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dieses Schreiben unverzüglich allen andern politischen Vereinen in Dresden mit, weil die Zeit zu eigenen Schreiben an dieselben mir fehlt, auf daß sie sich alle in dieser hohen, wichtigen Angelegenheit erklären. Fr. Wigard. Leipzig, 10. December. Der Hausarzt der Familie Blum, vr. Alexander Hartmann, wel cher nach Wien gereist war, um die Leiche Blum'S nach Leipzig zunickzubringen, in gestern — un verrichteter Drnge zurückgekehrt. Es bleibt dabei, daß die Leiche nicht ausgeliefert wird. vr. Hartmann ist sogar von Polizeiwegen aus Wien ausgewiesen worden. Die Empfehlungs schreiben des sächsischen Ministeriums haben ihm nicht das Mindeste genützt. Dresden. Am 10. December wurde in hie- sigerKreuzkirche der erste Gottesdienst in wendischer Sprache gehalten. Die große Anzahl der hier theils als Dienstboten, theils als Soldaten re. le benden Wenden hatte schon längst das Bedürfniß eines von Zeit zu Zeit in ihrer Muttersprache zu haltenden Gottesdienstes fühlbar gemacht. Die höchsten Behörden haben die Erlaubniß ertheilt, daß für jetzt jährlich viermal durch einen wendi schen Geistlichen und Cantor aus der Lausitz ein Gottesdienst für die evangelischen Wenden in Dres den abgehalten werden soll. Dies geschah auch am zweiten Adventsonntage. Die Anzahl der theilnehmenden Wenden war sehr groß. Pastor Jacob aus Bautzen, einer der besten wendischen Kanzelredner, leitete den Gottesdienst. Das „offene Wort" der sächsischen StaatSmi- nister an die sächsischen Mitbürger wird in der D. Z. streng getadelt. Es heißt darin, das Mini sterium will seiner Versicherung nach eine „wahr haft parlamentarische Regierung" sein. Es ist aber nicht parlamentarisch, wenn eine Regierung vor Einberufung der Kammern eine Cabinetskri- siS in Aussicht stellt und mit Abgang droht — um ihn zu vermeiden. Das ist eine unparlamentarische Einwirkung auf die Kammern. Die Minister erklären sich gegen „Einkammersystem in Ver bindung mit unbedingt freiem Wahlrechte"; damit erklären sie sich gegen die Gleichheit aller Staats bürger vor dem Gesetze. Die Minister wollen auch für die Zukunft ein unbedingtes Einspruchs recht (Veto) der Krone. Das heißt den Willen des Regenten über den deS Volkes setzen. Die Minister erklären die Abschasftmg des stehenden Heeres fiir unzeitgemäß; dieses wird gerade jetzt für dringend nöthig erachtet. Die neueste Geschichte hat bewiesen, daß auch die geheiligten Personen der Volksvertreter und Nationalversammlungen ohnmächtig sind und mit einem Zuge vernichtet werden können durch die Militairherrschaft. Die unentgeldliche Aufhebung wohlerworbener Vermögensrechte ist m keinem Wahlmani feste verlangt worden. Die Erklärung der Mini ster wäre an der Zeit gewesen, wenn di« Volksver treter einen solchen Antrag gestellt hätten. Die Erwägung, daß der Hof jährlich fast den siebenten Theil der Staatseinnahmen kostet, ist gewiß hin reichend, einen solchen Antrag zu begründen und dabei zu hoffen, daß er auf dem Wege billigerVer- ständigung zum guten Ziele führen werde. Aehn« liches gilt vom Pensionsrechte. Nicht Beeinträch tigung der Rechte deS StaatödienerS will die ent schieden freisinnige Partei, sondern nur die Last der Pensionen dem Volke für die Zukunft abgenommen wissen. Am Schluß wird gesagt: Sachsen kann aber keine Revolution allein machen, das weiß die entschieden freisinnigePartei so gut wie die Minister, und sie weist nut Entrü stung jede Anmuthung so wahnsinniger Verblen dung zurück, als könnte sie daS Land in Stürme stürzen wollen, deren Ausgang nicht abzusehen wäre. Dazu hat diese Partei zu viel Erfahrung und zu viel Pietät gegen daS Volk. Aber eben deshalb ist die Abschaffung des absoluten Veto der Krone eine Lebensfrage für das kleine Land, eine Frage, von der sein ruhiger gesetzlicher Fort schritt abhängt. Des Volkes Wille sei daS höchste Gesetz und der König der erste Diener des Staates! Neustadt b. St., 11. Dec. Allen günstigen Anzeichen nach wird die demokratische Partei im 6. Wahlbezirk siegen. In fast allen Wahlversamm lungen, welche im Umkreise gehalten wurden, er klärte man sich für Theile und Hauswald in die 1. und für Schaffrath in die 2. Kammer. Es schlei chen zwar genug schamlose Zungendrescher, die sich zum Organ der Unterdrückung willig dingen lassen, unter uns herum, aber der große Theil des Volkes ist klug genug, sich von ihnen nicht in'S Garn locken zu lassen. Vor Kurzem schon wurde erwähnt, daß der Landtag zu Geraden Antrag an die dortige Re gierung gestellt hatte, wegen Anschluß der Länder Reuß jüngerer Linie an einen größeren Staat, na- mentlicy än Sachsen. Es wird jetzt versichert, daß der Fürst auf diesen Wunsch eingehen werde und daß die Unterhandlungen über diesen wichtigen Gegenstand mit Sachsen schon weit vorgeschritten seien. Der Landtag in Gexa ist gegenwärtig ver tagt worden, damit die Unterhandlungen zwischen beiden Regierungen desto eher zu Ende geführt werden können. Der neue Herzog Georg von Altenburg, etwas freisinniger als der frühere, scheint sich durch seine Umgebung einschüchtern zu lassen. Dies beweist schon der Beginn seiner Regierung. Wollte er sich beliebt bei seinem Volke machen, so konnte er die wegen politischer Vergehen Arretirten amne- stiren, sämmtlicheS ausländische Militair auö dem Ländchen abmarschiren lassen und das einheimische zurückberufen; es könnte auch nicht schaden, wenn er volksfreundliche Minister (außer Sonnekalb) wählte und überhaupt seine volksfeindliche Umge-