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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 21.02.1893
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-02-21
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18930221018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893022101
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893022101
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1893
-
Monat
1893-02
- Tag 1893-02-21
-
Monat
1893-02
-
Jahr
1893
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1236 „Meistersinger von Nürnberg" statt. Di« Vorstellung be ginnt, vieliaihen Wünschen zusolge, um ' .7 Uhr lanslatt, wie zuerst bekannt gegeben, um 6 Uhr). — Im Alten Theater wird der beiter« Schwank: „Zwei glücklich« Tage" wiederholt. — Schöuthan'S Schauspiel „Da» goldene Buch", in welchem grkedrich Haase al« „LasanLkq" am kommenden Sonnabend sein hiesige» Gastspiel beginnt, hat am Tre»dner wie am Münchner hoslheater eine» glanzeuden Ersolg errungen. Ta» Stück spielt in de» ersten Gestllschast-lreiien und hat einen ebenso eigenartigen, wie sesselnden Cvnflict zum Gegenstand« seiner Handlung. 8. Da» Marine.Panorama im Krystall-Palast, den Einlauf eine» Lccandampsers in den Hase» von Ncw-jstork dar- stellend, gemalt von Hans Petcrsen iu München, zahlt entschieden zu den erste» Sehenswürdigkeiten unserer Stadt. Ter norddeutsche Lloyd in Bremen hat die Originalansrüstung de» Dampfers „Lahn" zum Zwecke der Ausstattung der Eajülcnräume zur Verfügung g»> stellt. Nach dem Verlassen dieser eleganten und inleressauten Raume bcgiebt man sich nach oben und befindet sich dann in der Tbat o» Bord de» OceandampferS „Lahn" mitten im Hasen von New-?)ork. Wie wir hören, wird dieses hochinteressante Panorama nur kurze Zeit hier verbleiben, dasselbe ist täglich von früh 9 bi» Abend» 11 Uhr geöffnet. — Am Sonntag fand im Etablissement „kaiserhallen" bei aus- verkaustem Hause ein humoristische» Gesang».Concert der beliebten Leipziger Quartett- und Eouplet-Sänger, der Herren Klein, Prügel, Jentzsch, Seidel und Gebrüder Schmidt, sowie des vorzügliche» Tamendarsteller» Herr» Welty Gerston statt. Tie genannten Herren verstehen e» vortrefflich, dem Publicum einige genußreiche Stunden zu bereiten, denn es war ein gut ge- wählte» Programm, welche» vorlag; dasselbe wurde auch in allen seinen Theilen gut auSgesührt. Die vorzüglichen Leistungen fanden uach allseitig«» Beifall. o. Plagnnt;, 21. Februar. In der Kirche zu Plagwiy vollzog am Sonntag Vormittag Herr Superintendent II. Pank unter Assistenz de« OrtSpfarrerS Herrn Schmidt und de» Diakouus Herrn Dietrich auö Lindcnau die Ordination und Einweisung de» für Plagwitz bcstiiumten neuen HilfSgeist- licben Herrn Hcinpel. Der Herr EphoruS legte seiner Aw spräche an den jungen Diener des Herrn die Epistel de» Tags zu Grunde und führte ihm die Pflichten seine» Amte» m eindringlichen und herzlichen Worten vor. Eine herrliche Motette von Schurig: „Sei getreu bis in den Tod", vom Kirchengesangrercin gesungen, sowie dir Feier des heiligen Abendmahls beschlossen diesen Theil, worauf der Gottesdienst seinen regelmäßige» Fortgang nahm. Auf die überaus zahl reichen Kirchcnbcsucher hatte die ganze Handlung, welcher selbstverständlich der gesammte Kirchenvorstand beiwohnte, einen tiefen Eindruck gemacht. 8 Linde»«», 20. Februar. Ter Gastwirthsverband zu Lindcnau scierte am vergangenen Donnerstag in den reich decorirten Räumlichkeiten des Gasthauses zum deutschen Hause sein 12. Stistungsfest. Für eine überaus große All Wechselung in der Unterhaltung war durch die Herren Vorstand». Mitglieder, an deren Spitze al» I. Vorstand Herr Ködderitzsch sieht, Sorge getragen. Das getroffene Arrangement entsprach den Erwartungen in ,cdcr Hinsichl. Die Unterhaltungsmusik wurde von der Capelle Le» Herrn Musikdirektor Weide auS Leipzig, welcher ständig in den Sälen obigen Etablissements zum Reigen ausspielt, in bc>ter Weise auSgesührt. Die von den Herren Ködderitzsch, Feudel und Rcimann ausgedrachtcn Toaste waren schwungvoll und sanden Len lebhaftesten Beifall der Festtheilnehmer. Auch de» umsichtigen Wirthes Herrn Klinger sei verdiente Erwähnung gethan, welcher unentwegt bemüht ist, seinen Gästen mit vorzüglichen Speisen und Getränken auszuwarten, wa» von den Mitgliedern de» Verein», sowie den anwesenden Gästen allgemein anerkannt wurde. Sämmtliche Besucher diese» Feste» ver liehen erst spät die ihnen werth gewordenen Localitäten mit der Versicherung, Eintracht und Kollegialität auch in Zukunst unter allen Umständen aufrecht erhalten zu wollen. Id. Lknlzsch, 2». Februar. Ter hiesige gemeinnützig« Verein beging Ende voriger Woche die Feier seine« dritten trage folgte lauter Beifall, und mehrere Redner sprach«, i, der DiScusfion ihr Einverständnis mit dem Gehörten auS. Dresden. 20. Februar. Der König hat die erledigten Revierverwalterstellen aus Erlbacher Revier im Forstbezirkr Auerbach und und auf HinterhermSdvrfer Revier im Forst bezirke Schandau den seitherigen Forstassessoren Johanne» Jordan auf Glastener Revier im Forstbczirke Grimma und beziehentlich Franz Richard Sinz auf Raschauer Revier im Forstbezirke Schwarzenberg unter Ernennung derselben zu Oberförstern zu übertragen. — Der König hat genehmigt, daß der Kaufmann Alexander Krutzsch in Leipzig den ihm von dem Fürsten von Schwarzburg-SonderShausen verliehenen Titel Hoflieferant annehme und führe. L Dresden, 20. Februar. Heut« Nachmittag 5 Uhr fand bei dem Prinzen Friedrich August ein größeres Herren diner statt, zu dem mehrere Generäle und RegimentS- commandeure, der kaiserl. Marine-Resident Graf Wallwitz, mehrere Kammerberren, da» Directorium de» Großenhainer Hetzclub» und einige Herren, bei denen der Prinz als Gast gejagt ha», mit Einladungen beehrt worden waren. Dresden, 20. Februar. Nach einer Bekanntmachung der königlichen BrandversicherunaSkammer läßt die durch die zahlreichen Brände im Jahre l892 veranlaßt« außergewöhnlich starke Inanspruchnahme der Mittel der LandeSbrandversicherungS-Anstalt eine Ermäßigung der Brand- versicherungS-Bciträge im laufenden Jahre nicht thunlich er scheinen. ES werden daher die gedachten Beiträge im Jahre 1893 in der gesetzlich bestimmten Höhe von 3 Pfennigen für dir Beitrags-Einheit, und zwar mit 1>/, Pfennig am 1. April und 1'/, Pfennig am 1. Oktober d. I. erhoben. 2? Dresden, 20. Februar. In der Nacht vom Sonnabend zum Sonntag verstarb hier der königl. sächs. Geheimrath a. D. Carl Hermann von CrauShaar. Verein für die Geschichte Leipzigs. Herrn Gärtner Knolle» >k a kvb-Lentzjch, Prächtig Stiftungsfestes in den durch Lindcnau und Dccorateur Gustav geschmückte» Räumen des Ring'schen GastboseS. Zur Eröffnung des Festes spiclle die gesammte Capelle dcö königl. sächs. 8. Jns.-Rcg. „Prinz Johann Georg" Nr. 107 unter Leitung deS Herrn Musikdirector Walther die Tcllonverlure, an welche sich ein Andante von Beethoven anschloß. Hierauf be» willkommiictc der Vorstand des Vereins, Herr Glaser meislcr Julius Türke, die Gäste und Mitglieder auf daS Herzlichste, sprach den wärmsten Dank aus gegen alle Mitwirkende zum Gelingen des Festes und ermahnte die Mitglieder, der Parole des Vereins immer treu zu bleiben Unseren Ort zu heben und eine gute vaterländische Ge sinnung sieb zu erhalten und immer zu beweisen. In patriotischer Weise feierte er den König Albert und den Kaiser Wilhelm. Mit einem stürmisch erwiderte» Hoch aus beide Majestät?» schloß der Redner, worauf die Capelle die KönigShymne inionirle. Mit weiter wohlgclungenrn Vor trägen deS Orchester» nahm hieraus daS Concert seinen Fort gang. Ein Ball beschloß daS sehr schöne Fest. tr. tzhrmnttz, 20. Februar. Am Sonnabend Nacht in der zwölften Stunde ist ein Rangirer ans dein hiesige» Haupt bahnhvf beim Ankoppeln von Wagen eine« RangirzugeS mit der Fußspitze in einem Herzstück des Gleise- hängen ge blieben, konnte sich in Folge dessen nicht mehr rechtzeitig entscrnen» wurde von dem ansabrendcn Zuge über fahren und sofort getödtet. — Heule früh 8 Uhr ent stand aus bi« jetzt noch unaufgeklärte Weise in einer Färberei in der Hartmannstraße Großfcner. Es brannte daö Trocken- hau«, in welchem eine große Anzahl Garne ansgehängt war. Tie rasch berbeigeeilte Feuerwehr wurde deS Feuers, welche- aus erwähnte» HauS beschränkt blieb, nach kurzer Zeit Herr. Das TrockcnhauS ist völlig ausgebrannt; i» Folge Ver brennen» der großen Garnvorrathe ist ein bedeutender Schaden entstanden. b' Burgstädt, 2V. Februar. Nach einer am Sonnabend beim birsigcn königl. Ainlsgericht cinzcgaiigenen Verordnung des Ministerium» der Justiz ist AmkSgerichtSrath Bret schneidcr hier vom t. April d. I. ab zum Oberamts richter ernannt und an daS Amtsgericht Freibrrg ver setzt worden. t. tkriiiimltschg», >9. Februar. Im „BcreinShos" sprach gestern Abend aus Veranlassung deS diesigen „Reichs treuen Verein»" der frühere ReichStagSabgeordnete Amtsrichter Kulcman» an» Braunschweig über „Die Nolblage der gewerblichen Mittelklassen". Dem 1' rstüudigen Verträge wohnlcn ca. 400 Personen auS allen Kreisen unserer Stadt und der Umgegend bei. Mit klaren ulit überzeugende» Worten schilderte der auf diesem social politische» Gebiete scbr bewanderte Redner die beutige Lage dcö Handwerkers, der durch die Schaffung der Kranken Alters- und Invalidcncasscn schwer belastet und doch in manchen Fällen schlimmer daran ist, als sein von ihm bc schäfligler Geselle. Hierzu kämen noch die Schäden durch die Consimiverciiie, Bazare not die Großindustrie, Ab zahlungSgeschäsle u. dergl. Znr Besserung der bedrängten Lage der Handwerker empfabi der Redner die Orgrnisakion derselben, denn nur dadnrä' könnte» sie zur Geltung konimen, wie dies die Arbeiter bez die Socialtemokratie sebr deutlich zeigen. An Stelle de» von der Regierung abgelebnlen Befähigung« Nachweises verlangt Herr Kulemann die Einführung einer farullaliven Prüfung durch den Staat, wodurch der Ebren- tilel „Meister" erworben und verliehen werden könne. Außerdem sei znr Heranbildung der Lehrlinge der obligatorische Besuch vc» Forlbildnugs- und Fachschulen zu erstreben und die Errichtung von Gewerbekammern wünschcnSwcrtb Nicht glücklich würde die Bildung einer besonderen Hantwerkrr- parlci sei», noch weniger könne rin Segen von dem Eintritt der Handwerker in die anliscmilische Agitation erwartet werden In der Ucbcrzeiigung, daß ein gesunder Mittel stand die Hanplslütze des Staates sei, möge dieser Stand aus da» Kräftigste für seine Hebung eintretcn, ebe er von der Eocialdemokralie und der Großindustrie vernichtet sei, denn dann wären wir am Vorabend der Revolution Dem Vor Tie Abendversammlung deS Verein» für die Geschichte Leipzig» im oberen Gesellschaft»^»!« de» Thüringer Hose» am letzten Milt- wach wurde vom Vorsitzenden Herrn Eduard Mangner mit Verlesung der Namen ncueingetretener Mitglieder eröffnet. Ihr folgte der vom Vorsitzenden übernommene Bortrog, welcher den „Calvtoistifchen Aufruhr zu Leipzig im Jahre 1593" be handelte. Nach der vom Kurfürsten August betriebenen Unterdrückung der Melanchlhon'fchen Glauben-anschaunngen, besonder» über Taufe und Abendmahl, die de» calvintslische» ähnelten und deshalb ihre» An hüngern den Beinahmen Lryptocalvinisien eintriigcn, wurde den orthodoxen Lutheranern der weiteste Svieiraum geboten, welchen Unisland auch der KaiholiciSmu» zu benutzen versiand. Die Folge war, daß der i» Sachsen erstandene Protestantismus nunmehr feinen neuen Hort in Brandenburg fand. Nach Kurfürst August» Tode — am II. Februar 1586 — huldigte tndeß fei» Sohn und Nachfolger, Christian, ebenfalls Melanchthon'S Reliaionsansichten, und e» begann ein energische» Vorgehen gegen die Orthodoxie, wobei der ebenso gelehrte als aufgeklärte Staats- tanzler Lrest und fein gleichgesinnter Anhang mit rücksichtsloser Energie zu Werke ginge». Tie Orthodoxen waren auch nicht müßig und trugen von den Kanzeln den Haß gegen den Calviniemu» aus da» gemeine Volk über. So konnte es geschehe», daß in Dresden ein Fleischer den Geistlichen in der Kirche mit einem Beile bedrohte, wenn er bei der Taufe seine- Kinde» nickt die TelistlsauStreibung vornehmen würde. Unter Erell'S Gegnern befand sich in erster Linie auch der Leipziger Superintendent Or.-Nikolau» Selneccer, der trotz de» Kanzler» strenger Verordnung, auf der Kanzel all« Schmähungen und Angriffe gegen Andersdenkend« zu unterlassen, sich die wüthendslen Auesälle gestattete. Schenk doch den bösen Buden ein und laß sie sausen die höllische Pein! schloß er einst seine Predigt in der ThomaSkircke. Er wurde feine» Amte- al» Superintendent entsetzt und dieses dem freisinnigen Pastor Harder qn der Ntcolaikirche übertragen. Zum Pastor an di« Thomaskirche berief Crell den ebenfalls freisinnigen I)r. Christoph Gundermann aus Halbersladt. Ta starb am 25. September der erst 31 Jahre alte Kurfürst Christian plötzlich am Schlagsluß und nun trat ein gänzlicher Umschwung ein. Ter Vormund de» minorenem Kurfürsten Christian II. und Landesadministrator Herzog Wilhelm von Sochjcn-Altenburg, ebenso wie die verwittweie Kursürstin waren streng lutherisch, und mit neuer Gewalt wiederholte sich, wie zu Kurfürst August'» Zeiten, die „Calviniilenhetze". Ter FanatiSmn« ergoß sich auch gegen den Leipziger Bürgermeister 1>r. Daniel Schönherr, der obgesetzt und zu „einer Strafe" von 4000 Thalern verurtheilt wurde. Die Hosprediger Salmulh und Steinbach in Dresden und Professor Pinn» in Wittenberg wurden verhaftet, auf einem Landtage in Torga» «ine Kirchenrevision beschlossen und ein Retigion-e>d eingesührt. Ter Pastor an der Tdoiiiaskirche, Pastor Gundermann, fühlt« sich unter solchen Verhältnissen auch unsicher und machte sich am I. November 159l heimlich davon, wurde aber versolat und halb sreundlich, halb drohend wieder zur Rücklehr nach Leipzig gezwungen. Wenige Taae nachher wurde Gundermann, wie er ging und stand, mit Lstentation in seiner Wob nung verhaftet und unter dem Gejohle de» Pöbel» nach der Pleißenburg in» Gcfängniß geführt. Hier schmachtete der Unglückliche, an Geist und Körper gebrochen, bi» zum 20. Mai 1592, wo man ihn, gegen eine schriftliche Revocatio» seiner Jrrlhümcr, entließ, und ohne daß er in seine Wohnung zurückkcdren durste, aus der Stadt brachte. Während seiner Gesangenlchaft hatte sich Gunder- monn'S Gattin an» Verzweiflung erhenkr, wovon der Verwiesene erst unterwegs, nach seinem Heiniathsorte Kahla, zufällig Nach rieht erlangte. Sine Erinnerung a» ihn, der wohl auch Botaniker gewesen sein muß, hat sich bis zum heutigen Tage ini Namen des bekannten „Kräutlein Gundermann" erhalten. Sein unglückliche» Weib zeigte sich nach den» Volksglaube» immer kurz vor de,» Tode eines Superintentente» al» Gcipenst, so »och in der Milte de» vorigen Jahrhundert», wo binnen 20 Jahre» drei Superintendenten, Deuting, Slcmmler und Babrdt, starben. Seit dieser Zeit hat die spukende Psarrsra» die Lebenden in Ruhe gelassen. Die vom Laiidesadiuinistrator Herzog Wilhelm eingesetzte Com Mission für Ausrottung de» CaiviniSinus verfolgte ihre» Zweck mit Eifer und sanatischer Rücksichtslosigkeit. Verfuhren diese Visitatoren doch so penibel, daß sie vom Nicolaikirchthurme in Leipzig Len im vorigen Jahr« aulgesetzten Knopf herabnehmen und öffnen ließen, weil i» demjelbe» bedenkliche Schriftstücke unter- gebracht worden sein sollten. Man hielt diese Knopfabnahme sür ein so wichtige» Ercignlß, daß sie in einem dieselbe darstellenden Holzschnitt verewigt wurde. Dieser Holzschnitt und einige andere aus dir Leipziger Calvinistenhetz« bezügliche Abbildungen befinden sich in der Sammlung de» Verein» sür die Geschichte Leipzig» und waren zur Illustration de» Vortrag» auSgelcat. Ti« Verbissenheit und unvergleichliche Derbheit, womit die Leipziger Theologen sortsuhren, da» ohnehin schon ausgebrachte gemeine Volk weiter auszuhetzen, war von gefährlichen Folgen. Der Bildungsstand de» Volke- besand sich damals auf so niedriger Stufe, daß e» überlegener Geisterkrajt leicht möglich wurde, e» zur Wuth auszureizen und ihm die Bahn derielben vorznzeichnen. Heber die Befangenheit i«ne» Zeitalter» berichte» noch viele Ueberlieserungen, so über ein Katzengespens» im Jakobtlazareth, blutend« Hirschgeweihe, zaubernde Todlengräber, Selbslumwendung der dreifachen Sanduhr in der Ralhrslube und andere aus Unwissenheit, Betrügerei und albernem Geschwätz beruhende Ungeheuerlichkeiten. Hierzu kamen Svotllieder, Schmähschriften und Erzählungen aus der Vierkant und dazu noch die Hetzereien von der KanzelI Aus diese Weise bedurfte es nur eine» Anstoßes, um den Groll deS niederen Volke» zum offenen Ausbruch zu dringen. Die Gelegenheit fand sich durch ein Gaslgrboi bei dem calvi nistischen Kaufmann Adots Wein Hausen, gebürtig au- der Schweiz, der sich 1585 in Leipzig niedergelassen hatte und da» Eckbaus am Salzgäßchen, gegenüber dem Naldhaus inne ball» Er war wegen seine» Glauben« ans Anregung de» Superintendenten Selneccer bereit» in Unannehmlichkeiten gekommen, und beim gemeinen Manne verdächtigt, deshalb aber auch vorsichtig geworden. Weindausen hatte medrere ans dem Schweizerlaade gebürtige Studenten in seinem Hause und an seinem Tisch», von welchen Einer den Ur. Samuel Huber, Prosessor in Wittenberg, kannte, der trüber in derSchiveiz gelebt hatte, aber au» dem Canion Bern vcrwieien worden war. Er schrieb deshalb gegen di» Calviiiistea rin« Schmadschrist, in der auch Dr Johann Ma,or, Melanchlhvn'» Nachfolger an der Universität Wittenberg und Proseffor der Dtchlkunst.der als Philippisl schon allerhand Trangsale erlitten batte, heftig angegriffen war. Durch eigentbümliche Verkettung der Umstände fügte e» sich, daß Huber und Ma>or, di« einander nicht persönlich kannten, veranlaßt durch einigt der bet Weinbausen wodnendeu Studenten, sich in dessen Behausung bei erwähntem Gastgebot tralea, und nachdem eine Erkennung statt gesunden und tüchtig getrunken worden, »in« Zänkerei entstand, »otei zwischen beide» «S f,ft zu Thättichkeiten gekommen wäre und Major durch Schtmvsredrn und Schmähworte Huber schwer beleidigte. Ldgieich nun di« Studenten, weich« Huber zu Gaste geladen hatten, ihn am nächsten Tage in seiner Herberge „Dem schwarzen Bären" aussucht«» uad baten, da» Geschehen» zu vergessen, renommirte Huber mit der ihm mehrfach erwiesenen Gnade und Milde de» Landes- administrotor» Herzog Wilhelm und erklärte, bereit» Rath beim Prosessor Schiller — einem streng luideiischen Theologen — ein- geholt zu haben und wo» dieser vorgeschlagen. werde oelchehen. Der Raid de» Prosessor« sollt» «erhangnißvoll werden. Anstatt Sühne und Abbitte für »ine in der Trunkenheit begangene Hebe» eilung in Vorschlag zu bringen, batte Schiller Huber gerathen, Weinbausen wegea seiner beim Gastmahle ausgesprochenen col- vinistischeo Reden zu denunciren. Tie» geschah und Weinhausen wurde vor den Rath gefordert und zur Rede gesetzt. Huber ver- langte dessen Verhaftung und von tbin eine bedeutende Geldentschä- digung, woraus indessen der Rath nicht «inqehen tonnte. Nunmehr begann Huber in der gemeinsten Weise zu Hetze», wobei er sogar egen den Rath, speciell den Bürgermeister Badehorn, agiljrte »nd " zu seinen Rachezwecken auch unter der Studentenichaft herumtrieb. Am 19. Mai 1598, einem Sonnabend, kam der Volk»« us stand zum AuSbruch. E» wurden an den Eckhäusern und Lollegien Zettel angeschlagen, worauf geschrieben stand, Laß Jeder, der ein echt lucherische» Herz hätte, sich Abend» 8 Uhr oui dem Markte ein finden möchte, um allda Weinhausen», de» Calvinisten, Haus zu stürme», und daß die Bürger, walche recht lutherisch wären, den Stürmern kein Hinderniß dabei thun sollten. Obgleich nun Wein- hauten gegen diese drohende Gefahr vom Rathe Schutz verlangte, wurde er mit nichttsaaenden Rede» abgewiesen. Und so ging denn zu angegebener Zeit der Tumult lo». Aul dem Markte hatte sich »in, meisten» aus Handwerksgesellen, dienstlosem Gesinde »nd halb wüchsigen Jungen bestehender Volkshausen zusammen gerottet, welcher an dem betreffenden Hause die Fenster etnznwersen begann. Einige Stadtknechte und die Bürgerwache rückten zwar gegen die Tuinul- tuanten an, auch wurde ein Büchsenschuß über ihre Kopse abgeseuert, aber Hierdurch die Aufregung nur erhöht, und die Wache mit Stein- würfen in» Rathhan» zurückgetrieben. Weinhausen war indessen auch nicht müßig geblieben. Als ein rechter Mann und unterstützt von einigen Freunden, vertheidigte er selbst sein Heim, und es wurden au- dem Haus« unter die tumultuirende Rotte Schüsse ab- aefeuert, die Mehrere verwundeten. Jetzt schlugen Tumultuanten die Hausthüre ein, fanden aber auch hier energische» Widerstand und wichen endlich gegen Mitternacht zurück. Ter süße Pöbel wurde durch die Unenlschlosicnhcit und Thal« losiakeit des Rath» und der kurfürstlichen Beamten immer frecher. Nachdem auch die Borstädter und von außenher zugeströmte Bummler sich an dem Ausruhr betkeiligt hatte», brachen sie Weinhausen'» Keller auf, soffen sich die seinsten Weine in den Hüten zu, schlugen den Fässern di« Böden aus und zertrümmerten Alles, was nicht wand-, niet- und nagelsest war. Gleichzeitig wendeten sie sich gegen die Häuser ailderer Verdächtigen, wo sie in ädnlicher Weise wirthschosteten, darunter auch der fremde Kausmann Hcydecker war, der aus der Flucht vor dein einbrechenden Gesindel vom Dache stürzte, und verletzt in einen Barbicrladcn gebracht, selbst hier keine Zuflucht fand und Rettung im Georgenhospital suchen mußte. Endlich mochte es den Vätern der Stadt doch zu bunt werden, denn sie forderte» die Bürgerschaft ans da» Rathhans und besahlen ihr ernstlich, dem Unheil zu st- uern. Ta ergriff ein Schneider aus der Ritter siraße das Wort, und gab dein Rathe seine Weisheit zuin Besten, mit der Erklärung, wenn alle Calvinisten an der Stadt gejagt würden, wollten sie den Tumult stillen Helsen. Der Rath begehrte erst sechs und als die» zu lange dünkte, drei Tage Bedenkzeit, mußte aber jchließlich sich der Forderung des Schneider» fügen, woraus eine mit achtzehn Namen bezeichnet!- Liste gefertigt, und die daraus Genannten der Stadt verwiesen wurden. Weinhausen'- Frau, die mit ihren kleinen Kindern dililos herum irrte und beim Ratde um Hille gefleht Halle, nahm endlich der Stadlvoigt Matthias Reiche bei sich aus, während ihr Gatte, unter dem Reiirocke der Jungfer Reifschneidcrin versteckt, in einem Wagen au» der Stadt entkomme» war. Er »nd die anderen vertriebenen Calvinisten san den zunächst Ausnahme bei einem Gesinnungsgenosse», dem Junker Moritz von Starichedel aus Markkleeberg. AlS di« Ruhe in der Stadt bergestellt war, mischte sich auch der Landesadministrator in die Sache und befahl Untersuchung de» Handels und Bestrafung der Schuldigen, auch mußten die Geistlichen von den Kanzeln gegen den Aufruhr und zur Versöhnung predigen. Bier Rädelsführer, der Kürschner geselle Ambrosi»» Barlich, der Maurer Georg Hempel, der Teichgräber Han« Winzer und der Ziniinergeielle Urban Güttner, wurden ans dein Markte enthauptet, erhielten aber ctn ehrliches Begräbniß. Ander« kamen mit Gesängniß und Geldstrafen weg. Gleichivoht äußer«« sich der Haß gegen die Calvinisten noch längere Zeit Lurch Brandstiftungen, Drohungen, Schmähschriften und Unduldsamkeit. An diesen unglückselige» Kirche,istreit knüpfte sich 25 Jahre später der schreckliche Krieg, welcher, au» den religiösen Wirre» entstanden, nachmals zu politischen Gewaltstreiche» benutzt wurde, 30 Jahre lang Teulickland, am schwersten aber Sachsen, mit Mord, Brand, Rand und Elend erfüllte »nd eine Periode des Rückschritts und der Verkommenheit hervorrics. wie die Geichichte Deutschland» keine zweite ousznweisen hat. — Damit schloß Redner seinen mit lebhaftem Tank ausgenoniniciien Vortrag. 'Nach Schluß des Vorträge» gab Herr Stadtbiblioihekar I)r. Ernst Kroker noch eine Mittheilung über „Leipzigs Bankerott und die Schweden in Leipzig seit 1642" (vergl. den letzten Jahr- ,ang des Neue» Archivs sür sächsische Geschichte und Alterthums- ünde). Freiwillige Darlehen wurden früher größeren Städten, die durch ihre Befestigungen »nd den Handel und Gewerbsleiß der Bürgerschaft desondcre Sicberhrit zn gewähren schienen, gegen Ver zinsung gern angebolen und vo» ihnen angenommen. Auch Leipzig lhat dies, »nd findet sich aber auch, daß die Stadt im ersten Jahr zehnt de« 17. Jahrhunderts in eincn Bankerott gerathen war, indem die Geldgeschäfte, welche der Ralh betrieb von >610 bi» 1628 mit einem Minus von mehr als vierzig Tonne» Golde» belastet waren, we»balb Kurfürst Johann Georg 1627 «ine Commission zur Untersuchung dieser Mißwinhschast ciusetze» mußte. Tie Hnndcrtk von Mahn- driesen an den Raid sind noch vorhanden und geben ein Bild von dem weitgehenden Betrieb» dieser Bankgeschäfte Was angeboten wurde, viel oder wenig, Alle» war willkommen und diente dazu, alte Schulden durch neue zu ersetzen, ein Brauch, der beute noch bei Gcldgeichäiten nicht selten vorkommt. Al- aber die Bestürmungen des Roths um Zurückzahlungen immer dringlicher wurden und endlich sogar auch die Zinse» ausblieben, entstand unter den Gläubiger» viel Jammern und Klage». Ein Augsburger Kauf mann schrieb sogar einen Mahnbrief mit seinem Bluie, worin er den Rath mit dem Teufel bedrohte. Diese Mahnbriefe entrollen aber auch ein Schreckensbild jener wüsten Zeit des dreißigjährigen Kriege», verbunden mit dem Wunsche, au» all diesem Eiend sich wieder riuporzuarbkitkn. Wie schwer dieses Krieg-elend auch Leipzig, das von 1642 bi« 1650 von den Schweden besetzt blieb, betroffen hatte, bezeugen zwei lateinische Schreiben, ein» von der Königin Christine von Schweden und die Antwort de» Raths durch de» Stodtichreiber Zeithops, die wir hier iu freier und ge kürzter Ueberieyung wiedergebe». Christina, von Gotte- Gnaden Königin der Schweden, Gothen und Wandalen, Großfürstin von Finnland, Herzogin von Esthland und Karelien, Herrin von Jiiaric» u. s. w. Der Ueberbringer diese- Brieses unser Diener Balthasar Kohl hat Uns allerunlerlhänigsl geklagt, Ihr wäret ihm eine kleine Summe Geldes schuldig, die er und sei» Bruder von seinem verstorbenen Vater geerbt hätten. Er hat bisher vergeben» bei Euch aus Be zahlung gedrungen. Deshalb bittet er »ns mit schuldiger Ehrerbietung, Wir wollten ihm in vieler Sache bcistebe». Nun kenne» wir zwar Li« Noth, in der Ihr jetzt lebt, ja wir haben deshalb Mitleid mit Euch. Ader da e» recht und billig ist, daß wirkliche Schulden bezadlt werde», konnten Wir Unserem Diener Unsere Hilfe nicht vertagen. Wir svrdcr» Euch ernstlich aus, ohne Verzug a» die Bezahlung dieser Schuld zu denken, wenn Ihr sie nicht aus einmal begleichen könnt, jo befriedigt Euren Gläubiger, wenigsten» in bestimmten Terminen. Bisher haben wir Euch nrcht durch kergleichen Forderungen beichwcrlich fallen wollen, obwohl wir ost angelegentlichlt von Vielen gebeten worden. Ui» so zuversichtlicher erwarten wir, daß Ihr Uniren Diener Kohl und seinen Bruder nun befriedigen werdet. Wir haben auch Unser» Eommondanten von Leipzig angewiesen, diese Angelegenheit zu be rrerden. Im klebrigen empfehlen wir Euch dem göttlichen Schutze Gegeben in Unserem königlichen Schloss« zu Stockholm am 30. Scp- temder 1647. Christin». Bus diese» am 10. Januar 1648 in Leipzig überreichte Schreiben antwortete der Rath durch seinen Stadtschreiber, im zierlichsten Latein, wie folgt: „Allernlauchteste und allermüchtlgste Fürstin und gnädigste Kö nigin und Herrin, den Briet Eurer königlichen Majestät vom 80. September verflossenen Jahre» Hot uns Balthaiar David Kohl im vorigen Monat unversehrt und unerbrochen überreicht. Wie schuldig Haben wir ihn in tiefster Unterwürfigkeit empfange», innig gerührt durch die Bezeugung de» Mitgefühls Eurer Majestät mit unserer armen Stadt." Wa» nun den Inhalt des Schreiben» betrifft, so erinnern wir »n» sehr wobl jener Schuld, die unsere Vorgänger >m Raihe bei Kobl ausgenommen haben Wir haben jenem Kohl auch schon 200 Thaler, di« wir mit Mühe aufgebracht haben, zurückgezahit. Und wenn wir nur mehr Geld hätttn, so würben wir gewiß „ich! nur mit Worten, sondern durch die Thal gezeigt haben, wie bereit wir sind, unsere Gläubiger zu befriedige». Wir hoben auch Kohl und seinem Bruder versprochen, ihnen noch Verhältniß unserer Einkünfte bei jeder Mess« ,i, Stück Geld zurückzuzahlen. Sollten wir aber — wa- der Himmel abwehre — in unserer Noth soweit kommen, daß wir überhaupt nichts mehr zahlen könnten, io sind wir des seste.-i Vertraut»-, Eure königliche Majestät werden in diesem Falle unser Unvermögen entschuldigen. Wir hoffen auch ferner, daß Eure königliche Ma>estät so lange, alt unsere Nothlage währt, die Ansprüche unserer übrigen Gläubiger nicht unterstütze» werde. Tenn wenn wir in unserer gegenwärtigen Lage noch mehr zahlen müßten, so müßten die Diener unserer Kirchen und unserer chule» ebenso wie die Rathtbeomten, die schon lange Zeit kaum die Hülste ihres Geholte» bekommen konnten, auch aus den letzien Pfennig ihrer Einkünfte völlig verzichte». Dana bleibt uu» nur der Tod übrig. Dürften wir Eure königl. Majestät hier noch länger belästigen, so wünschten wir bei dieier Gelegenheit, den elenden Zustand unserer Stadt Leipzig Eurer königl. Majestät allerunlerthänigst zu schildern. Blicken wir zurück auf die Zeiten al» Leipzig von den Truppen Eurer königl Majestät besetzt wurde! Damal« mußte» wir uns mit 150 000 Reichsthalern von der Plünderung loSkaufen. Dies« riesen- große Summe erschöpfte unsere Stadt säst ganz, Lena schon vorher waren wir eine Anzahl Jahre durch die täglichen Leiden de« Krieges bedrängt. Und dem Himmel sei e» geklagt, welch« Ausgaben die Be- satzling Eurer königl. Majestät un» weiterhin verursachte. Diese Ausgaben überschreiten bereit» die Summe von 429 000 Reichsthalern, die wir voni December de» Jahre» 1642 an bi» zum letzten Januar dieses Jahr,» in baarcm Gelbe bezahlen mußten. Die schmerzliche Folg« davon ist, daß ein großer Theil unserer Bürgerschaft an den Bettel- stab gekommen ist. Tie Uebrigen, geringer an Zahl, müssen um so mehr zahlen, aber auch sie sind nicht vermögend genug, die gewaltigen Laste» noch länger zu tragen, besonder» beshald, weil der Handel, von dem unsere Stadt lebt, schon so viel» Jahre darniederliegt. Unsere arme Stadt gleicht einem Schutthaufen. Allerchristlichste Königin und Heldiul Eure königlich« Majestät ist die einzige, die uns von der unerträglichen Lost der monatlichen Tributzahlungen an die Besatzung befreien kann. Wir flehen aus» Demüthigste, wenn Eure königliche Majestät etwa» an den An- gehörigen der Augsburgischen Confessio», an unserer Universität, an der Erhaltung unterer Stadt liegt, so wolle Eure königliche Majestät in Gnaden den Tribut jener 3000 RkichSthaler, die wir monollich der Besatzung zu zahlen haben, berabietzen und befehlen, daß unserer Stadt, außer dem verringerten Tribut, nicht» weiter auserlegt werde. Gott der Allgütige und Allmächtige erhalte Eure königliche Majestät in seinem Schutz! Dn» ist unser warmer Wunsch. Leipzig, am 18. Februar 1648. Eurer königlichen Majestät unterthäuigster, der Rath zu Leipzig. Johanne» Zeithops, Verfasser. Auf einer Beilage hatte der Rath die Summe der an die Schweden gezahlten 429 000 Reichsthaler genau speeificirt. Die Rechnung ist wie vorstehende Briefe interessant genug, um al- Beitrag damaliger Kriegsaniprüche mitgetheilt zu werden. Sie betrug für,.Schwedische Contribuiion vom December 1642 bi« Januar 1648 199 180 Thaler; Glockengelder 4000 Thaler; Ranzion 150 000 Thalrr; Servis mit Taielgeldrrn iür die Hoden Olficiere 24158 Thaler 21 Groschen 6 Pfennige; dein General sür Einquartirunq 2000 Thaler; schwedische Fuhren, so man bezahlen müssen, 13 364 Thaler 13 Groschen; Toldatenipeisung 2249 Thaler; Lonuniß-Konl 2981 Thaler; Fortisica- lion mit Baukosten 25 557 Thaler 3 Groschen; Servis den im Zwinger cinlogirte» Svldatcn 2429 Thaler; Lichte aus alle Wachen in den Posien und Zwingern 3053 Thaler. Vom Monat Februar bi» Ultimo Juli anno 1648 ferner Contribution 18000 Thaler, in Summa 447 017 Thaler 16 Groschen 6 Pfennige. Otto Moser. vermischtes. Merseburg, 19. Februar. Die Beerdigung de» ver storbenen früheren Reichstags- und La.-idtagSabgcordneten 4L öl sei fand beute Nachmittag 3 Ubr statt. Der größere Tbeil unserer Einwobnerscbast, die Mitglieder der hiesigen königlichen und städtischen Behörden, viele Collegen und poli tische Freunde de- Verstorbenen, die rum Tbeil au« weiter Fern- berbeigccilt waren, erwiesen dem so schnell Verschiedenen die letzte Ehre. Vereine und politische Körperschaften hatten prächtige Kränze gewidmet. --- LommersrlS, 20. Februar. DaS königliche Eisen- babnbetrieböamt macht bekannt: In der vergangenen Nacht sprang auS bisher noch nicht bekannten Ursachen die Locomotive des von Posen kommenden Persvnenzuge« Nr. 206 mit der vorderen Lanfachse aus dem Gleise, als er noch etwa N/» lem vom Bahnhöfe Erkner entfernt war. Der Zug kam aus kurze Entfernung zum Halten, so daß weder eine Beschädigung an den Betriebsmitteln, noch eine Verletzung von Personen entstanden ist. Die Reisenden wurden mit dem sonst in Erkner beginnenden Vorortzuge Nr. l098, der zu diesem Zwecke bis an die Unsallstelle ge bracht wurde, weiterbesördert. Die Strecke war gegen 4 Uhr Morgens geräumt, mußte aber bis heute gegen Mittag ein gleisig befahren werden, weil die Ausbesserung deS Geleises, an welchem ungefähr 120 Verbindungsstangen durch die entgleisten Räder zerbrochen bezw. verbogen wurden, so lange Zeit beanspruchte. Größere Verspätungen erlitten nur die Vorortzügc Nr. 1093 von Erkner und Nr. 1290 von Fürstenwalde. Nach Schluß der Nedacliou emgegange». * Berlin, 20. Februar. (Privattelegramm.) Heute fanden bier die Gewerbegerichtswahlen statt. Zu wählen waren 210 Arbeitnehmer und 2l0 Arbeitgeber. Nach social demokratischen Quellen war um 7 Uhr der socialdemokratische sieg der Arbeitnehmer entschieden. * Brest«», 20. Februar. Der Magistrat beantragte zur Ausführung größerer städtischer Unternehmungen die Aufnahme einer 3'/»proc. Anleihe von 9'/, Millionen Mark mit einprocentiger Tilgung. * Ltegnitz, 20. Februar. Bei der ReichstagSersatz- wahl wurden bisher gezählt für Jungfer (freisinnig) 4662, Kühn (Socialdemokrat) 3917, Hertwig (Antisemit) 2266, Gras Rothkirch (konservativ) 375 Stimmen. * Karlsbad, 20. Februar. Im Rudolfsschachte in Palschirn bei Chodan sind durch Einbruch vom Tagwasscr sechs Bergarbeiter verunglückt. * Paris, 20. Februar. AuS Lissabon wird grmeldet- Der König berieth beute mit den Parteiführern und Präsi denten der Kammern. Die Minister sind im Palai» ver sammelt. Gerüchtweise verlautet, e» sei eine MinistercrisiS eingetreten. * R«m, 20. Februar. Der Papst empfing heute den NeichStagSabgeortnetcn Grasen v. Ballestrem. * Lond«n, 20. Februar. (Unterhaus.) Fowlrr beantragte die erste Lesung der Novelle zu n Wahlrcgisterczesetze behufs schleunigerer, correctercr Eintragung der Wähler in die Wählerlisten. — Fowler führte auS, die Bill beseitige die DiSqnacifieirung bei Nichtzahlung der Localabgaben und mindere die Tauer zur Erwerbung deS Wahlrecht« auf einen notbwendigcn Ausentbalt von drei Monaten herab. Die Registrirunz erfolge unausgefordert durch die von den Stadt- rätden und GrasschastSräthen ernannten Registratoren aus Kosten der Localabgaben. Ter Wohnsitz in einem Districte von drei Monaten vor dem 25. December berechtige zur Uebertragung aus einen neuen Distrikt im Falle riueS Wohnungswechsel«.
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