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wenn sie ihren Zweck erfüllen sollen: dieser Umstand gab die An regung dazu, automatische Apparate zu konstruieren, durch welche die Luftbehandlung vollkommen selbsttätig geregelt wird. Für Fabrikbetriebe könnte man eine solche Anlage als Luxus bezeichnen. In Wirklichkeit ist dies eine falsche Ansicht, denn es ist klar, daß die Leistungsfähigkeit eines Arbeiters von dem Zu stand seiner Behaglichkeit abhängig ist. Inwieweit solche Er wägungen zur Anschaffung einer derartigen Anlage ausschlag gebend sind, soll hier nicht erörtert werden. Es mag nur erwähnt sein, daß in vielen Textilbetrieben, besonders aber in Ring spinn sälen, abgesehen von den Einflüssen auf das Material und die Maschinen, auch die individuelle Leistungsfähigkeit und Aufmerksamkeit des Arbeiters sinkt, wenn durch zu hohe Raum temperaturen und einen zu hohen oder zu niedrigen Feuchtig keitsgehalt der Luft das Behaglichkeitsgefühl der Arbeiter ge stört wird. Mehr als der Mensch reagieren aber viele Rohstoffe auf der artige Raumluftverhältnisse. Insbesondere zeichnen sich hier die Textilrohstoffe aus, deren Bearbeitung rein mechanisch versagt, wenn die Witterung ihnen in dem geschilderten Umfange unzu träglich ist. Versuche und Erfahrungen haben mit hinlänglicher Genauig keit ergeben, unter welchen Raumluftverhältnissen sich die ein zelnen Rohstoffe am besten verarbeiten lassen; auch für Arbeiter, die sich in dem Raum aufhalten müssen, sind die für die Rohstoffe gefundenen Werte behaglichkeitsfördernd. Die umfangreichen Apparaturen und Anlagen, die von den Amerikanern zu diesem Zwecke konstruiert worden sind, erwie sen und erweisen sich für unsere europäischen Verhältnisse als zu kostspielig. Der deutschen Technik war daher die Aufgabe gestellt, auf dem von den Amerikanern eingeschlagenen Wege vor wärts zu schreiten und Anlagen zu schaffen, die den an sich rieh tigen Zweck der amerikanischen Anlagen mit geringeren Mitteln, aber ebenso zuverlässig erreichen. Die Maschinenfabrik Carl Wiessner Kom.-Ges. in Görlitz, die sich seit Jahren mit diesem Problem befaßt und umfangreiche Versuche angestellt hat, erstellte zunächst mit ihrem patentierten Klimatex-System einen Apparat, der bei ver hältnismäßig geringen Anlagekosten in genügend vollkommener Weise den Witterungsschwankungen insoweit folgt, als mit dem Apparat die Luft gekühlt oder entfeuchtet, erwärmt oder befeuch tet werden kann. Der Apparat kann von Hand bedient werden, aber es besteht auch die Möglichkeit, eine automatische Reglung einzurichten, die billigen Ansprüchen Genüge leistet. Sich mit den Erfolgen des Klimatex-Systems nicht begnügend, hat die ge nannte Firma nunmehr einen Universalapparat, auf dem Patent des Klimatex-Systems beruhend, konstruiert, der als vollauto matisch arbeitende Klima-Regulierungs anlage bezeichnet werden kann. Die Abbildung stellt einen solchen Apparat dar, dessen sinn reiche und doch sehr einfache Reglungsvorrichtung gleichfalls zum Patent angemeldet worden ist. Die Regulierung arbeitet in der Weise, daß zunächst die vom Ventilator angesaugte Luft so behandelt wird, daß die Taupunkttemperatur der Luft (das ist die Temperatur der Luft bei voller Sättigung) dem Feuchtigkeits gehalt und der Temperatur entspricht, die im Raum hergestellt und erhalten werden sollen. Soll beispielsweise die Lufttempera tur im Raum 24° und der Feuchtigkeitsgehalt 70% betragen, so entspricht diesem Zustand eine Taupunkttemperatur von 18" C. Ob die angesaugte Luft nun zu warm oder zu kalt, zu trocken oder zu feucht ist, in dem Apparat wird sie zunächst so behandelt, daß die Temperatur nach der Behandlung 18° C bei voller Sätti gung beträgt. In diesem Zustand wird die Luft dem Raum zu geführt; soweit es durch die Wärmeverluste des Raumes bedingt ist, findet in Abhängigkeit von der Raumtemperatur und deren Schwankungen folgend eine entsprechende Nacherwärmung der Luft vollkommen automatisch statt. Bei einem bestimmten Luft wechsel würde diese Vorrichtung allein schon eine absolut kon stante Aufrechterhaltung von Temperatur und Feuchtigkeit in dem betreffenden Raum ergeben. Dadurch aber, daß Türen und Fenster geöffnet werden oder Materialdurchgang durch den Raum erfolgt, durch welchen dem Raum Feuchtigkeit entzogen oder zu geführt wird, können natürlich Schwankungen der Raumtempera tur und des Feuchtigkeitsgehaltes eintreten. Um diese Schwan kungen auszugleichen, bedienen sich die Amerikaner bei den uns bekannten Anlagen einer Regulierung der dem Raum zugeführten Luftmenge. Daß diese Art des Ausgleiches von Feuchtigkeits schwankungen Luftmengen bedingt, die wesentlich über die Men gen hinausgehen, welche eigentlich erforderlich wären, leuchtet ein. Daß außerdem die häufigen Schwankungen des Luftwechsels, also die Zuführung verschieden großer Luftmengen gewisse Un annehmlichkeiten bringen können, liegt ebenfalls auf der Hand. Infolgedessen erfolgt bei dem Apparat der Maschinenfabrik Carl Wiessner, Kom.-Ges., der Ausgleich der Schwankungen des Feuch tigkeitsgehaltes auf eine andere und sehr einfache Weise von einem im Raum aufgehängten Humidostaten (Feuchtigkeits regler) aus, der seinerseits automatisch die Übersättigung der Luft mit der über den Taupunkt hinaus erforderlichen zusätzlichen Feuchtigkeit im Apparat veranlaßt und regelt. Da die Luft bei ihrem Durchgang durch den Apparat intensiv mit Wassernebel und Wasserregen in Berührung kommt, erfolgt gleichzeitig eine Reinigung und Erfrischung der Luft, die natur gemäß einen günstigen Einfluß auf den Gesundheitszustand der in dem betreffenden Raum Beschäftigten hat. Die Bedienung der Anlage beschränkt sich infolge der voll automatischen Regulierungsapparate auf die bei jeder anderen Maschine notwendige Wartung und Reinigung. Sind die Reg lungsorgane einmal auf die gewünschte Raumtemperatur und den Feuchtigkeitsgehalt eingestellt, so ist jede weitere Reglung un nötig: Temperatur und Feuchtigkeitsgehalt werden im Sommer und Winter gleichmäßig erhalten. Welche Vorteile dies für einen ungestörten Ablauf der Arbeitsvorgänge mit sich bringt, vermag der Fachmann leicht zu übersehen. Der Apparat ist in seinen Einheiten normalisiert und die Größenverhältnisse sind so bemessen, daß er überall aufgestellt werden kann, ohne daß große bauliche Veränderungen erforder lich sind. Auch bewegt sich der Preis einer derartigen Anlage in Grenzen, die für die deutsche Industrie erschwinglich sind. In wirtschaftlicher und produktionstechnischer Hinsicht bedeutet dieser Apparat also einen wesentlichen Fortschritt auf dem Ge biete der Luft- und Wärmetechnik.