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38 LEIPZIGER MONATSCHRIFT FÜR TEXTIL-INDUSTRIE. 1926, Heft 2. Wie die diesjährige Leipziger Frühjahrsmesse aus der Fülle der Textilprobleme sich die aktuellen Fragen der Kunstseide her ausgreift, so bringt sie noch eine zweite hochwichtige Neuerung, die Zusammenfassung der Textilmasch inen-Mu ster- schau in Halle 11 des Ausstellungsgeländes der Technischen Messe. Die deutsche Textilmaschine ist heute ein Standardartikel unseres Exports, nicht minder aber auch ein wichtiges Instrument für die Rationalisierung unserer inländischen Textilfertigwaren- erzeugung. Der internationale Konkurrenzkampf im Textil maschinenfach ist gegenwärtig sehr scharf, zumal auch durch das von Frankreich betriebene Valutadumping. Das reiche Amerika sucht durch äußerst weitherzige Kreditgewährung die deutschen Absatzmärkte für Textilmaschinen für sich zu erobern. Daneben gibt sich die englische Textilmaschinenindustrie von Lancashire alle erdenkliche Mühe, ihr Ansehen zu wahren. Bei diesem heißen Wettbewerb ist die Leipziger Messe für unseren deutschen Textil maschinenbau der „Start“, der die besten Aussichten gewährt. Das internationale Publikum ist in Leipzig auf der Messe konzen triert. Hier wollen wir die deutsche Leistung zeigen. Und das gilt auch von allen anderen Zweigen der vielgestal tigen deutschen Textilwirtschaft. Die Qualität der Leistung wird sich doch noch stärker erweisen als alle Fesseln der Wirtschaftsnot. Der deutsche Normenausschuß auf der Leipziger Messe. Der deutsche Normenausschuß ist auf der Leipziger techni schen Messe eine gewohnte Erscheinung geworden. Der Zweck seiner Meßausstellung ist bekannt; allen an Normungsfragen Inter essierten soll Gelegenheit geboten werden, sich über den Stand der Normungsarbeiten durch Einsicht der Veröffentlichungen zu unterrichten und schwebende Fragen durch persönliche Aussprache mit den Vertretern des Normenausschusses zu klären. Die Zahl derjenigen Firmen, die sich die Vorteile der deutschen Normen für Fertigung und Betrieb zunutze machen, wächst ständig. Ein reger Besuch aus diesen Kreisen dürfte der Meßausstellung des Normenausschusses gewiß sein. Andererseits zwingt die kritische Wirtschaftslage auch Industriezweige, die bisher ohne Normung auszukommen glaubten oder bei denen die Einführung der Normen besondere Schwierigkeiten bereitet, wie z. B. im T e x - tilmaschinenbau, nach Mitteln zur Verringerung des Kredit bedarfes und zur Erhöhung der Wirtschaftlichkeit ihrer Arbeiten zu suchen. Eins von den Mitteln, die auf diesem Wege vorwärts helfen können, ist unzweifelhaft die Normung. Die diesjährige Meßausstellung des Normenausschusses in Halle 8, Stand 667, bietet jedem die Möglichkeit, sich von den Vorteilen zu über zeugen, die wichtige Zweige des Maschinenbaues in den letzten Jahren durch die Normung erreicht haben. Gleichzeitig wird den Besuchern Gelegenheit gegeben, sich auch über die Arbeiten aller übrigen Körperschaften zu unterrichten, die ebenfalls auf Förde rung des wirtschaftlichen Arbeitens in der Industrie hinzielen und dies teils durch mustergültige Lehrmittel, teils durch Anleitungen und Hilfsmittel für den Betrieb erreichen wollen. Fasergetoinnung u.-untersuchung, Roh- u. Hilfsstoffe Über Untersuchungen mittels des E. Müller’schen Scheuer*Apparates und seine Anwendungsweise und Verwendungsfähigkeit. Von Dr.-Ing. H. Vollprecht. (Eingegangen am 25. 12. 25. Die Schriftltg.) (Mitteilung aus dem Deutschen Forschungsinstitut für Textilindustrie in Dresden.) Zunächst sei kurz das Prinzip dieses Scheuer- oder Reib festigkeitsprüfers vorgeführt. Das zu untersuchende Material wird, von 2 unter bestimmter Belastung horizontal in entgegengesetzter Richtung wirkenden Klemmen gefaßt, über einen rechteckigen, mit seiner wirksamen Fläche in der Ebene der Klemmen liegenden Sockel gespannt. Das Material, das das zu untersuchende Mate rial scheuern soll — nennen wir es kurz das Gegenmaterial im Gegensatz zum Scheuermaterial — wird unter Federspannung um einen metallenen, in einem Mitnehmerrahmen lotrecht frei beweg lichen Hohlkörper, den Schlitten, gespannt und im Bereich der Sockelfläche in deren Längsrichtung auf dem Scheuermaterial hin und her geführt ; der Hohlkörper kann Gewichte aufnehmen, sodaß Scheuer- und Gegenfläche unter verschiedenen Druck gestellt wer den können. Die Hin- und Hergänge werden von einem Zählwerk gezählt; die Anzahl, die bis zu einem gewissen Grade der Zer störung des Scheuermaterials benötigt wird, ist das Kriterium für die Reibfestigkeit. Der Apparat zeichnet sich durch zweierlei aus: erstens ist durch Anordnung und Abmessung der wirksamen Flä chen der Scheuerweg bekannt, zweitens bleibt der spezifische Flächendruck während des Vorganges unverändert. Aus den An gaben des Umlaufzählers kann man die Scheuerarbeit berechnen. Soll nun irgendeine Ware auf ihre Reibfestigkeit geprüft wer den, so ist die erste Frage, gegen was für Material gescheuert wird. In den meisten Fällen antwortet hier das aufgestellte Prin zip, immer ein Material zu wählen, das sich aus dem Vorgang des menschlichen Gebrauches ergibt. Zweifellos kommt man mit die sem den der Wirklichkeit entsprechenden Werten am nächsten, wobei nicht verkannt sein soll, daß allein der Umstand, daß das Gegenmaterial aus dem Beispiel des menschlichen Gebrauches nicht immer einwandfrei ersichtlich ist, es wohl möglich erschei nen läßt, daß einmal dieses Prinzip verlassen wird und die Gegen fläche sich nach einer „Norm“ aus dem zu scheuernden Material ergibt. Diese Veränderung wird in dem Bestreben, sich einmal von Vergleichswerten zu absoluten Werten durchzuarbeiten, wohl überhaupt stattfinden. Hält man aber vorderhand an dem gegebenen Prinzip fest, so ergibt sich, daß man z. B. für ein zu untersuchendes Tuch als Gegenfläche das nämliche Tuch verwendet. Denn zweifellos liegt der Hauptverschleiß eines Anzugstoffes in der Bewegung der von ihm umgebenen Gliedmaßen gegeneinander oder gegen den Kör per. Die anderen in diesem Falle in Betracht kommenden Reib flächen sind wohl auch von Bedeutung, doch so verschiedener Natur, daß sie sich in keiner irgendwie gearteten Gegenfläche zusammenfassen lassen. Strümpfe z. B. werden gegen Nessel ge scheuert, mit dem die Schuhe zumeist ausgelegt sind. Ebenso werden die gewirkten Stumpfstrümpfe in Anbetracht dessen, daß die Stumpfsitze mit Nessel ausgeschlagen sind, gegen solchen ge scheuert. Von einer solchen Scheuerung ist weiter unten noch die Rede. Handelt es sich nun einmal darum, eine mehr problematische Untersuchung vorzunehmen, wo also der praktische Effekt zurück- tritt, ja sogar der schließliche Verwendungszweck des betreffenden Materials noch garnicht bekannt ist, so kann man für die Auswalfl der Gegenfläche schon aus letzterem Grunde nur allgemein prak tische Gesichtspunkte gelten lassen. Dies kommt z. B. bei einer Versuchsreihe in Frage, wo verschiedenes Material, wie Wolle, Baumwolle, Seide, ferner auch z. B. unbeschwerte, beschwerte Seide und Kunstseide zur Veranschaulichung der Widerstands-