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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 20.01.1893
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-01-20
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18930120029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893012002
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893012002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1893
-
Monat
1893-01
- Tag 1893-01-20
-
Monat
1893-01
-
Jahr
1893
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Anzeigen-Prei- Tie 6grspallene Petitzeile 20 Pfg. Rkclanitn unter dem Rcdactionsslrich l4ge- jvatteiO 50^, vor den Famikiennachnchlea (6 Kristallen) 40^. Gröbere scheinen laut umerem Preis- verzcichniß. Tabellarilcher und Zifscrujatz oach höhere»» Daris. V-z»-D-Vrett tz, der Haasttersteditio« oder den im Stadt, dqirk und de» Vororten errichteten AuS- eedesiellen ab geholt vierteljährlich4.50. dei zweimaliger täglicher Zustellung ins vaur -4i 5^0 Durch die Post bezogen iur Deutschland und Lesterreich' viertel,äbr>ich 6-- Direkte tägliche Sreuzbanbsendung ios Ausland: monatlich S—. Die M orgen-Aurgab« erscheint täglich '/>7 Uhr, die Abeud-AuSgabr Wochentags 5 Uhr. Ledartion vnd LrpeLilion: 2«hanne»,affc 8. DieErveditioa ist Wochentag» ununterbroche» geoj'snet von früh 8 bi» Abend» 7 Uhr. Ulialea: ttt» Slcmm's e-rli«. <«lfrrd Hahn), Universitäkrstrabe 1, Louis Lösche. Kolharinenstr. 14, vart. und Künigsplah 7. 38. Abend, Ausgabe. NMM.TMMIt Anzeiger. Organ fi'ir Politik, Localgeschichte, Handels- und Geschäftsverkehr. Kreitag den 20. Januar 1893. politische Tagesschau. * Leipzig, 20. Januar. Tie Vorlage wegen Verdoppelung der Börscnstcuer mit gleichzeitiger Abänderung des Tarif» finket im Reichs tage ungleich günstigere Ausnalmie, alS die de>den ankeren Llcucrvorlagen. die >n der Mililaireominission ihrer weileren Beralbung so lange darren, di» die Eonunission mit der Heereövor läge fertig ist. Wann die» ;n er warten ist, läßt sich vorläufig noch nickt adseden. In idrer nächsten Sitzung am Montag hofft die Coinmisiion niil der Generaldebatte fertig zu werten, die bieder die Lacke so gut wie gar nickt gefördert bat: die Hanplarbcit bleibt also »och für die Spceialberalkung Vorbehalten, für die jedenfalls von Seiten de» Abg. v. Bennigsen und seiner Parteifreunde ein bestiminlcr Llntrag aus Grund semc» neulich gemachten VcrmittelungSvorscklagS formulirt wird. Wie es scheint, wartet man in den Kreisen de» BuudeSrathS auf einen solchen Antrag. Wenigsten» wird von ofsieiöser Seite geschrieben: „Ter Abg. von Bennigsen hat ausgesührt, man könnte sich wohl mit einer Verstärkung der jährlichen Rceriiiciizatst um 40 000 Man» statt der geivrdcrtcn 60(XX> absiiidc», wenn man die Zahl der vierten Bataillone aus die Hälfte verminderte und auch lensl die Lerslärkung der bestehenden EcidreS erinastigte. Wie man sich die Verminderung der vierten Bataillone auf die Hälfte denken soll, ist danach zweifelhaft. Ta die vierten Bataillone wegen der ihnen zugewicjeiie» Friedensaufgabcn l'Ausbilduiig des Nach- ersapeS, Ucbernahme gewisser Arbeitsdienste ». s. w.) mit der Einsührung der zweijährigen Dienstzeit eng zusammenhängen, kann nicht daran gedacht werden, nur bei der Hälfte der In- santeric-Regimentec solche Bataillone einzurichten. Es heitzl denn auch, daß gemeint sei, bei jedem der 173 vierten Bataillone nur 1 Friedenscompagnie statt 2 auszustelleil. Es fragt sich aber, ob die Maßregel in dieser Beschränkung technisch mit dem beab sichtigten Nutzen noch auSfüdrbar wäre. Ebenso ließe sich die Ersparniß, die dev Abg. von Bennigsen i» der Erhöhung der Elatsslärkei» gemacht zu sehen wünscht, uni mit einem geringeren Recrulc»- conlingrnt auszukomme», in ihrer Wirkung erst sicher übersehen, wen» sie in einem näher begründeten förmliche» Anträge vor läge. Wie eS scheint, handelt es sich vorläufig nur um eine wohl- wollende Anregung, nicht um einen auSgeardeitete» Borschlag, und deshalb ist wohl auch eine Antwort des Reichskanzlers daraus nicht sosort erfolgt. LhncdieS wurde die Sitzung »ach der stiebe des Ädg. v. Bennigsen vertagt." Wir wollen kosten, daß der Herr Reichskanzler auch i» der gestrigen Sitzung der Commission auf die.Anregung" des natiouallibcralen Parteiführer» nur teshalv nickt cin- gczangen ist, weil sie noch nicht zu einem förmlichen Anträge sich verdicktet hatte und daß ein solcher, wein» er vorliegl, einer wohlwollenden Prüfung sich zu erfreue» hat und dann die Brücke zu einer Verständignng bildet. Heute glaubt die „Ral.-Lib. Corr." infolge des Verlause» der gestrigen Sitzung der Kommission noch geringe Aussicht ans eine solche Ver ständigung erblicken zu könne». Sie sübrk au»: „Herr Lieber hat aus» Neue die Einigkeit de» Centrums und den unveränderten Stand der Entichließungen seiner Partei gegen über dem Beriaus der bisherigen Bcrathungcn betont: er hat aufs Reue versichert, feine Partei werde die Erhöhung der Recrutenaus- Hebung nur bis zur Ausrechterhaltung der gegenwärtige» Präsenz, stärke bewilligen und erhebe die unbedingte Forderung einer gesetzlichen Festlegung der zweijährigen Dienstzeit. Ter Reichs- lanzker andererseits erklärte sehr energisch die Licbcr'schen Vorschläge sür unannehmbar; er wies entschieden die Ausrechterhaitung der bishcri- ge» Präsenzstärke bei Einsührung der zweijährigen Dienstzeit zuruck und erklärte hinstchtlich der Feststellung der letzteren eine Abänderung des be treffenden Artikels der Verfassung nicht zugeslchc» zu können. Damit find die Gcgcniäke aus einem Punct festgesahren, wo die Mög- lichkeit eines Ausgleichs kaum mehr erkennbar ist, wenn man nicht eben an der Hoffnung sesthüit, daß auf beiden Seiten Las letzte Wort noch nicht gesprochen ist. Im Gegensatz zu der wieder schroffer gewordene» Stellung des Centn»»», die immer eintritt, wenn Herr Lieber das Wort führt, wollte man in der gestrigen Rede des freisinnigen Abg. Hinze einige Züge des Ent- gegenkommenS erblicken. Tie Freisinnigen haben jetzt offenbar leine Freude an einer Krisis und würden herzlich gern sehen, wen» eine Verständigung zu Stande kommt, zumal wenn sie dabei nicht »litzuwirkcii brauchen. Auf thüüge freisinnige Hilse wird man aber schwerlich rechnen diirsen. Die Enlicheiduiig liegt einmal a» allerhöchster Stelle und sodann beim E c » t r » m , und über den Entschließungen dieser beiden Potenzen schwebt »och ticseS Dunkel. Es wäre aber in hohem Grad wünschens- wcrlh, wenn die Entscheidung, sie falle nun so oder so, sich »»» nicht gar z» lang mehr hiiianszöge. Ter Worte sind allmälig genug gewechselt und bestimmte Enochließungen über die Kernfragen find letzt am Platze, damit Sicherheit über den Verlauf dieser kritische» Angelegenheit entsteht, llnruke und Erregung greift in de» weitesten Kreisen »m sich. Das Volk sehnt sich »ach einer Erlösung aus dieser überaus peinlichen und dunklen Liluaiio»." Tie Angriffe auf den Präsidenten der fran ;öfischen Republik werden immer noch eifrig fortgesetzt. Neuerdings inackt ibm der „Figaro" zum Vorwurf, daß er feine Minister mit sträflicher Hartnäckigkeit immer an» den jenigcn Kreisen gewählt bade, die beute in völligen Verruf gekommen seien, und daß er somit, obwobk persönlich unantastbar, niiltelbar den Panamascankak veranlaßt bade. Auch Blätter wie die „France" schließen sich diesen Angriffen an. Augenblicklich tritt die Person Clöincnccan'S in den Vordergrund de» allgemeinen Interesses, indem da» Gebeininiß, da» sich bisher über den für Cle-mcnccau wie für Rouvier so folgenschweren nächt lichen Gang zu Cornelius Herz unmitlclbar vor dem Tod Reinach'» breitete, sich zu lüften begonnen bat. 'Wir vcrzeicknetcn die Aussage eine» Beamten des Bankhauses ProppcrRainen» S tcp baue vordem Panama Untersucbungö- auöschussc, terzusolgc er nach dem Tiliat Reinach s eine Liste der Bestochenen geschrieben und Herrn Clenicnccau übcr- brachl habe : cö fei die» dieselbe Liste, deren Lichtbild Andrieuz dem Ausschüsse voraezcigt habe. Tbatsäckstick batte Andricur auSgesagt, da» ihm von Herz übergebene Verzcichniß sei von dem Baron Reinach einem seiner Angestellten in die Feder tictirt worden. Clömenccan stellte die Behauptung Stc'-pban» in vollem Umfange in Abrede, Stephane aber, nochmals vorgcrusen, wiederholte sie mit größter Bestunmtheil und unter Angabe so vieler Rebenumständc, daß es, wie unser Pariser Berichterstatter uns aus dem Tratstwege meldet, als unzweifelhaft gelte» kan», daß Herz die Liste von Clömenecau erhallen bade. Tic» erklärt de» GangClsmcnecau'a zu Herz; er wollte von diesem da« Verzeichnis; zurück haben, da» er ihm alS Sprengbombe gegen die opportunistische Partei übergeben batte, obne zu abuen. daß sie auch ibn binsirecken werde. Tiefe Enthüllung der häßlichen Rolle, die der rakicale Führer gespielt bat, erregt in Pari» begreifliches Aufsehen, niii so mcbr, als die Beschlagnahme von lOlO Arten scheu Check» ui dem Bankbausc Tffrey weitere Bloßstellungen von Parlamentariern erwarten läßt. Allerdings bestreiten die Abgeordnete», bereu Rainen auf den bisher bekannt gewordenen Arlon'schen Cbeck» sieben. den Aufzeichnungen Arlon's jede Beweiskraft-, .so erklären Ragnet, Laifant, Clevi» HugueS, Jullicn und Saint Marlin, sie ballen Arten gar nickt gekannt, nie etwas von ibm erkalten und keine Abnnng, weshalb er ibre Rainen in sein Cbcckbnch geschrieben. Tcnnoch wird dem neuen Ebccksnnte große Wichtigkeit bci- gcmcffen und e» verlautet bereit», er werte eine zweite gerichtliche Untcrsnchnug veranlassen, die getrennt ven dem schwebenden Panama Prccessc geführt werden solle. Weiterer Stoff würde der Untersuchung und — dem Seandal wobl zugefübrt werten, wenn der gestern gegen Cornelius Her; erlassene VorfüdrunaSbefcbl wirklich dessen AnSliefcrung an die französischen Behörden nack sich ziehen sollte; nach dem „Petit vlourn." ist dieser Bcsebl derart begründet, daß die AnSlicsernng dcö Her; an die nach London abgesandten sranzösischcn Beamten zwciselloö sosort crsolgcn werte. Was Cornelius Her; anlangt, so veröffentlicht die „Cvcardc" einen Brief von dessen Hank, worin er sich als „Ehrenmann" de zeichnet. Cr habe von Reinach keineswegs große Summen Panamagcltcr empfangen und auch »icmalS eine Erpressung auSgcübt, um Geld zu erlangen. Reinach sei ibm vielmehr bedeutende Beträge schuldig gewesen, und habe erst zu zahlen begonnen, als Her; mit gerichtlicher Verfolgung ge droht. Herz verlangt drei Woben Anssibub, um während dieser Zeit keinem Vertbcitiger die Möglichkeit zu geben, ric Acten cinscbcn und die Tbaifacben wabrbcitsgeniäß tarlegen zu könne». Herz bat übrigen» ein Zeugnis; eingesaukt, wo nach ärztlicherseits bestätigt wird, daß eine Reffe nack Pari» ihm unmöglich fei. Rack einem Pariser Telegramm von beule bringt der „Figaro" Miltbeilungen über die Unterredung eine» Berichterstatter» mit Cornelius Herz, in welchem derselbe gegen die Bcba»v>»»g, ein Agent England» oder re» Dreibünde» zu fein, protcstirt und bcbauvtet, nicmal» eine» Besteckuiigsverfuch gemacht zu haben. Cr kabe Reinach ge drobt, weil dieser fick geweigert habe, seoie Schuld von 2 Millionen zu bezahlen, und weil Reinach ihn habe ver giften wollen. Zii italienischen Blättern war der Anschauung An» druck gegeben worden, daß die schweizerische Lande» bescstigung gegen den Treib und gerichtet sei, und das; die maßgebenden milltairischen Kreise in der Schweiz den Hintergedanken hätten, im Falle eine» europäischen Kriege» von vornherein für Frankreich Partei zu ergreife». Gegen diese Auffassung wendet fick in bcmcrkenswertk ent schiedener Weise der Berner „Bund", dem man offieiöse Beziehungen zur schweizerischen BnilkeSregiernng nachsagt. Diese» hervorragende eidgenössische Li >gan erklärt, die Befestigungen am Gotlbard und bei St. Maurice seien vom Slantpunele der Wahrung der schweizerischen Reuiralilät errichtet und kämen den Mächten der Tripel Allianz ebenso zugute al» deren Gegnern. Ta» schweizerische Lanke»- bciestigungS-Snstem bezwecke einfach die Sicherung größerer Abschnitte de» Hochgebirge» als eines Stapelplatzes für Krieg» mittel, al» einer Flankenanlcbnnng und als letzter Zuflucht der Feldarmee Zm Vereine mit den Vesestigniigen der Heiken epccnlrischen Turchgangspnncte der großen Alpenkelte, welche die nördliche Tbalbcglcitung des Vorkerrbeins und der Rhene bildet, decke die Lagerscstnng von St. Gotlbard große Ab schnitte de» Alpengcbietc», in welchen man sich, wenn nötbig, cnlschcitcndcn Schlägen entziehen und gleichzeitig mit einem Verbünkeien in Fühlung bleiben könne. Daselbst glaube sich die Schweiz mindesten» eben so gut oder besser zu befinden, wie die Rumänen in Bukarest, die Belgier in Antwerpen und die Dänen in Kopenhagen. Jene Fennngen können ecrnirl und bombartirl weiten, während die Schwei; von den Franzosen weder da» Eine noch da» Andere zu befürchten hätte, wenn sic. an Lcstcrrcicb und Italien angelebnt, sich nach Verlust der Hochebene unter dem Schutze der 'Befestigungen am St. Gottl'ard und an dem Lueicnstcig in Tcsiin und Graubündten rctablircn würde. Tic alte Fabel von der Unwirtblichkeit de» Hochgebirge» habe dabei jeden Schein von Wahrheit eingebüßt; kenn jene» Gebiet allein könnte in seinen CnrhvtclS, die wohl tan» von Sommersrischlern frei sein würden, eine Armee von 2oo ooo Mann not allein Zubehör anfnebnic». Die Geschickte lebrc zur Genüge, aus wa» 'Alles ein kleiner Staat einem großen Verbündeten gegenüber zu achten habe. TaS 'Be kcstig»ngssi,sicin eine» lleinen Lande» sei ein zu angen schcinlichHocrtheidigungSmäßigcr Factor, al» das; sich Zemand darüber zu ärgern brauchte, rer nicht Angrisssgedanlen im Schilde sübre. Wenn der allseitig befürchtete Riciciikainpf einmal ausbrecke, dann bandle e» sich um Sein oder Richlscin der Völker: da trete vielleicht der Augenblick ein, von dem 'Bismarck i» seiner größten Reichstagsrete sagte, daß große Rationen sich nicht mehr durch den Wortlaut geschriebener Verträge hindern lassen dürfe», da» zu Ibnn, was sie für ihre höchsten Zntcrcsse» al» »otbwendig erachten. Dieser Augen blick einer großen Ration sei für den lleinen 'Rachbar imincr sehr gefährlich, und aus diesen sehe sich die Schwei; nach allen Seiten vor. Ta» sei ihr gute» Recht. Der eghptische Zwischenfall kann al» geschlossen be trachtet werten. Das britische Cabinct begnügt sich mit der „Nicht jetzt", ries sie, „erst die Gegenleistung. — Wie willst Tn un» an» diesem Zimmer befreien?" „Ganz einfach. — Wenn cS erst 'Abend ist und dunkel wird, schließe ich Euch aus und geleite Euch z»>» Bahnhof. Doch erst, wenn Walter zu Bett ist, denn er in noch zu klein und plappert Alle» an». Und dann braucht er auch nicht» abzubabc» von den schöne» Dingen, die Ihr mir geben sollt. Cr ist ein Zunge und braucht nicht»." „Madel, Mabcl", tönte jetzt die schrille Stimme Dir». HcraldS von der Laube her. „Unnützes Geschöpf, was tönst Tu da auf der Bank'?" „Zch »nlcrbalte mich mit den cingcspcrrtcn Schwestern", ries Madel in artigem Tone. „Sic langweile» sich in ihrem Gefängnis;'" „Wirst T» da fortgchcn. Tu Unband!" schalt die Mutter. „Tu bist mein Kind »nd ball mir zu gehorchen." „Geh", sagte Margot, fügte dann aber im Flüstertöne hinzu: „Tn hältst Wort ?" „Verlaßt Euch auf mich!" Geschickt wie eine Katze war sie kcruntergcsprungen. Margot und Clsbcth hörte» draußen noch die scheltende Stimme der Mutier; sic saben sich Veite traurig a» und reichten sich die Hank. „Wie mir diese Heimlichkeiten mit dem Kinde wider stcken!" nicinte ClSbetk mit Tbränen in dem Blick. „Und keck,", warf Margot ein, „bleibt uns nicht» Ankere», als ihre Hilfe anzuncbmen, wenn wir nicht ruhig abwartcn wollen, was hier mit nnS geschieht." „Rimmermebr!" rief Clsbcth beklommen. „Fort von hier, so rasch wie möglich " MrS. Herald war draußen in einer Aufregung, wie sic sie noch nie empsnndcn. Lange Zeit batte sic mit Bels»; bc ratben, was zu tbnn sei. Sic sagte sich, daß sie Vu Im»,,»,; gespielt. — Tie Liebe von Cl-bctb und Margot batte sic durch die Vorfälle de» Tage» vollständig cingebüßt. Desto fester war sie entschlossen, sic bei tick, zu kalten, koste c». wa» e» wolle. Waren sic doch ibre Kinder, und sie lief bei dem Gcwaltact, den sie für kurze Zeit gezwungen anSüble. keine Gefabr. — Aber ihren Blicken zu begegnen, da» vermochte sie doch nicht mehr. So sandte sie denn das Esten durch 4»rtra-Beilagen (gelalzkl, nur mit der Morgen-Ausgabe, odne Poslbeiorderung ./t 60.—, mit Poslbesvrderuug 70.—. Ännatimeschluß für Änmgen: Abend-AuSgabe: Vormittag« 10 Udr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4 Udr. Tonn- und Festtags srud ' .0 Udr. Bei den Filialen »nd Annahmestellen >« eine halbe Stunde jruber. Anzeigen suid stets an die Eppedilio» zu richte». Druck und Verlag von E. P olz in Leipzig. 87. Jahrgang. Ernennung Ria; Pascha » zum Ministerpräsidenten, nm so mebr, als dieser in den letzten zwei Zähren, die seit seiner letzten Präsidentschaft verflossen find, sich mit den englischen Reformen, insbesondere not der neuen Zustizpslege, befreundet Hai. Ter junge Kbckive bat eine vollständige Niederlage erlitten und cr wird so bald nickt wieder dicRcigung verspüren,dem 'Willen Englands zil trotzen. Ter Triumph Englands ist um so vollständiger, al» auch die 'Botschafter Frankreich» und Rns; laut» in London fick beeilt haben, da» Geruckt von sran zöusch russischer Eliislnßnabinc aus den Vieclönig in einer llnierrctung mit Lord Roseberp zu dementiren. — Dem gegenüber bat vorderhand Dcvclle» m den bekannten Wen- düngen abgegebene Erklärung von der ruhigen Würde sdiescr ewig ivieterkebrente Ausdruck bekommt nachgerade einen höchst komischen 'Bcigcscbinack, womit Frankreich über Erhaltung der Selbstständigkeit EgnplenS wacken werte, lediglich akademische Bedeutung. Tic Frage liegt einfach so: will Frankreich um Egnplcn Krieg sichren oder nicht'? Zsl letztere» der Fall — und Alle» spricht dafür —, so wird Lord Roscbcr» Frankreich nicht nm Finger» Breite entgcgcnkommen. Ta» weis; die französische Presse auch ganz gut »nd darum ergebt sie sich in den deftigsten ZorncSausbrüchen. die leider nickt verhindern können, das; der arme junge Vieclönig die ibm witersabrcnc Tcmülbigung ruhig hinunter- ivlirge» muß. Tie von Wadtington dem englischen Minister der an»wärtigcn Angelegenheiten überreichte Rote der französische» Regien»»; wird an riesen Tbatsacbcn nickt viel ändern und auch die Proteste der russischen Presse werten nur schätzbare» Material für den Papicrkorb bilden. Es bantelt sich hierbei lediglich darum, in Form akademischer Erörtcrnngc» den Erfolg der englischen Tiplomalie etwa» zu beeinträchtigen, wa» aber nicko gelingen wird. Zolin Bull bat sich in dem vorliegenden Fall n,ulkiger und stärker de- . wiesen, al» seine beite» europäischen Mitbewerber in de» Angelegenheiten Egnpten». Deutsches Reich. *r. Vrimmitschliu. io. Zanuar. Nächsten Sonnabend, den 21 Zanuar d. Z.. Abend» Ubr wird der RcichS- lagoabgeortneie I>>. Ts an» au» Tarmstakl im hiesigen rcichslrenen Verein und zwar im großen Saale de» Vereins Hofe» nbc>' die Militairvorlage spreche». E» erscheint außerordentlich tankcnswcrth, daß ein so namhaslcr Parla mentarier und vortrefflicher Redner wie der Abaeordnetc Iw. Tsaun gerade jetzt im kritischen Ctatinm der Äiilitair vorla.ze dieselbe vor den Wählern öffentlich erörtert. Iw. Tsann ist übrigen» auch Mitglied der II. hessischen Sländclanitticr und Vorsitzender de» Lankc»au»scbusscS der ualionallibcralen Partei im Grosilicrzogtl'nin Hessen. Berit», Zanuar. Zn der gestrigen Sitzung der MiliIair c o in inisfio n äußerte Herr Lieber: „Die Redner des Cciilrnm» haben fick, durchau» gleichförmig zur Vorlage geäußert." Da» ist nicht zutreffend, Herr v. Buol bat ein Hi»a»»gekcn über die jetzige Friedensstärke nicht entschieden bekämpft, wie I w. Lieber allerdings gclban dal. Tie ablehnende Erklärung Lieber'» braucht also noch nicht als das letzte Won des gan zen Centn»»» angesehen zu werten. Wie Herr p. Vuol, legte auch der zweite Cciilruinorekner da» Haupt gewicht aus die Abneigung der 'Wähler gegen die Vorlage. Herr Lieber war sogar ossenberzig genug, zu beinerten, er jage Rein, weil er dem Centn»» nicht zn erleben wünsche, was den Ralio»all>berale» iKll» bei den 'Wal,len passirt sei. Ein interessanter 'Beitrag zur Naturgeschichte de» Repräsen tativst,stcms! Zcdcnsallü betrachtet da» ganze Centn»» die eiitgiliige Abstimmung lediglich unter dem Geii<1,tspnn>.t de» Parteiportbcil», und a»S diesem Grunde liegen geänderte Entschließungen nicht außerhalb de» Bereiches der Möglichkeit. Erleichtert hat der Reichskanzler den Abgeordneten die Vcrthcidignng eine» nicht durchaus ablehnenden Volum» vor ihren Wählern allerdings auch gestern Vetsy hinein und stand selbst an der Tbür, den AnSgang zu bewachen. Mabrl aber verbot sic jeden ferneren Verkehr mit den Tck,wcster». Wie langsam die Stnndcn bi» zum 'Abend dal'insckilichcn? "Voll Sorge betrachtete Margot die Schwester, die ganz in sich znsaniincngcsniikcn, still brütend vor sich hin starrte. „Ta» geht nickst so, Elsbetb", inakntc sic, wirklich, da» geht nickst. — Tu wirst noch krank werden, wenn Tu Tick, so ganz Tcincil trüben Gedanken bingiebst. Suche Tick, bcransznrcißen! — Sieb liier — da liegen ja eine Anzabl Bücher, schlechte Schmöker gewiß, aber schadet nicht». — Heule erfüllen sic sicher ihren Zweck, sic zerstreuen, und ist c» da» dümmste Zeug — c» zielst Dich von dem Zammcr der letzten Sluntcn ab." Fast gewaltsam drückte sie der Schwester ei» Buch in die Hand, während sie selbst ein andere» ergriff, nm sich ganz in die Lcetiire dcstelbcn zu vertiefen. Auch Clsbcth ver suchte, dem Wunsche Margcl's nachzukemmcn, aber sic vcr niockste c» nickst Tic 'Buchstaben tanzten vor ihren Aiigen, und nnansbörlick, fühlte sie r», wie einen pl»,fischen Schmer; am Herzen, da» nock, imincr in hastender Unruhe schlug. Um die Sck'wcstcr nicht zu beunruhigen, hielt sic sich mindeste»» still. Erst al» c» dunkel wurde, legte sic da» Buck, an» der Hand. Ru» klappte anck, Margot, zufrieden, das; Elsbetb Znteresse an dem Leien gehabt zu haben schien, das ihre zu sammen. ,.Wa» für gräuliche Lcclürc die Mutter bat! Ack>. wenn Tante Homberg wüßte, daß ick, eine» französischen Roman gelesen — ick, glaube, sic mackste vier 'Wochen lang an» Angst, das; die Lcetiire mich moralisch verdorben haben könne, kein Ange zu. — Tu scheinst besser davon gekommen zu sein — ein Rcclam — etwa» Elastisches vielleicht'? —" Elsbetb wurde der Antwort überholen: denn in diesem Angcnblick öffnete fick, die Sckilasziinmcilbür, mit Bern» erschien mit einer angezüttkelen Lampe in derselben. Mistreß ließe sragcn, ob c» den Damen gefällig sei, zu Belte zu geben — Tic beiden Mädchen saben sich betreffen an. Hielt Makel nickst Wort, konnte sie c» vielleicht nickst balle» ? — Aus dem Schlafzimmer gab cs keinen Ausgang, als hier FeniHetsn. Für die Ehre der Familie. Roman von Clarissa Lohde. S!i«btruL verdotcn. sFortsetzung.) Sie lachte jäh aus: „Glaubt Ihr, daß die Liebe zu Kindern, die ick, kauni kenne, allein mich nach Deutschland geführt bat'?— T nein, man lernt in Amerika praktisch sein, und da» Angenehme mit dem Nützlichen verbinden." Elsbetb, die sich mühsam bisher aufrecht erhalte» batte, sing bei diesen bobnvollen Worten zu zittern an und ließ sich aasstöhnend in einen Stuhl gleiten. „So sind wir Gefangene ?" fragte Margot mit zusammen- gepreßtcn Zäbnen, während Sorge um die Schwester. Ab scheu und Widerwille vor so viel Niedrigkeit in ihr kämpften „Ta Zhr eS nickt anders wollt, ja," rief MrS Herald und verließ da- Zimmer, die Tbür hinter sich zuschlagend und den Schlüssel umdrckcnd. Margot stürzte zu der anderen, nach dem Flur führenden Thür, diese aber batte Belsy, die im Aufträge ihrer Gebieterin horchend an derselben gestanden, auch schon zugesperrt. „E» ist die Strafe dafür, daß wir heimlich fortgingen", klagte Margot, „Unsere Pslegeeltern batten wohl gewichtige Gründe, uns der Mutter fern zu halten —" Elsbetb rang die Hände: „Margot, Margot, was bat man mit uns vor?" „DaS weiß ich nicht, jedenfalls aber nichts Gutes —" „So laß uns fliehen, Margot; ist mir dock, als würde jede Minute, die wir noch länger hier verweilen, an uns zum Vcrbänzniß." — „Fliehen, doch wie? — Du siehst, die THUren sind versperrt —" „Aber die Fenster? — Es kann nicht hoch sein b>S zum Erdboden —* Margot'S Blick überflog eben die Scheiben, da wurde ein Gesickst an denselben sichtbar. „Mabcl!" rief Margot erstaunt. „Lcsine", tönte es von draußen — Margot folgte sogleich der 'Aufforderung. „Wa» willst Du, Kind?" fragte sie. „Euch Helsen", war die mit einem leisen Kickern gegebene Antwort. „Zch weiß, inan bat Euch cingcsperrt, und ich möchte gern der Mutter ein Schnippchen schlagen." Margot wechselte einen raschen Blick mit der jetzt auch zu ibr bcrangetrctcnkn Schwester. „TaS willst Du wirklich?" fragte sic. „Freilich, dazu bin ich hier, doch unter einer Bedingung." „Und die wäre?" „Daß ElSbetk mir den schönen Brillantring schenkt, den sic an der Hand trägt und Du da» Armband mit den Rubinen." „Das Armband sollst Du haben", eistgegnetc Margot rasch. „ElSbclk aber darf den Ring nickst fortgcbe», c» ist ibr VerlobungörinA." „Ach. Elsbetb ist verlobt?" rief Madel mit weit geöffneten Augen. „Das wußte ich ja nicht. Und dann weint sic? Bräute müssen doch fröhlich sein." „Aber sic sebnt sich »ach ihrem Verlobten und deshalb ist sie traurig, weil man nn» von hier nicht sortlasscn will" „Warum ist sie denn ven ihrem Verlobten sortgegangcn'?" fragte Makel. — „TaS hätte ick nicht getlian — und »och zu Mama, die sich doch aus uns Allen nicht» macht." „So, weißt Tu da» auch schon?" fragte Elsbetb traurig. „Za. Warum sollte sic sich denn auch au» uns etwa» macken?" subr Madel fort. „An» mir wenigsten» mackst sic sich gar nicht»; denn ich koste ibr Geld, »nd da» bat sic nickst. Wäre ick erwachsen und hätte auch Anbeter oder einen Verlobten, der niir einen solchen Ring schenkte, wie Elsbetb », dann wäre e» vielleicht etwa» Andere» " „Sprich nickt so leichtfertig", schalt Margot, — „sage lieber, wa» D» für unsere Befreiung tbun kannst." „Za. erst schenke mir etwa», dann will ich'S Dir sagen. Deine schöne Brosche — Elsbcth —" Elsbcth wollte der Aufforderung folgen, aber Margot wehrte ihr.
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