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Von Professor Mikroskopische und mikrochemische Faser unter suchungen. Franz Pichler. (Fortsetzung von S. 22.) Gebrauch des Mikroskops. Das Mikroskop wird vor einem Fenster, durch welches diffu ses Licht (nicht direktes Sonnenlicht) fällt, oder vor einer mat ten Glühbirne aufgestellt, hierauf der Spiegel so gedreht, daß man im Mikroskop einen hellen Lichtkreis sieht. Dann wird auf einen Objektträger ein Tropfen Wasser gegeben und in denselben das Objekt möglichst luftfrei eingebettet, mit einem Deckgläschen überdeckt, auf den Objekttisch gelegt und das Licht so stark als notwendig abgeblendet. Zum Einstellen und Aufsuchen beginnt man immer mit einer schwachen Vergrößerung, welche ein rasches Auffinden des Objektes erleichtert und einen Überblick über ein größeres Ge sichtsfeld gibt. Verwendet man z. B. Objektiv Nr. 2, welches etwa 30 mm Brennweite hat, so senkt man den Tubus mit Hilfe der groben Einstellung, bis die Frontlinse etwa 28—30 mm von dem Deck gläschen entfernt ist. Das Objekt muß außerhalb der einfachen Brennweite aber nahe am Brennpunkt liegen. Dann wird der Tubus sehr langsam gehoben, bis das Bild sichtbar wird und jetzt mit der Mikrometerschraube scharf auf eine bestimmte Ebene ein gestellt. Bei schwacher Vergrößerung ist die Helligkeit des Bildes immer größer als bei starker Vergrößerung, und es muß die Ab blendung entsprechend weitgehend sein. Hat man ein Objekt in die Mitte des Lichtkreises gebracht, dann stellt man die stärkere Vergrößerung ein. Bei stark vergrößernden Objektiven, etwa Nr. 7 oder 8, be trägt die Brennweite nur ungefähr 3 mm. Es ist daher der Tubus sehr vorsichtig auf etwa 3 mm Entfernung der Frontlinse vom Deckglas zu senken und darauf zu achten, daß man das Deck gläschen nicht zerdrückt. Die Blendenöffnung muß bei starker Vergrößerung entsprechend erweitert werden. Die deutlichsten Bilder entstehen immer dann, wenn nicht zu viel Licht einfällt und helle und dunkle Stellen nebeneinander scharf ausgeprägt hervortreten. Die Höhe des Schraubenganges der Mikrometerschraube be trägt meist 0,2—0,3 mm. Wird der Triebknopf, auf welchem ge wöhnlich eine Einteilung in 100 Teile angebracht ist, um einen Teil nach rechts oder links verschoben, so wird die Objektivlinse nur um 0,002—0,003 mm gehoben. Es wird jeweilig auf eine Ebene scharf eingestellt, die um diesen Betrag näher oder weiter von der Linse entfernt ist. Man beginne also immer mit schwacher Vergrößerung und gehe allmählich zu einer stärkeren über. Man mache sich von Anfang an mit der Brennweite des Objektivs vertraut, sonst wird man bei starker Vergrößerung lange kein Bild finden. Auch ge wöhne man sich daran, das Auge so nahe als möglich zum Okular zu bringen, beide Augen abwechselnd zu gebrauchen und das nicht beschäftigte stets offen zu halten. Zur Übung im Einstellen des Mikroskops nimmt man einen Objektträger und zieht mit einer Feder auf einer Seite in der Entfernung von einigen Millimetern durch die Mitte der Glas platte Linien mit schwarzer Tinte in der Längsrichtung des Gläschens und auf der anderen Seite Linien mit roter Tinte in der Querrichtung des Glases. Diese beiden Liniengruppen kreu zen sich in der Durchsicht. Die gleichen Linienzüge mache man auf einem Deckgläschen. Nun lege man den so mit Linien versehenen Objektträger mit den schwarzen Linien nach oben auf den Objekttisch und schiebe bei Anwendung eines Objektivs Nr. 3 den Tubus so tief abwärts, daß die Frontlinse nur etwa V 2 cm über dem Glase steht und drehe dann bei gleichzeitigem Hineinsehen in das Mikroskop den Tubus so weit nach aufwärts, bis einige der schwarzen Linien sichtbar werden (grobe Einstellung). Dann drehe man die Mikro meterschraube nur wenig nach rechts oder links, bis die Linien scharf und deutlich sichtbar werden (feine Einstellung). Alle Bilder erscheinen im Mikroskop verkehrt. Will man einen bestimmten Punkt weiter rechts im Gesichtsfelde haben, so muß die Platte noch weiter nach rechts geschoben werden und umgekehrt. Mit den schwarzen Linien werden gleichzeitig auch die auf der Unterseite des Objektträgers befindlichen roten Linien unscharf und verschwommen erscheinen. Sollen nun diese roten Linien scharf erscheinen, so muß man den Tubus mit der Mikrometer schraube noch tiefei - senken. Man erkennt daraus, daß man mit dem Mikroskop nur wenig in die Tiefe sehen kann, daß also in Wirklichkeit nur die in einer Ebene oder in gleicher Höhe liegen den Objektteile sichtbar werden. Stellt man nun das mit schwar zen und roten Linien versehene Deckgläschen mit den schwar zen Linien nach oben bei Anwendung des Objektivs Nr. 3 unter das Mikroskop, so werden die oberen schwarzen und die unteren roten Linien mit fast gleicher Schärfe sichtbar werden. Man sieht also ungefähr so tief, als das Deckgläschen dick ist. Nun wechselt man das schwache Objektiv Nr. 3 gegen das stark vergrößernde Objektiv Nr. 7 aus, das nur wenige mm Brenn weite hat. Jetzt muß das Objektiv ganz nahe an das Deck gläschen (etwa 3 mm) gebracht werden. Bei dieser Einstellung sieht man aber nicht beide Liniengruppen gleichzeitig. Wenn auf die schwarzen Linien des Deckgläschens eingestellt wird, so sind die roten Striche überhaupt nicht zu sehen. Bei starker Ver größerung ist also die Tiefe des Gesichtsfeldes noch viel geringer. Sehr störend bei'mikroskopischen Beobachtungen sind Luft blasen in Form von dunkelumrandeten, in der Mitte klar und hell leuchtenden Kugeln. Oft findet man in einer solchen sehr großen Luftblase oder an Stellen, an denen das Präparat teilweise ausgetrocknet ist, sehr zart gezeichnete und mannigfach geformte Gebilde von mikroskopisch kleinen Wassertröpfchen, welche dem Glas in der großen Luftblase anhaften. Um die Bildung von Luftblasen möglichst zu verhindern, wird das Deckgläschen vorsichtig aufgelegt, das man schief gegen das Wassertröpfchen hinzieht, bis sich der vom Objektträger und Deck glas-gebildete Winkel mit Wasser ausgefüllt hat; dann läßt man das Gläschen gänzlich niederfallen. Am besten verwendet man luftfreie Einbettungsflüssigkeiten. Durch Erwärmen des Objekt trägers lassen sich die Luftblasen auch entfernen. Mikroskopische Bilder der Textilfasern. 1. Baumwolle. Jede Faser besteht nur aus einer langgestreckten, dickwandi gen Zelle, die von der Basis bis zur Mitte zu sich verbreitert, dann bis zur Spitze an Dicke abnimmt, bandförmig und korkzieherartig gewunden, auf der Oberfläche fein kömeiig oder auch streifig ist und keine Wandverschiebungen zeigt. Sie ist nur an einem Ende mit einer natürlichen kegel-, spatel- oder kolbenförmigen Spitze versehen, am anderen Ende dagegen abgerissen. Die Breite der Faser ist in der Mitte am größten und beträgt 0,012—0,045 mm. Die Länge, der Stapel, schwankt zwischen 12—50 mm. Die feinen Fasern sind verhältnismäßig dickwandig und der innere Hohl raum, das Lumen, ist nur schmal und von einer eiweißartigen Masse, dem Protoplasma, erfüllt. Die geradegestreckten Fasern sind zylindrisch, bei den bandartig plattgedrückten Fasern ist der Querschnitt eiförmig und erscheint stark gequetscht. Die reine Baumwolle ist unverholzte Zellulose und zeigt auch dieselbe Reaktion wie diese. Äußerlich ist die Baumwolle von einem sehr zarten korkartigen Häutchen, der Kutikula, umgeben, doch fehlt dieses bei mercerisierter oder stark mit Alkalien be handelter Baumwolle fast ganz. Mercerisierte •Baumwolle zeigt keine Drehungen und ist rund und gestreckt. Bei der Behandlung mit Kupferoxydammoniak zeigt sie auch die bei gewöhnlicher Baumwolle auftretenden charakteristischen tonnenartigen Quel lungen nicht mehr. 2. Flachs oder Leinen. Die Faserbündel des Flachses sind selten vollständig zerteilt, Die Einzelfaser besteht im gebleichten Zustande aus reiner Zellu lose, ist 4—60 mm lang und 0,012—0,037 mm dick und beiderseits