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Die erfte Rheinische Dichkepk««»«« 1» K»U«U- Zum ersten Mal hat ein« deutsche Provinzhauptftqdt die Dichter und Schriftsteller ihrer Landschaft »u einer Tagung »usammenberufen. Droh »ar da« Jntereffe der Bevölkerung an den Festvorftellungen und Vorträgen, di« durchweg gut besucht waren. Die Stadt Koblenz hat damit ein Beispiel gegeben, da« Nachahmung verdient. - In der ersten Reihe von links nach recht«: Redakteur Kasteleiner, Beigeordneter OLS, Dichter Josef Ponten, Dichter Alfons Paquet, Dichter Josef Winckler. Frankreich baut sei««« Mobamedaneru Moschee«. Gelegentlich de« Besuches des Sultans von Marokko fand di« feierliche Ein weihung der neuen Pariser Moschee statt, an der auch Präsident Donmergue teilnahm. ü)ie schönste Amerikanerin. ! Irgendwo kn Leu Beretn^te» Staaten hat mau wteder ein- mal die schönste Amerikanerin entdeckt. Natürlich auf einem Schönheits-Kongreß. Dort haben die sonst nicht gerade ge- fühlSbelasteten Amerikaner eine sentimental« Schönheit zu ihrer Königin erkoren. in' einen Abgründ so jämmerlicher" Beschämung hmäbgesüttzt worden, daß er nicht nur die Fähigkeit zu sprechen, sondern auch die Herrschaft über seine aristokratischen Züge gänzlich eingebüßt zu haben schien. Niemals wenigstens war der Ausdruck seines Antlitzes eine markantere Bestätigung für Engelberts Behauptung gewesen, daß die Prinzen von WÄd- bürg das Pulver sicherlich nicht erfunden haben würden. Die starren und wässerigen Augen Les Prinzen von Waldburg irrten mit dem Verzweiflungsblick eines sterbeichen Rehbocks vyn einem Ende des Saales zum anderen; er be. wegte die Lippen, um einige ganz unverständliche Laute her- vorzubringen, und erwachte dann plötzlich, offenbar einer glücklichen instinktiven Eingebung folgend, der Tochter des Generals die tiefste, feierlichste und ehrfurchtsvollste seiner Verbeugungen. f Ohne auch nur »ach rechts oder links zu blick«, schritt er nach diesem stummen Abschied quer durch den Festsaal einem den Garderobenräumen zunächst gelegenen AuSganae zu. Vielleicht geschah es ihm zum erste» Mal in seinem Lebe«, daß er die bitterste Unzufriedenheit gegen feine eigene erlauchte Person empfand. Der Leutnant von der Hacke aber, welche« sich achtungs voll zurückgehalten hatte, so lange Cillys Gespräch mit dem Prinzen währte, glaubte die Unterhaltung mit dem Gegen stand seiner glühenden Verehrung jetzt kühnlichst durch ei» sehr geistreiches Kompliment «inleiten zu dürfen, an welchem er während der letzten Viertelstunde in einer verschwiegenen Fensternische gearbeitet hatte. Doch er war noch nicht zu Ende gekommen, als ihn ein so kühl verwunderter und zu- gleich hoheitsvoll verweisender Blick auS den angebeteten dunklen Augen traf, daß es sich ertötend und erstarrend wie em Reif in der Frühlingsnacht auf die zarten - Blaublümlein seiner Hoffnungen und Träum« legte. Eine kleine halbe Stunde schlich er, von einer wahrhaft Schopeiihauerischen Verachtrma des gesamten weibliche» Ge schlechts erfüllt, aus dem Bufettsaal in eine» jener klein«», gemütliche» Nebenräume, wo man Zigarren, Münchener Hof bräu und eine Partie Skat oder Pikett haben konnte. Er war nicht im Zweifel, daß die- von de» vielen unglücklichen Abenden seines Leben- der allerunglücklichste fti, und während er das erste Seidel schäumenden Gerstensäfte- auS bloßer Zer streutheit ohne Atemholen bi- auf den Boden leerte, sah er sich im Geiste nun doch noch unter afrikanischem Himmel i« wilden Kampfe mit Negern, Arabern und Krokodilen. ES war unmöglich, mit dieser Wunde im Herzen Tag für Tag nur Griffe und langsamen Schritt Üben zu lassen — eS war unerträglich, unausdenkbar! Und im Vorgefühl künftiger Heldentaten trank der arm« Verraten« in seinem stillen Schmollwinkel Gla- auf GlaS, bis ihm die Zukunft allgemach wieder in einem rosigem» Lichte aufdämmerte, und eive sehr behaglich« Stimmung absoluter Gleichgültigkeit gegen alles Vergangene und Gegen wärtige die letzten düsteren Schatten verzweifelter Lebopk- Müdigkeit verscheuchte Deutschlaud doch a«f der Philadelvbiaer Weltausstellung. Eine hübsch« Münchener Bredelverkiiuferin ver kauft einem amerika nischen Dolizeioffizier auf der Weltausstellung in Philadelphia die be. kannten und auch jen seits des großen Teiches beliebten Münchner Bretzeln. Marie von Breiukendorf hatte von -er schnöd« Be handlung, welch« Cilly ihrem anfänglich so huldvoll er- mutigten jugendlichen Verehrer zuteil werde» ließ, ebensowenig wahrgenommen als von der ernsthafte» Auseinandersetzung ihrer Base mit dem Prinz« von Waldburg. Obwohl sie lnden- schaftlich gern tanzt« und obwohl die glänzendsten unter dm jüngeren Kavalier« sich nach ihrem Erschein« im groß« Fest saal bei ihr um die Vergünstigung eines Tanzes bewarb« hatten, war sie doch standhaft bei jener Erklärung geblieben, welche sie vorhin ihrem Vetter Lochar gegeben. Es zuck« und prickelte ihr in dm Füßchen, wenn die verführerisch« Weis« in feurigem Rhythmus dm glänzenden Raum durchrauscht«; aber sie widerstand'der lockenden Versuchung in jenem trotzig« Eigensinn, welcher uns so häufig veranlaßt, zu dem Schmerz der Kränkung, die wir von anderen erlitt«, auch »och die Pein unbarmherziger Telbstquälereim zu füg«. Aeußerlich freilich verriet sich nichts mehr von jener Bitterkeit und herb« Enttäuschung, welche vorhin so über mächtig über sie gekommen war«. Ohne gerade ausgelassen und übermütig zu sein, zeigte sie doch in dem Geplauder, in welches sie von ihrer Umgebung fortwährend hineingezogen wurde, Heiterkeit genug, um niemand« errat« oder auch nur ahnen zu lass«, wie wenig fröhlich und festlich es in ihrem Herz« aussah. ES konnte ihrer Aufmerksamkeit unmöglich entgehen, daß Engelbert auch dm Walzer mit der Komtesse Hamried tauzte und daß er somit ihr erklärter Kavalier für diese» Wend war. Ja, ein tückischer Zufall fügte, daß die L>Piae, viel umschwärmte Schönheit ihr« Platz in geringer Entfernung von demjmige« Manen- wählt«, und daß diese wider ihr« Will« mchr als einmal zur Ohrenzeugin -er ost recht verwegmen Artigkeiten werd« mußte, mu denen Engelbett seiner Dame huldigte. An die Existenz seiner Cousine Ale» der Dragoner-Offizier in dem Wirbel -es rauschenden Fest«- überhaupt nicht mehr z» dmkm. Wiederholt streifte er ganz nahe an ihr vorüber, ohne sie zu fthm, und als sich ihre Blick einmal zufällig begegneten, las Maxi« in seinen Äug« nur den Rausch de-Vergnügen- über dm raschen Erfolg, omm er sich unverkennbar Sei der Tochter d«S känfttzm KrstgS- Minister- zu erfreuen hatte. Der Regirrüng-vat Thoma-, «insehr gebildeter und Neben-- würdiger Herr in mittleren Jahr«, hatte sich di» Erlaubnis erbeten, Marie in dm Speisesaal zu führen. Er bediente sie mit der Zuvorkommenheit und zattm Achtsamkeit eines wohl- «rzogmm Manne-, und? Marie würde unter allen anderen Umständen an seiner lebhaften und gedankenreichen Unterhaltung sicherlich da» aufrichtigste Vergnüge» «fundm haben. Heute aber mußte sie sich mit dem ganz« Äufackot ihrer starken willen», kraft zwingm, ihm nur .so viel Aufmerksamkeit zuzuwenden, al- die Psucht der Höflichkeit e» von ihr forderte, i Sie hatte unglücklicherweise dm brennend«, stumm beredtm Blick auf- gefangen, mit welchem Engelbert vou einem der entfernteren Tische der Komtesse Helm« Hainried das erste Gla» perl«,dm Shampagner» kredenzte, und wie gewaltig sich auch ihr Stolz gegen die demütigende Vorstellung aufbmnnte, daß es die ublmvsiichen Martern niedriger Eifersucht lrien^Velchk in ihrem Innern wühlten, so wenig vermochte vöch Dieser Kampf zur Linderung der Pein beizutrageu, welche sie seit jenem Moment erduldete Sie erschrak auf da- Heftigste, als sie gewahrt«, daß Engelbert nach einer Weile seine mit einem ander« Kavalier plaudernde Dame verließ und mit raschen Schritten gerades wegs auf ihr« Platz zukam. Nur jetzt wollte sie nicht ge zwungen sein, mit ihm zn sprech« — nur nicht unter dem unmittelbaren Eindruck einer Entdeckung, welche ihr sein Ver halt« bei der vorig« Begegnung unter vier Lugen nur noch im Lichte einer unerhörten Beschimpfung erschein« lass« konnte- Aber sie vermochte seine Annäherung so wenig zn vereiteln, akS sie eS hindern konnte, daß sich gerade in diesem Augenblick der Regierungsrat erhob, um sich an eines der Büfetts zu be geben. Engelbert stand vor ihr, dm gefüllt« Champagnerkelch M der Hand, und während er ihr denselben mit leicht herab geneigtem Oberkörper entgegenhielt, kam es in vorsichtig ge dämpft« Flüsierlautrn von sein« Lippen: «Auf Dein Wohl, mein Liebling! Ach, Du kannst nicht ahn«, waS ich heute auszustehen habe. Lieber vierzehn Tage Felddienst als eine einzige Stunde vor dem Triumphwagen dieser Göttin! — Aber was ist das? — Du tust mir nicht Bescheid? Bist Du mir etwa böse?* ES war eine seltsame Kraft der Ueberredung in dem treu herzig« Klang seiner Stimme und in dem "liebenswürdig Hefter« Ausdruck seines frischen Gesichts. War es denn möglich, daß er die Stirn haben konnte, so vor sie hinzutreten, wenn er wirklich nur rin frevelhaftes Spiel mit ihr zu treiben ge dachte? Langsam und zaudernd erhob Marie ihr Glas. «Böse?* wiederholte sie. «Rein — vielleicht nur ein wenig traurig.* Engelbert warf ein« rasch« Blick hinter sich und nahm d« leer gewordenen Stuhl de» RegierungsratS ein. «Aber Du sollst nicht traurig sein.* flüsterte er warm und eindringlich, «und so wett eS sich um mich handelt, hast Du auch keinen Grund dazu. Ich mußte mich heute uun ein- «al gewiss« höher« Rücksichten zum Opfer bringen, und ich habe ein« viel zu hohe Meinung von Dir, al- daß ich glauben könnt«, Du seiest eifersüchtig auf diese unbedeutende mrd kokette d^Wie hätte sie ihm nun noch eingestehen können, daß sie wirklich eifersüchtig gewesen war! Sie war fast unzufrieden mit sich selbstz daß sie ihren Groll gar so schnell entschwinden fühlte, aber in der leichtfertigen Fröhlichkeit, mit welcher Engelbert über alle unangenehmen Dinge himvcgzutändeln wußte, lag nun einmal ein unwiderstehlicher Zauber. Und er las eö ihr vow Gesicht ab, daß sie versöhnt sei. «Noch einmal also! Auf Dein Wohl, mein« einzig ge liebt« Marie!* hauchte er ihr in- Ohr. Di« Kristall Pokale klirrten zusammen, und er leerte dm seinen hi- auf den letzten Tropfen. Dann stand er rasch auf, nachdem er wieder einen hastigen Blick nach dem Tische der Komtesse Hainried hinüber» geworfen. «Die Mazurka, dl« wir nachher tanzen werden, ist sü, mich der einzige Stern in der trostlosen Oü>e dieser Äallnachr. Ich irrne nnck> mit lü> wie auf ein« Srlöluna."