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Firma Hatte im vorigen Jahr über 20 000 und in diesem noch immerhin etwa 3700 solcher Pelze anMbieten. Allerdings scheint die blaue Varietät in diesem Herbst fast ganz zu fehlen. Weiße Fuchspelze, die vor einigen Jahren nur bis zu 15 Mark brachten, sind neuerdings bis zu 00 und 100 Mark gestiegen. Der gewöhn liche Blaufuchs, der seit langem mit 2—300 Mark im Preise stand, scheint gleichfalls kostspielig zu werden. Sowohl die weißen wie die blauen Füchse kommen aus den nördlick^en Teilen beider Erdhalb, kugeln. Das Blau wird in der Farbe eines reinen bläulichen Französisch-Grau verlangt. Luchsfelle wurden in London voriges Jahr 5828 und in diesem Herbst 0316 angeboten; die Preise schwankten zwischen 24 und 45 Mark für gute Stücke. Wahrschein lich kommen die meisten Vieser Pelze von der um den ganzen Nordpol verbreiteten gewöhnlichen Art l'elig Enx, obgleich auch einige des amerikanischen Goldfuchses (lelis ruka) darunter sein mochten. Ein anderer schöner Pelz, nach dem jetzt ziemlich große Nachfrage herrscht, ist der des Vielfraßes (Oulo lusous), von dem von einer einzigen Firma im letzten Jahr gegen 50000 Häute verkauft wurden zu dem Preise zwischen 17 und 38 Mark. Die russischen Zobel (llluswla Liböllina) haben in den letzten Jahren ein ungeheures Angebot erreicht, nämlich bis fast 30 000 von einer einzigen Londoner Firma, während vor zehn Jahren in ganz London noch nicht 10 000 dieser berühmten Pelze auf den Rdrrkt kanren. Entweder müssen also neue Jagdgründe für Zobel pelze erschlossen worden sein, oder man hat den Bestand rücksichtslos ausgenutzt. Das einzelne Fell wird mit 10 bis 300 Mark bezahlt, doch haben besonders schöne Pelze auch schon 1000 bis 1500 Mark erzielt. Wie schon der Handelsname sagt, kommt der beste Zobel ausschließlich über Rußland. Sibirischer oder Kölinsky-Zobel (Uuswla 8ibirwa) ist die Bezeichnung des Handels für eine ver wandte Art, die weit häufiger, aber auch dementsprechend billiger ist. Die Londoner Firma hatte davon im letzten Jahr fast eine halbe Million Pelze aus Lager, und der Preis war gewöhnlich unter 2 Mark und ist noch in der Abnahme begriffen. Außerordentlich viel seltener ist das Hermelin, das letzthin eine Preissteigerung um erfahren hat. Das „Zimmer" zu 40 Fellen wurde noch vor einigen Jähren mit 20 bis 200 Mark bezahlt, heute ist es nicht mehr dafür zu haben. Hermelinfelle werden sowohl von Rußland wie von Amerika eingeführt. Wenn sie schwarze Flecke haben, statt uur einen schwarzgezeichneten Schwanz, tverden sie Miniver genannt. Die Einfuhr von japanischem Zobel ist während dieses Jahres gestiegen, desgleichen die des japanischen Mink, einer zoologisch säMer unterzubringenden Art, die scheinbar dem sibi rischen Zobel verwandt ist. Die Pelze des amerikanischen Mink oder Wison sind jedoch noch immer mehr sehr viel häufiger, obgleich in London im vorigen Jahr etwa 100 000 Stück weniger verkauft wurden als 1901. Die Preise für diese Pelze nehmen ab. Die verschiedenen^ Sorten des Edelmarders und auch die geringeren des Baum- und Steinmarders sind seltener und dementsprechend teurer geworden, so daß schöne Stücke des amerikanischen oder Fichtenmarders schon bis zu 45 Mark bringen. Die gewöhnlichen ^kanadischen und anderen Ottern sind bei jener Firma im letzten Jähr mit gegen 15 000 Pelzen ver treten gewesen. Durch moderne Verfahren oder Zubereitung sind die schönen schlvarzen und weißen Pelze der verschiedenen Skunks arten (Mephitis und Conepatus) in ausgedehntem Gebrauch bei der eleganten Welt gekommen, so daß im letzten Jahr eine Million dieser Häute verkauft wurde. Auf die Felle des gemeinen Dachses wird jetzt auch mehr Wert gelegt, indem man sie je nach der Qualität mit einer halben bi>s zu 15 Mark bezahlt. Von den größeren Landraubtieren ist zu erwähnen, daß in jener Liste gegen 50000 Wolfsfelle und gegen 13 000 Bärenfelle aufgeführt werden. Die schönsten Bärenhäute erzielen bis zu 80 Mark für das Stück. Bei den Nagetieren steht der Biber an der Spitze. Die Hudson Bay-Gesellschaft verkaufte im letzten Januar 34 706 Biberpelze. Im Jahre 1891 waren es noch 63 419 ge wesen, und auch diese Zahl war früheren Erträgnissen bereits wät unterlegen. Dennoch lst der Preis für Biber gefallen und scheint noch Weller zu sinken. Weit wertvoller sind jetzt die viel kleineren, schönen, silbergrauen Pelze des echten Chinchilla geworden, die gelegentlich bis zu 350 Mark im Dutzend bringen. Unter „eällem " Chinchilla wird vermutlich die von den Zoologen als Oüint-dilla laiüxera bezeichnete Art gemeint, obgleich dieser Name im Handel dem Bastard-Chinchilla beigelegt wird. Wegen der großen Zahl der jährlich verkauften Pelze sind noch zu nennen die Bisamratte, nach ihrem indianischen Namen auch Musquafh ge nannt, die verschiedenen Eichhörnchen, das australische Opossum, das echte amerikanische Opossum, neuerdings auch das Känguruh und das Wombat. Maulwurfsfelle wurden im letzten Januar zum Preise von 1—8 Mark für 100 Stück angebeten, ein Preis, der, sollte man meinen, die Mühe der Jagd kaum lohnen kann. Unter den Häuten, die nur für Schmuckzwecke oder als Teppiche benutzt werden, sind die des südamerikanisck>en Guanaco zu erwähnen, ferner die des Tigers und der Leoparden. Das Angebot an solche» Pelzen wechselt natürlich in hohem Grade, je nachdem die Jagd aus gefallen ist. Ein rätselhaftes Tier Von Franz Wichmann. Nachdruck verboten. Vor einem Kunstladen stehe ich wieder einmal im Anschaue» von Böcklins wunderbarem Bilde „Das Schweigen im Walde", dieser grandiosen Verkörperung der Einsamkeit, versunken. Auch mein Kleiner betrachtet neugierig, mit beinahe andächtiger Scheu das geisterhaft und lautlos schreitende, aus weiten Augen den Be schauer angiotzende Einhorn, das auf seinem Rücken die Märchen gestalt der weißgekleideten Jungfrau trägt. „Was ist das für ei» schönes Tier, Papa?" „Ein Einhorn, Kind." „Wo kann man daS sehen?" „Nirgends, das ist nyr ein Fabeltier, das in Wahrheit nicht existiert." — Als das harte Wort heraus ist, bereue ich eS sckwn, denn ich sehe die schmerzliche Enttäuschung des Kleinen. Warum habe ich ihm seinen schönen Traum, seine phantastische Vorstellung zerstört? Gerade bei dem Einhorn habe ich ja am wenigsten Recht und Grund dazu; sind sich doch die Gelehrten über das Sein oder Nichtsein desselben niemals einig geworden. Unser Wissen ist Stückwerk, und heute, wo wir uns mit Verliebe wieder dem goldenen Quell der Sage und des Märchens zuwenden, lasse» wir das Wort Hamlets von den Dingen zwischen Himmel und Erde, von denen sich unsere Schulweisheit nichts träumen läßt, um so lieber gelten. Das Einhorn bietet in der Tat eines der interessantesten Bilder aus dem mystischen Tierreich. So lange wir Kunde vom Ge schlecht der Menschen haben, hat üs die Phantasie desselben be schäftigt. Auf den ägyptischen Monumenten, die gern in Allegorien und Phantasiebildern schwelgen, mag es sich immerhin um eine im Profil dargefteMe Antilopenart handeln, bei der das eine Horn daS andere verdeckt, se daß wir nur scheinbar Einhörner sehen. Unseve Konversationslexika bevorzugen diese Meinung und tun das rätsel hafte Tier mit ein paar kurzen Worten ab. Aber so leicht und schnell ist die Sache keineswegs getan. Schon den Darstellung«» auf den Ruinen von Persepolis, die das Einhorn mit Pferde- oder Eselleib, mit langem Schweif und zweimal gebogenem Horn auf der Stirn, offenbar als mythische Gestalt zeigen, liegt zum mindesten der Glaube an ein wirkliches Tier zugrunde, denn ein heiliges Buch der Parsen berichtet von dem Mesch, der ein großes Horn trägt und auf besonderen Bergen wohnt. Mit besonderer Vorliebe zieht das Alte Testament das Einhorn zu Vergleichen heran. An dem Rem, wie es hebräisch heißt, wird die große Schnelligkeit gepriesen. Es ist stark, wild, unzähmbar, immer das Bild eines gefährlichen Feindes der Menschen, und wird gern mtt dem Löwen zusammen gestellt. Hiob, der Psalter und Jesaias führen es in diesem Sinne „Wo wohnst du denn, mein Kind?" Die kleine, magere Hand weift nach dem Ende der Straße, auf ein einfaches Häuschen. „Da hoch oben in der Mansarde, die erleuchtet ist. — Doch warum richten Sie alle diese Fragen an mich?" fügt sie verwundert hinzu. „Wie kann unser Leid Interesse für Sie haben?" Sie erhält keine Antwort. Der Schatten ist fort. So jäh, wie er erschienen, ist er auch verschwunden. in. Bald darauf sitzt Anna mit bekümmertem Herzen am Bett der kranken Mutter. Voll inniger Liebe ruht ihr Blick auf dem blassen, abgezehrten Antlitz. Wie lange wird die Teure noch hie- nieden weilen? . . . Und doch bedürfte es vielleicht nur, um das kostbare Leben zu erhalten, eines tüchtigen Arztes, guter Heilmittel und kräftiger Pflege. Aber ach, dazu fehlt es eben an Mitteln. Anna ist Ueftraurig, sie ist heute in ihren Erwartungen bitter enttäuscht. Sie hatte gehofft, von ihrem Arbeitgeber ein Gold stück als Weihnachtsgabe zu erhalten und war schon glücklich ge wesen in dem Gedanken, ihrer Mutter wenigstens eine kleine Freude bereiten, ihr einen stärkenden Wein kaufen zu können. Aber ach, ihr Chef hatte ihr nicht das so sehnlichst erwünschte Geschenk gemacht. Und während an diesem Abend die Herzen fast aller Menschen voll seliger, jubelnder Festesfreude erfüll* sind, rinnt Träne auf Träne über die Wangen des armen Mädchens. Kein Strahl des Weihnachtsglanzes dringt in ihr kummervolles Dasein. Ein Pochen an der Tür entreißt sie ihren düsteren Träumen. „Wer ist da?" „Jemand, der Eurer Mutter helfen will." Großer Gott, ist eS denn wirklich wahr? Da steht Meister Kcolus, der berühmteste Arzt von Amsterdam, leibhaftig vor ihr! Er hat sich sicherlich geirrt! Nein, er hat sich nicht geirrt, mit fröhlich« Miene redet er sogleich das junge Mädchen an. „Aber . . . wer hat Sie denn geschickt, Herr Doktor? Wir sind sehr arm ..." „Schweige, Kleine!" schilt er. „Es handelt sich jetzt nicht um Geld, sondern um deine kranke Mutter. Uebrigens bin ich könig lich bezahlt." „Von wem?" „Vom guten Weihnachtsmann!" Dann tritt er ans Bett, beugt sich über die kranke Frau und untersucht sie, lange, gründlich. Anna, voller Angst, wagt kein Wort zu sprechen. Endlich blickt Dottor Koolus auf und sagt tröstend: „Es hat keine Gefahr mit deiner Mutter, mein liebes Kind. Sie bedarf nur einer stärkenden Medizin und eines warmen Zimmers." Damit schreitet er zu Tür, macht em Zeichen, und herein tritt sein Diener mvt einem großen Kasten voll Medikamenten. Der Doktor sucht prüfend das Passende aus. „Hier, dies ist «öttg. Stündlich zwei Eßlöffel. Jetzt brauche» wir noch ein gutes Feuer." „Feuer! . . . ach! . . ." „Poch! pochl" Dieses Dka-l ist es der Kohlenhändler Wilhelm, der Einlaß verlangt. Er bringt einen großen Sack mit schönen Briketts und macht sich sogleich daran, den Ofen vollzupfropfen. „Das lst recht, heizet tüchtig ein, guter Mann, heizet tüchtig ein." Wer hat Euch denn geschickt?" „Der gute Weihnachtsmann!" lautet auch seine Antwort. Nachdem der Mann sich wieder entfernt hat, sagt KooluS, Anna ans Kinn fassend: „Weißt du. Kleine? Du mußt deinen Beruf aufgeben, er ver dirbt deine Augen. Du mußt dich erst ruhen und dir dann eine» Gatten suchen, um mit ihm und neben -einer lieben Mutter, die noch viele Jahre leben wird, glücklich zu werden." Anna schüttest wehmütig das Köpfchen. „Einen Gatten? Wie sollte daS wohl möglich sein?"