Volltext Seite (XML)
2416 internationalen GewerkschastSConzrefse baden vornebmlich den Zweck, den Gewerkschaften durch Schaffung von Industrie verbänden, EartclS, Wikerstandöeaffen und internationalen Bureaup eine weitere Stütze ;n geben. — Ter Ausschuß des Vereins der Litkographeu, Strindrucker und Be- rusSgenossen Deutschland- bat eine ArbeitSlosen- Slatistik für Deutschland ausgemacht, sein Versuch ist aber wegen »langclnder Tbe.lnalnne der BerusSgenosie» gescheitert. Es tollte scstgestellt werden die Zahl der Arbeits losen in der Zeit vom l. bis zum 15 Iaiiliar, einer Zeit, in der naturgemäß auch in dieser Branaie weniger gearbeitet wird a!S sonst Nach 173 Orten wurden ,Fragebogen versankt, in 59 Orten wurden dieselben jedoch nur anögcfüllt und znrückgesandt In 2.', Stätten sollen 42 Lithographen und >77 Steindrucke«: arbeitslos gewesen sein, darunter 5» vcr- beirathete. Tie ArdeitSlosigleit babe zusammen 1894 Wochen und im Durchschnitt pro Person Woclien betragen. Als längste Dauer der ArbeitSlosiglcil sind 45 Wochen, als türzeste eine Woche angegeben. — Der Kaiser arbeitete beute Vormittag allein und machte mit der Kaiserin eine Svaziciiaiir, später arbeitete der Monarch mit den CketS des Militair- und teS Marine- ealineis und uabm Nachniittaz» militairische Meldungen entgegen — Wir baden von der Erklärung der „Nordd. Al lg. Ztg." über ihren Artikel gegen Franlrcich, der vor der Ver öffentlichung an der Vörsc besprochen wurde, Kenntniß ge geben In derselben Angelegenbeil schreibt die „Kreuzztg ": „Gegenüber dieser Erklärung «der „N A. Z", Las; der Ariikcl »rsl Abends neun Ubr in Eatz gegeben wurde, also nicht Mittags an der Börse bekannt sein konnle) müssen wir leider conslatiren, daß die Börse hantig zutreffende kenntniß von wichtigen vsfiriöjen Kundgebungen vor deren Erscheine» im Drucke dal Ter „N. A. Z." muß übrigens vor der Drucklegung ihres ArtitelS bekannt gewesen fein, daß die Börse dessen Erscheinen er» wartete, denn die Kunde hiervon staub in mehreren Zeitungen am Mittwoch Abend fünf Uhr." — Es bestätigt sich, daß daö Plenum des Bundes- rathes die Ausschußauträge zum ReickS-Seuchengesetz mehrfach zu Gunsten der Herstellung der ursprünglichen Vor lage abgeändert bat. Die Einrichtung eines Reichs- GesundheitS RalheS, welche die ursprüngliche Vorlage enthielt, bat im Plenum zu umsaugreiche» Erörterungen ge führt. Das Plenum soll, der „V. Z" zufolge, die Ein richtung des Gesundhcitö-RatheS wlederbergestelll haben. — Im Reichsjustizaml baden belanntlich vor einiger Zeit Verhandlungen mit Sachverständigen über die Grund züge eines BlnncnsckisssahrtSgeseycS für Deutschland Itattgesunderi. Die Verhandlungen haben einen längeren Zeitraum in Anspruch genommen, als anfänglich ver- niutbct wurde, und mekrsach zu bemerkenSwcrthen Er gebnissen geführt. So ist n. A der Grundsatz des SeerechtS, inhaltS dessen für Verbindlichkeiten und Schadenersatzansprüche aus dem Betriebe der Seeschiff fahrt nur die sogenannte lolliiuv rlo mi r hastet, bei der Binnenschifffahrt dahin adoptirt worden, daß, abgesehen von Schadenersatzansprüchen gegen da« Personal wegen Ver sehen, sür Verbindlichkeiten und Schadenersatzansprüche aus dem Betriebe der Binnenschifffahrt stets nur Schiff und Ladung in Anspruch genommen werden kann. — Die von dein Eisenbahnminister Herrn Thielen un längst gestattete Verwendung der Eisen bahn wagenwände zu Rcela ine zwecken soll, wie die „Brcsl. Morgen-Ztg." meldet, demnächst die weitere Einrichtung im Gefolge haben, daß die Wagenabthcile an einzelne große Unternehmer zur Auslegung von Ailnonecnbüchern verpachtet werden, daß da gegen sämmtlichen Verlegern von Eisenbahn-Zei tungen. Fremdenführern u. s. w. die bisherige Erlaubniß zur Vertheilung ihrer Zeitungen aus den Bahnsteigen ent zogen wird. Tie Gewähr für die Richtigkeit dieser Nach richt müssen wir der „BreSl. Morgen-Ztg" überlassen. — Im Jahre 1892 sind in Deutsch Ostasrika ins- qeiammt 77ti Sclavensreibriefe ausgestellt worden. Dieselben vertheilen sich aus die einzelnen Bezirksämter wie folgt: Tanga 27», Pangani 22, Bagamono >74, Dar eö Salaam l3l, Kilwa l»3, Lindi 8», Mikindani 2, Saadani 8. — OsficiöS wird mehreren Blättern übereinstimmend geschrieben: „Dem Vernehmen nach ist der Reichstagsaügeordnete Gröber mit der Abfassung deS Berichtes über die Verhandlungen der Militaircvmmifsivn bereit- soweit vorgeschritten, daß die Vorlegung deS Berichtes bald nach der Wiederaufnahme der Sitzungen des Reichstages wird erfolgen können. Die von gewisser Seite verbreitete Nachricht, daß die zweit« Beratbuiig der Militairvorlage und somit die Entscheidung über deren Schicksal mitNücksicht aus die Reite deS Kaisers nach Nom bis »ach dessen Rückkehr von dort hinaiiSgeschobcn werde» solle, gilt in parliktnciilarischen Kreisen für eine müßige Ersindung. Ein baldiger Abschluß der Angelegenheit, die schon so lange die weitesten Kreise in Aufregung erhalten hat. wird von ollen be- theiligten Seiten herb»igkwün>cht. Auch nimmt man an, daß schon jetzt über di» zu ergreifenden Maßregeln im Falle der Ablehnung der Borlage bestimmte Entschließungen der Bundesregierungen vorliegen und dem Reichskanzler entsprechende Befehle ertdeilt worben sind, so daß e- alsdann der Einholung einer besonderen Ermächtigung, die nicht auch aus telegraphischem Wege »riolgen könnte, nicht mehr bedürfen wird." — Ter Seminardirecror Maehlmann in Oranienburg ist als Hilfsarbeiter in da» Handelsministerium berufen worden. — Durch die Beförderung de- AmtSgerichtSraths Francke zum Landgerichtsdirector beim Landgericht I. hier wird das Mandat eines Laiidiagsabgeordneten sür den 4. Schleswig.Holsteinschrn Wahlkreis (Tondera) frei. Der Abgeordnete Francke vertrat den Wahlbezirk im Abgeordii-tenhause seit 1879, von 1884 bi- 1889 auch im Reichs tage; er gehört der iialio»ullib«ralen Partei an. — I» einer der nächsten antisemitischen Versammlungen wird Hosprediger Stöcker eine» Vortrag halten über das Thema „Wer tragt die Schuld an dem Radau-Antisemitismus?" Schwerin, 3. April. Am Sonnabend, den 1. April, schied der Staalsratb Itr Buchka aus dein SlaalSministerium, worin er als Iustiziiiimsier seit >8Gi tbatig gewesen war. Am selben Tage sahne der Miuislerprüsibent v. Biilow den bisherigen Präsidenten des Landgerichis zu Güstrow, v. Amsberg, i» das StaatS- miiiislerinm on und überwies ihm das Jiistizwejen, sowie die Mcbieinal-, Schul- und tirchlichen Angelegenheiten. * Kok», 1. April. Ans Dortmund wird der „Kölnischen Bolkszeituna" gemeldet: DaS Eentrum stellte für die Reichs tags-Ersatzwahl den Rctaelcur Lcnsing aus. * Spryer, 3. April. Wie wir schon mittlicilten, hielten die Tabakbau er aus Baden, Hessen, der Pfalz und Elsaß- Lothringen hier eine Versammlung ab, welche von etwa 13»» Personen besucht war. Im Lause der Beratbungen kam es zn erregten Scene». Gutsbesitzer Frey aus Lintseld führte aus, daß, wenn cS so weiter gehe, nicht allein der Bauer, sondern auch der Staat verloren sei Der Bauer dürfe sich bei den nächsten Wahlen nickt als Stiinmvieb ge brauchen und sich nicht die Schlasinütze über die Ohren ziehen lassen, sondern er müsse fragen, welcher Bewerber ist für uns oder gegen »nS! Der Bauer babe von sä»iintlicl,cn jetzt bestehende» Parteien nichts zu erwarten. Dieselben bekämpften sich gegenseitig und vergäßen darüber die Bedürfnisse der Bauer». Darum müsse zur Gründung einer Mittelpartei geschritten werden; sür den Bauer, ob Protestant oder Katbolik, dürfe nur sei» Bestehen maßgebend sein. Die Bauern dürften sich nickt mcbr künstlich in zwei Lager spalten lassen, sondern sie müßten örtliche Bauernvereine gründen, die zu einem großen pfälzischen Bauernbünde zusammen zn fassen seien. Wenn nicht bald Abkilse geschehe, würden die Bauern in dir Reihen der Sociakdemokratie bineiiigestoßcn. Für die Bauern dürfe nur die Rücksicht aus ihre» Geldbeutel maß gebend sein. RcichslagSabgevrdncter Klemm von Ludwigs- basen sagte, daß die Lage der Lantwirthschast so schlimm doch noch nicht sei, daß die Bauern in das Lager der Socialdemokralie getrieben würden. Diese Worte deS Herrn .Klemm fanden seitens der ganzen Versammlung so stürmischen Widerspruch, daß derselbe einige Minute» lang nicht niebr zum Worte kommen konnte. Mehrere nachfolgende Redner erklärten unter dem tosenden Beifall der Versammlung, daß, wenn den Bauern nicht geholfen würde, dieselben bei zu- künsligen Wahlen sämmtlich für Socialdemotraten stimmen würden, nicht, weil sie Socialistcn seien, sondern weit sie dadurch ihrer Unzufriedenheit Ausdruck geben wollten. Nachdem »och mehrere andere Redner gesprochen hatten, wurde folgende Resolution angenommen: „Die deute hier tagende Versammlung wünscht, soweit pfälzische landwirihichastliche Interessen in Frage kommen, Zwecks besserer Wahrung derselben die Gründung enies Bauernvereins, welcher aus seine Fahne die Parole schreibt: Katholik vder Protestant, in unserer Existknzsrage gehen wir Hand in Hand!" Ans Elsaß-Lottiriiigcn, 3. April. Der „Nordd. Allg. Zeilg." wird aus dem RcickSlande geschrieben: Richt bloS in den Elcmentarscknilen, sondern auch in säminllichen höheren Schulen Frankreichs wird der Gedanke einer Rache an Deutschland mit einer solchen Sorgfalt gehegt und gepflegt, als ob cS sich um ein Gott wohlgefälliges, >a geradezu »m ein von Gott gewolltes Werk hantle. Und sogar ernsthafte Männer, die überdies Land unk Leute in Deutschland so gründlich kennen, wie nur wenige Franzosen, verschmähen es nicht, jenem Moloch freudig ;» opfern. Wir denken hierbei namentlich an Erncst Lavisse, einen der jüngsten Unsterblichen der französischen Akademie. Die von diesem nach dem Programm von 1887 verfaßten geschicht lichen Lehrbücher haben in der lnrzcn Zeit ikrcö Bestehens über ganz Frankreich die großartigste Verbreitung gesunde», wie die un glaubliche Zahltet Auslagen uiiwidersprechlich beweist. In der mir gerade vorliegenden <17 Auslage von „l.'anuöe i>repatn«ojro «l lii-itoii o cke I-rauet-" beißt es auf Seite t»«>: „Franlrcich ist groß, stark und friedliebend, eö vergißt aber nicht und wird niemals vergessen seine dem fremden Joche unterworfenen Kinder Elsaß Lothringens. DaS ist die sür sieben- bis neunjäbrige Kinder bestimmte Lectüre. Tie sür neun- bis elfjährige Kinder bestimmte „kremiert: bedingen würde. Ihnen hätte ich also doch nicht angchören können. Um meinen Vater zu retten, gab e» aber nur ein Mittel: meine sofortige Einwilligung zur Hcirath mit einem reichen Manne, der soeben bei meinem Vater um mich geworden und ihm Hilfe angeboten batte Ick tbat, was ich in diesem Falle tdun mußte — zürnen Sie mir nicht deshalb und versuchen Sie nicht, meinen Entschluß wankend zu machen . . . Derselbe ist »nwiderruslich Mein .Kopf ist wüst und wirr — ich kann nicht weiterschreiben. Wozu auch? alle Worte können doch nichts an der Tbaisache ändern, daß wir einander aus ewig ver loren sind. Leben Sie wohl! — Vergebe» und vergessen Sie, wenn Sie eS können Ihr Glück wird das unab lässige Gebet sein Ihrer unglücklichen Gabriele Ehrhardt." AuS den lebenöfrobcn Zügen deS OlsieierS war wäbrenb beS Lesen« jeder BluIStropsen gewichen. Er mißtraute den eigenen Sinnen Drei Mal überlaS er die verbängnißvollen eilen, ebe er an ihre Wirtlichkeit zu glauben vermochte, „blich sank die Hand, die das Billel dielt, schlaff berab Wie ein Schwindel tam es über ibn, taiimelnd griff er »ach einer Stütze Eine ganze Weile verbarrle er so. unfähig, das Geschehene zu fassen. Aber dann zuckte er plötzlich aus. An die Stelle der Lähmung, mit der der Schreck über den unerwarteten Schlag ibn gefesselt, trat ein wilder, zorniger Schmerz. Ausgeopsert also! Ausgeopsert »im deS elenden Mammons willen, den er in stolzem Selbstgefühl verachlet sein Lebe» lang! Und so schnell balle sic ibn aufgcben können — so vdne vorberige Aussprache und Verständigung mit ihm ... Hatte sie denn gewußt, ob er nicht bereit gewesen wäre, ibr selbst die Uniform zu opfern und in irgend einem dürgerlickie» Berus sür sie zu arbeiten? — Ader freilich, ihr Vater, die stolze Firma Ebryardt. die mußten gerettet werden um jeden Preis! WaS galt dagegen sein LebenSglück? Mochte rS in Trümmer geben — die KindeSpslickt stank ibr böber als ikre Liebe! Er lachte böbnisch aus Ter Schmerz machte ibn »ngerecht: bcstig schleuderte er da« duftende Billct aus den Boden und trat mit dem Fuße darauf Ausblickend traf sein Auge zufällig die Primel ans seinen» Schreibtisch Wie rin vvrwursSvolleS Menschenauge schaute die Blume ibn an, und da war mit einem Male Zorn unk Bitterkeit ans seinem Herzen geschwunden — es blieb nicht- darin als die Liebe und ein unzebeurcr Schmerz ..kiiniiila roiis!" Wie ein Slöbncn kam da« ''^o»t über seine Lippen Nein, er tonnte sie nickt lassen, seine Frühlingsblume, obne die sein Leöen forlan niir wie ein einziger, trostloser Wintkitag sein würde ... Aab d»?n keine Möglichkeit niebr, sie siel' zu erkalten? Lffeoerisch jaUt" die Gedanken hinter ker^ bleichen Stirn. .Onkel Manfred!" ries eine hoffnungsvolle Stimme in seinem Herzen iLeeM^nlang er dem Gedanken Raum, ror dem gütigen Manne sein Innerste- zu erschließen »nb seinem Stolze das Opfer einer Bitte um Hilfe abzuringen. Unwill kürlich machte er eine balde Wendung nach seinem Schreib tisch bin; da fiel sein Auge ans den offenen Brief, den er vorbin gelesen — und ein bittere» Lächeln zuckle um seine Lippen. Fahre hin, auch diese letzte Hoffnung — fabr bin! Onkel Manfred stand ja im Begriff, eine eigene Familie zu gründen, wie hätte er, der Freinkling, da »och einen solchen Anspruch an ibn erbeben dürfen! „Vorbei!" Gert preßte die Zäbne auseinander, um gewaltsam den Schmerzens schrei zu ersticken, der sich über seine Lippen drängen wollte. Schwer und langsam ließ er sich in den Sessel vor dem Schreibtisch sinken, wo er kurz zuvor in so glücklicher Er wartung gesessen, und, die Arme auf die Platte stützend, vergrub er den Kopf in beide Hände. Er hörte es nicht, daß hinter ibm die Thür geöffnet wurde und sein Bursche eintral, mit bochrotbem Kops, noch ganz atbemloS vom schnellen Laufen. Erst als derselbe meldete: „Herr Lieutenant, da sind die Blumen! subr er jäb an» seiner Versunkenbeil empor. Wie ein Krampf schnürte cS ibm da» Her; zusammen, als er den Strauß erblickte, an- dessen zarter Spitzenmanschette die reiben und weißen Primeltöpschen in entzückender Frische bervorlugten, aber gewaltsam wußteerseine Züge zu beherrschen, sein Stolz litt eS nicht, daß der Diener einen Einblick in sein Innerstes gewann Rnbig nabm er den Strauß in Empsang. „Es ist gut, Du kannst geben, bis ick Tick ruse?' Als er allein war, schritt er zu dem brennenden Kachelofen, kessen Glnlk er bell ansacklc Dann zerpflückte er langsam Blatt sür Blatt die Blütben in seiner Hand und streute sie in die lodernde Flamme, und als von dem Strauß nickt- mebr übrig war. nabm er auch das zerknitterte Billet vom Boden aus und wars eS binein. Düsteren Blicke- starrte er in die Glntb, bis da» letzte Restcken verzehrt war. .Staub und Asche wie mein Glück, meine Hoffnungen und Träume", murmelte er vor sich bin. Eine Stunde später lag in der .Kanzlei de- RezimentScommanteur- rin Gesuch des Lieute nant» von Walkau, in welchem er »m seine Versetzung in eine entferntere Garnison und gleichzeitig um einen längeren Urlaub bat. Zwei Ereignisse, welche äußerlich in keinerlei Zusammen hang. von den betbeiligten Kreisen aber miteinander in Ver bindung gekrackt wurden, waren eS, welche im Lause der nächsten Tage der Klatschsucht der sogenannten.Gesellschaft" au-giebige Nahrung boten. Da» eine war eine plötzlich an» getretene Urlaubsreife de» allgemein beliebten und besonder» von der Damenwelt schwer vermißten Lieutenant- v. Waldau, von der er. wie man sagte, nickt zuiückkebren würde, da ibm aus seinen Wunsch eine Versetzung bewilligt worden sei. — Da- andere die nickt minder plötzliche und unerwartete Ver lobung der schönen Tochter de- Bankier« Ehrhardt mit einem LnnSe ck'lnstoire cke kranee^, welche in der N. Auslage mir vorliegt, verweilt schon länger bei dem Gegenstände und dringt tiefer ein. Auf Seile 2lk und 217 heißt eS folgender maßen: .Am Tage nack dem Kriege hat e« sich wieder an die Arbeit gemacht. Ohne Schwierigkeiten hat es an die Deutschen die ungeheuere Kriegssteuer von 5 Milliarden bezahlt. Während deS Kriege- von 18?» hat aber Franlreich seinen KriegSruhm verloren. (Fett gedruckt im Original.) ES bat einen Theil seines Gebiete» verloren. (Ebensall-.) Mebr als l 50» »0», die unsere Departements deS Ober-, des Nieverrhein» und der Mosel bewohnten unk gute Franzosen waren, haben Deutsche werten müssen. (Cursio im Original.) Sie sind nicht in ibr LooS ergeben. Sie verabscheuen Deutschland: sie hoffen immer, wieder Franzosen zu werden. (Fett im Original.) . . . Um Deutschland wieder abzunekmen, was cS unS ge nommen hat. müssen wir gute Bürger und gute Soldaten sein. Damit ihr gute Soldaten (hier fehlt „gute Bürger") werdet, darum lebren euere Lehrer euch sranzöslsche Geschickte. Die französische Geschichte zeigt, daß i» unserem Vaterlaukc die Söhne stets die llnglückssälle ihrer Väter gerückt haben. (Es folgen einige Beweis:, und daun heißt eS weiter:) Enck, ihr Kinder, die ibr heulzutage in unseren Schulen erzogen werdet, euch tomuit cS zu. eure Väter zu rächen, die bei Sedan unk Metz besiegt wurde». Das ist eure Pflicht, die große Pslickt eures Leben«. Immer müßt ibr daran denken, und wenn ibr 2l Jabre zäblen und unter den Waffen sieben werdet, müßt ihr gute -Loldate» sein und gerne euren Anführern gehorchen, welche fest und tapfer aus teni Schlachtfelte dastehcn. Oefterreich-Unaara. * Wir», 4. April. Der Reichskriegsminister Freiherr v. Bauer verfügte die Aushebung der im Vorjadre auS Anlaß der Eholera-Epitemie angeordncten Sistirung der Einstellung der in Rußland sich anskaltenden Militairpersoncn und ordnete zugleich eine fünftägige genaue Ucberivachuiig des Gesundheitszustandes der einzu- slellkntcn Personen an. — Dir Berufung Smolka'S i»S Herrenhaus wird beute ossiciell verkündet. Der ReichSratbSabgcordnete Graf Deym, der nominelle Führer der conservativen böhmischen Großgrundbesitzergruppc, erhielt die GeheinirarhSwürde. * Prag, 4. April. Die BezirkSabgrenzungSconimission be schloß einstimmig die Ausscheidung der böb mischen Be zirke Laun, Libockowitz und Raudnitz von den deutschen Kreisgerichten Leitmeritz und Brüx, sowie die Zu weisung derselben zu dem neu zu errichtenden KreiSgericktc Schlau, welchem neun Bezirke mit 337 Gemeinden und 254 383 Einwohnern, worunter 2»l>3 Deutsche fick befinden, angehören sollen. Frankreich. * Paris, 3. April. In der Sonnabendnummer des .Figaro" finden wir endlich eine Erwähnung des Falls Brandes — bezeichnender Weise unter der Rubrik der aus wärtige» Angelegenheiten. Der Redacteur dieser Rubrik, der bekannte Herr Sl.-Eere, schreibt: „Herr Otto Brandes hat es passend gesunden, zu erzählen, daß er iiiid seine zahlreiche Familie von der Bevölkerung von Asniöre« bei seiner Abreise mit Steinen geworsen seien. ... In der Hast und Erregung einer »iisrciwillige» Abreise bat Herr Otto Brandes Dinge gesehen, von denen der Polizeidericht nichts weiß: er ist nicht mit Steinen gewvrseu wvrve» »iid ist bei de» Bewohnern von Asnierc« nicht größerer Antipathie im Augenblicke seiner Abreise begegnet als zu der Zeit, da er in ibrer Milte lebte. Tie Ezcesse, über die er sich beschwert, sind mehr als problematisch." Diese dreiste Ableugiinng kann wobt bei dem französischen Publicum verfangen. Indessen, wie wir gemeldet haben, bat der Minister der auswärtigen Angelegenheiten, Develle, dem deutschen Botschafter sein Bedauern über die Herrn Brandes zugefiigle Behandlung ausgesprochen und die Regie rung strenge Untersuchung de» Vorganges ungeordnet Das wäre schwerlich geschehen, wenn die französische Regierung der Ansicht gewesen wäre, Herr Brande- habe .aus geschnitten". Belgien. * Brüssel, 3l. März. Die Rede Fröre-Orban'S gegen das allgemeine Stimmrecht, die als die bedeutendste der ganzen bisberigen NevifionSdebatte bezeichnet werden muß, bat ibre Wittlingen nickt verfehlt. Das allgemeine Stimmrecht bat dadurch entschieden den Todesstoß er halten. und dieses Gefühl krack sich sofort unter dem un mittelbaren Eindruck jener Rede Bahn. Sofort erbob sich Ministerpräsident Becrnaert zu der Erklärung: daß weder die Regierung »och die Kammermcbrkcit sich jemals dazu verstehen werken, die von Frere-Orban gekennzeichneten .blinden Massen" zur Herrschaft in Belgien rn berufen. Aber auch ans den Bänken der Radiealen snblte man, daß sich die ursprüngliche Forderung nach dem all gemeinen Stimmrecht nicht ausieckt kalten lasse, und im Namen der radiealen Gruppe machte rer Abg. Fcron folgende Vorschläge: I) Zur Ausübung des Wahlrecht» sind ersorder- lick ein Alter von 25 Jahren und eine mindestens zweffädrize Ansässigkeit im Wahlbezirke. 2) Die verbeiratbeten Wähler sollen 2 Stimmen abgebcn dürfen. Letztere Bestimmung bildet eine Neuerung in een bisher bekannten Wablsnstemen, hat aber in Belgien viel Anbänger, darunter den Minister Präsidenten Bcernaert selbst, der in dem bevorzugten Wahl, reckt der Bc»heiralbete» eine eoniervative Bürgickast erblickt. Heute heißt eS, daß aus Grund des Antrages Fcron und unter entsprechender Abänderung desselben eine Einigung wohl erfolgen könnte. Luxemburg. * Lupeuibiirn, 3. April. Tie Onerserie» haben snr das Ministerium Enicheii unter wenig günstigen Anzeichen begonnen. Nach der einpstndlichen Niederlage, welche die Regierung in der Klostersrage erlitten, bat nuninehr auch der lureniburguche Staatsratl, zwei Beichlüsse gefaßt, die der Regierung nicht gerade anqenetim sind. Zunachs: bat der Slaalsralb den lüngslen Kammer- beichluß über die Aniiedelnng der Klöster im Grotzherwg- Itnini von der Beratbung und Beschlußiassung in zweiter Lesung besreit, so daß das Aniicdlungsrecht der kirchlichen Geineinichaslen und damit auch die Niederlage der Regierung endgiltig geworden ist. Dagegen verlangt der Siaatsrath die Bestätigung der von der Kammer soeben genehmigte» Schulden»», Wandlung durch eine parlamentarische Bcrathuiig in zweiter Lesung, die aber erst nach Len im Juni vorzunehnienden Kanimerwahlen möglich sein wird. Ta die fast ansschließlich im Lande wobnenden Besitzer der iuxeni- biirgisckicn Siaalsichuldicheinc mit der Verminderung ihrer Zinsen natürlich nicht einverstanden sind, so werden sie bei den Wahlen die Regierung bekainpsc», und r-s ist durchaus nicht sicher, ob sich in der neuen Kammer eine Mehrheit zur Bestätigung des Schuldeii-UnnvaiidlungseniwursS finden wird. Alle diese Vor gänge, die das Nnieben der Regierung schwächen, trage» nicht wenig dazu bei, die Hofin ringen der lureinbürgischen Klerikalen aus einen ilinen günstigen Ausfall der nächsten Kaininerwahlen zn steigern. Sie spreche» bereits offen die Erwartung aus, daß die künftige Erbgrostberzogin zu ihren Gunsten einen Einsiuß aus die innere Pvlitik ausüben werde. Inzwischen haben die hiesigen Klerikale» die Waklbewegnng bereits ausgenommen, indem sic einen Wablbnnd mit den Conservativen von der Färbung des ehemaligen SlaalsminisleiS Aaron Blochauseii abgeschlossen haben. Ter streitbare Bischof Koppe« hat der Geistlichkeit auch schon die nöthiqsten Weisungen rrtheilt. Trotzdem ist man in liberalen Kreisen überzeugt, daß die klerital-conservalitze Wahlvereinigung bei den im Juni sta!lstnde»dcn Kammerwablen kdjne besonderen Vortdeile er langen wird. Die Vorbedingung hierzu ist aber die liberale Einig keit namentlich in der Hauvtstadt, wo sich seit einiger Zeit die Liberale» wegen örtlicher Interessen befehden. iM. Z.) Italien. * Wie dem Krakauer „EzaS" aus Rom berichtet wird, bal der Papst die fürstliche Familie Ezartoryöki in Audienz empfangen und dabei geäußert, er deute stets an die polnische Nation, welche jeder Zeit der Kirche ergeben war, im Glücke wie im Unglücke. „Sie ist mir", sagte der Papst, .uni so tbeurcr, alS ihrLooS dem mcinigen, dem der Kirckc ähnlich ist. Beide sind in gleicher Weise einem Drucke und Gefahren von allen Seiten anSgcsetzt. Mögen die Polen wissen, daß ich keine Gelegenheit, für sie ein zutreten, vernachlässigte, aber auch einseben, daß ick wegen großer Schwierigkeiten sür sie nichts thun kon »te. * Rom. 4. April. Die Ncise deS deutsche» Kaisers durch die Schwei; wird ineognito erfolgen und erst von der italienischen Grenze a» ossüicllen Ei'arakter annchme». — Tie Radiealen bereiten einen Gesetzentwurf vor, der die Abschaffung des Salzmonopols sowie der Nabrungs iiiitlclzölle verlangt und den dadurch entstehenden Ausfall durch eine Erhöhung der Rentensteucr auszugleichen sucht: ferner soll die Erbberechtigung nur bis aus die Verwandle» sünsten Grades beschränkt sein und beim Mangel solcher der Nachlaß den Arbciler-Eooperalivgenosseiischaflen zusallen. * Flore»;, l. April. Dem Vernehmen nach wirb Minister: v. GicrS am II April abrciscn. Großbritannien. * London, 5 April. (Telegramm.) Tie Kaiserin Friedrich begab sich Abends in den Vicloriabafen an Vors der Hackt „Victoria and Albert", welche bei TageSanbnie' nach Vlissiiigen geht. * Einen ungewöhnlichen Eingriff in die Freiheit der Presse bat sich der Sergca»t-at Arm» des britische» Unter Hanse», ErSkine, erlaubt. Vor einigen Tage» batte der parlamentarische Berichterstatter des „Daily Edronicle" den Abgeordneten Ruffel „einen unermüdlichen Söldling des UnioniSmuS" genannt. Der Abgeordnete suhlte sich beleidig: und brachte die Sache im Hanse zur Sprache, da ibm aber aus allen Seiten, auch von Gladstone Ehrenerklärungen abgegeben wurden, ließ er die Sache auf sich beruhen. Der Sergant-ant-ArniS aber sandle dem „Daily Chronicle" einen erst-t Berb« die ^ am o Tpre wert xeläi babe. gtbill bist» falle, enisö wers Li irgenwo au« Ostpreußen beigeschneiten unbekannten Menschen. „Manfred Blanden, Gutsbesitzer" batte ans den mit großen Initialen geschmückten VerlobungSanzeigcn gestanden, welche Balduin Ebrbardt unmittelbar nach dem in seinem Hause stattgebabtcn Aallfcst herumgesandt. Wer war das, Man fred Blanden? Niemand kannte ibn und man zerbrach sich die Kopse über diesen vom Himmel gefallenen Bräuligam, der „nicht einmal vom Adel" war. Bisher aber balle man dock fest angenommen, daß der Ehr geiz des Geheimen EommerzienrathS zum Mindesten da» Pradicat ..von" von seinem Schwiegersobne verlangen würde. So blieb also nur die Annabnie übrig, daß dieser Manfred Blanden ein Krösus und die Verlobung mitbin eine Speculation de- Bankier» sei, wenngleich man Letzterem eine solche Handlungsweise nickt zugrlrauk batte. Eine Masse ..On cki»;" burckschwirrte die Lust. Nach der einen Version war Gabriele da- Opfer der Geldgier ibreS Vater-, nach der andern erschien sic selbst als eine derzlosc Kokette, welche ein leichtfertiges Spiel getrieben — Alle aber waren einig in Sympathie sür den Lieutenant von Waldau, von dessen plötzlicher Abreise man den Grund zu kennen glaubte. „Armer Kerl, er bat sich sicher einen Korb geholt!" sagten seine Kameraden mit bedauerndem Achselzucken, und diese Auffassung wurde so ziemlich allgemein getheilt, wobei natürlich über Manfred Blanden» junge Braut und deren Vater wenig schmeichelhafte Aeußerungen taut wurden. Trotzdem wurde der EmpfangSsalon de» Ebrbardt'schen Hause» nickt leer von Gratulanten. Halle sich doch die Achtung vor dem Rcichthum de» Bankier» und die Ueberzeugung von der Solidität seiner Firma während der letzten Tage noch um ein Beträchtliche- erhöht durch den Unistand, daß dir durch den Stur; de» Hamburger Bankhauses bervvrgerufene Krisi», welche bereits manches Ovfer gefordert hatte, aus den gleich mäßig sortlausenden Geschäftsgang in den Ebrharddschen EomptoirS keinerlei störenden Einfluß auSgrübt. Mochten immerhin in Börsenkreisen in letzter Zeit dunkle Gerüchte von der Möglichkeit einer da- Hau- Ebrbardt betreffenden Katastrophe colporlirt worden sein — sie wurden jetzt auf da» Evidenteste widerlegt: die alte Firma stand fest und unerschllttert, und ihr Ebes trug da« Haupt höher und stolzer denn je. Es war während der Nachniittaa-stuudcn de» drillen seit dem Feste verflossenen Tage». Bor dem Portal te- Ebrbardt'schen Hause» dielt die Equipage de« Bankiers, welche soeben den Bräutigam vom Babnbose abzeholt hatte. Während der Bediente diensteifrig hrrzu- jprang, trn Schlag zu öffnen, richteten sich recht« und link- binter den Fenstern drr Nackbarhäuser zahlreiche neu gierige Augen aus den bochgrwachsenen, vornebm aussehenden Herrn, wetchrr, die Hand nur leicht ausstützend, vom Tritlbrrt sprang und klastischen Schrillt- die Stufen zum Portal erstieg. wo ibn sofort der Portier in Empfang nahm, um ihn zunächst in da» Cabinet de» Hausherrn zn führen. Die junge Braut wollte ihn erst später, nach einer Aussprache desselben mir dem Bankier, begrüßen. Sie wartete in ihrem Boudoir, bis der Vater ibr den Verlobten zusührcn würde. Die HauSdame, Fräulein Feldner, befand sich bei ibr, um bei der Begrüßung deS Brautpaare- gegenwärtig zu sein. Tie junge Dame trug ein langschlcppendeS, schwarzes Spitzcnileid, ganz überrieselt von flimmernde» Schmclzperlen; sonst keinen Schmuck, nickt einmal eine Blume. Sie sah sehr lieblich aus »n diesem Spitzenlleide. Dennoch batten die Augen der alten Dame, welche, mit einer feinen Filrtarbeit beschäftigt, auf dem Sopöa saß, bereit» mehrmals mit mißbilligendem Ausdruck auf ihr geruht. Gabriele stand, während unten der Wagen vorsuhr, am Fenster, bald verborge» hinter den mattblauen Eeidcnsaltcn der Vorhänge, welche über eine Wolke von Spitzendufl berab gossen Jetzt wandte sie sich langsam in» Zimmer zurück — ikre Wangen waren weiß wie Alabaster. „Nun, Kind, hast Du Dir Deinen Bräuligam anzesckaut?" klang die Stimme der alten Dame freundlich durch die bereit- seit geraumer Zeit im Zimmer herrschende Stille. „Entspricht er den» auch noch dem Bilde, ras Tu von ihm im Herzen trugst?" „Ich weiß nicht — ick sab mir flüchtig hin." Wie apathisch da- klang! Die alte Dame sah mit schnellem Ausblick in da- junge Antlih, da- ibr seit einigen Tagen so merkwürdig verändert erscheinen wollte. Unter den Augen lagen leicht bläuliche Schatten, welche den sonst so sonnigen Blick verdunkelten, und um den weichen Mund zog sich ein Weber Zug. der, selbst wenn sie lächelte, was sreilim auch nur selten geschah, nickt ganz verschwand. „Du siebst leidend aus", bemerkte die alte Dame tbeilnebmend, „ich hoffe. Du verhehlst un» kein Unwohlsein. UebrigenS", fuhr sie soll, als da- junge Mädchen nur eine abwebrende Hanbbewegung machte, „nimm mir - nicht übel, Kind, Deine Toilette, so ge schmackvoll sie an sich ist, scheint mir etwas seltsam gewählt sür die Gelegenheit. Einer Braut ziemen lickte Farben, sollte ich meinen. Du liebst sie doch sonst, warum denn heut' aus einmal diese- feierliche Schwarz? Komm, laß mich Deinem Anzug wenigsten- rin paar Blumen hinzusügen." Sie erhob sich und griff in dir aus dem Tilck vor ihr stehende Krystall- schalr, welche drr Gärtner de» CommerzienrathS an- den Gewächshäusern täglich frisch zu fülle» hatte. Fräulein Feldner zog ein paar tirs rosa gefärbte Primeln heraus und »rat damit zu Gabrielen, hielt aber erschrocken inne, als dies« mit allen Zeichen heftig» Aufregung vor ihr zurückwick (Fortsetzung folgt.)