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Kreise oder S die Schußfäden andeuten. Wir sehen, daß hier nach je 3 Einschlagfäden eine Gesamtkreuzung aller Kettenfäden stattfin det, also an dieser Stelle eine wirkliche Tuch bindung eintritt, wie Fig. 10 sie darstellt. In diesem Falle ist aber die Kreuzung viel stärker, da wir zu der Bindung (Fig. 12) einer wesentlich größeren Anzahl Ketten fäden bedürfen, damit die Ware auf der Oberseite den nötigen Schluß erhält. Je dichter aber eine Kette eingestellt ist. desto schwieriger wird der Stoff, wie vorhin aus geführt Wurde, sich einwalken lassen, und eine Ware, nach Fig. 12 bei normaler Ein stellung gewoben, wird in der Quere nur wenig eingehen können, während sie in der Kettenrichtung viel leichter eingeht, da in dieser ja nur 1 / 3 soviel Kreuzungen liegen. Es muß deshalb bei Einstellung einer solchen Ware die verschiedene Walkmöglichkeit in Rechnung gezogen und dafür gesorgt werden, daß die Kette nicht zu breit auf den Web stuhl gestellt wird, da die Ware sonst leicht zu breit, also über das ev. vorgeschriebene Walkmaß, nach der Appretur ausfallen Würde. Fig. 12. Die angeführten Versuche Ditzeis be weisen, daß ein Walken resp. Eingehen der Ware nur möglich ist, wenn die Haare in entgegengesetzter- Richtung zusammenliegen. Wie viel Haare nun im Faden diese ent gegengesetzte Lage haben,. entzieht sich jeder auch nur annähernden Berechnung; denn wenn man auch an mehreren Stellen des Fadens die Faserlagerung feststellen wollte, so würde es doch gewagt sein, daraus einen Schluß auf das Ganze zu machen, da die Lagerung nur ein Spiel des Zufalles ist. Oft wird behauptet, beim Nichtkreuzen der Matelas oder Decke von der ersten zur zweiten Krempel würden mehr als die doppelte Anzahl Fasern in gerader Lage im Flor zu liegen kommen, als wenn man eine Deckenkreuzung an der genannten Stelle vor nimmt*). Die Glätte des Fadens gewinnt allerdings, wenn nicht gekreuzt wird, aber größere Gleichmäßigkeit erzielt man durch Kreuzung. Andererseits werden aber auch durch das Kreuzen manche Fasern infolge des vollständigen Quereintretens der Decken in die zweite Maschine zerrissen, was allerdings bei den heutigen neuartigen Krempelspei sungen vermieden wird. Der hauptsächlichste Eingang und die Verschiebung der Faser findet wohl im Faden selbst statt, weil nur im Faden selbst der meiste Widerstand gegen das Zurückgehen der Faser zu suchen ist und hier auch die meisten Möglichkeiten für das Ineinandergreifen vor handen sind. Nehmen wir an, ein Woll haar habe 75 mm Länge und pro cm 85 Schup pen, so ergibt das für eine Längslinie 7,5X85= 637,5 Widerstandsstellen. Da die Haare in der Regel in einem und demselben Faden von gleicher Dicke sind und kreis förmigen Querschnitt haben, können sich um *) Über Faserlage in dem aus der 2. Maschine austretenden Flore haben wir interessante Ver suche gemacht. Der Flor wurde, so wie er aus der Maschine heraustritt, wesentlich vergrößert aufgenominen. Die Aufnahmen sind in dem neuen Werke „Das Spinnen und die Vorbereitung der Garne" von N. Reiser, 2. Aufl., niedergelegt. jedes Haar bei streng geometrischer- Anord nung sechs andere nachbarliche anlchnen und ev. mit ihm verketten. Wenn nun von diesen sechs nur zwei entgegengesetzte Richtung haben, so ergibt das immerhin eine große Anzahl von Verbindungsmöglichkeiten. Nun hängen die sechs auswärts gelagerten Haare aber auch wieder mit andern, sic umgeben den zusammen, sodaß auf diese Art jede Faser eine Schiebung, sei es nach der einen oder andern Seite hin, eingehen kann. Sollte auch das eine oder andere Haar fürs erste auf einen Bruchteil seiner Ausdehnung sich nicht in richtiger, walkfähiger Lage zu seinem Nachbaihaare befinden, so ist ja nicht aus geschlossen, daß ein 3tes oder 4tes günstiger gelagert ist oder durch Bewegung in eine bessere Lage hineinkommt. Es ist zu be denken, daß die Faserwanderung nicht immer in der Richtung des Warenstückes vor sich geht, sondern daß die Fasern nach jeder Richtung je nach ihrer Schuppenlage sieh verschieben*). und nach heraustreten und doch nicht in die Nachbarfäden einwandern, sondern in den Mutterfaden zurücktreten, wird uns durch Fig. 13 gezeigt. Wir sehen hier eine größere Anzahl von Fasern in ganz gekrümmter Lage, welche also hervorstanden oder weiter herausgetreten sind, die wieder nach dem Ausgangsfaden zurückkehren. An mehreren dieser Fasern wurden mit einem Noppeisen unter einer starken Lupe Zich-Versuche an gestellt und gefunden, daß sie auf beiden Seiten im Faden festsaßen. Figur 13 ver anschaulicht einen Kettenfaden. Wenn wir uns nun die Verschlingungen dieses einzelnen Fadens betrachten und uns diejenigen des Nachbarkettenfadens, sowie der quer gelager ten Schußfäden denken, so wird uns wohl ohne viele Worte klar, welches Fasergemenge sich in einem stark gewalkten wollenen Stoff bilden kann. Aus vorstehendem ergibt sich, daß bei einem gewöhnlichen Gewebe nur die in den Fäden eingeschlossenen Fasern durch ihre Fig. 13. Bruchteil eines aus einem festgewalkten Stoff herausgezogenen Kettenfadens. Es kommt selbstverständlich auch oft vor, daß Haarenden nach auswärts stehen und dann in benachbarte Fäden eindringen und sich durch Anfilzen verbinden. Dieses Filzen resp. Einwandern und Verschlingen von Haa ren mit benachbarten Fäden kann jedoch doch wohl nie auf einen Wareneingang merk bar einwirken, sondern nur auf den sich bildenden Filz und auf ein Gesamtgefüge. Einen guten Beweis für diese Ansicht finden wir z. B. bei einer sogenannten Tirtey-Ware, zu welcher baumwollene Kette und wollener Einschlag verwandt wird. Wir können diese Ware bis zu 33 und noch mehr Prozent in der Querrichtung einwalken, ohne daß die baumwollene Kette, (da Baumwolle schup penlos ist und nicht einwalken kann) ein geht. Würde nun ein Einschlagfaden ver mittels der vorstehenden Faserenden durch Anwalken einen Zug auf die nebcnliegenden resp. parallel gelagerten Fäden ausüben, so müßte doch die Ware wenigstens etwas in der Längsrichtung eingehen, was jedoch nicht der Fall ist. Daß aber auch Massen von Fasern, welche aus einem Faden hervorstehen, ev. nach *) Siehe: Reiser. Die Rohstoffe und ihre V erarbeitung. Verschiebung an dem Eingehen des Stoffes Anteil haben. Unmöglich aber werden die hervortretenden Spitzen so starke Angriffs kraft besitzen, daß dadurch ein Warenein gang (nicht zu verwechseln mit Filzen) er reicht wird, es sei denn, daß die Fäden aus nahmsweise so lose gedreht sind, daß schließ lich ein Einwandern in Masse aus einem in den andern Faden möglich wird. Bei einem fadenlosen Filz handelt es sich um willkür lich gelagerte Fasern und hierbei gestaltet sich die Sachlage ganz anders. Dort sind die Fasern zu Anfang der Arbeit gar nicht gehemmt und sie können entsprechend ihrer Wurzellagerung nach allen Richtungen, nach oben, unten, rechts, links, sowie in jeder schrägen Richtung frei wandern. Gemäß der zu Fig. 10 aufgestellten Be rechnung, hat das angezogene Wollhaar von einer Fadenbiegung bis zur anderen 6 Schup pen. Soll nun diese Ware 33 Proz. eingehen, so braucht nur eine Verschiebung von 2 Schuppenlängen, also von 0,235 mm für jede Faser stattzufinden, und man könnte leicht zu der Annahme kommen, daß unmöglich ein Zeitraum von 4, 6 und sogar bis 12 Stunden erforderlich sein könnte, damit eine Faser die minimale Strecke von zwei Schuppenlängen wandere. Wenn diese Faser in dem Gewebe 50