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987 vorgelesen, welche mit ihren Kindern, die älter als 15 Jahre waren, voraus nach Italien gehen sollten. Dies, dem ersten Anschein nach grausam, zeigte sich bald der Bevölkerung der Makedonier als eine Maßregel zu Gunsten ihrer Freiheit. Denn es wurden genannt die Freunde des Königs und die Hosleute, die Anführer der Heere, die Befehlshaber der Schiffe oder Besatzungen, die ebenso gewöhnt waren, knechtisch zu dienen, als gebieterisch zu befehlen. Einige sehr reiche, andere, welche so viel Aufwand machten, als diese, ohne ihnen an Ver mögen gleich zu kommen, alle führten eine königliche Lebensart, trugen königliche Kleidung, keiner hatte bürgerliche Gesinnung, und sie konn ten weder dem Gesetze sich unterwerfen, noch Freiheit und Gleichheit ertragen. Alle also, welche in königlichen Diensten gestanden, auch die auf Gesandtschaften gewesen waren, erhielten den Befehl, aus Makedonien auszuwandern und nach Italien zu gehen; denen, die dem Befehl nicht gehorchten, wurde der Tod angedroht. Er gab Make donien mit solcher Sorgfalt Gesetze, daß er sie nicht besiegten Feinden, sondern wohlverdienten Bundesgenossen zu geben schien, und die nicht einmal die Erfahrung in langer Zeit, welche allein die rechte Prüfung ist, durch die Handhabung als fehlerhaft bewiesen hat. Nach den ernsten Geschäften veranstaltete er Festspiele, und feierte sie nach lange vorausgegangener Vorbereitung mit großem Glanze in Amphipolis, nachdem er sie den Staaten Asiens und den Königen angekündigt, und während er die Staaten Griechenlands be reiste , selbst die Vornehmen eingeladen hatte. Denn nicht nur von Künstlern aller Art, welche eine Kunst zur Ergötzung trieben, war aus dem ganzen Erdkreis eine Menge zusammen gekommen, sondern auch von Wettkämpfern in der Ringkunst und edlen Rossen, und Gesandt schaften mit Opferthieren, und was sonst noch um der Götter oder der Menschen willen bei großen Spielen in Griechenland zu geschehen pflegt. So geschah es, daß sie nicht nur die Pracht, sondern auch die Einsicht in der Anordnung der Schauspiele, für welche damals die Römer noch zu wenig gebildet waren, bewunderten. Auch das Gast mahl für die Gesandtschaften war eben so reichlich, als geschmackvoll. Man erzählte sich ganz allgemein die Aeußerung von ihm: derselbe, welcher im Kriege zu siegen wüßte, verstehe auch ein Gastmahl auszu rüsten und Spiele anzuordnen. Liviu». IV. Bd. 65