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Zede Woche erscheint eine Nummer. Lithographirte Beilagen und in den Tert gedruckte Holzschnitte nach Bedürfniß. — Bestellun gen nehmen alle Buch handlungen, Postäm ter und Zeirungs-Erpedi- zionen Deutschlands und des Auslandes an. — AbonnementSpreis im Eisenbahn-Zeitung. Organ -er Vereine deutscher Eisenbahn-Verwaltungen und Eisenbahn-Techniker. Buchhandel 7 Gulden rhci- nisch oder 4 Thlr. preuß. Cour, für den Jahrgang. Eiiiriickungsgebühr für Ankündigungen S Sgr. für den Raum einer gcsxalte. ncn Petitzeile. — Abresse: .Redakzion der Eisenbahn. Zeitung" oder: I. B. Metzler'sche Buchhand lung in Stuttgart. XV. Jahr. s Erz I8S7. Uro. s. ZUhllit. Eisenbahnbau. Gitterbrücke über die Thur bei Sindelfingen auf der Schweizerischen Rheinfallbahn. — Oefterrsichische Eisenbahnen. I. Kärnthner Eisenbahn. II. Lombardisch-Venezianische Eisenbahnen. — Unfälle auf Eisenbahnen. Nachweisung der im Solarjahrc 185k auf den im Regiebetriebe stehenden österreichischen Staatseisenbahnen vorgekommenen Beschädigungen von Personen. — Zeitung. Inland. Oesterreich, Sachsen, Großh. Hessen, Preußen. Ausland. Schweiz, Italien. — Verkehr deutscher Eisenbahnen. — Ankündigungen. Eisenbahnbau. Eittcrbrückc über die Thur bei Andclfingcn auf der Schwei zerischen Rheinfallbahn. In den letzten Tagen des Monats Januar 1857 wurde die eiserne Fahr bahn der Thurbrücke bei Sindelfingen, auf der Schweizerischen Nheinfallbahn zwischen Schaffhausen und Winterthur gelegen, vom Ufer her über die Pfeiler geschoben. Die Art und Weise, wie dieses Hinnbcrschiebeu bewerkstelligt wurde, ist unseres Wissens neu und verdient wohl, als eine wesentliche Vereinfachung in der Aufstellung von eisernen Balkenbrücken mit mehreren Ocffnnngcn, allge mein bekannt zu werden. Die Hauptdimensioneu der genannten Brücke sind folgende: 4 Oeffnungen mit 94, 110, 110 und 94 Fuß (Schweizer Maß 1 Fuß — 0.3 Meter) lichter Spannweite. Dicke der Pfeiler unter dem Gesimse 10 Fuß. Höhe der Fahr bahn über dem Mittlern Wasserstand 107, der Pfeiler 94 Fuß. Die Fahrbahn ist für einfache Spur gebaut, hat 2 Gitterwändc von 1!' 4" Höhe und 10' Ent fernung von Mittel zu Mittel. Die Gitterwände habe» die gleiche Koustrukzion wie die der Gitterbrücken auf der Schweizerischen Zcntralbahn, und sind der ganzen Länge nach aus Einem Stücke hergestellt, mit abwechselnden Stößen der 4 Platten in de» Flanschen. Die Fahrbahn ruht mittelst Qucrschwellen oben auf den Gitterbalken; die Querverbindungen, welche von 10 zn 10 Fuß die beiden Gitter verbinden, konnten daher, da sie nichts zu tragen haben, aus Flach- uud Winkclcisen sehr leicht konstruirt werden. Die ganze Fahrbahn, inclusive Schwelten und Schienen, hat bei 448 Fuß Länge ein Gewicht vvtl ungefähr 6000 Zentnern. Die Ausführung und Aufstellung der eiserne» Fahr bahn wurde von den-Herrcn Gebrüder Bcnckiser in Pforzheim übernommen, und in einer auf dem rechten Ufer der Thur in der Höhe der Gitterauflagen er bauten Werkhütte ausgeführt; vo» ihnen rührt auch die angeweudete Methode des Hinüberschiebcus her. Nachdem die Fahrbahn, nämlich die beiden Gitter sammt Querverbindun gen, jedoch ohtie Schwellen und Schienen, am Ufer vollständig ausgestellt war, wurde sie auf Walzen (nach unten stehender Zeichnung) gelegt und, ohne daß irgend ein Gerüst zwischen den Pfeilern zu errichten war, an Ort und Stelle gebracht. Die Walzen waren von Schmicdeisen, hatten 4'/^, Zoll in, Durchmesser und ruhteu mit Zapfen von 3 Zoll Durchmesser und 3 Zoll Länge in guß eisernen Lager,, Auf den Walzen lag die untere Flansche des Gitters mit dem stachen Theil auf, si,dem für die Nietenköpfe Rinnen von entsprechender Tiefe eingedreht Ware». Die ganze Fahrbahn wurde auf 8 solche Walzen, je 2 ein ander gegenüber, gelegt. Die einfachste Methode wäre nun freilich gewesen, das Gitter am vorder» Ende zu fassen und entweder mit Pferden oder mittelst Winden hinübcrzuziehen; es wurde jedoch befürchtet, daß die bedeutende Last, bei der großen Höhe der Pfeiler, einen dem Mauerwerk nachtheiligen Schub auf die Pfeiler ausüben möchte. Um dieß zn verhindern, wurde nicht au den Gittern gezogen, sondern jewxilen die sänrmtlichen Walzen, auf welchen jene ruhten, gleichzeitig gedreht. Die Walzen hatten nämlich am einen Ende einen viereckigen Zapfen, an welchem ein Schlüssel mit 10 Fuß langem eisernem Hebel befestigt wurde, und an jedem dieser 8 Hebel standen 4 Mann, welche, außerhalb der Fahrbahn stehend und auf Kommando zusammenarbeitend, die Brücke vorwärts bewegten. Es ist ein leuchtend, daß auf diese Weise, da die Fahrbahn an allen Auflagepuukteu gleich zeitig und gleichmäßig fortbewegt wurde, kein Schub auf die Pfeiler ansgeübt werde» konnte. So wie das vordere Ende der Brücke auf einen Pfeiler ge langte, wurden auch hier wieder Walzen untergelegt und auch diese mittelst gleicher Hebel getrieben. Die Manipulazion wird wesentlich erleichtert und be schleunigt, wenn die Hebel, statt bloß'mit einem viereckigen Schlüssel, mit Sperr rad und Sperrkcgcl, ähnlich wie das unter dem Namen Bohrrätsche bekannte Schlofferwerkzeug, versehen werden, indem dann das jedesmalige Ausrücken und Wiederanstecken des Hebels an die Walze wegfällt; diese Vorrichtung war an mehreren dieser Hebel angebracht und entsprach dem Zwecke vollkommen. Die Fortbewegung der Fahrbahn ging ans diese Weise mit etwa 30 Mann ohne be sondere Anstrengung und mit überraschender Leichtigkeit von Statten, ohne merk bare Vibrazion; die Bewegung bei jedem Schube betrug ungefähr 2 Zoll, und es wurden zum Hiuüberschieben der Brücke über sämmtliche Oeffnungen 4 Tage, je ein Tag für jede Oeffuung, erfordert. Es braucht wohl kaum bemerkt zu werden, welcher Vortheil in ökonomischer Beziehung diese Methode der Aufstellung, namenttich bei bedeutender Höhe der Pfeiler, gewährt, da alle Kosten für Gerüste wegfallen; zugleich bildet das Hin- überschjeben für denjenigen Theil der Brücke, welcher einige Zeit frei über die größte verkommende Spannung (im vorliegenden Fall 110') hinausragt, eine sehr kräftige Belastungsprobe. Es muß jedoch in dieser Beziehung bemerkt werden, daß, eben wegen dieser starke» Biegung des frei vorgeschobenen Theils der Brücke, eine gewisse Grenze der Spannweiten nicht überschritten werden darf, da sonst das betreffende Ende der Brücke durch Ilcberschreitnug der Elasti zitätsgrenze leiden könnte. Diese Grenze der Spannweiten möchte auch im vor liegenden Fall bei den mittleren Oeffnungen von 110 Fuß nahezu erreicht wor den sehn. Bekanntlich wird ein nur an Einem Ende sestgehaltener, gleich mäßig belasteter Balken kmal so stark auf Biegung in Anspruch genommen, als ein an beiden Enden festgehaltcner (eingemauerter) bei gleicher Länge uud gleicher Belastung pro Längeneinheit; als ein Balken letzterer Art können, bei Ucberspannung mehrerer Oeffnungen durch einen zusammenhängenden Brücken balken, die Theile des Balkens über den mittleren Oeffnungen angesehen werden. Es beträgt nun das Giserigewicht der Andelfingcr Brücke, ohne Schwellen »nd Schienen, ungefähr 10 Zentner pro laufenden Fuß, die größte zufällige Be lastung höchstens 20 Zentner pro laufenden Fuß; cs geht daraus hervor, daß die mittleren Oeffnungen der fertigen Brücke, wenn sie die größte zufällige Be lastung von 20 Ztr. pro laufenden Fuß zu tragen haben, nur halb so stark auf Biegung beansprucht werden, als der über die Oeffuung von 110 Fuß frei tragende Theil der Brücke beim Hiuüberschieben durch sein eigenes Gewicht cs war. *) Die gleichen Unternehmer haben die Gitterbrücke über die Emme bei Deren dingen (in der Nähe von Solothnrn) auf der Schweizerischen Zcntralbahn, mit *) Bezeichnet I die freie Länge des ersten und die freie Spannweite des zweiten Balkens, p und x, die Belastung derselben pro Längeneinheit, so wird das Moment der Biegung im ersten Fall ausgedrückt durch "" zweiten durch Da niin nach Obigem x — 10 Ztr., — 10 -s- 20 — 30 Ztr., 12 so folgt daß - 2