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HI. Das südliche und westliche Europa. 863 die Rcgiernngsedikte vor der Eintragung einer Prüfung und Discussion zu unter werfen ! Es erregte große Unzufriedenheil und Mißstimmung, daß der Herzog den wegen seiner Rechtschaffenheit wie wegen seiner Talente und literarischen Bil dung allgemein geachteten d'Aguesseau seines Kanzleramtes entsetzte und dem zu 3->n. >7,8. Despotismus und Willkürmaßregeln hinneigenden Grafen dÄrgenson das Reichs- sicgel übergab, der dann Arm in Arm mit Law auf der schwindelnden Bahn fortschritt ohne sich um die scharfen Remonstrationen des Parlaments gegen die Verbindung der Staatsverwaltung und des Bankinstituts zu kümmern. Bald drang jedoch das Mißtrauen aus den Räumen der hohen Höfe in die T» Oeffenllichkcit. Vergebens wurde in einer königlichen Sitzung in Gegenwart des jungen Fürsten selbst eine Ordonnanz des Regcntschaftsrathes verlesen, wodurch das Parlament wieder in die Schranken des unbedingten Gehorsams gewiesen ward, wie unter Ludwig XIV.; die gegen das verderbliche System geführten Reden und Ar gumente hatten Bedenken und Zweifel erregt: man fing an, der Bank die Scheine zur Ausbezahlung zu präscntircn. Die Unruhe mehrte sich, als im Mai 1720 ein Edikt erschien, wodurch der Preis der Aktien nach und nach auf den Nominalwerth zurückgeführt und die Annahme der Bankbillets an den öffentlichen Kaffen auf eine bestimmte Zeit beschränkt ward. Ein allgemeiner Schrecken erfaßte die Inhaber der Papiere, den die Zurücknahme des Edikts, wozu sich der Regent durch die Vorstellungen seiner Räthc bewegen ließ, nicht zu zerstreuen vermochte. Der Zudrang nahm dermaßen zu, daß die Baarschaften der Bank auf die Neige gingen und sie im Juli erklären mußte, sie werde nur noch ihre kleinsten Scheine zum Belaus von zehn Livres rcalisiren. Bald mußte sie auch diese Zahlungen einstcllen; Wuth und Verzweiflung erfaßte das betrogene Volk: cs folgten tumultuarischc Auftritte; die Menge drängte sich massenhaft Mr Bank, so daß mehrere Personen erdrückt wurden und das Haus geschlossen werden wußte. Nur mit Mühe entging Law, den man als den Urheber der Calamität ansah, dem Verderben. Auch gegen den Regenten selbst und seine gewissenlosen Genoffen llchtete sich die allgemeine Wuth. Man trug die Leichen der Erstickten in das Palais wyal. Vergebens suchte der Regent durch neue Edikte den hercinbrcchmden Ruin auf- -uhalten; das Parlament weigerte die Eintragung und wurde darum nach Pontoise »erkannt. Keine Maßregel, kein Zwangscurs vermochte mehr den Staatsbankbruch zu Verhindern, zumal da sich herausstellte, daß die Colonisation von Louisiana gänzlich gescheitert sei, daß einige tausend Abenteurer, welche sich auf den Schiffen der Com pagnie dahin begeben hatten, großcntheils dem Hunger oder Klima erlegen seien, daß Bcu-Orlcans, das man als eine wohlgebaute Stadt von 800 Häusern geschildert, nur a»s einigen elenden Hütten von Cypreffenholz bestehe, von Schleichhändlern und Vaga bunden bewohnt. Am 20. Oktober wurden sämmtliche Actien und Banknoten außer Curs AAana». gesetzt. Eine Commission unter der Leitung der Brüder Paris, die wegen ihres ^ Widerstandes gegen die schwindelhaften Finanzoperationen aus der Hauptstadt verbannt worden waren, übernahm das schwierige Geschäft der Liquidation. Das große Vermögen, das Law bei seiner Flucht nach Italien in Frankreich zurnekgelassen, wurde in Beschlag genommen, so daß der bisherige Besitzer vieler Millionen einige Jahre nachher zu Venedig in gänzlicher Armuth starb. Einige habgierige Großen aus der Umgebung des Hofes und des Regenten hatten sich