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Eine wertvolle Ergänzung des wirtschaftlichen Teiles bilden unsere jeden Mittwoch zur Ausgabe gelangenden Wochenberichte und unsere vierteljährlich erscheinenden Spezial-Nummern. Erstere enthalten u. a. regelmäßig ausführliche Berichte über die Geschäftslage der verschiedenen Zweige der Textil industrie sowie über die .Rohstoff- und Warenmärkte des In- und Auslandes; außerdem bringen wir in den Wochenberichten auch all’ diejenigen aktu ellen Handelsnachrichten (wie Neu-Etablierungen, Konkurse, Geschäftsveränderungen, Submissionen etc.), deren schnellmöglichste Veröffent lichung im Interesse unserer Leser geboten ist. — Unsere Spezial-Nummern sind in erster Reihe dem Welthandel der Textilindustrie gewidmet und enthalten in übersichtlicher Anordnung Berichte und Mitteilungen über den Textilwaren-Außenhandel der gesamten Welt, über Zollwesen, Export u. dergl. mehr. Streik- und Jetriebsstörungsklausel für die deutsche Textilindustrie und ihre Abnehmer. In den Kreisen der deutschen Textilindustrie, des Textilhandels und der Konfektion hat sich immer mehr das Bedürfnis geltend gemacht, für den Fall von Streiks, Aussperrungen und überhaupt von Be triebsstörungen sich durch einheitliche Bestimmungen hinsichtlich der Folgen etwaiger dadurch herbeige führter Verzögerungen in der Lieferung und in der Abnahme der Waren zu decken. Seit mehr als l r / a Jahren beschäftigen sich deshalb die Vertreter der beteiligten Kreise in mehreren allgemeinen Sitzungen und einer ganzen Anzahl von Kommissionsberatun gen damit, diese schwierige Frage eingehend zu er örtern und die gegenseitigen Interessen abzugrenzen. Diese langwierigen Verhandlungen und Erörterungen sind nunmehr durch die Aufstellung der nachstehend wiedergegebenen Bestimmungen zum Abschlüsse ge langt. Wenn auch die Annahme dieser Normalbe stimmungen in dem Ermessen der in Frage kom menden Textilvereine „und Einzelfirmen steht, so berechtigen doch die Übereinstimmung, die in den Versammlungen und Kommissionen über diese Be stimmungen erzielt worden ist, und die persönliche Unterstützung, welche maßgebende Vertreter aus der Fabrikation, der Konfektion und dem Handel dieser Angelegenheit zugesagt haben, zu der Über zeugung, daß die vorliegenden Bestimmungen die weitestgehende Verbreitung in der deutschen Textilindustrie und den mit ihr in Geschäftsverbindung steh en den Handels kreisen finden werden. Es ist im höchsten Grade erfreulich, daß es nunmehr gelungen ist, Industrie und Handel in dieser wichtigen Frage zusammenzuführen und wir zweifeln nicht, daß die erzielte Einigung nicht unwesentlich dazu bei tragen wird, der Fabrikation und dem Handel in der Textilindustrie die Stetigkeit zu erhalten, die im Interesse aller Beteiligten und im Interesse einer gesunden Erhaltung des gesamten Gewerbes * * * Wir lassen nachstehend die uns von der Haupt stelle deutscherArbeitgeb er verbände in dieser Angelegenheit zugegangenen Mitteilungen flogen: Die zur Aufstellung einer gemeinsamen Streik- und Betriebstörungsklausel für die deutsche Textilindustrie und ihre Abnehmer kreise eingesetzten Kommissionen haben die hier unter veröffentlichte „ständige V ereinbarung über das Verhalten der Lieferer und Abnehmer im Falle von Ausständen, Aus sperrungen und von Betriebsstörungen in folge höherer Gewalt“ genehmigt und emp fehlen diese allen beteiligten Vereinigungen und Verbänden der Textilindustrie sowie den Einzel firmen zur Annahme. Der Abschnitt I soll die Rechtsverhältnisse der Fabrikanten in der Textil industrie unter einander, soweit sie als Lieferer und Abnehmer in Frage kommen, der Abschnitt H die Rechtsverhältnisse zwischen den Fa brikanten und den dem Handel oder der Kon fektion angehörigen Abnehmern regeln. — Gleich zeitig bringen wir die von den beiden Kom missionen angenommene Schiedsgerichtsord- uung zur allgemeinen Kenntnis. — Wir emp fehlen, in die Schlußscheine und Ver träge die folgende Bestimmung aufzunehmen: „Für den Fall, daß durch einen Ar beiterausstand, eine Aussperrung oder eine Betriebsstörung, soweit letztere auf höherer Gewalt (§ 275 des B. G.-B.) beruht, die vertragsmäßige Lieferung oder Abnahme der der Ware ganz oder zum Teil unmöglich ge macht wird, gelten die Vorschriften der von der llauptstelle Deutscher Arbeitgeber-Ver bände im Deutschen Reichsanzeiger vom 25. September 1907.Nummer 229 veröffentlichten „ständigen Vereinbarung über das Verhalten der Lieferer und Abnehmer im Falle von A u s s t ä n d e n, Aus sperrungen und von Betriebs störungen infolge höherer Ge walt“ sowie die ebendaselbst veröffentlichte Schiedsgerichtsordnung.“ Berlin, den 25. September 1907. H au ptstelleDeutscher Arbeitgeberverbände. Der Vorsitzende: Der Geschäftsführer. R. Vopelius. H. A. Bueck. Ständige Vereinbarung über das Verhalten der Lieferer und Ab nehmer im Falle von Ausständen, Aussper rungen und von Betriebsstörungen infolge höherer Gewalt. I. Betrifft die Fälle, in denen als Lieferer und Abnehmer nur Fabrikanten der Textil industrie in Frage kommen. 1. 1. Arbeiterausstände, Aussperrungen und Be triebsstörungen, soweit letztere auf höherer Ge- I walt (§ 275 des B. G.-B.) beruhen, berechtigen den davon Betroffenen, seine Verpflichtung zur Lieferung oder Abnahme hinauszuschieben und zwar um die Zeit der Störung des Betriebes und hinsichtlich des Quantums, dessen Lieferung oder Abnahme durch die Störung unmöglich gemacht wird. Bei laufenden Verträgen wird demgemäß die Zeit für die Lieferung oder Abnahme jeder einzelnen Rate entsprechend verschoben. 2. Inwieweit Streiks oder Aussperrungen in dritten Betrieben zur Hinausschiebung oder Auf hebung der Lieferung und der Abnahme be rechtigen, entscheidet im Zweifelsfalle das Schiedsgericht. 2. 1. Macht der von der Störung seines Be triebes Betroffene von dem Recht der Hinaus schiebung dem andern Vertragsteil gegenüber Gebrauch und verschiebt sich infolgedessen die Lieferungs- oder Abnahmefrist um mehr als drei Wochen, so haben beide Teile nach Ab lauf dieser Frist das Recht, von dem Vertrag hinsichtlich der Lieferung oder dem Vertrag hinsichtlich der Lieferung oder Abnahme des durch die Störung des Betriebes ausgefallenen bezw. noch ausfallenden Quantums zurückzutreten. Derjenige Teil, der von diesem Recht Gebrauch macht, ist jedoch verpflichtet, von dieser seiner Absicht, vom Vertrag zurück zutreten, dem andern Teil spätestens bei Ab lauf der Frist Anzeige zu machen. Den Parteien bleibt es Vorbehalten, anstatt der dreiwöchigen Frist eine andre Frist durch ausdrückliche Ver einbarung festzusetzen. 2. Erfolgt innerhalb der festgesetzten Frist die oben vorgesehene Anzeige von keinem der hierzu Berechtigten, so bleibt der Vertrag auch bezüglich des infolge der Störung des Betriebes ausgefallenen Quantums zu Recht bestellen mit der Maßgabe, daß gemäß Punkt 1 die Lieferung oder die Abnahme desselben um die Zeitdauer der Störung des Betriebes hinausgeschoben wird. 3. Beide Teile sind hinsichtlich der An sprüche aus dieser Vereinbarung von der Ver pflichtung zum Schadenersatz befreit. 3. 1. Sofern über die vorstehenden Bestimm ungen, deren Voraussetzungen und Auslegung, insbesondere auch darüber, in welchem Falle höhere Gewalt vorliegt, Streitigkeiten zwischen den Parteien entstehen, entscheidet auf Anrufen eines Teiles ein Schiedsgericht, dessen Ent scheidung unter Ausschluß des Rechtsweges für beide Teile bindend und endgültig ist. . 2. Das Schiedsgericht besteht aus fünf Mit ¬ gliedern. Hiervon werden je zwei von dem Ver bände ernannt, dem die betreffende Partei an gehört oder den sie für den vorliegenden Streit fall 'für sich als zuständig bezeichnet. Der Vorsitzende des Schiedsgerichts ist der stellver tretende Geschäftsführer der Hauptstelle Deut scher Arbeitgeberverbände, Regierungsrat a. D., Professor Dr. Leidig in Berlin. 3. Hat der Arbeitgeberverband, dem der von der Störung des Betriebes Betroffene angehört, den Streik für unberechtigt oder die Aussperrung für berechtigt anerkannt, so ist dessen Ent scheidung hierüber für das Schiedsgericht bindend. Die Kommission: von Becker a t h - K r e - feld, Fabrikbesitzer; Dierig-Oberl angen- bielau, Kommerzienrat; Haasemann-Bremen, Direktor der Jutespinnerei und -Weberei; Mar- witz-Dresden, Kommerzienrat; Eduard Meyer-Aachen, Fabrikbesitzer; Emil Nusch- Greiz, Iäbrikbesitzer; Max Pinkus-Neustadt i. Schl. Fabrikbesitzer; Probst-Im'menstadt Kommerzienrat; Schlum be.r ger - Mü 1 h au sen i. E., Geh. Kommerzienrat; Semi i n ge r- Bamb er g, Kommerzienrat ; Tiem ann-Bielefeld, 1 lirektor der Ravensberger Spinnerei, Tröger-PI au en, Fabrikbesitzer; Vogel-Chemnitz, Geh. Kom merzienrat; Wiede-Chemnitz, Kommerzienrat. II. Betrifft die Fälle, in denen Fabrikanten als Lieferer und dem Handel oder der Kon fektion Angehörige als Abnehmer in Frage kommen. 1. 1. A.rbeiterausstände, Aussperrungen und Be triebsstörungen, soweit, letztere auf höherer Ge walt (§ 275 des B. G.-B.) beruhen, berechtigen den davon Betroffenen, seine Verpflichtung zur Lieferung oder Abnahme hinauszusehieben, und zwar um die Zeit der Störung des Betriebes und hinsichtlich des Quantums, dessen Lieferung oder Abnahme durch die Störung unmöglich gemacht wird. Bei laufenden Verträgen wird demgemäß die Zeit für die Lieferung oder Abnahme jeder einzelnen Rate entsprechend verschoben. 2. Inwieweit Streiks oder Aussperrungen in dritten Betrieben zur Hinausschiebung oder Auf hebung der Lieferung und der Abnahme berech tigen, entscheidet im Zweifelsfalle das Schieds gericht. 2. 1. Wenn in dem Betriebe des Lieferers eine Störung stattgefunden hat, die ihn veran laßt, von dem Rocht der Hinausschiebung der Lieferung seinem Abnehmer gegenüber Gebrauch zu machen, und sich infolgedessen die Lieferungs frist um mehr als drei Wochen verschiebt, so hat der Abnehmer nach Ablauf dieser Frist das Recht, von dem Vertrage hinsieht lieh der Abnahme des durch die Störung des Betriebes ausgefallenen bezw. noch ausfallenden Quantums zurückzutreten. Der Abnehmer, der von diesem Recht Gebrauch macht, ist jedoch verpflichtet, von dieser seiner Absicht, vom Vertrage, zurück zutreten, dem andern Teil spätestens bei Ablauf der Frist Anzeige zu machen. Den Parteien bleibt es vorbehalten, anstatt der dreiwöchigen