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Taffet hervorbringen. Betrachtet man die jenige Seite, nach welcher hin gedreht wird, als Vorderseite des Quadrates, so ist es stets die Diagonale, welche von vorn oben nach hinten unten läuft, in unserem Falle also die durch Loch 1 und 3 gehende Diagonale. Nehmen wir die Seite c als Vorderseite, d. h. drehen wir das Blättchen nach rechts herum, so bilden Faden 2 und 4 Taffet. Durch die Aenderung der Drehungsrichtung der Blätt chen war aber auch die Umschlingung der Fäden eine entgegengesetzte; wir können bei Fig. 2 b u. f. deutlich beobachten, dass die Fäden ihre gegenseitige Stellung von aussen her nach den Blättchen hin wechseln, dass also, wenn wir uns an die Spitze des Appa rates stellen, die Drehung von rechts nach links sich vollzieht. Wir können uns indess auch so stellen, dass wir über den Apparat hinweg nach der Spitze sehen, dann geht die Fig. 5. Drehungsrichtung von links nach rechts. Es mag diese Stellung sogar ganz besonders empfohlen werden, da sie gewisse Vortheile für die späteren Experimente und Betrach tungen bietet. Lässt man nämlich die Fäden- richtung gänzlich äusser acht, d. h. nimmt man nicht das Gewebe als Vorderseite und die Kette als Hinterseite, wie bei unseren heutigen Stühlen, sondern betrachtet lediglich die Blättchen und nimmt stets die Richtung, nach welcher gedreht wird, als vorn, so kann man als Norm die Behauptung aufstellen, dass die Zusammendrehung der Fäden, resp. die Schnurbildung stets von links nach rechts stattfindet; aber wohlgemerkt ist dies alles nur der Fall, wenn der Fadeneinzug so an genommen ist, wie in den bisher erörterten Figuren, dass der Faden vom Ende (vom | Kettenbaum) von rechts durch das Loch des Blättchens tritt, sobald der Weber hinter der Kette steht. Nun ist ebenso gut auch ein Einzug der Fäden von der anderen Seite aus denkbar, und dann tritt in jeder Beziehung das Ent gegengesetzte ein; bei Vorwärtsdrehung mit Rechtseinzug erhält man genau dasselbe Bild, wie bei Rückwärtsdrehung mit Linkseinzug, und das ist für die Handhabung dieses-Appa rates ein ganz wesentliches Moment. Man kann, ohne auf jedes Blättchen aufpassen zu müssen, ganz beliebig Rechts- und Links schnuren neben einander weben und ist trotz dem nicht gezwungen, einzelne Blättchen vorwärts, die andern rückwärts zu drehen und das lediglich durch den Einzug. Es steht also die Brauchbarkeit dieses primitiven Apparates unseren Spitzgeschirren gewiss nicht nach, im Gegentheil, es lässt sich mit ihnen erreichen, was uns niemals möglich Fig. 6. sein wird, nämlich mitten im Gewebe, ohne die Drehungsrichtung seiner Blättchen zu ändern, von Rechtsschnuren auf Linksschnuren überzugehen, oder umgekehrt. Haben wir ein Spitzgeschirr, in welchem ein rechts laufender Streifen regelmässig mit einem linkslaufenden abwechselt, so. ist es uns mit keinen Mitteln möglich, mitten im Stück diese Gleichmässigkeit zu verändern; wir können die Maschine rückwärts arbeiten lassen, dann wird freilich die Richtung der Streifen die umgekehrte werden, aber das Verhältniss von 1 zu 2 bleibt; vielleicht zwei Streifen rechtslaufend und einen Streifen linkslaufend zu weben, ist gänzlich unmöglich. Das kann aber der Weber mit seinem primitiven Appa rat machen, und das geht sogar sehr schnell. Bisher hatten wir die Blättchen nur so stehend betrachtet, dass die quadratische Fläche in der Richtung der Kettenfäden liegt; man kann dieselben aber auch stellen, dass sie senkrecht zur Kette stehen, dass also von den Fäden hinten und vorn ein quadratischer Kegel gebildet wird. Je nachdem man von dieser Stellung auf die erstbezeichnete über geht, kann man Rechts- oder Linkseinzug erzielen, je nachdem man die eine Kante nach rechts oder nach links gegen die Fäden legt, kommen diese hinter oder vor das Blätt chen zu liegen. Es wird nicht besonders viel Mühe machen, mitten im Weben einzelne Blättchen auseinanderzuschieben und das eine dann um seine verticale Achse zu drehen. Zum Schluss noch Einiges über die bei gegebenen Webeproben. Fig. 5 zeigt eine Reihe von Möglichkeiten in Bezug auf Bin dungen. Abschnitt I ist entstanden bei fort laufender Drehung in derselben Richtung, je eine Quadratseite auf jeden Schuss; Ab schnitt II dasselbe in umgekehrter Drehungs richtung; Abschnitt III fortlaufende Drehung, je 2 Quadratseiten auf den einzelnen Schuss; Abschnitt IV ist der besprochene Doppeltaffet, welcher entsteht, wenn man zwei Quadrat seiten vorwärts und nach Eintragung des Schusses auch wieder zwei Quadratseiten rückwärts dreht; Abschnitt V ist ein Versuch mit Vorwärtsdrehung von vier Quadratseiten; Abschnitt VI zeigt den einfachen Taffet, wel chen die in der Diagonale stehenden Fäden bei Drehung von einer Quadratseite vorwärts und rückwärts bilden; die nicht eingebunde nen Fäden sind, um den Taffet klar erschei nen zu lassen, abgeschnitten; Abschnitt VII endlich sind links und rechts gedrehte Schnu ren neben einander, welche dadurch entstehen, dass man bei gleichmässigem Einzug das eine Blättchen links, das andere Blättchen rechts herumdreht, oder durch Verwendung von Rechts- und Linkseinzug bei gleich ge richteter Drehung der Blättchen oder, was zuletzt beschrieben wurde, durch Umkehrung einzelner Blättchen. Dieses Verfahren ist hier auch thatsächlich gewählt worden, da ja bei den vorhergehenden Abschnitten gleich mässiger Einzug vorausgesetzt werden muss. Das Ganze ist mit 6 Blättchen gewebt, die schwarze Karte ist mit Fadenschlingen, nach Art des alten Hautelisse-Stuhles hergestellt. Das zweite Muster (Fig. 6) ist eine Ver bindung von 7 Blättchen mit Litzen oder Fadenschlingen zum Weben des Grundes. Abschnitt I zeigt in einem Taffet liegend 7 Schnuren, wie solche bei Umdrehung von je zwei Quadratseiten entstehen; Abschnitt II dasselbe in entgegengesetzter Richtung; Ab schnitt III hat fortlaufende Drehung um je eine Quadratseite, die mittlere Schnur ist allen übrigen entgegengesetzt gedreht; Ab schnitt IV hat ebenfalls fortlaufende Drehung um je eine Quadratseite, die Richtung der Schnur 1 und 2 und 6 und 7 ist entgegen gesetzt, wie vorher; Schnur 3, 4 und 5 geht in Abschnitt IVa in Doppeltaffet über, um dann wieder in Linksdrehung auszulaufen. Das ist gewiss eine ganz stattliche Reihe von Möglichkeiten, und dazu mit einem so primitiven Apparat, von dem sich die meisten gewiss noch nichts haben träumen lassen. Es zeigt uns das aber auch wieder, dass wir wirklich gar nicht so sehr nöthig haben, uns zu beweihräuchern, dass es vielmehr noch Dinge unter der Sonne giebt, die, wenn sie auch schon uralt sein mögen, doch noch im Stande sind, uns etwas zu lehren.