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TEXTTlIIL^TEClHllNIDSeiHlE^ TEDL Fasergewinnung und ^Untersuchung, Roh= und Hilfsstoffe Über die Wollfeinheitsmessung. Von Dr.-Ing. G. Krauter. Von der Verarbeitung der Wolle in ihren Anfängen wissen wir leider wenig. Wohl finden wir einige Andeutungen, daß schon in den vorgeschichtlichen Perioden gewebte Stoffe zur Kleidung verwendet wurden, und daß diese nicht nur aus Flachs und Seide, sondern auch aus Tierhaaren verfertigt waren. Aber über die Art der Verarbeitung bei den verschiedenen Völkern ist uns nichts bekannt. Wir wissen nicht, ob eine Auswahl der Fasern zunächst auf verschiedene Feinheit, dann auch auf verschiedene Faser längen stattgefunden hat. Die Auswahl nach verschiedener Faser länge, die Kämmerei, soll vom hl. Blasius, dem Bischof von Se- baste in Kappadozien im Anfänge des 4. Jahrhunderts erfunden worden sein, so berichtet die Legende. Diese Handkämmerei zu sammen mit der Hand krempel ei hat sich dann in der Wollgarn erzeugung gehalten bis nach 1733, wo die maschinelle Krempel erfunden wurde. Die erste Kämmaschine wurde 1789 in England patentiert. Es dürfte kehl Zufall sein, daß die ersten Wollfein heitsmessungen hi diese Zeitpunkte fallen. 1777 hat Dauben ton erstmalig über die Wollfeinheits messungen gesprochen. Auch die rege Tätigkeit auf dem Gebiet der Wollmessung hi den Jahren 1820 u. ff. wird wohl hi ursäch lichem Zusammenhang mit den obengenannten Erfindungen ste hen 1 ). Bei der Handkrempelei mußte die Wolle stets in kleinen Mengen durch die Hände der Arbeiter gehen, ein Sortieren war damit leicht zu verbinden. Das gleiche gilt für die Handkämme rei. Daß tatsächlich auch ein Sortieren stattgefunden hat, geht daraus hervor, daß nach Hülse ein Kämmer täglich etwa 0,5 kg Zug aus AA-Wolle herstellen konnte, wenn er den Kammzug selber belas. War zum Belesen ein besonderer Arbeiter da, er höhte sich dieser Wert um etwa 25%. Bei der Maschinen krempelei werden nun aber größere Mengen von Rohstoff auf ein mal aufgegeben, ein Sortieren ist nicht möglich. Der Spinner muß also auf gleichmäßigen Rohstoff achten und mit ihm der Züchter. Natürlich kommen noch andere Momente hinzu, die die Tätigkeit in der Frage der Wollfeinheitsmessung beein flußt haben, wie der Aufschwung der Wollindustrie und das damit verbundene Bestreben, die Leistungen gegenseitig zu überbieten. An der Feinheitsbestimmung der Wolle sind somit der Züch ter und der Spinner interessiert. Dazu kommt noch in neuerer Zeit das Prüfamt, das die Aufgabe hat, in Streitfragen Klärung zu bringen. Trotzdem alle mit der Wollfeinheitsmessung arbeiten, werden sich die Wege doch trennen müssen, da eben für jeden ein anderes Material vorliegt. Der Züchter hat das Ziel, ein möglichst hochwertiges Erzeug nis zu gewinnen. Hierzu gehört aber Ausgeglichenheit der Herde. Für ihn ist es vor allem wichtig, die Vererbungsfolge und -anlage festzustellen, nach welcher er die Auswahl der Zuchttiere zu tref fen hat. Er muß die Erzeugung des Rohstoffes beeinflussen, so weit es ihm eben möglich ist. Der Spinner hat zwar die gleichen Ziele, nämlich ein möglichst hochwertiges und dabei stets gleichwertiges Erzeugnis zu gewin nen, aber die Grundbedingungen sind andere. Die Auswahl des Rohstoffes ist ihm in groben Zügen beim Ankauf der Wolle noch möglich, doch wird er nie die Forderung der Gleichartigkeit er füllen können, wenn er die verschiedenen Rohstoffe nicht mischt. Nur durch Mischung ist es möglich, die feinen Unterschiede, die auch gleichnamige Rohwollen haben, auszugleichen. Dazu ist für ’) Näheres hierüber folgt später. ihn natürlich eine genaue Kenntnis der Rohstoffe unerläßlich. Ein weiterer Faktor ist der, daß in der Wollspinnerei nicht nur Rohwolle und Garn die eigentlichen Handelsprodukte sind, son dern noch der Kammzug als Halbfabrikat in beträchtlichen Men gen gehandelt wird. Die genaue Kenntnis dieses Stoffes ist viel leicht noch wichtiger, da er durch die weitere Verarbeitung kaum mehr beeinflußt wird — Reinigungsmaschinen werden nach Pas sieren der Kämmaschine nicht mehr verwendet —, ein Mischen und dadurch ein Ausgleichen verschiedener Eigenschaften ist aber immer noch möglich. Dem Spinner dient die Wollfeinheitsmes sung bzw. Beurteilung also in erster Linie zur Festlegung der an zuwendenden Mischungsverhältnisse, ein Gesichtspunkt, der fin den Züchter ohne alle Bedeutung ist. Die Prüfämter endlich brauchen die Wollfeinheitsbe stimmung, um objektiv feststellen zu können, ob zwei Quali täten miteinander identisch sind. Die Bestimmungen müssen — und diese Forderung wird von keinem der beiden vorgenannten Interessenten so zwingend gestellt werden müssen —, frei von subjektiven Fehlern sein. Zwei von verschiedenen Stellen ausge führte Messungen sollten, wenn nach den amtlichen Bestimmungen geurteilt werden soll, gleiche Resultate ergeben. Daß objektive Fehler nicht vorkommen dürfen, ist selbstverständlich. Vorgelegt kann Rohwolle, Kammzug, Garn und Gewebe werden. Für alle diese verschiedenartigen Erzeugnisse müssen die Methoden ge nügen. Nach Art der Prüfmaterialien unterscheiden sich demnach die drei Interessengruppen dadurch, daß der Züchter Rohwolle am Tier, der Spinner Rohwolle, gewaschene Wolle und Kammzug und das Prüf amt Rohwolle, gewaschene Wolle, Kammzug, Garn und Gewebe zu prüfen hat. Diese verschiedenen Arten, wie die Proben vorliegen, sind von bedeutendem Unterschied, obwohl wir es mit dem gleichen Faserstoff zu tun haben. Der Züchter kann, wenn er die Wolle der Tiere prüfen will, die Probeentnahme bei den zu untersuchenden Tieren stets an den gleichen Körperstellen der verschiedenen Tiere vor nehmen. Er schaltet damit einen Fehler aus, und kann so rela tive Werte erhalten, die Vergleiche zulassen. C. Kronacher schlägt vor, und hat dies bei seinen Untersuchungen an ganzen Herden auch so gehandhabt, zur besseren Ausgleichung an die allgemeinen Verhältnisse des Vließes nicht nur eine Probe pro Tier zu entnehmen, sondern deren 3 und zwar von Schulter, Seite und Keule. An Hand dieser Proben wird es nach C. Kronacher möglich sein, den Grad der Gleichwertigkeit der verschiedenen Tiere zu beurteilen. Der Züchter wird dabei wohl sein Haupt augenmerk nicht auf die Mittelwerte der Meßergebnisse richten, sondern auf die Verteilung der Einzelwerte. Die angeführte Arbeit von C. Kronacher geht diesen Weg und die Ergebnisse stim men mit den Bestimmungen geübter Boniteure gut überein. Der Züchter hat also die Möglichkeit, die für ihn nützlichen Bestimmungen, nämlich ob sich die Verteilung der verschiedenen Haarfeinheiten gleichmäßig vererbt haben, ob die Wolle ausge glichen oder weniger gut ausgeglichen ist, mit einer verhältnis mäßig geringen Anzahl von Haaren durchzuführen. Der Spinner, dem die Wolle in Ballen verpackt angeliefert VA ch