnen warm machen, wenn sie frieren: wir sollen ihnen arbeiten helfen, ihre Maschinen in Gang bringen. Und sie wollen uns zu Asche ver brennen in kurzer Zeit, uns, die wir schonwaren, eheste gewesen. Was sind die Menschen?" Immer brennender wird diese Frage. Da kommt so ein Mensch und macht ihnen die Türe vor der Nase zu, und vor Schreck darüber sind alle Knisterstimmen ver stummt. Wie abgeschnittcn sind die feurigen Reden. Am andern Morgen, als die Ofcntüre wieder geöffnet wird, ist das Feuer längst ausgebrannt und der Rest ist Asche, Asche, Asche! — Eine geistliche Komödie zu Löbau Nach der „Abendglockc", Beiblatt zum Sächsischen Postillon, Nr. 5 1841, mitgeteilt von Richard Blasius ^°Vm 3. Mai 1521 fand in Löbau die Aufführung eines /MW geistlichen Spiels statt, zu dem noch die Anordnung des Herrn Regisseur nach Überlieferung des Chronisten vorlicgt. „Bequem zu schaffen den Leinewebern sollen die Figuren seyn, die Jungen mit dem verbotenen Baume, Adam und Cherub mit dem Flammenschwerdt. Die Bäcker haben zu versorgen Joseph und Mariam, fliehend nach Egypten. Die Fleischer sollen haben die drei Figuren: den Teufel, Tod und Judas. Die Berg knappen haben zu bestellen die vier Evangelisten. Die Schuster haben zu besorgen den gefangenen Jesus und die Soldaten. Den Schneidern und Kürschnern ist zuständig die Verspottung und Krönung des Heilandes mit Dornen. Die Böttcher haben zu geben die beiden Schäfer und ihre Wache. Von den Fischern tragen vier ehrliche Männer Iesum ins Grab. Die Schuhknechte besorgen das jüngste Gericht und Issum den Richter." Vergessene Lausitzer Sagen Mitgeteilt von FritzLeistcr Die Kapelle in der Görlitzer Heide oder der Koberprinz Auf der Straße von Penzig nach Kohlfurt findet man mitten in der Heide ein steinernes Denkmal, worauf die Worte eingegraben sind: „Besicht dem Herrn deine Wege und hoff auf ihn, er wird es wohl machen." Hier hatte im 13 Jahrhundert eine Köhlerhütte gestanden, worin der fromme Fürst Primislaus von Böhmen das Licht der Welt erblickt haben soll. Die Annalen der Siadt Görlitz, die sich in der Kirchenbibiiothck befinden und in der letzten Hälfte des 17. Jahrhunderts von Christian Schäfer ausgesetzt worden find, enthalten wörtlich folgendes darüber: „Die ganze wunderliche, denkwürdige und wahrhaftige Ge- schichte oder Historia von dem frommen Fürsten Primislaus von Böhmen seiner Geburt und Auferziehung, item, wie die Stadt Striegau vom Fürstentum Liegnitz kommen und wie die Tuchmacher zu Görlitz durch Solches in besondere fürstliche Gunst und Gnaden kommen, herrlich prioilegtrt, erhöhet und begnadiget worden, und was sich allenthalben und nach seiner Geburt und mit seiner Auferziehung begeben, welche zwar auch nicht allein der vornehme Historiker Magister Spangenberg in seiner Schwarzburgischen Lhronika, zu Frankfurt gedruckt, er- zäblet, sondern auch in einem alten Meßbuchs zu Striegau zu befinden, und welche ein Probst, Johann May-r, der um diese Zett gelebt, ordentlich beschrieben, welche ich auch hier ge lesen, erkläre und erzähle, wie sie in Buchstaben lautet, wie es abkopiert, genugsam kann erwiesen werden." „Im Jahre 1234 dcn dreizehnten Mai, kommen zu Schweid nitz in Schlesien viele Fürsten und Herren zusammen, sowohl König Wenzelaus I., Oitokar der Fromme, König in Böhmen, dessen Tochter Fräulein Anno, als auch viele andere". Allda wird unter andern auch gehandelt und beschlossen, daß Herzog Boleslaus, des Königs Sohn, der nur 15 Jahre alt gewesen, des Herzogs zu Schweidnitz Tochter, Elisabeth, heiraten sollte, die ihm auch in aller Fürsten Gegenwart ehe lich versprochen worden: das eheliche Beilager aber sollte fünf Jahre aufgezogen weiden, weil, wie gesagt, der Herzog nur fünfzehn, die Prinzessin aber erst 12 Jahre alt gewesen, wie denn unter hohen fürstlichen Personen oftmals solches zu ge schehen pflegt. Dem Herzog Ferdinand, nachmals römischer Kaiser, ward des Königs in Hungarn und Polen, Dratislaus, Tochter im achten ehelich versprochen, da er selbst erst zwölf Jahre alt war. Nach solcher Vermählung und ehelichem Berbündnis hat der Herr Baier dem Sohn, um die deutsche Sprache zu lernen, zur Schweidnitz gelassen, daß sich denn die zwei Herzen also einander zugeneiget, daß sie oft bei einander zu sein begehret, welchem Verlangen beiderseits Eltern nicht entgegen gewesen, und haben beiden zugleich einen Präzeptor hohen Verstandes und guter Sitten gehalten, Melchior Stauden, der auch in Sprachen und fremden Landen wohl erfahren gewesen." Nun teilt uns der Annalist in nicht wohl zu wiederholen den Ausdrücken mit, wie beide Verlobte vom Wege der Tugend abgewichen und das himmlische Kleinod jugendlicher Herzen, die Unschuld, leichtsinnig einander aufgeopsert, worauf denn auch die unausbleibliche Strafe, die Furcht vor ihren Eltern und vor der Schande der Welt sehr bald erfolgt sei. — Hier auf fährt derselbe in seiner Erzählung fort: „Endlich halten sie bei ihren Eltern an, daß sie samt ihren Präzeptor nach Görlitz ziehen dürfen, weil da soviel Lust wäre, weil da aber zu der Zeit keine sonderliche Hauptmann- schast daselbst gewesen, haben sie etwa gemeint, allda sich heimlich zu halten. — Es wurde ihnen jedoch ihr Gesuch ab geschlagen. Als sie nun keine andere Gelegenheit sahen, faßten sie den Entschluß, zu fliehen. Sie steckten alle« erreichbare Geld zu sich und wanderten heimlich fort. Nachdem sie län-