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Z-d- Woche erscheint eine Nummer. Lilhographirte Beilagen und in den Tert gedruckte Holzschnitte nach B-dürfniß. — Bestellun gen nehmen alle Buch handlungen, Postäm ter und ZeirungS-Erpedi- zionen Deutschlands und des Auslandes an. — Abonnemcntspreis im XV« Jahr. Eisenbahn-Zeitung. Organ der Vereine deutscher Eisenbahn-Verwaltungen und Eisenbahn-Techniker. 12. März 18S7. Buchhandel 7 Gulden rhei nisch oder 4 Thlr. preuß. Cour, für den Jahrgang. — CinrückungSgebühr für Ankündigungen 2 Sgr. für den Raum einer gespalte. nen Petitzeile. — Adresse: ^Redakzion der Eisenbahn- Zeitung" oder: I. B. Metzle r'schc Buchhand lung in Stuttgart. Ara. LO. Inhalt. Die Werra-Eisenbahn über den Thüringer Wald. — Schweizerische Eisenbahnen. St. Gallen-Appcnzellischc Eisen bahn. — Russische Eisenbahnen. II. Auszug aus den Konzessionsbedingungen für das „erste russische Eisenbahnnetz". — Eisenbahn- Betrieb. Prämien für Entdeckung von Mängeln. — Zeitung. Inland. Württemberg. Ausland. Frankreich, Niederlande. — Personal- Nachrichten. — Verkehr deutscher Eisenbahnen. — Ankündigungen. Die Werra-Eisenbahn über den Thüringer Wald. lvithographirtc Beilage Nr. 2.) Von den Eisenbahnen im Mittlern Deutschland gehört der Theil der Werra bahn von dem Werrathale bei Salzungen über den Thüringer Wald bis zum Hürselthalc bei Eisenach in mehrfacher Hinsicht zu den interessantesten. Daß von der Möglichkeit, den Hochrück des Thüringer Waldes auf eine leichte Weise und mit geringen Kosten, durch die Richtung von Marksuhl nach Gerstungen, zu umgehen, kein Gebrauch gemacht wird, muß jeden, in die Spezialverhältnisse nicht Eingeweihten, höchst befremden. Der Grund hievon ist bis jetzt noch nicht genügend zur Ocffentlichkeit gelangt, und wohl hauptsächlich im leidigen Partikular-Jntereffe zu suchen. Bei den Verhältnissen, wie sie sich nun einmal gestaltet hatten und den in Folge derselben gegebenen Bedingungen, wonach die möglichst beste Linie von der Werra nach dem Hörselthale ermittelt werden sollte, ohne Hessen zu berühren, muß anerkannt werden, daß die gegenwärtig in Ausführung begriffene Linie sehr gut gewählt und tracirt ist. Die Anfangs projcktirte Linie von der Werra bei Salzungen bis Eisenach sollte mit einer größten Steigung wie 1:70 über das Gebirg gehen; hierbei war durch den Gcbirgskamm, unter dem Nennstieg, ein mehrfach gekrümmter Tunnel erforderlich von 3840 rheiu. Fuß Länge mit Steigung von 1 : 70. Die Kosten dieses Tunnels waren berechnet zu 371,474 Thlr., also pro laufende» Fuß zu 99 Thlr.; er sollte mit drei Förderungsschachten von 59, 67 und 154 Fuß Höhe betrieben und so aus dem Felsen herausgesprcngt werden, wie »ach einer Chablvne geschnitten. Allein diese bedeutende Tunnellängc und die Rücksicht auf die weiter zn er ¬ steigende» Wasserscheiden veranlaßten eiue Revision und Veränderung der pro- jeklirten Linie. (Siehe die beiliegende Karte.) Die gegenwärtig in Ausführung begriffene Linie, welche mit Terrainkenntniß, Umsicht und Zweckmäßigkeit projektirt ist, geht unterhalb Salzungen über die Werra, hebt sich mit ziemlich starker Steigung wie 1 :80 den Röhrigsgrund hinauf' bis zur Wasserscheide zwischen RöhrigS- und Moorgrnnd, oberhalb Möhra, dem Geburtsort der Familie Luthers. Sie geht sodann auf der Hoch- stäche vez Moor-, Röhrigs- und Suhlthales fort mit geringen Terrainschwie rigkeiten »iw mäßigen Neigungen, dicht unter Ettenhausen und Burghardrode, und über dem Malcshof hi», zum Bahnhof bei Marksuhl; hebt sich sodann mit geringer Steigung und nicht bedeutenden Ervarbciten über die Wasserscheide nach einem Seitcngrund des Ellenlhalcs bei Förtha. Hier jedoch beginnen die Terrainschwierigkeite» und großartigen Arbeiten. Schon dieses kleine tief eingeschnittene Seitenthälche» macht durch seine starken Windungen drei kollossale Ileberdämmnngen nothwendig, welche so bedeutend werden mußten, um die gewonnene Höhe, kurz vor dem Hauptgebirgsrück, nicht zu verlieren und starke Curve» zu vermeiden. Die Linie zieht sich mit ziemlich großen Curvcn an den Bergwänden des Ellenthalcs hinauf bis ober halb Epichencllcn, wo sie das sehr breite Thal mit einem 86 Fuß hohen Damme und einem Viadukt von 2 Bogen und gleicher Höhe überschreitet, um in einem Seitcngründchen direkt gegen den Kamm des Gebirgs, den sogenannten Rcnnsticg, z» gehen. Die Steigung auf dieser Strecke bis znm Tunnel ist noch ziemlich mäßig, nämlich 1 : 100. Es ist jedoch zur Abkürzung des Tunnels ei» bedeutend langer Einschnitt von 50 bis 60 Fuß größter Tiefe erforderlich. Der Tunnel wird 120 rhein. Ruthen - 1450 Fuß lang und soll mittelst eines Schachtes vo» 4 Angriffspunkten betrieben werden. Von diesen 120 Ruthen liegen H3.7 Ruthen in gerader Linie und 6.3 Ruthen in einer Curve von 150 Ruthe» Radius. Die Ruthe ist zu 1333 Thlr. 10 Sgr- berechnet. Das zu durchfahrende Rothtodtlieqendes, welches rn den ober» Lagen auf c.rca 30 b,s 40 F»ß Tiefe giftet und leicht j» brechen ist; dann j beginnt das feste Gestein, eine durchaus dichte, sehr qnarzrciche Masse, welche schwieriger zu bearbeiten ist als selbst der festeste Granit, die Porphire und Mclaphirc der hiesigen Gegend. Durch diese Masse muß der Tunnel und auch ein großer Theil der beiderseitigen Ausschnitte getrieben werden und möchte vcr- hältuißmäßig nicht nur einer der theuersteu Tunnel Deutschlands werden, sondern auch vcrhältnißmäßig die längste Bauzeit erfordern. Schon mit dem Tunnel beginnt das stärkste Gefälle der Bahn, nämlich 1:47 bis zu dem Bahnhof bei Eisenach. Die Linie zieht sich auf hohen Dämme» und in bedeutenden Einschnitten an den Bergwänden des Waberthales und des Georgenthales herunter bis an die Berge der Wartburg. Hier über schreitet sie das Thal und die Frankfurter Straße, zieht sich an der linkseitigen Bergwand fort, mündet mit einem hohen und sehr bedeutend langen Damme, welcher mit einem Viadukt über die Kasseler Straße, dicht an dem Chauffeehause beim Abgang der Frankfurter Straße, führt, in das Hörselthal, und behält das oben erwähnte stärkste Gefälle bis kurz vor dem, oberhalb Eisenach gelegenen, Bahnhof. Die Schwierigkeiten auf der Strecke zwischen Marksuhl und Eisenach sind ! groß und sehr kostspielig, aber keineswegs größer und bedeutender, als dieselben ! bei vielen andern Bahnen Deutschlands, selbst in Hessen an der Kurfürst- Friedrich-Wilhelms Nordbahn, bereits ausgcsührt sind. Für das reisende Publikum > gibt dieselbe eine durch Naturschönheilen höchst interessante Bahn. Nichts desto weniger erscheint diese Projckzion höchst cigenthümUch, wenn man von dem Punkte des Bahnhofs bei Marksuhl über die schönen Wiesenstächen des weite» und sehr wenig abfallenden Suhlthales hin nach dem nahe gelegenen Berka und Gerstungen sieht. Auch an vielen andern Punkten der Bahnlinie im Werrathale ist mit den Erdarbeiten der Anfang gemacht; ob jedoch die bedeutenden Schwierigkeiten an de» Endpunkten der Bahn die Eröffnung zu der in Aussicht gestellten Zeit mög lich machen, möchte sehr zweifelhaft seyn; und erschiene es deshalb ganz zweck mäßig - wenn das leichter zu vollendende Stuck von Koburg über Hilrbnrgs- hausen, Meiningen, Wasungen, Langensalza bis Marksuhl möglichst rasch vollendet und in Betrieb gesetzt würde. — Schmalkalden im Januar 1857. Reuße. Schweizerische Eisenbahnen. St. Galleii-Appciizcllische Eisenbahn. Der vierte Rechenschaftsbericht des Vcrwaltungsralhs und das Protokoll der Generalversammlung der Akziouärc vom 10. Februar 1857 enthalte« über Bau und Betrieb dieser Bahn Nachstehendes. Bauausführung. Die Eröffnung der Bahn auf ihrer ganzen Länge von Winterthur bis Rorschach hat am 22. Oktober 1856 stattgefnnden. Am 30. März 1853 geschah der erste Spatenstich zu St. Gallen und den 22. Oktober 1856 fuhr die erste Lokomotive aus dem zuletzt vollendeten Bahnstück von St. Gallen bis Rorschach. Auf dieser letzte« Sckzion hat die höchst ungünstige Be schaffenheit des Terrains bedeutende unvorhergesehene Schwierigkeiten veranlaßt, wovon hier nur folgende hervorgehobcn werden. Bei dem großen Damm vom untern Brühl bis St. Jakob hatte die nasse und lehmige Beschaffenheit des Untergrundes die erneuerte Wiederherstellung beziehungsweise die Verdoppelung der Steinböschungen, verbunden mit vielseitigen Pfahleinrammungcn, nothwendig gemacht. Eben so viel oder noch mehr Kosten, Mühe und Geduld nahm die Herstellung und Sicherung des Planums weiter nuten am quelligen Sandbüchel in Anspruch. An mehreren andern Stellen wurde das Auffangcn oder Ab dämmen der alten Wasserläufe mittelst Sickcrdohlen nicht erzielt; letztere kamen