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Hindenburgs Antwort übergeben wtb. Berlin, 22. November. Das Antwortschreiben des Reich-Präsidenten auf die gestrige Rückfrage Adolf Hitlers ist, wie angekün- dlgt, heute mittag lä2 Uhr dem Führer der N72AP. zu geleitet worden. Ueber den Inhalt des Lehreibens wird in Negierungskreisen keine Mitteilung gemacht. Es Ist nach Auffassung unterrichteter Kreise fraglich, ob di« Antwort Hitlers noch Dienstag ersolgt. gebindert habe, China als souveränen Staat zu betrachten und als zulässigen Vertragspartner zu behandeln. Eine io klare Sprache also auch die japanischen Geschütze scheinbar in der Mandschurei gesprochen haben, so ist weder die Angrisssabjicht eindeutig klarzustellen, noch auch überhaupt der schlüssige Beweis zu führen, auf wessen Hoheitsgebiet sich die Zwischenfälle abgespielt haben. 4Cenn die Japaner in ihrem Gegenbericht behaupten, weder die Regierung in Tokio noch der Generalstab hätten einen Einfluss auf die Entstehung der mandschurischen Selb ständigkeitsbewegung ausgeübt, doch habe Japan diese Be wegung nicht mehr ignorieren können, als sie sich ausbrei- tete, so steckt in dieser Behauptung ein hoher Grad von Zy nismus. Wir Deutschen haben ja im besetzten Rheinland erlebt, wie man unter militärischem Druck und mit reich lichen Geldmitteln separatistische Bewegungen unschwer aus dem Boden zaubern kann. Aber wenn anderseits die Ja paner darauf Hinweisen, dass 12 000 Briefe an die Lytton- Kommission noch keineswegs Licht über die Stellungnahme der 30 Millionen anderen Staatsbürger von Mandschukuo verbreiten, so wird man diesen Beweis nur mit dem Ver such einer V o l k s a b st i m m u n g entkräften können. Hier aber beginnen erst die Schwierigkeiten, denn an eine Ab stimmung unter dem Druck der japanischen Besatzung wäre ebenso sinnlos, wie ein Plebiszit im Schatten des chinesi schen Nationalismus für die Weltmeinung keinen Ucber- zeugungswert beiässe. Leider hat der Völkerbund bei den von ihm veranstalteten Volksabstimmungen in Mitteleuropa ein sehr geringes Mass von Arbeitsfähigkeit und Unpartei lichkeit bewiessm, und er wäre in einem so fernliegenden Gebiete der Welt wahrscheinlich noch mehr zur Ohnmacht verurteilt. Darum kann auch der Gedanke in der Man dschurei einen V ö l k e r b u n d s k o m m i s s a r einzusetzen, nur Kopsschlltteln erwecken, denn er würde nach Lage der Dinge nur dann mit Erfolg arbeiten können, wenn er sich völlig zum Werkzeug der japanischen Inter essen machte. Diese Genfer Sanktionierung der japani schen Konfliktspolitik kann aber den Chinesen alles andere als erwünscht sein. China fordert Erfüllung der Empfeh lungen des Lytton-Berichtes, auch wenn dieser keineswegs allen chinesischen Wünschen gerecht wird, denn bei seiner Ablehnung wären die Verlustchancen nur um so grosser. Ja pan aber lehnt die Lytton Empsehlungen mit Entschieden heit ab, da sie die mit wirtschaftlichen und militärischen Mitteln geschaffene Machtstellung Japans notwendig be einträchtigen würden. Der Mandschurei-Konflikt ist mehr und mehr die grosse Figur im Schachbrett der Mächte geworden. Dabei müssen wir di« überraschende Tatsache feststeklen, dass die Ein stellung der Weltmächte zur mandschchurischen Frage sich seit geraumer Zeit stark gewandelt hat, und dass sich die Auffassungen einander zu nähern beginnen. Es besteht viel Wahrscheinlichkeit dafür, dass Präsident Roosevelt keiner neuen Verschärfung des fernöstlichen Konfliktes das Wort reden wird, um nicht der Stimson-Doktrin noch mehr und grössere Opfer an die europäischen Mächte folgen lassen zu müssen. Vom Präsidenten Hoover ist daher vor dem Ablauf seiner Amtszeit eine neue Initiative kaum noch zu erwarten. Sowjet-Nussland hat das Steuer völlig herumgeworsen und sucht sein« scharfen Attacken gegen den japanischen Imperialismus durch wirtschaftspolitisch« Ver- ständigunggversuche vergessen zu machen. Die japanische Entschlossenheit, auch mit äussersten Mitteln di« mandschu rische Position zu verteidigen, ist in Moskau nicht ohne Eindruck geblieben. England und Frankreich haben sich nie für «in scharfes Durck)greif«n erwärmt und sind die Hanpt- bctsiligten bei der Genfer Verschleppung d«r mandschu rischen Angelegenheiten. Deutschland zählt nur insofern mit, als es ein vitales Interesse daran nehmen muss, dass in GenskeinePräzede nzsälle geschaffen werden, die sich einmal rächen, wenn Deutschland in eine ähnliche Lage wie Japan oder China kommen sollte. Was bleibt, ist die Sorge um das Prestige des Völkerbundes, um die Ver meidung neuer schwerer blutiger Zwischenfälle im fernen O" -n. Der Lytton-Bericht stellt mit grossem Ernst und Nachdruck fest, dass seit der japanischen Aktion der ferne Osten „in Feuer und Blut getaucht" sei. Leider zeigt die unaufhörliche Kette von Zwischenfällen, dass der ostasiatische Brand weiterglimmt und jeder Tag wieder zu einer offenen Flamme werden kann. Die Aussichten, dass man in Genf das Feuer austritt, sind vorläufig gleich null. Chinas Auffassung Gens, 22. November. ' Die Auffassung Chinas hinsichtlich des mandschurischen Streitfalles legte in der Sitzung am Montagnachmitlag der chi nesische Delegierte Wellington Ku ausführlich dar. Ku mies die Vorwürfe des japanischen Vertreters zurück. Selbst wenn alles richtig märe, was dieser an Klagen über den Zustand in China vorgcbrochl habe, so müsste man sich immer noch fragen, ob die planmässige bewaffnete Intervention Japans gerechtfertigt ge wesen sei. Wenn die Berechtigung zu dieser Intervention in den Kellogg-Palit hineininterpretiert werden könne, so sei dieser Plan kaum wert, aufrecht erhalten zu werden. Die chinesische Regierung glaube aber, dass cs nicht ihre Aufgabe, sondern die des Rates sei, den Kellogg-Pakt und die andern Verträge zu lntervrclicrcn Japans Ziel seit dein 16. Jahrhundert sei es, China zu unterjochen. Was den antijapanische» Boykott bclrelke, so sei er nur eine Massnahme der Selbstverteidigung. Angesichts der Schwäche des Landes bekunde die chinesische Bevölkerung aus diele Art unter grossen eigenen Opfern ihre Empörung und ihren Protest gegen das an China verübte Unrecht. Ter den japanischen Interessen zugefügte Schaden sei unvergleichlich geringer als die Zerstörung von Milliardenwerlcn an chinesischem Eigentum, ganz abge sehen van dem Verlust von Zehnlausenden von Menschenleben. — Wellinglon Ku hob mit zahlreichen Zitaten hervor, dass der Lytlon-Vericht In seiner allgemeinen Tendenz der chliitsischcn Austastung vollkommen recht gebe. Der D !>, des Berichtes, dass jede Lösung mit den Bestimmungen dcr '.crbundssatzuno, dem Kellogg-Pakt und dem Neun- ii. «ienrag in Einklang stehen müsse, sei ein Kardinalprin- Ein enlschei-en-er Schrill? Oie Bemühungen um Wiederherstellung -er Abrüstungskonferenz wtb. London, 22. November. Der Genfer Korrespondent der „Times" meldet, in folge der Anwesenheit des Neichsanssenministers sei er freulicherweise Gelegenheit zu privaten und un formel len Besprechungen gegeben, die zeigen würden, ob Deutschland beabsichtige, zur Abrüstungskonferenz zurttck- zukehren oder nicht. Die gestrigen Besprechungen des Freiherr» v. Neurath mit Sir John Simon und Norman Davis seien nur vorbereitender Art gewesen. Der Genfer Korrespondent der „Daily Mail" berichtet, Sir John Simon habe gestern einen entscheidenden Schritt getan, nm Deutschland zur Abrüstungskonfe renz zuriickzubringen. Es verlaute, dass seine Unterredung mit Freiherrn v. Neu rath äusserst herzlich war. Reuter berichtet aus Genf, es heisse, dass die mit Frciherrn v. Neurath geführte Besprechung sich um die Frage dcr Zustimmung Frankreichs zu der britischen Er klärung über Rechtsgleichheit drehte. Aber bevor Deutsch land eine Zusicherung bezüglich der Haltung Frankreichs erlangt habe, dürste es sich schwerlich von seiner jetzigen Position entfernen. Diesem Urteil des Reuter-Korrespondenten kann man durchaus zustimmen. Nur auf Grund einer positiven Stel lungnahme Frankreichs zur Frage der deutschen Gleich berechtigung kann Deutschland an eine Rückkehr zur Ab rüstungskonferenz denken. Oie Aussprache Hoover-Aoosevelt Washington, 22. November. Heute findet die mit Spannung erwartete Aus sprache zwischen Hoover und Roosevelt statt. Staats sekretär Stimson lzat für diese Zusammenkunft ein Me morandum über die Weltwirtschaftskonferenz aus ¬ gearbeitet, das Roosevelt vorgelegt werden soll Es wird hier betont, dass sowohl die Aktion in der Frage der Alliiertenschuldon als auch die Festsetzung des Ter mins der Wirtschaftskonferenz von dieser Unterhaltung abhängen, da es sich in beiden Fällen um Probleme handele, die über die Amtsperiode Hoovers hinaus die Regierung Roosevelts werden beschäftigen müssen. Schatzsekretär Mills hatte lange Besprechungen mit Präsident Hoover, der, wie verlautet, nach wie vor ge neigt sein soll, dem Kongreß die Ernennung einer Kommission zur erneuten Prüfung der Zahlungsunfähigkeit der einzelnen Schuldner staaten zu empfehlen. Allgemein abgelehnt wird eine Gleich stellung von England und Frankreich. Rian ist hier überzeugt, dass die französisch Nation, die während der kritischen Periode der Vereinigten Staaten Gold in grossen Mengen aus Amerika herauszog, die Schulden rente seicht bezahlen könne, während man zugibt, daß der mit England vereinbarte Zinsfuss unverhältnismäßig hoch ist und eine ungerechte Härte gegenüber England darstellt. Schul-nerfront ohne Italien — . Tvastzington, 22. November. Dcr hiesige tschechoslowakische Gesandte überreichte dem Staatssekretär Stimson eine Note seiner Negierung, die, wie England, Frankreich und Belgien, Zahlungsaufschub und Revision der Schuldenraten erbittet. Sehr bemerkt wird hier Italiens Schwelgen in diese,» Angelegenheit. Man betont, daß Mussolinis Taktik hier schr gut wirke, gerade weil er es ablehne, an dieser „Einheit»^ front gegen den amerikanischen Steuerzahler" telizunehmea. Der künftige amerikanische vizevrSstdent gegen kriegs- schuldenslreichung Der künftige Vizepräsident der Vereinigten Staaten, John Garner, erklärte, er sei durchaus gegen die Streichung oder Abänderung der Kriegsschulden. Thronrede des Königs von England wtb. London, 22. November. Der König eröffnete heute die Parlamentsscssion mit einer Thronrede, in der er betonte, dass die Beziehun gen zu den auswärtigen Mächten weiterhin freundschaft lich seien. Für eine weitere verfassungsmässige Entwicke lung in Indien werde die Negierung dem Parlament Vor schläge unterbreiten. Der König sprach die bestimmte Hoff nung aus, dass die bevorstehende Weltwirtschaftskonferenz in der Lage sein werde, llcbereinstimmung über die Maß nahmen zur Beseitigung der Ursachen zu erzielen, die die wirtschaftlichen und finanziellen Schwierigkeiten der Welt herbeigcführt haben. Die britische Negierung werde fortfahren, ln voller Zusammenarbeit mit den anderen Staaten auf der Genfer Abrüstungskonferenz eine internationale Kon vention zu schaffen, die die Grundlage für einen dauernden Frieden bilden könne. In der Thronrede wird weiter auf die Notwendig keit hingewiesen, die öffentlichen Ausgaben sorgfältig zu überwachen und betont, dass die Negierung alles in ihrer Macht Stehende tun werde, um die Erholung der Wirt schaft zu fördern. Die Thronrede beschäftigt sich dann aus führlich mit der Arbeitslosigkeit, die zweifellos das schwierigste soziale »Problems Englands darstclle. Jede Massnahme für die Arbeitslosen dürfe nicht nur in einer materiellen Unterstützung bestehen, sondern müsse dazu angetan sein, die Moral nnd die Fähigkeiten der Arbeitslosen zu erhalten, die Arbeit wieder aufzuneh- zip, das für alle Unterzeichner dieser grossen Fricdensurknnden eine feierliche Derpslichtmui bedeute. Selbstverständlich müssten die Enischlicssungen des Völkerbundsraics und der ausserordent lichen Verwaltung, soweit sie noch nicht ausgesührt seien, wie bisher in Kraft bleiben. Unter nnderem bleibe die Verpflichtung der japanischen Regierung zur Zurückziehung ihrer Truppen auf Grund der Entschliessungen vom 30. 9. und 10. 12. 1931 unverändert. Diese Zurückziehung sei immer noch eine wesentliche Voraussetzung für die grundlegende Regelung des chinesisch-japanischen Streitfalles. Die chinesische Regierung sei dcr Meinung, dass keine Regelung des gesamten Streitfalles gerechterweise erörtert werden könne, ohne dass der Druck der militärischen Besetzung und, was aus dasselbe hinauslaufe, der Druck vollendeter Tatsachen infolge Gewaltanwendung während dieser Besetzung, zuerst beseitigt werden müsse. Japan für allaemetnes Boykott-Verbot wtb. London, 22. November. Wie Reuter mel dest, rechnet man mit der Möglichkeit, daß Japan dem« nächst eine Aenderung des Völkerbundspakts beantragen werde, wonach künftig Boykottmaßnahmen verboten seien. Diese Forderung erklärt sich aus den sehr fühlbaren Erfahrungen, die Japan mit dem Boykott seiner Wa ren durch die Chinesen gemacht hat. Es darf aber als ausgeschlossen gelten, daß der Völkerbnndsrat einen solchen Beschluß faßt. Gerade die waffenlosen Staaten, auch Deutschland, sind daran interessiert, daß ihnen diese einzigen Mittel der Adivehr: Boykott und passiver Wi derstand nicht genommen werden. men, wenn sich die Gelegenheit biete. Die Negierung werde Massnahmen beantragen, die sich in umfassender Weise mit der Arbeitslosenversicherung beschäftigen. Beginn -er Winterhilfe wtb. Berlin, 22. November. Nach einer Mitteilung der Deutschen Liga der freien Wahlfahrtspslcge sind von Mitte September bis Ende Ok tober d. I. insgesamt über 29,4 Millionen Kilogramm oder rund 390V Waggon Lebensmittel, Brennstoffe und Kleidungsstücke aus den verschiedenen Gebieten des Rei ches für die Winterhilfe von der Reichsbahn frachtfrei be fördert worden, und zwar sind 4VV VOV Zentner Kartoffeln und zusammen 43 vvv Zentner Fleisch, Obst, Gemüse, Brot getreide, Mischsendungen usw. und ferner 9ÜV0Ü Zentner Kahlem und Briketts und rund 52 vvv Zentner Bennholz und Torf an die mit der Durchführung dcr Winterhilfe be trauten Organisationen zur Verteilung für die Winter hilfe gelangt. Ehrenworte werben aebrochen Idyll in der Sächsischen Landwirtschastskammer. Dresden, den 22. November. Die Süchsisck)« Land wirkschaftskammer hielt heute eine Gesamtsitzung ab, in der zunächst der bishrige Vizepräsident Oekonomie- rat Richter zum Präsidenten geivählt wurde gegen die Stimmen der Nationalsozialisten, ebenso zum 1. Vize präsidenten Rittergutspächter Greulich. Zum 2. Vize präsidenten wurde der Nationalsozialist Körner gewählt, während der 3. Vizepräsident der Nationalsozialist Döring, auf seinem Posten blieb. Die von den bürger lichen Mitgliedern vorgeschlagene Wahl eines 4. Vize präsidenten wurde mit Mehrheit abgelehnt. Das veran laßte den Kandidaten für diesen Posten, den Bürger lichen Schumann, zu der Erklärung, daß hier 5 Mitgiic- der ihr Ghremvort gebrochen hätten, da sie sich verpflich tet hätten, für die Einrichtung dieses Postens zu stim men. Geheimrat Zieschmann, gleichfalls bürgerliches Mitglied der Kammer, erklärte den Bruch des Ehren wortes für eine Gemeinheit. Dann wurden verschiedene Ausschußivahlen vorgenommen. Verbot der gesamten niederrheinischenGVD-preffe wtb. Essen, 22. November. Die gesamte niederrheinisch« EPD.-Presse ist von Dienstag ab bis einschließlich Sonnabend durch den Ober präsidenten der Rheinprovinz verboten worden. Als Grund des Verbotes wird die Veröffentlichung eines Artikels „Brachts komödienhafte Hauptmann-Ehrung" am 17. No vember angegeben. Von dem Verbot werden die der So zialdemokratischen Partei angehörigen Blätter in Essen, Duisburg, Düsseldorf, Krefeld, Neuß und Wuppertal be troffen. Wetterbericht der Dresdner Wetterwarte Witteruugsaussichten. Meist südliche bis westliche Mnde. Veränderliche Bcw '.'»ung, dabei vorwiegend bedeckt. Zeitweise Niederschläge, Temperatn.en wenig geändert.