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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 18.11.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-11-18
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-192311184
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19231118
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19231118
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-11
- Tag 1923-11-18
-
Monat
1923-11
-
Jahr
1923
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LoimtAS, 6ea 18. November wird >. bi» -350 und Oie Ursachen -er Brotverteuerung Bon dcr Bäcker-Znnung zu Leipzig uns geschrieben: „Nachdem der Brolpreis vom 9. 15. November konstant geblieben ist, mußte er von nun an von 22 auf 25 Goldpfeunige festgesetzt werden. Die Hausfrauen, welche die Bäckerläden betraten, seufzten, .als sic von den Berkäufern über die neue Brotprcislage unterrichtet wurden. Die Er» Höhung des Grundpreises von 22 auf 25 Pfennige wirkte auf den Haushaltsetat der Hausfrauen besonders hart, weil an diesem Tage in folge Hinaufschncllens des Dollars die Papiermark wiederum erheblich an Kaufkraft verlor. Hinzu kam, daß sich die Einkommensvrrhältnisse der meisten Familien nicht dcr schnell fortschreitenden Geldent- Man muß gerecht sein: auch unfrre heutige Aeu hat ihre Vorzüge. Eie bewahrt uns davor, vor- zeitig zu behäbigen Spießbürgern zu werden. Wer kan.. es sich heut« noch leisten, mit gesenktem Blick in dos Philisterland zurückzukehren, was früher eine weitverbreitete Unsitte war? Jawohl: weit ver» breitet, denn in den Zeiten vor dem Markvrrfall waren wir samt und sonders rechte Spießer ge worden. Wir sparten und dachten an die Zukunft und buchten die Einnahmen und die Ausgaben und wer weiß was noch, kauften Vorräte ein und disponierter. Alles ging wie am Schnürchen und noch Schema F. Es herrschten eben „geregelte Verhältnisse", d. y. schreckliche Langeweile hotte sich in Permanenz erklärt. Aber heute? Ob wir wollen oder nicht, wir können mrs nicht mehr als Spießer, als satte Spießer nun schon gar nicht, gebärden. Wir allesamt marschieren im Eilschritt, wofern wir dort nicht schon wieder an gelangt sind, der Vorairssetzungs- und Voraussichts losigkeit der fernen Jugend wieder zu. Die Rückkehr zur Boheme vollzieht sich ganz allgemein mit großer Rapidität. Schier über.Nacht sind wir wieder Bo- hemiens geworden, die sich den Teufel darum kümmern, was morgen sein wird, wenn wir nur heute, wenn auch meist in Knappheit und Mangel, und sei- teuer als früher in ckisiei jubi!» das Dasein fristen können. Wer einst im Berliner Huartier Imin oder im westlichen Künstlerviertel oder aber Münchens Bohemevicrtel, Schwabing genannt, oder endlich auf den Höhen des Pariser Monimartrc ge lebt und getollt hat, wird in den heutigen Lebens verhältnissen eine verzweifelt« Aehnlichkeit mit den Dascinsbedingnngen, unter denen man sich damals vor etlichen Jährchen des Lebens freut«, erkennen. Heute wie damals wurde alle», was man verdient-», zu des Leibes Nahrung und Notdurft verbraucht. Genau wie einst, da man sich mit Selbstverständlich- leit Bohemien fühlte, hütet man sich iinastlich davor, irgend etwas auf die hohe Kante zu legen. Was einem damals svießig erschien, würde einem hem« als Gipfel mangelnder Oekonomie bedünken. Man wird doch, Gott behüte, kein Geld hinlegen, das morgen höchstwahrscheinlich um die Hälfte entwertet sein wird. Wem's heute gelingt, billig einzukansen, der gönnt sich einen guten Happen, so gut und so groß wir möglich, um dann mal wieder, wenn die Preissteigerung die Einnahmen um allzu viele Längen geschlagen hat, resigniert Schmalhans Küchenmeister sein zu lassen, sofern er nicht gar gezwungen ist, die mangelnde Dlahlzeit durch stramme Haltung zu ersetzen. Wer heute gut oder auch nur leidlich zu Mittag gegessen hat, plagt sich wenig mit Sorgen, «as er zum Abendbrottisch er- gattern wird, oder ob er sich nicht am nächsten Tag die Leibbinde wesentlich enger wird schnallen müssen. Ungezählte, die schon längst aus dem Bohemealter und den Bohcine-Lebensbedingunqen sich heraus glaubten, haben sich heute wieder daran gewöhnt, au Stelle des Nachtisches sich mit einer Liebkosung dec mehr oder minder ehelichen Gesponsin zu »be gnügen". Die Zeiten der monatlichen Ein kommen sind lange dahin. Die allerwenigsten Ge- haltsempfäuger ahnen, welchen Entgelt für ihre Tätigkeit man ihnen am nächsten Tage in die Hand drücken wird. Kurz gesagt, man lebt in der großen Volksgemeinschaft heute genau so in den Tag hinein, wie man es einst im begrenzten Kreise der Do- hemiens ta. Schade, daß mit ungezählten anderen Dingen auch die gedörrten Pflaumen so unerschwinglich teuer geworden sind, sonst könnte die traditionelle Pflaumenkiste des unverfälschten Bohemiens von Murgerschem Gepräge eine fröhliche Wiederaus- erstehung feiern. Diese Kiste stand bekanntlich unter dem Bette, und so oft der Pohemejünger im Besitze einiger Mittel war, wurden Pflaumen in diesen Behälter geschüttet, non denen sich der Besitzer der Kiste, wenn er finanziell auf dem trockenen saß, nährte, ja, die ihn« bisweilen vom Hungertode er- SchSdeuforderuug au da« Reich. Die schwere Finanznot des Reiches zwingt die Reichsregierung dazu, noch ausstehende geldliche Leistungen möglichst bald festzustellen. Es ist daher auch für die aus dem besetzten Gebiet seit dem 11. Januar aus- gewiesen» Beamten und Privatpersonen zur Anmeldung der erlittenen Sachschäden, d. h. Schäden an den zu ihrem Hausrat gehörigen Gegen- ständen, wozu also nicht allgemeine Geschäfts schäden usw. gehören, eine Frist non einem Monat nach Bckanntwerden des Schadensfalles gesetzt. Es handelt sich natürlich nur um die An meldung derjenigen Schäden, die endgültig stststeheu. Bei denjenigen Sachen, deren endgültiger Verlust oder Beschädigung den Ausgewiesenen noch nicht bekannt sind, braucht der Schaden — auch vorsorg lich — nicht angemeldett zu werden. Beamte und diesen gleichstehende Personen haben Anträge inner halb der Frist ihrer vorgesetzten Dienstbehörde, von der sie betreut werden, ausgewiesene Nichtbeamte durch di« zuständigen Note-Kreuz-Ltellcn der Reichs entschadigungsstelle in Kassel einzurcichen. Die Frist ist gewahrt, wenn die Eingabe am letzten Tage der Frist zur Post gegeben oder bei der zuständigen. Stelle eingereuht wird. Für jetzt noch festzustellende Schäden beginnt dir Frist mit dem 15. November und endet mit dem 14. Dezember. MilitSr-Bersorgungsgebühren. Dos Reichs arbeitsministerium hat als Zahltag der Militär- uersorgungsgebührnisse für die zweit« November hälfte den 19. November festgesetzt. Di« Zahlung er folgt durch die Postanstalten, l«i denen die Bezug« pünktlich am genannten Tage abzuhel>cn sind. - Die Leipziger »Winterhilfe" überwies den Herbergen zur Haimat einen Sack Reis, 5 Zentner Kohlen, der Studcntenhilf« 1s; Zentner Niehl, der Milteistandsküche, Wiescnstniße, 1 Zentner Viktoria- ervsen, dem Tisch der Akademiker und Konservatorist.»» i Zentner grüne Erbsen und der Heilsarmee 1 Zentner weiße Bohnen. !lm dieses segensreiche Hilfewerk fortsetzen zu können, bedarf die „Winter hilfe" der Unterstützung aller! Spenden nehmen sämtliche Leipziger Banken entgegen. * Zahltag für Rentenempfänger. Da» Reichs- arbeitsministerium hat als Zahltag der Militär versorgungögebührnissc für die zweite Novenrber- Hälfte den 19. November festgesetzt. Die Zahlung er- folgt durch die Postanstolteu, bei denen die Bezüge pünktlich am genannten Tage abznheben sind. Deutschdemokratifche Partei. Heute, Sonntag, ',11 Uhr, in Brückners Restaurant, Kolonnaden- ftraße 13, I., Sitzung des Gesamtvorstandcs. Die Sonntagsaussprachc in der Geschäftsstelle fällt aus. Rückkehr zur BohLme rettet«. Gäbe «» diese Pflaum en kiste heute noch, ein praktischer Unterschied zwischen dem erzwungenen Boheme-Leben von heute und dem frei- willigen von einst wäre vielfach kaum fest zustellen. Und doch fühlt man sich heute Unglück- sich, während man sich damals glücklich wähnte. Heut« glaubt man, daß die jetzigen Lebens bedingungen gleichbedeutend seien mit einer Prole- tarisrörung der Gebildeten. Einst, da man sich noch Bohemien fühlte, hätte man diesen Gedanken für absurd erklärt. Der Unterschied in der psychischen Einstellung zu den äußerlich sich so wenig voneinander unterscheidenden Lebensbedingungen scheint darin zu beruhen, daß man da» Los des Bohemien» damals freiwillig trirg, während es einem heute durch die Nöte der Zeit auferlegt wird. Außerdem ist man eben älter geworden. Immerhin wird es für manche, di« in ihren Ieremiaden über die Not der Zeit kein Ende finden können, ganz erwünscht sein, wenn man sie mal darauf aufmerksam macht, daß die heutig« Zeit auch vou dem Standpunkt des Bohemiens be- trachtet werden kann. Vielleicht werden sie dann so gar noch mehr Lichtpunkte in ihr entdecken, als wir in unseren Betrachtungen herausgeklaubt haben. 0r Nereebot Wertung anzupassen vermochten, so daß die Verzweif lung der meisten Housfrauen al» berechtigt und ver ständlich angesehen werden mußt». , -Die ^fachen in dcr Veränderung des Grund- preise» für das tägliche Brot sind in erster Linie auf dos außerordentliche Steigen der Mehlpreise der Kohle und nicht zuletzt der Löhne zurückzuführen. Die Mehlpreis« betrugen vom 14. November ab für -as Pfund 21—25 Pfennige, ein Preis, der bereit» wieder wesentlich überschritten ist Der Brotpreis von 25 Pf. deckt also erst den Mehlprei», nicht aber die wirklichen Produktionskosten des Bäckers. Diese Ausgabepositionen überflügeln in hohem Maße die Vorkriegsprcise und berechtigen dem nach von dem jahrhundertealten Brotberechnungs system „Brotpreis gleich Mehlpreis" inso- weit abzuweichen, als diese Unkosten die Friedens preise überschritten haben. In der letzten Lohnver- handlung mußten die Arbeitgeber des Leipziger Bäckergewerdcs ihren Arbeitnehmern auch den vol - len Friede nsreallohn zugestehen, der auf die Preisgestaltung des Brotes ebenfalls von be deutendem Einfluß gewesen ist. Die Löhne wurden von 28 Goldmark auf 30 Goldmark für die am vorigen Freitag beendete Lohnwoche and auf 40 Goldmark für die am 23. endende Lohnwoche fest gesetzt. Hinzu treten die unerhört hohen steuerlichen und sozialen Lasten und die mir der Mehlbeschaffung entstehenden Unkosten. Die Mehlbeschaffung ist zur zeit ein besonders trauriges »Kapital im deutschen Wirtschaftsleben und die Behauptung, daß eine allgemeine Katastro phe auf dem Mehl markte herrscht, ist nicht übertrieben. Die Mühlen verlangen von den Bäckern trotz der diesem Verlangen entgegcnstehenden Rcichsverordnung wertbestän dige Zahlungsmittel und bei Papiermark- zahlung höhere Preise. Wird Zahlung in wertbestän digen Zahlungsmitteln von den Bäckern geleistet, so bewilligt man diesen einen besonderen Nachlaß. Da der Bäcker durchgängig aber nur mit Papiermark zu zahlen in dcr Lage ist, so treffen ihn die Zahlung»- bedingungen der Mühlen aus da« schwerste. Hinzu kommt, daß die meisten Mühlen zurzeit überhaupt kein Mehl mehr abgeben können, bzw. wollen. Aus diesm Grunde mußte sich ein hoher Prozentsatz dcr Leipziger Bäcker znr teilweisen oder gänzlichen Schließung ihrer Betriebe verstehen. Infolge der Lieferungsstockun gen der Mühlen werden die Bäcker gezwungen, rhr zum Mehlcinkauf reserviertes Geld liegen zu lassen, in der Hoffnung, schnellstens dieses Kapital wieder in Mehl anlegen zu können. Dies scheitert aber in den meisten Fällen an dcr Lieferungs - Unmöglichkeit der Mühlen. Das Kapital des Bäckers ist da:... wenn er wirklich einmal Mehl erhält, nur noch einen Bruchteil seiner früheren Sub stanz wert. Die unerhörte Mehlknappheit, unter welcher hauptsächlich die großstädtische Bevölkerung auss schwerste leidet, ist in erster Linie auf die ver fehlten Maßnahmen der Reichsregie, rung zurückzuführen, die durch die Reichsgetreide, stelle Getreide gegen wertbeständige Zahlung von dem Erzeuger aufkanst. Die Landwirte geben aus diesem Grunde nur sehr widerwillig an die Mühlen Getreide ab, was in Anbetracht des Vorgehens der Reicbsgetreidest.'llc durckmus verständlich ersckreint. Zu. andern Falle wird der Landwirt seinerseits ge zwungen, insbesondere für Kohlen, Stellmacher- und Schmiedearbeiten Naturalien und hier wieder in erster Linie Roggen, Weizen und Kartoffeln zu liefern. Gerade die Kohlenwerke gehen auf diesem Ge biete mit einer Rücksichtslosigkeit 8«"enübcr den übrige» Konsumenten vor, die als ein Hohn auf > di« gesamte Wirtschaft und die Lebensuot des deut? schen Volkes angesehen werden muß. Der Bauer, welcher Kohle benöttgt, muß hierfür heute fast ausnahm-los in Naturalien zahlen. Es dürfte für die Aufsichtsorgane und die Reichs regierung eine besondere Aufgabe sein, hier requlie- rend mit rücksichtsloser Schärfe und Schnelligkeit einzugreifen, ehe das deutsche Volk und insbesondere die großstädtische Bevölkerung weiter dem Hunger prcisgegeben nnrd. Das Päckergewerbe wird es sich als besondere Ehre anrcchnen, seine Produkte auf das nie- ürig sie Maß dessen festzusetzen, was notwendig erscheint, um die Betriebe und damit die Brotver- sorgnng sichcrzustellen." Die Markthalle am Gonnaben- Das Bild Hot sich gegen das -es Vortages wenlg geändert. Zn einzelnen Artikeln hatten.die Preise etwas angezogen. In der Hauptsache hielten sie sich jedoch aus der Höhe des Freitags. Die „Ge fr irr fleisch sch lange" hatte sich infolge des kommenden Sonntaas verdreifacht Suvpenfleisch wurde mit 40V, Rippe und komm m>t 420, Keule m.t 110, Rindfleisch ohne Knochen mit 560, Rumpsstück mit 600, Roulade und Lende m».t- 640 und Gehacktes mit 560 Milliarden notiert. Ham melfleisch sollte 600 Ntilliarden, Schweinefleisch 800, 840 und 996 Milliarden kosten. Kalbfleisch kam mit 600, 640 und 920 Milliarden Mark zum Verkauf. ^>c. '«nfleisch wurde mit 800 Milliarden angeboren. Frischfleisch lag in reichlichen Mengen zum Be^.iuf. Rindfleisch stellte sich auf 1200, Kalbfleisch auf 900 bis 1Vs>0, Hammelfleisch auf 1400, Schweine- fleisch auf 1800 Milliarden. Gekacktes Rind sollte 1500, gehacktes Schwein 2000 und Geschabtes IvvO Milliarden kosten. Rindskopf wurde mit 500, ge- pökelter Schwcinskopf mit 600 Milliarden das Pfund angeboten. Flecke und Lunge waren für je 600 Mil- ' arden erhältlich. Herz stellte sich auf denselben Preis. Kuheuter wurde mit -800 Milliarden ab gegeben. Blut- und Leberwurst kostete 3200 Milliar- dcn, Mett-, polnische und Knackwurst dasselbe. Morta- b.lla fkcltrc uch auf 2000 Milliarden, Lülzenwurst auf :1000.' Schinken nnd Schinkenspeck sollten 3600 Mil- Norden kosten. Gut mit Ware hatten sich dieFisckhändler versehen. Schellfisch schwankte zwischen 550 und 650 Milliarden. Kabeljau zwischen 500 und 600. See- -»»s, Seehecht und Rotzunge waren für 600 Milliar den erhältlich. Goldbarsch kostete 500 Millarden. . ..me geringe wurden mit 550 Milliarden, Heilbutt, zunge mit 500 Milliarden angeboten. Karpfen er forderten 1500, Schleie 1800 Milliarden das Pfund. Salzheringe waren mit 500 Milliarden das Pfund, Matjes mit »250 das Stück ausgezeichnet. Große Nachfrage herrschte nach amerikani schem Schweinefett. Das Angebot war jedoch sehr gering. Das Pfund sollte 1400 Milliarven kosten. Margarine schwankte zwischen 900 und 1000 Mlllardcn. Wurstfett wurde mit 1600, Kokosfett mit 1200. Kunstspetsefett mit 750 Milliarden nngc- boten. Butter war für 2000 und 2400 Milliarben zu haben. Eier wu'rden nicht angeboten. Kartoffeln kosteten wie am Vortage 30 Mil liarden das Pfund. Weißkraut wurde mit 6V, Welsch- kraut mit 80, Zwiebeln mit 75, Möhren mit 40, Kohl mit 80 Milliarden das Pfund angeboten. Ka» n kosteten 50 Milliarden das Bündel, Sellerie f IM Milliarden und Rettich 20—40 Milliarden drs j Stück. Pilze schwankten zwischen 60 und 700 Milliar- den. Rosenkohl war für 6Oo Milliarden erhältlich. Blumenkohl sollte 450 bis 1200 Milliarden kost«!».. Tomaten wurden mit 250 Milliarden votiert. Tafel- Dirnen erforderten 260—250, Tafeläpfel 180- Milliarden. Musäpfel schwankten zwischen 60 150 Milliarden Mark. . Der unsterbliche Pantoffel Von -tzioxanilor Snzol Der gute, alte Pantoffel ist unsterblich. Man widerspreche mir nicht. Es nutzt leider nichts. Das Wort klingt gewiß altmodisch, es riecht förmlich nach „Vor gestern . Dos sei gern zugegeben, ober hinter diesem papierenen unmöglichen Wort aus der vortrefflichen Schuhbranche steckt ein ewiger Begriff, der stets modern bleiben wird. Auch das sei zugegeben: Keiner will öffentlich ein Pantoffelheld sein; vor den Augen seiner Zeitgenossen und im stillen ist er es doch mit rührender Hingebung, lind seien wir einmal aufrichtig — wir sind ja jetzt unter uns —, zum Schluß ist jeder gerne ein Pan. toffelheld. Der gute »Mann verbirgt ja nur den Pantoffel und zeigt den Helden. Es gehört entschie- Len viel Heroismus dazu, öffentlich zu erklären, man sei ein Pnntoffc1I>cld. Oh, das tut keiner. Aber er ist es. Aus irgendeinem banalen Alltagsgrund. Oft aus Bequemlichkeit. Zumeist beruht das ganze Pan- toffclheldentum nur auf dem Gesetze der Trägheit. Physik der Seele. Anotol« France, der große, lächelnde Philosoph, hat diese Tatsache psychologisch begründet. Ein anderer sprach von: „Misoneismus", der Abneigung gegen das Neue. Ein Dritter meinte, in der Ehe siegen die kleinen Gewohnheiten über die groß« Leidenschaft. Das „Hcrrenspielcn", meine Herrschaften, gehört zu den hervorragendsten Eh e l ü g e n. Im letzten Grund« ist der Mann nie der Herr, lieber jedem schwebt ein graziöser, von einem Strahlenkränze umgebener Pantoffel. Manchmal zierlich klein — fünfund- dreißig, nicht wahr? — manchmal etwas größer, und ab und zu ein hübsch ausgetretener Hau«schuh. Sie entschuldigen schon . . . Die Wahrheit muß einmal gesagt werden: Schon über der Liebe schwebt der Pantoffel. Aber sobald sie die Weihe bekommen, scntt er sich langsam, ganz langsam, aber ficker über die Häupter der vollkommen ahnungslosen Männer. So langsam, daß nur di« Revolutionär« ihn be merken. Die find nämlich auch nicht die Herren — keine Spur. Die spielen sie nur. Sie brauchen dies« Pose dringend für sich. »Alle Pantoffelhelden sind natürlich nicht von gleicher Art. Es gibt hier die ncrschied.'nsten Nuance Di« Nuance ist i» diese« Falle alle». Oos Pantoffelheldentum wurzelt in den ungleich. «M-ften Motiven. Ein Spezialpsycholog«, der durch viele Jahrzehnte di« Seele und den Magen der Eh«, männer studierte, hat nicht weniger als dreißig Spielarten entdeckt, von denen hier einig« her- ausgegrisfen seien. Sorte 1 ist der Pantoffelheld aus Bequem» lichkeit. Er will seinen Frieden haben. Er liest seiner Frau die Wünsche aus den Augen und betreibt diese Belletristik nur, um nicht aus seiner Ruhe auf- gescheucht zu werden. Er läßt sich von seiner besseren Hälfte alles gefallen, denn sein Wahlspruch in der Ehe ist: „Ich will Ruh/ haben." Aus diesem Wunsche heraus bewilligt er alles, wonach das Sehnen der Frau geht und oft noch mehr. Er ernährt, kleidet und schickt seine Fran aufs Land — aus Be- quemlichkeit. Diese Schwäche macht dcn Mann nach- giebig, lässig; in den Augen der anderen ist er ein Ideal, ein Mustergatte, und eigentlich will er nur „Ruh'" haben. Er ist der Urtypus des Ehemannes. Sorte »2 ist der Pantoffelheld aus Appetit. Da er gewisse Erzeugnisse der Gastronomie „zum Fressen" gern hat, führt die Frau das Regiment. Seine Leibspeise ist der Tyrann, dcr ihn unterjocht. Brillat-Savarin ist der stille Mitregent. Etwas Paniertes kann ihn gefügig machen und ein Paprika- Huhn seinen Willen in hohem Maße beeinflussen. An Sonn- und Feiertagen ist er natürlich noch demütiger als sonst — die fünf Gänge des Menüs verschlingen seine ganze Männlichkeit. Täglich fragt sich die liebe kleine Frau: „Was könnte man heute kochen, um zu einem neuen Kleid zu kommen?" Wenn es ihm schmeckt, legt sie ihm die Toilcttenrechnungen vor und er schreibt dcn kleinen Scheck mit den vielen Nullen resigniert heraus. Die Frau wird von allen ihrcnFreun- dinnen beneidt. Ntit Recht, ihr Mann betet sie an, wenn Leckerbissen auf die Tafel kommen. In der Zeit der ersten Spargel darf sie den Mut haben, ihn vor die Schaufenster der Juweliere zu führen, bei Erd- beeren mit Sahne wagt sie den Wunsch noch einer Opernloge. Sie hat das Paradies auf Erden, so lang« es ihrem Gatten schmeckt. Wehe ihr und ihm — wenn er einmal ein besseres Regiment findet. Gort« 8 ist der Pantoffelheld au« Dummheit. Di« gütig« Vorsehung hat solchen Mannern mehr Glück al« etwa« anderes aus die Welt mitgegeben, so daß der Verstand der Frau für zwei reichen muß. Natürlich weiß sie das genau. Menn ein Dummkopf nur eine Halbwegs überlegene Frau heiratet, so ist er ein Stlave, der es nicht einmal wogt, ohne Er- kanbni» 8er Fron da« Wetter Mecht M finden. Gr wird durch ein« Blick, durch et« Lächeln regiert — die Frau hat es gar nicht notwendig, Träne» zu riskieren. Sorte 4 bildet der unb-ewußte Pantoffelheld. Er trägt diesen schönen Schmuck ganz ahnungslos. Er weiß gar nicht, wo ihn der Schuh drückt oder richtiger, der Pantoffel. Er gehorcht ohne es zu wissen, er erfiillt die Wünsche seiner Gattin und hält sie für sein« eigenen. Gerade wenn er am meisten unter dem Einfluß seiner Frau steht, behauptet er, er lasse sich von niemandem - seine Selbständigkeit rauben. Je schwächer er wird, desto mehr Kraft- warte gebraucht er. Die Frau wickelt ihn um die Finger, während er glaubt, daß sie vor seinen Blicken zittert .. . Sorte ö ist der Pantoffelheld, weil die Frau reizend ist. Sie scheint so lieb, so nachgiebig, daß er nicht widersprechen kann. Fragt er: „Willst du in« Theater gehen?" blickt sie ihn mit zärtlichen Augen an und vibriert: „Ach, wenn cs dir Vergnügen macht." Und immer wieder vibriert sie von neuem: „Wenn es dir Vergnügen macht." Da» sagt sie aber immer nur, wenn es ihr Vergnügen macht. Oder sie äußert mit treuherzigem Augenaufschlag: „Nicht wahr, Schatz, du meintest gestern, daß wir heute eine Autofahrt unternehmen sollten?" Ec meinte natürlich gar nichts. Oder: „Ist es nicht Harmonie der Seelen, daß auch dir, liebes Männchen, diese Boutons so gut gefallen, wie mir? Ich lese es dir von dcn Augen ab, daß du sie mir zu Weihnachten schenken willst." Sorte 6 ist der Pantoffelheld aus Liebe. Da« ist die schlimmste Sorte. Die Frau beherrscht den Mann durch Gehorsam. Ze weniger sie befiehlt, desto mehr gehorcht er. Je mehr Freiheit sie ihm be willigt, desto gefesselter ist er. Na, überhaupt meine Herrschaften, sprechen wir nur nicht von der Freiheit. Die wirkliche große Freiheit wollen wir ja alle nicht. Nur ganz klein« Freiheiten. Dcr Pantoffel ist kein Aschenbrödelrnärcheu kein« Svur. Der Pantoffel, unter dem wir alle —- bitte widersprechen Sie n'cht, meine Herrschaften — so angenehm ächzen, ist, wenn auch noch so zierlich nnd fein, au« haltbarem Gewebe und wird nie au» der Mode kommen. Konzert de« Lehrergesangverein«. Da« letzte Herbstkonzert brachte unter der vorzüglicher: Leitung Günther Ramin« wieder manch musikalische Ueber- HchchmD — wtz* Att Erstaestlhrmm mm Mee Neger« »Weih« « di« Nacht" — et» MLmxrchor mit Akt- I solo und Orchester. Reger zeigt sich hier als scitt- I sinnige Poetcnnatur, indem er das ganze Werk aus s durchaus melodischer Grundlage ausbaut. Frau Ramin-Petersen legte in ihren" Sologesängen mit Reckt besonderen Wert auf gute Aussprache und au> stimmungsvolle Deutung, für di« sie überzeugenden Ausdruck findet. 8m§. Ludwig Wüllner sprach nach Goethischen Ge dichten zum ersten Male hier. „Worte in Versen" von Karl Kraus. Mit dem „Silvestcrruf an die Welt" setzte er stark ein. Der harte, scheltende Rhythmus dieses Gedichtes, das auch inhaltlich ein Schimpfen ist, war nicht zu verkennen, und wurde nicht verkannt. Aber schon bei „Zum ewigen Frie den" kam einer der weniger wertvollen Töne des alten Wüllner durch, einer, den ich den Sanften- Heinrichs-Ton nennen mochte, und der dem Wesent lichen von Kraus wesensfern ist. Die Lyrik dec „Worte in Versen" spricht »Wüllner, als ob sie von Goethe und manchmal auch als ob sie von Eesae Flaischlen wäre. Er gibt diese Lvrik des Gehirns und diese Melodie der Syntax mit einer Wärme und^ einem Schmelz, die ihr fremd sind. Man dürfte da» Negative aus Neigung für den greisen Sprechmeisicr eher unterdrücken, wenn die überfüllenden Leipziger ihm nicht unentwegt und immer den großen Wüllnerbeifall spendeten. — Auch den dritten Akt der „Zphtzgenie" mit seiner verehrungs- würdigen Schwester, Anna Wüllner, die ein« sehr liebe Stimme, aber keine großen Stimmittel hat, gemeinsam darzustellen, ist kein ganz glückliche« Unternehmen, da man bei geschlossenen Augen spürt, daß Orest und Pylades zwei alte Leute sind. bzr. Von der Leipziger UniverfitSt. Dem Amtc- gerichtsrat Dr. iur. Hermann Iukreiß in Dresden ist di« Leyrberechtigung mr Recht»» Philosophie, Staatslehre und Völkerrecht an der juristischen Fakultät der Unsversität Leipzig erteilt worden. Gtinae« eud di« moderne Literatur. Neulich wurde Lugo Stinne» von einem amerikanischen Journalisten interviewt, so über alle« mögliche, über seine Ansicht von der Rentenmarf, vom Expression! smv« usw. Zum Schluß fragte der Interviewer: „Und wa», Mister Stinne«, halten Sie von der modernen Siteratnr?" — „Bloß die D. A. Z.", war die Antwort. — In diesem Zusammenhang erledigt sich auch die von vielen Vlattcrn gekrackt« Meld««, daß Stimm» den Versag S. Fisch««, Berlin, ankDekmest Hobe. '
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