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Dass hierbei die Waare selbst, trotz dieses günstigen Rauheffektes, sehr schonend be handelt wird und dass ferner nur ein sehr geringer Gewichtsabgang sich ergiebt, resultirt aus der eigenartigen, genau regulirbaren Wirkung der Rauhwalzen, deren Kratzenzähne die Gewebsfasern und Haare überall gleich mässig und in der gewünschten Länge aus dem Stoffe herausheben, nicht jedoch, wie bei anderen Rauhmaschinen in unbestimmter Länge herausrauhen — ziehen oder — reissen. Endlich ist noch die sehr sinnreich con- struirte Ausputzvorrichtung zu erwähnen, welche, ausserhalb des Tambours angebracht, das Ausputzen der Rauhwalzenserien, deren Zähne nach verschiedenen Richtungen stehen, sicher und continuirlich während des Be triebes besorgt. Unsere Abbildung zeigt die neue Rauh maschine in so getreuer und anschaulicher Wiedergabe,' dass die Construction jedem Fachmanne ohne Weiteres verständlich sein wird und er sich an der Hand unserer kurzen Mittheilungen recht wohl ein Urtheil über die grossen, von der Maschine gebotenen Vor theile zu bilden vermag. Die uns zugekommenen Berichte aus Fach kreisen lauten in der That sehr günstig für die neue Maschine und die verschiedenen uns vorliegenden Rauhproben werden durch ihr vollkommenes Aussehen gewiss jeden Sach verständigen befriedigen. E. A. H. S-timixiezx cler Fra:sis- (Diese Rubiik, für deren Inhalt die Redaktion eine Verantwortlichkeit nicht übernimmt, ist zur Discussion fachwissenschaftlicher Fragen bestimmt und werden die hier abg'edruckten Einsendungen auf Wunsch gern honorirt. Die Redaktion.) Trocknen der Wolle vor dem Verspinnen. (Antwort auf Frage 311 in No. 8, Jahrg. 1891: „In meiner Spinnerei werden die zu verarbeitenden Wollen nicht getrocknet, sondern nur gut ausgeschleudert. Würden sich durch das vorherige Trocknen wesentliche Vortheile in Bezug auf leichtere Verspinnbarkeit erzielen lassen?“) I. Dem Fachmann wird die Behandlung des Woll materials in der angegebenen Weise bedenklich er scheinen, da solche in dieser Form wohl zu den Selten heiten gehört. Hauptzweck der Spinnerei ist doch, ein egales Gespiunst zu erzielen und dieser Zweck kann, abgesehen von den sonstigen Uebelständen, welche das Verfahren des Fragestellers mit sich bringt, nur erreicht werden, wenn der Techniker es in der Hand hat, auf ein bestimmtes Quantum in trockenem Zustand befindlicher Wolle auch ein bestimmtes Quan tum Wasser dem Oel zuzusetzen. Die Erfahrung ist die beste Lehrmeisterin, das dürfte auch auf dem Ge biete des Wollfettens gelten. Wohl Mancher hat schon Versuche nach eigener Meinung angestellt und ist wieder zu der gebräuchlichen Methode zurückgekehrt; überhaupt sollte man die Errungenschaften und altbewährten Methoden auch auf diesem Gebiet fest halten und dahin gehört in erster Linie: Die Wolle erst trocknen und in diesem Zustande mit den be- nöthigten Fettmitteln versehen. Genaue Regeln zum Einfetten der getrockneten Wolle lassen sich freilich nicht aufstellen, da hierbei die Beschaffenheit des Fett mittels, sowie der zu fettenden Wolle in Betracht ge zogen werden müssen. Für feinere Farben und Me langen wird zum Einfetten mit Vorliebe Olivenöl ge-' nommen, am meisten jedoch dürfte Olein zur Ver wendung kommen, und zwar hauptsächlich aus dem Grunde, weil Olein mit Salmiakgeist leicht eine Seife bildet, die ein leichtes Auswaschen der Garne und Stoffe ermöglicht. Wenn letzteres Fettmittel gut, d. h. möglichst säurefrei ist, so dürfte als Anhalt für die Ein fettung folgende Vorschrift gelten: Auf eine gut getrock nete Wolle, die der Spinnfähigkeit von ca. 18000 m. p. Kg. entspricht, rechnetman 12% Olein und das doppelte Quan tum heisses Wasser unter Zugabe von soviel Salmiakgeist, als die innige Verbindung der beiden Flüssigkeiten er fordert. Die Verbindung erzielt man durch längeres Durchrühren mittelst eines Reiserbesens und muss die vermischte Masse auch sofort zur Verwendung kommen. Nimmt man dieses Recept als Anhalt, so fällt es dem Fachmann nicht schwer, bei geringeren Wollen, die etwas weniger, bei feineren, die etwas mehr Fett be anspruchen, das benöthigte Quantum zu bestimmen, zugleich unter Rücksichtnahme auf die Farben, die Zusätze von schon eingefetteten Beimischungen etc. Nimmt man nun an, und auch darüber sind die Fach leute so ziemlich einig, dass bei solcher Einfettung das Verarbeiten des Wollmaterials auf den Krempel maschinen am besten vor sich geht, dass ferner diese Fettung auf die Dehnbarkeit des Garnes für die Fein spinnerei von bestem Einfluss ist, und dass ferner — was sehr wesentlich — die Kratzen der Krempel maschinen dabei am wenigsten in Mitleidenschaft ge zogen werden, so kann die Behandlungsweise des Fragestellers, „die Wolle in nassem Zustande zur Spinnerei zu geben“, nicht räthlich erscheinen, da auch eine gut ausgeschleuderte Wolle immer noch zu viel Wasser enthält. Dies Zuviel des Wassers muss aber, da dasselbe mit dem benöthigten Oel keine Verbindung eingehen kann, auf unsere heutigen Stoff-Filzkratzen schädigend wirken. Und wer bürgt dafür, dass der Procentsatz Wasser bei einer Schwinge Wolle derselbe ist, wie bei der andern? Von dem gleichen Procent satz Wasser durch die ganze Partie hängt aber der Ausfall des Gespinnstes ab, da die Abwiegungen bei ■den Krempelmaschinen stets gleich sind. Die in der Frage erwähnte Methode könnte übrigens auch nur in Spinnereien, wo ausschliesslich Weiss oder Unifarben verarbeitet werden, zur Anwendung gelangen. Betreffs der Dehnbarkeit des Fadens in ver schiedenem Zustande veröffentlichen die Herren Reiser und Spennrath in ihrem Handbuch der Weberei höchst interessante Versuche, die hier Platz finden mögen, da sie zum Verständniss der verschiedenen Fettungs mittel beitragen. Die Versuche wurden angestellt mit einfachem Wollgarn von 18000 m. p. Kg. Jedesmalige 10 Versuche mittelst eines eigens construirten Dehn apparates ergaben nachstehende Durchschnittsresultate: 1. ein Faden in trockenem Zustande von 10 cm Länge bei ursprünglicher Fadenspannung von 5 g dehnte sich bis zum Bruch um . 13,15 mm 2. ein Faden, mit Wasserangefeuchtet,dehnte sich unter sonst gleichen Versuchsver- hältnissen um 42,8 „ 3. ein mit Mineralöl eingefetteter Faden desgleichen um 14,95 „ 4. ein mit Rüböl eingefetteter Faden des ¬ gleichen um 16,95 „ 5. ein mit Olivenöl eingefetteter Faden des ¬ gleichen um 16,25 „ 6. ein mit Olein eingefetteter Faden des ¬ gleichen um 15,35 „ 7. ein mit Wollschmelze eingefetteter Faden desgleichen um 44,25 „ 8. ein mit Seifenwasser eingefetteter Faden desgleichen um 44,10 „ Das günstigste Resultat wurde nach diesen Ver suchen mit der 7. Probe erzielt und ist auch der Praxis entsprechend. Die Wollschmelze bestand in diesem Falle aus einem Gemisch von Oel und Seifenwasser. R. II. Es fällt schwer, beim Durchlesen obiger Frage ernsthaft zu bleiben, und fast ist man versucht, an einen, zur unrechten Zeit ans Tageslicht beförderten Fastnachtsscherz zu glauben. Wenn der geehrte Herr Fragesteller eine, für seinen speciellen Fall in jeder Weise richtige und schnelle Antwort wünschte, so war doch die Anwendung des alten Sprichwortes: „Probiren geht über Studiren“, der sicherste und kürzeste Weg zur endgültigen Entschei dung der Frage. Es wäre doch wahrlich gar kein so grossartiges Unternehmen gewesen, von einer grösseren Partie Wolle die eine Hälfte gut ausgeschleudert und die andere vorher getrocknet zu verarbeiten. Zu ent scheiden, welche Art der Verarbeitung die rationellste, würde dem Herrn Fragesteller dann jedenfalls leicht geworden sein. Im Grossen und Ganzen dürfte derselbe wohl nur wenig Anhänger seiner Methode finden, denn das von der Wäsche erweichte Wollhaar vermag dem Angriff der Kratzenzähne weniger Widerstand zu leisten, reisst leicht und arbeitet sich in Folge dessen kürzer. Ist die Wolle in der Wäsche nicht tadellos ausgefallen, so ist dies noch weit schlimmer, denn dann giebt es verschmierte Beschläge, öfteres Putzen und folglich I Materialverlust durch vermehrten Ausputz. Handelt es sich aber um die Verarbeitung von Farbeuwollen, so treten alle vorerwähnten Uebelstände noch viel schlimmer auf. Wie manche Partie bringt trotz sorgfältigsten Spülens noch ein reichlich Theil Farbstaub mit in die Spinnerei? Wird nun die Wolle nicht getrocknet, kann sie auch nicht entstaubt werden. Der anhängende Farb stoff verbindet sich mit der Schmelze und verschmiert die Beschläge, während die Wolle ungenügend gefettet durch die Maschinen geht, schlechtes Rendement und unschönes, oft auch unhaltbares Garn liefert. Man könnte nun vielleicht einwenden: Wozu soll ich die Wolle trocknen? Sobald dieselbe in die Spinnerei kommt, witd ihr doch wieder Wasser zugesetzt , also ist die zum Trocknen verwendete Wärme ganz zwecklos verschwendet. Bei oberflächlicher Betrachtung mag dies wohl auch so scheinen; aber auch nur scheinen. Bei genauer Be obachtung des Krempelprocesses wird aber Niemand den bedeutenden Unterschied verkennen, welcher zwischen vom Färb- oder Waschbad durchweichter und nur be hufs besserer Verspinnbarkeit mit Wasser und Oel oberflächlich angefeuchteter Wolle besteht. In der Färb- oder Waschflotte hat sich das Wollhaar eben bis in seine feinsten Theile vollgesogen und ist dadurch förmlich aufgeweicht, während der zum Einfetten ver wendete Procentsatz Oel und Wasser doch nur hinreicht, das Wollhaar äusserlich zu befeuchten und dadurch geschmeidiger zu machen. R. Schuster. Der Export nach den Vereinigten Staaten im I. bis 3. Quartal 1891. Der Reichscommissär für die Weltausstellung in Chicago, Herr Geh. Regierungsrath Wermuth, erstattete kürzlich im Verein zur Beförderung des Gewerbefleisses zu Berlin Bericht über die Erfolge seiner letzten Reise nach Amerika. Auf einen Einwurf des Herrn Prof. Vogel über die Einwirkungen der Mc. Kinley-Bül constatirte der Reichscommissär, dass im Allgemeinen die Einfuhr Amerikas auch in den 9 Monaten seit Er lass der Bill zugenommen; auch die Einfuhr aus Deutsch land sei gestiegen im Vergleich zu der des Jahres 1889, nicht aber zu der des Jahres 1890. Das liege aber daran, dass das Zuströmen der Güter unmittel bar vor dem Inkrafttreten der Bill naturgemäss ein sehr starkes war. In Folge dessen seien auch jetzt die Lager überfüllt und daraus erklärt sich namentlich der Rückgang in der Textilbranche. — Wir haben seit Inkrafttreten der Bill den Export der wichtigsten Textiiwaaren aus dem amtlichen Material in vierteljährlichen Nachweisungen zur Darstellung gebracht und müssen auf Grund derselben die Aus führungen des Herrn Reichscommissars als auf die Textilbranche nicht ganz zutreffend bezeichnen; denn, wie nachstehende Tabelle ergiebt, ist der Export im