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Die Vor- >Mnge in Ungarn. N°». 1701. 798 6. Das achtzehnte Jahrh. in de» vier ersten Jahrzehnten. I gräuliche Verwüstung des Etschthales für den Widerstand und die getäuschten Hoffnungen rächend. Während die Tiroler für das Habsburger Herrscherhaus so thatkräftig cintraten, kam in den Donauländern eine Bewegung von entgegengesetzter Natur zum Ausbruch, * Die Wiener Regierung gedachte die Siege über die Türken zur Germanisirung der Ost' , ländcr und zur engeren Verbindung Ungarns und Siebenbürgens mit Dcutschöstcrreich auSzunutzcn. „Dein Vorrückcn der deutschen Waffen sollte nun endlich auch -ic deutsch! Colonisation durch deutsch redende und in deutschem Verwaltungsdienst geschulte Beainn ^ auf dem Fuße folgen. Deutsches Wesen sollte das herrschende und die deutsche Haupt stadt Wien der wirkliche Mittelpunkt des Reichs werden." Aber diese Einhcitsbestrcbuiigcn hatten neue Vergewaltigungen zur Folge. Schon vor Beendigung der Türkenkriegc war Ungarn für ein Drittheil der gesammtcn Kricgsauslage herangczogen worden, ohi'i ^ daß man die verfassungsmäßige Vertretung des ungarischen Königreichs befragt oder l der altverbricftcn Steuerfreiheit des magyarischen Adels geachtet hätte. Nach du» Carlowiczer Frieden wollte man die errungenen Erfolge durch gesammtstaatlichc Re formen krönen. Zu dem Ende berief das Ministerium einen Convent von Prälaten, Großadcligcn und Machtboten der Gcspanschaftcn nach Wien und legte der Versamm lung einen Rcformplan vor. kraft dessen die deutsch-österreichische Verfassung, Verwal tung und Rechtspflege auch in Ungarn und Siebenbürgen zur Geltung gebracht, dir ^ Kronlande jcnscit der Leitha ganz so eingerichtet werden sollten wie eine deutsche Pro vinz, „damit das Land durch Steuern und Abgaben besser ausgcnutzt und ohne dir periodische Bewilligung der Stände eine ewige Contribution eingeführt werden könnte". Die Machtstreiche der ficbcnzigcr und achtziger Jahre, die wir früher kennen gelernt, sollten in anderer Gestalt wiederholt, die Einverleibung Ungarns und Siebenbürgen? vervollständigt, die Selbständigkeit des Magyarenrcichcs und niit derselben das aug?- burgischc und helvetische Glaubcnsbekcnntniß ausgclöscht werden. Die Germanisirung der Ostländer, die in früheren Jahren, als die Volksclcmcnte noch weicher und wenige* widerstandsfähig waren, verabsäumt worden, sollte jetzt auf den Trümmern der all nationalen Freiheit und Selbständigkeit, aus dem verödeten Boden religiöser Autonomie vor sich gehen. Im Fall einer energischen Widersetzlichkeit gedachte man die slavischen Stämme als „gefügigen Keil" gegen das Magyarcnthum zu gebrauchen. Der Pln» scheiterte an der Opposition der geistlichen und weltlichen Magnaten, an deren SpP* ein hoher Würdenträger der katholischen Kirche stand, Paul Szcchenyi, Erzbischo! von Kolocza. Gegen ein Ketzermandat des Grancr Erzbischofs und Cardinalprima? von Ungarn erhoben die Seemächte und die evangelischen deutschen Stände Einspraäss- Ein tiefes Mißtrauen griff seitdem in Ungarn und Siebenbürgen Platz, das den Späher- äugen der Agenten Ludwigs XIV. nicht entging. Französisches Gold und französisch* , Vcrführungskunst gossen Ocl in die Flamme. Franz Rakoczy II., der Sprößling de? > einst so mächtigen Geschlechts in Siebenbürgen, sollte wegen hochverräterischer Vcr- ! bindungen mit den ungarischen Unzufriedenen vor Gericht gestellt werden. Cr entfloh der Hast und wartete in Polen auf den Augenblick der Heimkehr, um die Anspruch* seiner Familie auf die Fürstcnwürde in Siebenbürgen wieder geltend zu machen. 2» Wien vcrurthciltc man ihn zum Tode und Güterverlust und setzte einen Preis auf s*>** Haupt. Rakoczy brauchte nicht lauge auf eine Gelegenheit der Rache zu harren. ^** über den Steuerdruck ergrimmten Bauern in den Theißgegendcn erhoben, als der groß** Theil der deutschen Truppe» aus dem Lande gezogen war, die Fahne der Empörung. Der kleine Adel schloß sich an. Die Insurgenten riefen den sicbcnbürgischcn Fi'u'st*" zum Anführer aus und dieser zögerte nicht, im Vertrauen auf französische und polnisch*