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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 24.01.1898
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1898-01-24
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18980124024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1898012402
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1898012402
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1898
-
Monat
1898-01
- Tag 1898-01-24
-
Monat
1898-01
-
Jahr
1898
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auffällig zerrissener and Leschmutzter KMdung an einem Sonnlag Mittag von seiner Dienststelle kam und in ver schiedenen Läden Einkäufe machte. v. Weimar, 22. Januar. DaS'fortwährende Schwanken der Höhe der HerauSzahlungea aus der ReichScasse haben den Chef unseres Finanzdepartement» veranlaßt, den Etat für 1899/1901 ausschließlich auf die Einnahmen auS dem Lande zu stellen. Um dem Staatshaushalt die nöthige Sicherheit zu gewähren, soll der Ueberschuß auS den HerauS- zahlungen auS der ReichScasse zur Bildung eines AuS- gleichungSfondS Verwendung finden, der von den Ueber- schlissen aus den Landeseinnahmen getrennt geführt werden soll. Dieser Fonds soll in kritischen Zeiten dazu verwendet werden, gesteigerten Anforderungen des Reichs an die Einzel staaten zu genügen. --- Altenburs, 23. Januar. Dem oltenburgischen Staats minister von Helldorff wurde von beiden Fürsten von Schwarz burg daS schwarzburgische Ehrenkrerlz 1. Cl. verliehen. * Aachen, 22. Januar. Heute Abend hielt Oberlehrer I)r. Vogel in der Colonialabtheilung Aachen einen Vortrag über die Geschichte der Erforschung des westlichen Sudan und des NigerflusseS und bemerkte schließlich, wir Deutsch* würden dort, unserem Antheile an der wissenschaft lichen Erforschung deS Gebietes entsprechend, ein größeres Stück Land besitzen, wenn wir früher eine ausreichende Flotte gehabt hätten. Um so mehr müßten wir zukünftig darauf bedacht sein, daß wir unseren Antheil davoutrügen. Die Ausführungen des Redners wurden von der Versamm lung beifällig ausgenommen. (Köln. Z.) * Karlsruhe, 22. Januar. Die V erfaffungScom- mission deö badischen Landtags nahm einen Antrag auf Einführung des directen Landtagswahlrechts mit neun gegen sechs Stimmen und einen Eventualantrag auf Ein führung deS Proportionalwahlsystems einstimmig an. * München, 22. Jauuar. Die „M. Neuesten Nachr." ver klagten den Antisemiteufübrer Wengg, der in einer Ver sammlung gesagt hat, die Wiedergabe der DreyfuS-Ester- Hazy-H andschrift werde dem Blatte gut bezahlt worden sein. (Frkf. Z.) Oesterreich-Ungarn. Oesterreich und Serbien. * Pest, 23. Januar. In einem Artikel über die Vor gänge in Serbien sagt der „Pester Lloyd": Unsere Monarchie bat an der Rückkehr des Königs Milan nach Belgrad keinen Theil. Die Besorgniß, daß das Verweilen Milan's in Serbien unserer Monarchie zu einer Intervention in die inneren Angelegenheiten Serbiens zwingen könnte, besteht bei unS zu Lande nicht und wenn Petersburger Telegramme ausnärtigerBlälter eine derartigeBefürchtungzum Auökruck bringen, so rechnen sie nicht mit der wiederholt auf das Nachdrücklichste tundgegebenen Absicht unserer gemein samen Regierung, sich in die internen Angelegenheiten der Staaten der Balkanhalbinsel nicht einzumischen. Ist die Monarchie ohne Zweifel stark genug zu einer Intervention, die ihr durch ihre Lebensinteressen etwa ausgezwungen werden sollte, so ist sie eS um so mehr, eine Intervention abzu lehnen, die sie nicht sucht, die sie nicht will und gegen die sie sich sträubt. — Bezüglich der Rückberufung der emigrirten Officiere heißt eS in dem Artikel: Man mag die Rückberufung von dem Standpunkt der militairischen Disciplin aus als nicht besonders angenehm hinstellen, aber die Folgerung, daß die bulgarische Armee dadurch russisicirt und zur Avantgarde des russischen HeereS auf der Balkanhalbinsel gemacht werde, geht zu weit. Bei dem festen Willen, ein gemeinsames Einvernehmen mit Rußland loyal zu pflegen, halten wir Divergenzen mit Rußland wegen dieser Affaire für vollständig ausgeschlossen. Das gute Ver- hältniß zwischen her Monarchie und Rußland ist auS so tief ernsten Erwägungen hervorgegangen, daß keine ZeitungS- campagne stark genug ist, den festen Willen der beiderseitigen Souveraine und Staatsmänner zur loyalen Aufrechterhaltung des Einvernehmens im Geringsten zu erschüttern. * Pest, 23. Januar. Wie das Amtsblatt meldet, ist der Minister a Inters Baron Josika auf eigenes Ansuchen unter Verleihung deS Ordens der Eisernen Kröne erster Classe von seinem Posten enthoben worden, und der Ministerpräsident Baron Banffy mit der provisorischen Leitung deS Ministeriums n Inters betraut worden. Frankreich. Die Tumultscenen i» ver Kammer. * Don dem Verlauf der Sonnabend-Sitzung der Kammer, in welcher die Dreyfus-Angelegenheit zur Sprache kam, entwirft folgender Bericht der „Voss. Ztg." ein anschauliches Bild: Die Spannung, die im Palais Bourbon wie auf der Straße in der Luft liegt, hat sich in einer unerhörten Keilerei entladen, die der Kammersitzung ein gewaltsames vorzeitiges Ende machte. Bei Beginn der Sitzung nahm Cavaignac sofort das Wort: „Ich versichere von Neuem", sagte er, „daß der Hauptmann Lebrun-Renault erklärt hat, Dreyfus habe ein Geständniß ab gelegt. ES giebt hierüber zwei Urkunden, einen Brief des Generals Gonse vom 6. Januar 1895 und ein Zeugniß des Hauptmanns Lebrun-Renault. Weshalb weigert die Regierung sich, diese Schriftstücke bekannt zu machen? Angeblich, weil sie hie Giltigkeit des gefällten Urtheils anzuzweifeln scheint. Diesen Vorwurf würde sie aber eher durch ihr Schweigen ver dienen. Weiß denn die Regierung nicht, daß anderwärts die Giltigkeit des Urtheils entschieden angegriffen wird? Haben die Blätter nicht einen Brief Bernard Lazares' gedruckt, der leugnet, daß eS einen Bericht Lebrun-Renault's giebt? Hat die Regierung nicht selbst eine Verfolgung eingelvitet, welche die Giltigkeit deS Urtheils durchaus in Frage stellt? (Händeklatschen auf der äußersten Linken.) In der „Hava»"-Mittheilung beruft die Regirung sich auch auf die Nothwendigkeit, die Dinge geheim zu hallen. DaS hat mit den Geständnissen Dreyfus' nichts zu thunl Wenn in Lebrun-Renault's Bericht Stellen sind, die man auS Rücksicht auf fremde Mächte nicht be kannt werden lassen will, so können diese Stellet! ja überschlagen werden." (Murren rechts und bei den Boulangisten. Rus«: „DaS ganze Schriftstück ist gefährlich.") Cavaignac: „Zwischen den Handlungen und Worten der Regierung besteht ein sonderbarer Wider spruch: Sie sagt „ja", aber ihre Handlungen sagen „nein". Diese verlegene und seltsame Haltung beunruhigt die guten Bürger. Die Regierung hat das Land durch den Anprall gegnerischer Leidenschaften zer rütten lassen. Ihr erstes Wort war: es giebt keine DreyfuS-Angelegenheit, und heute läßt sie den Feldzug zur Wiederaufncchme deS Verfahrens zu. DaS zwingt nothwendig zu der Annahme, daß eS etwas giebt, was die Re gierung weiß, jedoch nicht sagen will. Die Re gierung mutz endlich auS dem Schweigen heraustreten, das dem Lande unbegreiflich ist." MSline: „Die Regierung kann die verlangte Veröffentlichung nicht be willigen, doch giebt sie zu, daß der Bericht des Hauptmann» Lebrun-Renault besteht. (Jubelrufe und Händeklatschen auf den meisten Bänken.) Ich kann ihn nicht veröffentlichen, weil die Kammer ihre bestimmte Absicht wiederholt auSgedrückt hat, die Dreyfus-Sache nicht auf dieser Rednerbühne erörtern zu lassen." (Lärm links. Rufe: „Das ist nicht wahr!") MSline: „Die Kammer wollte, daß di- Angelegenheit eine reine Rechtssache bleibe, sonst steuern wir gerade aus das Wiederaufnahmeverfahren zu. (Händeklatschen rechts und in der Mitte.) Wie kann Cavaignac sagen, daß ohne den Lebrun-Renault'schen Bericht Dreyfus' Derurtheilunz werthlo» war! DaS Urtheil deS Kriegsgericht» genügtsich selbst. (Händeklatschen.) Da» ist nicht alle». Ein solches Schriftstück zu veröffentlichen, wä« höchst ge fährlich au» kenselbtn Grünlsttr, aus Mlchen Nr Ausschluß der Öffentlichkeit verfügt werden mußte. Sollen wir etwa unseren Widersachern die Geheimnisse unserer militairischen Polizei offenbaren? (Stürmischer, anhaltender Beifall auf den meisten Bänken.) Cavaignac hat die Haltung her Regierung ungerecht getadelt. Wir haben glauben dürfen, sowie die Richter gesprochen hätten, würden die Vertheidiger Dreyfus' verstummen. (Rufe links: „Wenn Sie die Öffentlichkeit nicht ausgeschlossen hätten!" Hef tiger Lärm.) Wir haben uns getäuscht, man hat sich nicht beruhigt. Ein hochbegabter Schriftsteller hat sich seiner Feder bedient, um das Heer zu ent ehren...." (Stürmischer Beifall rechts und in der Mitte.) Jaurßs: „Sieverleumden! Zola hat kein Wort gegen das Heer gesagt." (Wüthendes Geschrei, Tumult.) MSline: „Mit hochmüthiger Unbekümmertheit leugnet er die Sachverständigen und setzt seinen Kreuzzug fort. Auch Andere haben schwere Schuld gegen das Land auf sich geladen. Mögen Sie Dreyfus unschuldig glauben. Aber esgiebtMittel.diemannichtanwendendarf." (WüthendeS Händeklatschen der Mehrheit.) Fab« rot (So- cialist): „Lüge und Betrug darf man nicht anwenden!" De- bernis (Klerikaler): „Die einzigen Lügner und Betrüger sind Sie." Der Vorsitzende Brisson ruft Faberot zur Ordnung. MSline: „Wer Wind säet, erntet Sturm. Dieses ruhige, rechtschaffene, arbeitsame Land ist seit einigen Tagen die Beute wüthender Leidenschaften. Die Regierung thut ihre volle Schul digkeit . . ." Marcel Habert (Boulangist): „Erst nachdem man sie dazu gezwungen hat." Vorsitzender Brisson: „Ich bitte die Kammer, dem Lande das Beispiel der Ruhe zu geben." MSline: „Wir haben Zola's Aufsatz vor das Schwurgericht verwiesen. Wir haben Vertrauen zu den zwölf Bürgern, denen die Vertheidigung der Ehre des Heeres überlassen ist. Wir haben keine Verschärfung des Preßgesetzes verlangt . . ." Pascal Grousset: „Das hätte gerade noch gefehlt!" MSline: „Wenn wir nur einen Theil des Aufsatzes ver folgen, so ist es, weil wir die Ehre von Gene- ralenimDienstnichteinrmUrtheilderRechts- pflegeaussetzen wollte n." (Hohngeschrei links. Rufe: „Und ihr Vertrauen zu den zwölf Bürgern?") Chauvin (Socialist): „Die Herren Generale haben ihnen ohne Zweifel angekündigt, daß sie zu den Geschworenen kein Vertrauen haben!" MSline stellt schließlich die Vertrauensfrage (mi nutenlanger jubelnder Beifall der Mehrheit). Cavaignac zieht seine Anfrage zurück, da MelinS's Erklärungen ihn befriedigen. Iaur 6 s: „So nehme ich die Anfrage auf; die Führer des Heeres haben schwersten Verdacht auf sich geladen." Debernis: „Sie sind ein Feigling, Lügner und elender Strolch." (Geschrei rechts: „Judensöldling!") GSrault Richard (Socialist) stürmt in den Halbkreis hinab und ver setzt Debernis eine furchtbare Ohrfeige. De bernis brüllt auf und schlägt wie wahnsinnig um sich; Dennys Cochin und deMun springen ihm bei; Toussaint und Coutant eilen an GSrault Richards Seite. Von allen BänkenwälztmansichindenHalbkreis.wodie Prügelei allgemein wird. All es schlägt blindlings in den Haufen; Abgeordnete werden zu Boden geworfen und getreten. Köpfe schlagen gegen Bankkanten; Röcke wer den abgerissen. Vorsitzender Brisson ringt die Hände und verläßt seinen Lehnstuhl. Debernis reißt sich im Tumult von den ihn haltenden Freunden los, thut einen Satz nach der Rednerbllhne, auf der IaurSs ruhig steht und versetzt diesem von rückwärts einen heftigen Schlag ins Gesicht. Jaurös schleudert ihn mit hinten ausschlagendem Fuße von der Redner bühne. Unten bekommt Debernis noch unzählige Fußtritte und Ohrfeigen. Dann entreißen die Klerikalen ihn den Fäust-n der Socialisten und schleppen ihn aus dem Saale. An dieser interessanten Stelle werden auf Anordnung des Vorsitzenden die Galerien geräumt und die Abgeordneten setzen ihre Leibesübungen ohne Zeugen fort. Gegen TreyfnS. * Paris, 23. Januar. Eine große Protestversamm lung gegen den Feldzug zu Gunsten Dreyfus' findet in der „Salle des mille ColonneS" im Bezirke Mont Parnass« statt. Zur Aufrechterhaltung der Ordnung sind umfassende Maßregeln getroffen. Zahlreiche Polizisten und Posten der „Garde rSpublicaine" zu Pferde find am Eingänge des SaaleS ausgestellt. Ebenso sind im Saale Vorsichts maßregeln getrosten. Die Stühle sind entfernt. Die Menge begann um 2V» Uhr den Saal zu füllen. Die Polizei verbot den Anarchisten, welche sich an der Versammlung be theiligen wollten, den Eintritt. * Parts, 23. Januar. Die Versammlung in der „Salle deS mille ColonneS" war ziemlich bewegt, von einem Zwischenfall verlautet aber nichts. Der Einberufer GuSrin erklärte, der Zweck der Versammlung sei nicht ein politischer, sondern ein patriotischer, nämlich, um gegen die Angriffe auf die Armee zu protestiren. Anarchisten, denen das Betreten deS Saales gelungen war, begannen zu lärmen. Der zum Präsidenten gewählte Th iS baud wollte das Wort nehmen, wurde aber durch erneute Unterbrechungen daran verhindert. Drei Anarchisten wurden entfernt. ThiS- baud stellte darauf den Antrag, einen Kranz zum Stand bild der Stadt Straßburg zu bringen, waö mit Rusen: „ES lebe die Armee! Es lebe Frankreich!" aus- gendmmen wurde. Die Störungen erneuerten sich. Enolich schlug ThiSbaud bei der Unmöglichkeit, die Erörterung fortzusrtzen, vor, die Versammlung auf zuheben, in Ruhe sich zum Concordienplaye zu begeben und den Kranz oiederzulegen. Der Antrag gelangte zur Annahme. Der Kranz wurde in einen Wagen gebracht, aber die Polizei erlaubte den Theilnehmern an der Versammlung nicht, im Zuge zu folgen. Infolgedessen mußten sie einzeln oder in tteinen Abtheitungen gehen. ES wurden zwei Verhaftungen vorgenommen. * Part», 23. Januar. Als die Theilnehmer an der Protestversammlung in der „Salle deS mille ColonneS" den Saal verlassen hatten, versuchten Anarchisten in dem Saale eine Versammlung adzuhalten, wurden aber vom Polizeicommissar daran gehindert, worauf sie sich zurückzogen. Auf dem Concordienplatze herrschte den ganzen Nachmittag Ruhe. Gegen 4»/, Uhr traf die Abordnung der Protest versammlung in der „Salle des mille ColonneS" auf dem Concordienplatze eia, legte den Kranz am Standbilde ver Stadt Straßburg nieder und zog sich dann ohne Zwischenfall zurück. Antisemitische Kundgebungen. * Algier, 23. Januar. Heule Abend 9 Uhr wendeten sich die Theilnehmer an der Kundgebung nach der Mairie, wo die Marseillaise gesungen wurde, und versuchten herauf, die Schaufenster an den Läden der Juden zu zertrümmern. Zuaven eilten herbei und der Oberst ließ die Menge auffordern, auSeinanverzuaehea. Diese rief: „Hoch die Armee, nieder mit den Juden!" und zogen nach dem GouvernementS-Platze. Die Truppen haben den Befehl erhalten, die Ordnung aufrecht zu erhalten. 150 Ver haftungen wurden vorgenommen. Um >/,11 Uhr zogen die Manifestanten unter Hochrufen auf die Armee nach dem Sitz deS XIX. ArmeecorpS und machten sich sodann daran, die jüdischen Mehlhäuser zu ver wüsten. Sie schütteten die Säcke auS, beraubten verschiedene Magazine und warfen die Maaren auf die Straße. Die Zuaven gingen mit aufgepflanztem Bajonette vor und zerstreuten die Manifestanten, von denen einig« leicht verwundet wurden. Die Menge sammelte sich jedoch wieder auf dem OuaiS und zündete dort die jüdischen Schnapsläden an. Die Truppen eilten sofort dortbin. Die Feuersbrunst scheint NacdlS >/,1 Uhr erloschen zu sein. Patrouillen durchziehen die Stadt, in der die Ruhe nunmehr wieder hrrgestellr ist. * Algier, 23. Jäültar. Ueker die Hellffgen Kundgebungen sind noch folgende Einzelheiten zu melden: Einer der im An fang der Kundgebung Verwundeten ist seinen Wunden erlegen. Als derTod bekannt wurde, bemächtigte sich große Erregung der Bevölkerung und die bereits gemeldeten Plünd e- rungen jüdischer Laden wurden ins Werk gesetzt. Als Gendarmerie und Polizei nicht im Stande waren, die Ruhe wieder herzustellen, erfolgte der Angriff der Jägerabtbeilung auf die Menge. An den Plünderungen haben sich arbeitsscheue Personen aller Rassen be- theiligt. Die israelitischen Behörden haben ihren Glaubens genossen empfohlen, ibre Häuser nicht zu verlassen. Da die beiden Getödtcten (über den ersten Mord berichteten wir im Morgenblatt. D. Red.) Christen waren, haben die Anti semiten geschworen, den Tod derselben zu rächen. Neue Unruhen werden befürchtet, auch aus den Vororten werden Kundgebungen gemeldet. * Algier, 2t. Januar. (Früh 4 Uhr lO Miu.) Die Theilnehmer an der Kundgebung begaben sich schließlich nach der Vorstadt Saint-Eugöne und beschädigten daselbst mehrereLandhäuser der Israeliten. Die Gensdarmerie verhinderte die Manifestanten nach der Stadt zurückzukehren, in der jetzt Ruhe herrscht. Die Truppen haben ihre Quar tiere wieder aufgesucht. Im Ganzen wurden 200 Personen verhaftet. Schweiz. * Ver», 23. Januar. Die hiesige socialdemokratische Arbeiter-Union beschloß, ungesäumt eine Volksinitiative für die Einführung der Wahl deS BundeSrathS durch das Volk ins Werk zu setzen. Italien. Ermäßigung -er Getreidezölle; Ttenercrawalle. * Rom, 23. Januar. Auf Vorschlag deS MinisterratheS bat der König ein Decret unterzeichnet, durch welches die Eingangszölle für Getreide bis zum 30. April d. I. von 7,50 Francs ans 5 Francs ermäßigt werden. Das Decret tritt am 25. d. MtS. Morgens in Kraft; an demselben Tage soll es der Kammer zur verfassungsmäßigen Ge nehmigung als Gesetzentwurf vorgelegt werden. * Florenz, 23. Januar. Heute Abend veranstalteten un gefähr 200 Personen auf dem Victor-Emanuel-Platze eine Kundgebung und zogen dann unter dem Rufe: „Nieder mit den Steuern!" nach dem Innern der Stabt, wo sie einige Fenster deS Hauses einwarfen, in welchem sich die Bureaus der Zeitung „Fiera Mosca" befinden. Ein Polizist wurde hierbei leicht verletzt. Die Manifestanten schickten eine Commission zum Bürgermeister, worauf sich ein Theil der selben zerstreute. Ein anderer Tbeil rottete sich auf dem Meßplatze wieder zusammen, wurde aber von der Polizei zerstreut. 6 Verhaftungen wurden vorgenommen, die Ruhe ist wieder hergestellt. Svanien. Friede auf den Philippinen. * Madrid, 23. Januar. Zur Feier der vollständigen Unterdrückung des Aufstandes auf den Philippinen war die Stadt beute festlich erleuchtet. * Madrid, 23. Januar. Die Minister, die eine Sitzung abbielten, beschlossen, anläßlich deS auf den Philippinen wieder hergestelllen Friedens ein Tedeum in den Kirchen abzuhalten. Rußland. Antisemitisches. Odessa, 22. Januar. Das hiesige Bezirksgericht verhandelte drei Tage gegen die Urheber der im vorigen Jahre in der Stadt Szpola (Gouvernement Kiew) ver übten groben Ausschreitungen gegen die Juden, wobei viele Kaufläden geplündert und deren Inhaber mißhandelt wurden. Von 58 Angeklagten wurden gestern 12 frei gesprochen und die klebrigen zu 4 bis 2 Jahren Gefäng- niß unter Verlust der besonderen Rechte verurtheilt. Orient. Lage auf Kreta; Gouverneursrage. * Kandis, 23. Januar. Das diesige Consularcorps er hielt aus Kanea den Auftrag, eine Besichtigung deS christ lichen Kirchhofs außerhalb der Stadt vorzunehmen. Un geheuerliche Gerüchte über dort verübte, schon kurz erwähnte Leichenschändungen durch die Muselmanen waren der Anlaß. DaS Consularcorps constatirte die Zerstörung von mehr als 65 christlichen Gräbern; doch war eine Fest stellung unmöglich, ob thatsächlich, wie behauptet wurde, Knochen geraubt und verkauft worden sind. * Kanea, 23. Januar. (Meldung der „Agence HavaS".) Eine Depesche deS Gouverneurs von Kandis meldet, daß ein englisches Kriegsschiff die bei den letzten Gewalt- lbätigkeiten verhafteten Personen an Bord genommen habe. Alle Läden seien geschlossen. Zahlreiche Gruppen fordern dringend die Freilassung der Gefangenen und ergehen sich in heftigen Drohungen, wenn man ihrem Verlangen nicht will fahre. — In Folge der letzten Vorfälle in Kandis ernennt ein kaiserliches Jrade den Platzcommandanten von Kanea Edhem Pascha an Stelle deS Oberst Schefky zum Unter gouverneur von Kandis. * Parts, 23. Januar. Hier ist die verläßliche Meldung eingetroffen, daß der Sultan die Candidatnr VeS Prinzen Georg von Griechenland für den kretischen Gouverneur posten envgiltig ab gelehnt habe. Asien. China und die Mächte. * Kronstadt, 23. Januar. Die Zeitung „Kotlin" meldet folgende Bewegungen resp. Standorte der russischen Kriegs schiffe: im Stillen Ocean und zwar in Nagasaki befinden sich: .,Rjurik", „Pamjat Azowa", die Kreuzer „Kreiffer" und „Zabiaka"; „Ssiwutsch" geht von Shangbai nach Nagasaki. In Port Arthur befinden sich: „Admiral Nachimow", „Korej>tz",„Otwatshnij" und„Gremjastschiy"; inTalienwan: „Avmiral Kornilow", „Dimitrij Donskoi": in Tschemulpo: „Mandshur". Von den auf der Fahrt nach dem Stillen Ocean hegriffencn Fahrzeugen liegt in Suez „Rossija", in Algier „Wlavimir Msnomach". * Tau Francisco, 23. Januar. Der hier erbaute japanische Kreuzer „Chitose" ist gestern vom Stapel gelaufen. * Einer der deutschen Forderungen an China, schreibt der „North China Herald" vom 17. December, ist man in Peking sehr rasch entgegengekommen. Die Ernennung deS Gouverneurs von Schantung, Lipingheng» zum Vice könig der Provinz Szrlschuan ist nämlich jetzt rückgängig gemacht worden. An seiner Stelle kommt ver bisherige Tartarengeneral Dülu in Futschau nach Szetschuan. Der Vicekönig Tschangtschihtung in Wutschang hatte dem Throne dringend grrathen, das Ansinnen der Deutschen, Lipingheng zu bestrafen, rundweg abzuweisen. Denn Li wäre in keiner Weise für vir Ermordung der Missionare verantwort lich zu machen- die anderen Gouverneure und die Viceköniae würden seine Bestrafung deshalb jedenfalls als eine große Ungerechtigkeit ansehen. Tschang schloß seine Eingabe mit den beweglichen Worten, er wäre jederzeit bereit, sein Leben für die Tynastie zu lassen. Als der Kaiser die- laS, sollen ihm Thränen in die Augen gekommen sein. Dann sah er die vor ihm knieenden Mitglieder deS Großen RatheS an, als ob er erwartete, daß sich der eine oder ver andere der fünf hohen Würventläger im Sinne Tschang'S aussprechen würde; aber alle blickten schweigend zu Boven und wagten nicht, vem Sohne de» Himmels in dieser schwierigen Angelegen- beit zu ratden. Der Gouverneur Li hat bereits am 30. No vember „die AmtSsiegel an seinen Nachfolger übergeben", wie der chinesische Ausdruck lautet. Nach einer inzwischen rin- getroffenen telegraphische» Nachricht mußte er jedoch iu Schätzung bleibtst, bi'K die AfigeieWhU vM KiLöffchÄlt ge regelt war. Hierzu bestimmte der Kaiser den Prinzen Tsching, sowie Lihungtschang und Tschangyinhuan, die mit dem deutschen Gesandten Baron v. Heyking berathen sollten. (K. Ztg.) Indischer Grrnzkrieg. * Auch im östlichsten Gebiet deS Kriegsschauplatzes an der Nord west grenze müssen jetzt die britischen Truppen vor der scharfen Winterkälte zurückwcichen. Nach einem Kalkuttaer Telegramm sammelt General Sir Bindon Blood diese Brigade eiligst zum Rückzug. Angeblich ist er sehr zufrieden mit seinen Erfolgen, die Bunerwal sollen all seinen Forderungen nachgekommen sein. Man wird indessen gut thun, die Sache nicht allzu rosig erscheinen zu lassen, da man ja weiß, was es mit der sogenannten freiwilligen Unterwerfung wilder Stämme auf sich hat. Es werden von einigen schlauen Dorfhäuptlingen ein paar Dutzend unbrauchbarer Flinten und einige wenige moderne Hinterlader von Henry-Martini oder Lee-Metford inS Thal hinuntergcschickt, mit dem „Saläm" der Dschirga an den englischen General, der darauf ans Hauptquartier tele- graphirt, „der ganze Stamm hat sich unterworfen und seine Waffen abgeliefert" und sich dann wundert, wenn bei seinem Rückzug NachtS von den Höhen deS Thales die Kugeln eines unsichtbaren Feindes auf seine abziehenden Truppen herab pfeifen. Ein weiterer Grund der Beunruhigung liegt in dem Zurückbleiben der sogenannten hindustanischen Fanatiker, jener mohamedanischen Glaubenseiferer auS dem bengalischen Tief lande — eben dieser Herkunft wegen oben im Gebirg einfach Hindustaner genannt —, die schon seit dem Anfang des Jahrhunderts für den Islam gekämpft haben gegen Hindu und Christen. Noch vor 34 Jahren wurde ihr Auftreten am Ambela-Paß im Bunerlande Anlaß zu einer schweren Nieder läge und einem unvortheilhaften Frieden für die britischen Truppen, die auch heute nur mit Mißtrauen und Unsicherheit sich wieder mit den unberechenbaren Gesellen einlassen würden. * Kalkutta, 23. Januar. Zur Züchtigung des AkakhelstammeS, welcher Raubzüge unternommen hatte, sinv mehrere fliegende Colonnen mit Artillerie unter dem Befehl des Generals Palmer entsendet worden. Verbot der Pilgerfahrten. * Petersburg, 23. Januar. Angesichts der erheblichen Ausdehnung der Pestepivemie in Indien hat daS russische Counts zur Bekämpfung der Pest daS Verbot der mohamedanischen Pilgerfahrten für daS laufende Jahr aufrecht erhalten. Fünf russische Aerzte sind zur Beob achtung der Bewegung der Epidemie nach Indien gesandt. Afrika. Französische Erfolge im Niger-Gebiet. * Gleichzeitig mit der Pariser Nachricht, daß die Fran zosen sich in Borg» festgesetzt haben, veröffentlicht die Niger gesellschaft Mittheilungen, die geeignet sind, die Eng länder zu erfreuen. Der Sultan von Sokoto, der Be herrscher der Gläubigen im mittleren Sudan, hat nach langen Verhandlungen die übliche jährliche Unterstützung von 3000 Lstrl., die ihm von England bewilligt worden war und die er sich während mehrerer Monate zu empfangen ge weigert hatte, angenommen und damit die Lostrennung seiner beiden besten Provinzen, Nupe und Il 0 rin, von seinem Reiche, sowie die Niederlage der Fulah anerkannt. Sein Vasall, der Sultan von Gandu, dem die unmittelbare Verwaltung dieser beiden Provinzen obliegt, hat gleichzeitig seine Absicht kund gegeben, den Vertrag mit den Briten anzuerkennen, und hat über die ihm von den französischen Officieren gemachten Er öffnungen Mittheilungen gemacht. Nach dem Feldzug, den vor Jahresfrist Sir G. T. Goldie in daS Land der Nupc und Jlorin unternommen hatte, war die Nigergesellschaft darauf gefaßt, daß die Beziehungen zu den beiden Sultanen auf längere Zeit gespannt wären, fortlaufende Unterhand lungen mit ihnen haben jedoch mit der Beseitigung aller Schwierigkeiten geendigt. Wenn man bedenkt, daß daS Reich der Fulah, Sokoto-Kandu, mehrere Mal so groß ist wie England und trotz vieler Sclavenjagden 20—30 Millionen Einwohner zählt, tritt die Bedeutung der neuen Abmachung klar zu Tage. (K. Ztg.) Präsidentenwahl in Transvaal. * Prätoria, 23. Januar. (Meldung des „Neuter'schen BureauS".) Die Abstimmung für die Präsidentenwahl ist hier heute Abend geschloffen worden. Vou 2400 Wählern haben nur 1282 ihre Stimmen abgegeben. Die Wahl handlung ist überall durchaus ruhig verlaufen. Da die Wahl eine geheime ist, ist eS schwer, daS Resultat vorher zu berechnen, doch herrscht die Ansicht, daß die Stimmen ungefähr gleichmäßig auf Krüger unv Bürger vertheilt sind. Amerika. Lage auf Cuba. * Madrid, 23. Januar. Nach Meldungen aus Havannah hätten 6 Aufständische, welche dem die Leibgarde von Maximo Gomez bildenden Regimente angehören, ausgesagt, daß Gomez den Führer der Aufständischen A lvarez, welcher sich mit seiner Schaar unterwerfen wollte, hätte er- sschießen lassen. Die Gewährsmänner hätten hinzugefügt, 20 Mann der Leibgarde von Gomez würden sich demnächst unterwerfen. Marschall Blanco wird wahrscheinlich nach dem Osten abreisen. — Aus der Provinz Santa Clara wirv gemeldet, daß der Führer der Aufständischen, Tego, sick unterworfen hat. * New Aork, 23. Januar. Meldungen aus Jacksonville zufolge sollen Kreuzer der Vereinigten Staaten Nacktö in aller Eile nach Havannah abgesegelt sein. Wie eS heißt, hätten Passagiere VeS in Keywest angekommenen Dampfers „Olivette" berichtet, daß in Havannah der Ausbruch von Unruhen, die sich gegen die Amerikaner richten würden, bevorstehe. Marschall Blanco habe Truppen in Havannah zusammengezogen, um etwaige Unruhen zu unterdrücken. Eine Depesche aus Havannah berichtet, daß die Auf ständischen einen Theil deS spanischen Lagers in Jucaro am äußersten Ende der Trocka mit Dynamit gesprengt hätten. Die Caserne sei zerstört, viele Soldaten seien ge- tövtet und verwundet worden. '* London, 23. Januar. Nach einem Telegramm des „Daily Chronicle" auS Washington ist die Spannung wegen Cuba ernst. Die amerikanische Marine sei tbal- sächlich auf Kriegsfuß und jedes verfügbare Schiff könne jever Zeit schnell Cuba erreichen. DaS Intelligenz-Bureau der amerikanischen Marine habe seit einiger Zeil alle erreich baren Informationen über die Häfen Cubas und deren Ber- theidigung, sowie die Zahl und Größe der spanischen Schiffe dort gesammelt. (Frkf. Ztg.) * Madrid, 23. Januar. Eine Depesche aus New N»rk, welche von den Bewegungen amerikanischer Kriegs schiffe berichtet, wird hier lebhaft besprochen. Der „Jmparcial" sagt in einem heftigen Artikel, mau sehe jetzt da» sehnliche Verlangen der Amerikaner, sich CudaS zu bemächtigen. * Madrid, 23 Januar. Nach Meldungen aus Havannah beschloß der Ministerratb, eine Abordnung nach Washington zu entsenden, die wegen eines Handels vertrag«« aus der Grundlage der Gegenseitigkeit unter handeln soll. Mlilair un- Marine. * Zur Deckung de« Fahrräderbedarfs der Arme« hat sich die Militairverwaltung nach der „Post" endgiltig dafür ent schieden, daß ein« eigene Fabrikanlage zur Herstellung der Fahr räder nicht errichtet werden soll; st» werden vielmehr von Privatfabriken bezogen. Di« Reparaturen dagegen werben mititatrtscherfeitS besorgt.
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