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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 21.12.1893
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-12-21
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18931221021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893122102
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893122102
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1893
-
Monat
1893-12
- Tag 1893-12-21
-
Monat
1893-12
-
Jahr
1893
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Aazetgen-Preis dir S gespaltene Petitzeile SO Pfg. Reklamen unter dem2ied«crio»»strich (4»» Uralten) 50-4, »or den Familieunochrichve» Ogespalten) 40 'j. Srogere Schrillen laut unsere», Preis verzeichnis. Tabellarischer und Zifferusag nach höherem Tarif. Ertra-Veilagrii (gesalzt), »u« mit der Morgen - Ausgabe, ohne Postbesörderung 60.—, mit Postbesörderung ^ 70.—. Tinnalrmeschluß für Atyei-e«: Abend-Ausgabe: Vormittag» 10 Uhr. Liorgen-Auegab«: Nachmittag» »Uhr. Sonn- und Festtag» früh ' ,9 Uhr. Bei den Filiale» und Annahinestellr» je eiu» halb« Stunde früher. Aitzeigr» sind stet» an di» Gkpcöittsa zu richten. Druck und Verlag von E. Palz t» Leipzig. Z? 65». Donnerstag den 21. December 1893. 87. Jahrgang. ISLl 'Lsuie »drik M»-?. KL >.-?»de. Muer« »Kellen — «Idriu>! — leck) j — celück., — ureickö 6S- Icker,. 331.- L87i I >ovlrr. illtteo > ^otk-t merel >. V.-t' »o- a»d.-V. I «». s «7, j so.4d ! IW« ! I«1»l LU.'« L11ZS 3141- «LL! LöL« 20° 1«.- j 2« ir N itlo 30L 1b0» 133.« 108 , SS« SS- 249, 4L , j 1»l« US« ur» uai« «o 37». 1«- lll» LU IMS 11»- . 1«« ^ ^iK- 1-llS7d>..v» ».> u»«k. I1LS- ISO.- I«.« 14840 138« 117.- »Ivd. >Il»cd. ecl. I3LN 48.1« S8 108- I35.7L 1LLL 108 - t8L0 ISIS« LU« 1Ü7« id, ! S8S0 i, »8IS S.S4 133.73 1S0.L0 «1.10 nler » «LIL0 1305.« L0I.L0 107.7« LIS. « IS4.2« 47.R 1S»7« 10S.7» S1L0 1L4.M «SLL ! »»4 0I.S0 1«1 ;?r^ ocd rcrervirl. r. 1« Orieckeii , k. - liier» l «.«L 27L0. 1S«I «ll 83 .S0 8a»k> «8, «»»I,! 373 Uak 4W l»»kr I»«'. >k»k- 37«>, Nie» 114', I , «wellt > »0^. l»«». ick, »<L>. M. I. N»«e»Uall !»o»r4»»p«5 12 «7»?«^ Politische Tagesschau. * Leipzig, 21. December. Dieser Tage ging eine Meldung durch die Blältcr, «eiche greller als alles Borhergegangeuc dcu Wandel der Mtischrn Tinge in Tentschland, ja den völligen U>n< schlag der früheren Verhältnisse in ihr Gegenthcil be- liuchlcl. In Len thüringischen Staaten wendet man sich in Petitionen an die Landtage, um landesgcscy- licheVerbote derNieder lassnng des Jesuitenordens sür den Fall zu erwirken, das; die Bundesregierungen km MchrhcitSbeschlutz des Reichstags beilrctcu sollten. Äian wcht bei der LandcSgcsctzgcdung Schutz vor der Rcaction der ReichSgesctzgebung. llnter dem alte» Curse war das gerade Hegenihcil üblich. Und nicht nur die Abwehr des Rück schritts, auch den Fortschritt erwartete und erlangte man in jenen Zeiten „BiSmarcl'scher Tyrannei" vom Reiche. Ei sei nur an die Anführung der Avilche in Bayern erinnert, die dieses Land auf dem Wege particutarer Gesetz gebung niemals dem UltramontaniSmuS abzuringen vermocht batte. ÜS ist zunächst nicht die ReichSregiernng, vor der sich tie Tbüringer schutzsnchcnd in ihre kleinen Landstubcn flüchten, ei ist die Mehrheit der gewählten Vertretung des solle-, darunter die Demokraten, die in der Frage tei IcsuitengcsetzeS das Reich zum Hort der Rcaction zu machen versucht hat. Um so schlimmer. Die NcichSrcgicrung besorgt aber dasselbe Geschäft in der Polenpolitik, die in ibrer neuen Richtung nicht vom preußischen Stanbpunct, seubern unter dem Gesichtspunkt deutscher (Hand-in-dcn Rund-) Politik gemacht wird. Die der Telegraph bereits gemeldet bat, kündigt die Lreuzzeitung" im Namen der deutschconservalivcn Araclion des Reichstags dem Reichskanzler Grafen Caprivi in aller Form Len Krieg an. Sic nennt eS „lacrlos", daß die „Nordd. Allgcm. Zig." erklärt hat, die Regierung werde sich trotz der Ablehnung der Handelsverträge durch die Deutschconservativen an dic;en nicht rächen, und zerschneidet dann Laö Tascltuch zwischen dem Reichskanzler und der Partei mit folgenden Worten: „Das Vorgehen des Reichskanzlers Grase» Capri»! gegen die Tonservaliven hat eine unüberbrückbare Kluft zwilchen ihm und den Lonfervotiven gefchasfen. Die Entstehung dieser Kluft nicht weiter zurück. Tie Ausführungen, mit denen der Herr Reichskanzler das ,,Tivvli"-Prograi»m der Confervativen aus- u«hm, liest in confervativen Kreisen di« Auffassung reisen, dost die Partei leider nicht in der Loge sein werde, mit dem leitenden rtaaiamanne eine fruchtbare Politik sortzusühren. LSie berechtigt diese Luüasfuiig war, das haben die Vorgänge der letzten Zeit Ilor er- miefen. Das Tafel tuch zwischen dein Reichskanzler und den Lon- invativen ist von Elftere»! zerschnitten. Hierüber darf kein Honsel bestehen. Es ivar ei» tresscndcS Wort auS wahrhaft con- leroativem Geiste, als Gras Liinburg-Stirum betonte, daß die Haltung der conscrvativen Partei sich allein schon a»S der Thalsache ikchlstriige, Last die Politik der Regierung nur die geschlossene Unterstützung der bürgerliche» und socialen Demokratie finde. Z, der Thai, ei» schärferes Kennzeichen kann es für einen .ouservativen Mann nicht geben. Hieraus ergiebt sich als noth- meobige Consequcnz. dast die Conscrvativen zu den, leitenden Staatsmann« kein Vertrauen »lehr habe». Die Zukunft wird lehre», ob hierin jemals ein Umschwung zu erwarten ist. Wir daben vorläufig tcinc Hoffnung, weit mir nach den schweren An» -risse», welche die conservalive Partei i» den letzten Wochen er- »hren hat, annehmen müssen, dost der leitende Staatsmann aus di« Wstenz einer innerlich starken conjervalivcn Partei keinen Äerth legt." Weiler heißt eS mit der bekannten Bescheidenheit der KreuzzeitungSpartci, die sich rühmt, die alleinige wahre con- invLlwe Partei zu sein: „Das conservalive Interesse fällt mit den LebcnSintercffcn dcS Staate- zusammen. Deshalb eristiren für uns keine Partei-Interessen, und darum ist der Vorwurf der Demagogie bedeutungslos." Dabei vergißt die „Kcuzzrg." augenscheinlich, daß sie nickt nur dem Reichs kanzler, sondern auch den verbündete» Regierungen das Verständnis und die Sorge für die LebenSniicressen de- Staates abstreilel. Es wäre tabcr Wohl an der Zeit, daß der „Rcichöanzcizcr" wieder einmal eine ähnliche Er klärung veröffentlichte, wie di: vom 2. Lctober 1889, welche bekanntlich lautete: „Ce. Majestät der Kaiser und König bat von dem Inhalte der Krcuzztg." vom R>. v. Mts. diemitnist genommen und die darin ausgesprochenen politischen Auslassungen und Angriffe ans andere Fraclionen lebhaft gemistbiltigt. Se. Majestät gestatte» keiner Partei, sich da» Ansebcn zu geben, als besäße dieselbe das kaiserliche Ohr re." Jedenfalls muß die Behauptung der „Kreuzztg.", daß sie und ihre Hintermänner allein die LebcnSintcresscn de- Staates zu versieben und zu schützen im Stande seien, da- Mißfallen deS Kaisers und seiner hoben Verbündeten in noch viel höherem Grade erregen, als die ehemaligen Angriffe der „Kreuzztg." auf die Mittclpartcie». Und wenn diese Miß billigung erfolgt, so dürste der heißspornige Ehesrcdacteur der „Kreuzztg." dock wohl inne werden, daß er nickt die ganze teuischconservative Partei hinter sich hat und daß cS auch in dieser Partei »ock Leute giebt, die trotz ihrer Mißstimmung wegen vieler Schritte und Unterlassungen dcS neuen CurscS nicht einfach das Taseltuch zwischen sich und dem Reichs kanzler zerschneiden und den verbündeten Regierungen nicht alles und jedes Verständnis; für die LcbcnSinleressen des Staates absprcchcn. Eine Klärung der Lage wird der Kampfruf der „Kreuzztg." jedenfalls bcrbeiführen Helsen, daß aber diese Klärung eine erfreuliche für die „Kreuzztg." sein werde, ist sehr zu bezweifeln. In Belgien scheint die Drohung des Ministerpräsidenten Bccrnacrt, er werde zurückireleii, wenn die Rechte dem Princip der proportionalen Vertretung in dem neuen Wahl gesetzt nicht zustimme, den gewünschten Erfolg zu haben Die Rechte erklärt sich zu Unterhandlungen bereit. Es is immer wieder die alte Geschichte; die von dem Ex-Minister Woeste geführte ertrem-klerikale Gruppe der „kaibo lischen" Kammcrmcbrheit lehnt sich gegen da- Ministerium aus. klappt aber wie ein Federmesser zusammen, wenn daö Ministerium Miene macht, zurückzutrcten. UebrigenS bewegt die Gemütbrr in Belgien eine andere Frage noch lebhafter, als die Waklsragc. Von der Voraussetzung aus gehend, daß in Malmedy an der belgischen Grenze die Errichtung eines „deutschen Lagers" ernsthast geplant werde» weist die „Indöpendance beize" darauf hin, daß auf diese Weise der deutschen Armee in der Richtung nach Belgien bin Wege eröffnet würden, deren sich in gewissen Üoentualitäten z» bedienen ein böbereS Interesse ge bieten könnte. „In 48 Stunden", beißt cS in diesem Zu sammenhänge, „würden die an diesem Punctc conccnlrirten rheinischen Garnisonen in Lüttich sein. Indem sie dann Lüttich im Norden lassen, würden sic fast mit derselben Ge> schwindigkeit »ach der offen gebliebenen Lücke von Arbcnne und nach Huy gelangen, bas in so mittelmäßiger Weise vcrtbeidigt ist. Mit einem ConccntrirungS lager in Malmety würbe Deutschland ohne Müde »ach dem Punctc debouchircn. der an der französischen Grenze den Ucbergang am leichteste» gestattet, unv zwar aus der Seite von Sedan oder Mözioreö. Die deutsche Armee könnte sich dann in der Richtung dcS ArgonuenwaldcS und der Ebenen der Champagne entfalten, und zwar hinter dem linken Flügel der französischen Conccntraticn, die umgangen würde." Auf der andern Seite befürchtet man aber auch, daß Frankreich die Errichtung deS Lagers von Malmedy mit der Errichtung eines ebensolchen Lager- i» Givet beantworte» könnte, welche allcrtbümliche MaaSfeslung weit in belgisches Gebier vorspringt und von wo Namur ebenso durch eine» französischen Handstreich bedroht wäre, wie die- bezüglich Lüttichs von Malmedy auS der Fall sei. llm diesen Möglich keilen entgegcntrclcn zu könne», dringt man >» Belgien in die Regierung, endlich auch den zweite» Tbeil des Brialmoiil'- schcn Programm-, die Einführung der allgemeinen Wchr- vsiicht und die Schaffung einer rperaüonSsäkigen Armee von 2.'»0 tän» Mann, zu verwirklichen. Nur wenn die Befestigungen von Lüttich unv Namur Gariiisoncu von zusammen lonono Mann haben und überdies eine Feldarmee von >50 000 Manu vorhanden sein wird, glaubt man in Belgien mit Erfolg die Neutralität verlbeidigen und die Rolle eines Pufferstaates" übernehmen zu können. In Franlrrich hat tie erste schamhafte Regung eine- TkicilcS der Socialisten, die Anarchisten von sich abzu- schüneln, nicht lange vorgehattcn; aus der ganzen Linie der Rothen wird jetzt wieder unverhohlen mit de» Jüngern Ravachok'S gcliebäugelt und keinerlei Einwand mehr gegen da- Dynamit- und Bombcncvaugetium laut. Man hat sich zwei sinnreiche Formeln zurecht.,elegt» die man zu gleicher Zeit als Rechtfertigung Vaillanl'S vorbringt, wiewohl sic, beite gleich unsinnig, einander geradezu widerspreche». Die eine, die dcu Borzug bat, baß jckcr ge meine Verbrecher sie für seinen persönlichen Bedarf ver wenden kann, lautet dahin: Vaillanl'S Thal ist eine Frucht unserer elenden gesellschaftlichen Zustände, der Schuldige ist nickst Vaillant, sondern die Geicllschast. Die andere, be kanntlich auch vom „Vorwärts" acceptirtc Formel gebt dahin, der Bombenwurf in der Kammer sei bestellte Arbeit gewesen, die Regierung habe dieser Bombe bedurft, um mit ZwangSgejctzcu Vorgehen zu können. Tie crstere Lesart stellt also Vaillant als Öpfer, als Märtyrer hin, die zweite als Lumpen, welcher der Polizei in tie Hände arbeitet. Selbstverständlich dürfen die Socialisten des Gemeinderaths von Saint-DcniS nicht fehlen, wo eS die Verherrlichung oder doch Rechtscrtigung einer Tbat im Stile Navachol's. der dem Stil der Maitagr von I87l innerlich sehr verwandt ist, gilt, und so haben sic denn eine Kundgebung in- Werk gesetzt, die den lehrreichen Folge- ''rschcinungen dcS 9. December zugercchnet werden muß. C» wird darüber auS Paris vom 20. d. M. berichtet: In der letzten StadtrathSsttzung von Saint-DeniS wurde eine Glüctwunjchzujchrlst an die Xaminer beantragt. Sradtrath Pit tot bemerkte larauf: „liebevollen wir es den Bourgeois, welche di« Lunte ange'ündet daben, und der Regierung, die dieser Bombe bedurfte, »m die Anineskie z» verweigern und niederträchtig« Unierdrückungsgesetze zu erlangen, gegen Tharcn zu zetern, an denen sie allein Schuld find!" Pillol's Worte wurden mit stürmischem Deisall ausgenommen. Vielleicht bat der Vorgang wenigstens das Gute, daß er die Radicalcn von ihrer Vorliebe sür die Socialisten curirt. Tie gestern in der italienischen Kammer von dem Cab» »et Criöpi abgegebene Erklärung hält sich, wie zu erwarte» war. frei von jckcr Schönfärberei und ist «ine ein dringliche Mahnung an alle Parteien zur Einigung mit der Regierung zum Zwecke der gemeinsame» Ueberwintung der Schwierigtcile». Tie Lage sei so ernst wie niemals, Pflicht der Parteien sei c-, einen GotleSsrieden unter einander und mit der Regierung zu schließen, um das Land au- seinen Nötbc» zu retten. Ver einfachungen in der Verwaltung seien geplant, aber die dadurch erzielten Ersparungen würden nicht auSreichcn, die Nat on müsse sich darüber klar kein, daß die Stunde, Öpfrr z» bringen. geschlagen kabc. Diese Gedanken bilden den Kern der Antriltsretc CriSpi S, über die und über deren Ausnahme an anderer Stelle ausführlicher berichtet wird. Leider schein« aus diesem Berichte bervorzugrhrn, d«ß Crispi vo» dem Patriotismus der Parteien bester denkt, als sie 4» verdienen. Nickt »ur kam cS in der ersten Sitzung za erregten Debatten, sonder» cS mußte sogar dicBeschlußunfähigkrit des Hauses eonstatirt werden. Das eröffnet dem neuen Cabinel und rem ganzen italienischen Staate leine tröstlichen Aussicht»». Jedenfalls kann der Vorwurf, dem Ernste der Lage nickt ge wackien zu sein, nicht EriSpi. sondern lediglich die Kammer treffen. Sic trägt daher auch die Berantwvrlung für da-, was kommen wird, wenn sie nickt die Energie u«d Kraft besitzt, de» in ibrer Mitte herrschende» verrotteten Zuständen ein Ende zu machen. Ebe c» rum Arußrr-en lommt, würde CriSpi allerdings den Entschluß nicht von der Hand weisen dürfe», durch eine Auslösung dieser Kammer an das Volk selbst zu apvcllircn, besten Stimme ihn so laut und deutlich als den „Retter in der Noth" bezeichnet Hst und das ihn gewiß nickt im Slick lassen wird. Dem cnnlische» Premier ist der scharfsinnige Schachzug zur Durchkreuzung deS Versuch» der Confervativen, kw nationalen Flotte »sorgen sür ihre Parteizwecke au»- zunutzcn. geglückt; wie der Telegraph bereits gemeldet bat, bat das Unterhaus mit 240 gegen 204 Stimmen den Antrag Lord George Hamilton s verworfen und darauf den Unterantrag de» Premierministers obne Abstimmung ge-' nebmigt. Diese- Erzcbniß ist in erster Reihe der bereits milzelbciUcn nicikterhasicn Rede Gladstoue'S zu tanken, die der Sckatztanzlcr Hareourl durch einige An deutungen über daS Ftotteiivrogramm dcS Cabinel- ergänzte. Glatftoiie bat freilich, indem er eine VcrlraucnSklindaebung dcS Hauses verlangte unv erreichte, eine schwere Verant wortung auf sich genommen. Jede« Versäumniß, daS er sich den gewaltigen Rüstungen Frankreich- und Rußland» zur Sec gegenüber zu Schulten kommen ließe» töiinle die vcr- bänguißvollstcn Folgen iür tie Weltmachtstcllunz Groß britanniens zur Fowc haben. Er hat den Confervativen einen parlamentarischen Erfolg vereitelt, ihre mahnende Stimme wird er nicht überhören dürfen. Der vraftlkanischc Bürgerl«icg zieht sich über die Maßen in die Länge. Seil Wochen, ja seit Monaten blcikt die Lage am Lande ziemlich unverändert, während Admiral de Mcllo, Dank der größeren Beweglichkeit de« Flotte» material-, seine Stellung etwas hat günstiger gtstalttn können, indem ihm daö Entschlüpfe» auS dev Bai von Rio gelang, in der eingestandcnen Absicht, auf Neu- werbung von Schiffen und Mannschaften auSzzigehen. Während aber de Metlo sich gegen die ibm gerüchtweise unlerücllten monarchistischen Tendenzen mit vielem Nachdruck gewehrt bat, erklärt, wie bereits gemeldet, sein Nachfolger im Marmccoiumando vor Rio, Admiral Saldanka, Exd,rector der Polytechnische» Schule, gerate die Rückkehr zur Mon archie als da« Ziel dcS Aufstandes. An Klarheit gewonnen bat tie Lage in Brasilien durch solche eklatante Widersprüche sicher nickt, andererseits hält sich Präsident Pcixoto, aus die Ergebenheit der Armee zählend, mit Erfolg. Die Entscheidung de« Kampfe« dürfte nun, wenn nicht un vorhergesehene Zwischenfälle cintrcten, wahrscheinlich durch die Ereignisse in den Provinzen bcrbcigesührt werdew, wo daö republikanische Regiment keineswegs durchgängig beliebt is». In W a s li i >, gtcii scheint man hinsichtlich der Stellung Feirillctsir. „Tante Therese". Weihuachtsgeschichte von Elisabeth Hosmann, S> Verfasserin von „Aschenbrödel". N-chdruä »erteicn, (Fortsetzung.) ,Die Dame mit dem Hund?" Er, Fritz, war aufgesprungen, »bitte, mache mich mit ihr bekannt. Mensch, wie bist Du bc- ncidenSwerth!" „Kann ich nickt finden. Aber wenn Tu meine Cousine leiinen lernen willst, so ist die Sache sehr einfach. Sowie sie zurück ist, mit oder ohne Kremser Weiß, kann der feierliche Äct vor sich gehen." Mit der größten GcmiitbSrulic. wie sic nur einem gänzlich lmverliebten Wese» eigen, halte Freund Hugo weiter gepinselt, iräbrend er ans jedes Geräusch im Vorsaal hörte. Es klingelte, er subr in die Höbe, cs war die Abendzeitung. Er fand cS ibericht, am Abend noch eine Zeitung herauszugebcn. ES Iliiigelle, der Briefträger! Wie gewissenlos, daß man diese sruicn Menschen »och spät Abend« die Treppen hinaushetzl! Aber jetzt — ein leichter Schritt, ein wohlklingende-: „Guten Tag, Tantchen!" eia tappender Schritt hinter dem elastischen, tie Tlmr ging unv Therese trat ein. Sie war ein wenig verlegen, als sie den Fremden erblickte. Hugo besorgte die Vorstellung: „Mein Freund, kiinstigc erste Größe; malt Schlachten, meine Cousine, Therese Brückner, «berliebste Weiblichkeit!" „Aber Hugo!" Cie lackte lustig und gab ihrem Vetter einen Schlag mit dem Muss. Tann eilte sie, ihren Tell, der natürlich mit eingctrctcn war, von seinem Maulkorb zu be freien. Sie blieb im Atelier, Tell balle sich ihr zu Füßen anszestreckt. Bis in die tiefe Dämmerung hinein plauderten sic, von Ernstem, von Heiterem, wie eS der Augenblick eingab. Iinc sanslc Art z» sprechen, ihr kluges, gemütbvolle- Auge, >dn zarte, jugendliche Gestalt, alle« bezauberte ibn. Sir sahen sich öjler, c» zog sie zu einander, wenn sie sich fern waren. Es lamcn snr Beide jene schönen, reinen, selten ge- Irüblen Freuden, jene seligen Momente, wie sie ticie, unaii«. -estrochcnc Liebe s„ überreich spendet: ein Blick, rin flüchtiger Händedruck de« Schwesterchen«. eine Blume, dir sür den «>tzsä»ger tausend Mal schöner ist al» alle Blumen der Welt. Sie fühlten c», sie wußten eS, da- war die Liebe, die in Beider Herzen cingczogen war. Therese war daS cmzige Kind ibrer Mutter, einer Bc- amtenwitlwe. Vermögen war nickt so viel da, daß Therese nicht an einen Erwerb für die Zukunst bäite denken müssen. Und sie hatte cS gctkan, sie halte den Plan gefaßt, da ihr Lernen und Lehren leicht siel, fick zur Lehrerin auszubildcn. Für Therese gab cs kein sonnige- Plänemachcn, wie Viele cS lieben, um den Ernst dcS Leben- etwas in die Ferne zu rücken, sic rechnete nickt mit möglicherweise cintretenden GlückSsällcn. Anders ihre Mutter. Diese dachte mit bange» Sorgen daran, daß sic ihr Kind so ganz allein im Leben zurücklasscn sollte. Im geheimsten Wmtcl dcS stolzen, liebenden MiiltcrhcrzcnS mochte oft der Wunsch sich regen: Könnte ick ihre Hand in die eines braven Mannes lege», Therese verdient, geliebt zu werden. Und eine» Tage- kam die Tochter nicht wie sonst, leise: sic flog die Treppen heraus; ein ganz eigener Glanz leuchtete aus ihren Augen. Sic fiel der Mutter um de» HalS: „Ich bin so glücklich, Mama, er ist so gut!" — Tbcrcs« batte es ibm ja später alle- erzählt, er, gut? Der einsam Wandelnde lackte bitter. Ja, Therese war glücklich gewesen, ihre Frcudcnthränen mischten sich mit denen der Mutter. Und dann war er selbst gekommen, Fritz, und batte der kränkelnden Frau versprochen, ibr Klsinob durchs Leben z» tragen, »nd die Arme hatte voll blinden Vertrauen- auf der Tochter Glück ihre Hände in cin- aiikergclcgt; segnende Muttcrbäotc waren eS gewesen, die sic vereinigt, sie hätten ikm so heilig sein müssen, wie die eines Priester«. — Ein niächtigcr SchafsenSL-aug war mit der Liebe und dem Glück in teil: Her; gezogen, jetzt mußte er ja etwas Große- leisten und durckdringen. Sein Schlackten- dild war zur Hälfte fertig. Therese, seine Braut, kam oft mit der Mutter in sein Atelier. Dann stand sie bock und schlank neben ibm, betrachtete lange schweigend, waS er gemalt batte. Fast schüchtern meinte sic kann: „Sieb mal. Friedet, ist dieser Soldat nickt zu gleichgiltig, ich denke, Du mußt mehr in seinen Blick legen. — Ach, Schatz, ich denke doch immer. Du maltest lieber Landschasten. darinnen leistest Du Tein Beste-. Du hast den rechten Blick sür die tausend Schönheiten der Natur, an denen Andere nicht« sehend vor- übergebcn." Er batte, ans sein Glück vertrauend, gelacht, und doch, wie recht hatte sie gehabt. Hätte er doch damal- jencS unselige Schlachtenbild in« Feuer geworfen und ikrem klugen Frauenblick vertraut, eS wärr Alle» ander- gekommen. — In reinstem Glück batten sie dahin gelebt, er genoß da» Schönste, was ein Mcnschcnherz umfassen kann, die Liebe und da« künstlerische Schaffen. Er, Fritz, gedachte mibt der Zukunft, die Gegenwart war so schön, cS wäre ja tköricbt, kleinlich gewesen, sich diese zu verbittern, nur weil jene unsicher war. Aber in Therese war die bange Frage oft aufzetancht: „WaS wird, wenn der Erfolg auSbleibt?" — Wie rasch war dann die Zeit gekommen, wo er, der Feigling, daS Band zerrissen halte, da- zwei Herzen so scsi verbunden. DaS Bild war fertig, eS fand fick kein Käufer. Bon der Kritik wurde cS als da« Werk eines völlig Talentlosen hin- gesi-llt, alle erträumten Ideale stürzten zusammen, und sie begruben Beider Glück. Don allen Seiten bestürmte man ihn: „Wie taiinst Du anS Heirarken denken? Wie kannst Du cS mit Deinem Ge wissen vereinbaren, ein andere- Leben an da- Deine zu ketten? Sich Dich um, waS cS sür Eben sind, wo die Mittel zur Eristcnz fehle»! Bon der Liebe ist noch Keiner satt ge worden. Die Mancher muß aus diesem Grund aus seine Jugendliebe verzichten! ES ist bitter, aber was willst Tu, daS ist daS Leben, c» legt bisweilen eiserne Ketten anst' — Er selbst besaß nicht«, gar nicht». Wie Centnerlast brückte ibn jetzt ter Gedanke an Therese und seine Verlobung, an die schweren Pflichten, die er im Vertrauen aus sein Glück übernommen batte. Er wurde unwillkürlich anders in seinem Benehmen gegen Therese, kalt, hastig, gezwungen. Ibr An blick regte ihn auf, was wird, was wird? Der Gedanke wälzle sich in seinem Hirn. Da setzte er sich eines Abends, eine unselig bosi»ung-lose Slimmung benutzend, hin unv schrieb: „Gieb mir mein Wort zurück, Tberese! D» kannst Tein Leben nicht an da» eine» Bettler« ketten. Gewiß erblüht Dir »och an eine« Glücklichere» Seite ein schöne- Loo«! Für mich beginnt der dornenvolle Weg eine- armen Maler-, ich muß ihn allein gehen. — Leb wohl. Du meine Jugendliebe. Fritz." L> er wußte noch jede« Wort jene» BriescS. der nicklS entbleit, al- bie flehentliche feige Bille: erlöse mich von Dir, gieb mich frei! Als er ten entscheidenden Schritt getban, den Brief im Kasten wußte, athmete er tief auf und wanderle wie erlöst durch die menschenleeren, stillen Straßen. Dann plötzlich schlug die Stimmung um, eine innere Angst quälte ibn. die Schuld, die Reue. Er rannte zn dem Briefkasten zurück, vielleicht lag da« Brieschen noch darin. ES war jetzt scch» Uhr. Athen»- loS tam er an und blickte aus daS weiße Schild, aus dev; di« Stunden der Abholung ausgezeichnet waren. Die letzte war vor einer Viertelstunde gewesen. — Er wankte beim. Am andern Vormittag — er hatte schlaflos gelegen — brachte man ibm ein kleine« Brieschen. Er kannte die feste, klare Handschrift. Nur ein Weiße- Kärtchen steckte darin und daraus standen tie Worte: „Du bist frei. Tberese" — Da batte er nun in Händen, waS sein Sehnen während der letzten Wecken gewesen war, und e« hatte ibn nickt glück lich gemacht, nickt eine armselige Minute lang Tberrsc. bättest Dn scbcn können, wie Dein stolze» Wort, mit dem Du den Geliebten frei gabst, a» die Lipven gedrückt wurde, wir er litt um Deinetwillen, Deo» Schmerz wäre gelindert worden. Ja, er war frei gewesen! Arme Frcibcit, mit der er nickt- anziifangen wußte. Sonst batte er tie Abende bei seiner Braut in den bescheidenen und doch so traulnben Räumen verlebt, in anregender Untcrballung, in süßem Ge- kose, jetzt saß er allein, aber er war frei! ES war eine Freiheit, die ihn schwerer drückte, al- jene Fesseln. Er fühlte nickt bie mindeste Lust, einen Pinsel anznrübren. sie stand ja nickt mehr neben ibm, ihm Begeisterung, Muth machend. Er sab Tberese nickt wieder, er hörte spater, ihr« Nbutter sei gestorben. ' Da» Schicksal batte eS besser mit ibm gemeint, al» er» verdiente. Er konnte das Malen nickt lasten und begann ein neue- Bild, eine Mecrlandschaft bei Mondeiisckein. Es war eine Gegend in der Normandie, die er einmal bereist batte: schroffe Felsen, unterspütt und grünbemoost, die Zeit der bcrannabcnden Flutb, noch sab man Muscheln, Tl»ere, Scetaug, aber in der naben Ferne da« beranwallende Meer, schaumgekrönte Wogen. Glitzernd lag Heller, bläulicher Monbro- sckcm über dem ganzen, in der weiten Ferne Meer und Himmel ineinander vcrschuiininriik. E» war rin Bild, in dem Stimmung lag. eine Majestät der Riffe, der Nackt, des Meere«, am öden Strand lagen tief zur Seite geiicigtc Fischerboote, tie Fluth wird sie wieder ausrickten Da» Bild schür ibm einen Namen. E- erhielt den ersten Preis in der Ausstellung. Jetzt, mit einem Schlag, war er ein rietgenauntcr Maler. Von Neuem berauschte er sich am Glück, an dem, da» der Erfolg giebt. Er schuf Neue» zu Neuem, ließ sich feiern »nd genoß das Leben. Ein Iakr war vergangen, seit er Therese zum letzten Mal geseke» batte. Da lernte er in einer Abendgesellschaft, wie er deren jrtzt
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