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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 28.04.1896
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-04-28
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18960428021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1896042802
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896042802
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1896
-
Monat
1896-04
- Tag 1896-04-28
-
Monat
1896-04
-
Jahr
1896
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S2VY anderer Geile wird folgend« Liste verbreitet: MSline Präsidium und Ackerbau, Cordelrt Justiz, Hanotaux AeutzereS, Cochery Mnanzeu, Lebon Handel, General Billot Krieg, Barbey Warme. Die äußer st» Linke faßte unter dem Vorsitz Goblet'S de» Beschluß, im Falle der Bildung eines gemäßigten Cqbj»»ts wegen Verletzung der parlamentarischen Regeln und der aus dem allgemeinen Stimmrecht sich ergebenden Rechte zu interpelliren. N * Paris, 28. April. (Telegramm.) Die Blätter betrachten die Bildung de» Cabinet» MSI ine al» sicher; dasselbe würde eia rein gemäßigte» sein mit Hanotanx als Minister des AuS- wärtigen, Billot al» Kriegs- und Besnard oder Barbey als Marineminister. Man sieht voraus, daß das Cabiuet von den vereinigten Socialtstea und Radicalen heftig bekämpft werven wird. Dir meisten Blätter halten dir Auflösung der Kammer für nothwendig. Auch wir haben auf diese Nothwendigkeit bereits hin- getviesen. Sie drängt sich jetzt um so mehr auf, als ein rein gemäßigte» Cabmet sofort in den unheilbarsten Conflict mit der radical-socialistischen Linken in der Kammer gerathen wird. Dasselbe wäre übrigens auch bei einem von ge mäßigter Seite vorgeschlagenen Kampfministerium Dupuy der Fall gewesen. An ein rein radicales Cabinet war natürlich nicht zu denken, da in diesem Falle der Conflict mit dem Seaat von Neuem au-gebrochen wäre. Auf alle Fälle wird eS nicht ohne große Erregung, vielleicht nicht ohne blutig» Ueberraschungcn abgchcn. Die Radicalen und ihre noch weiter links stehende Gefolgschaft führen nichts Gutes im Schilde. Gestern kam es wieder in Paris zu einer studen tischen Demonstration, und aus der Provinz liegt folgende sensationelle Meldung vor: * LonS-le-Sannter, 28. April. (Telegramm.) Ein 26 Jahre alter A»archift Namen» Colt» ermordete inmittrn eines Volks festes ohne jeglich« Veranlassung den Maire der Gemeinde Ne vH durch Messerstiche. Man schreibt das Verbrechen lediglich dem politische» Hasse z». Also auch die Geister de- radicalen Umsturzes sind bereits mobil. Da» Unheil scheint im Zuge. Der englische Colonial Minister steckt, wie wir das als unumgänglich bezeichneten, die Niederlage, welche er sich in dem Conflict mit Transvaal geholt, ruhig ein und zieht mit einem Male mildere Saiten auf. Die Angelegenheit kam gestern im Unterbause zur Sprache, worüber uns auö London, 27. April gemeldet wird: Der Staatssecretair Chamberlain erklärt, am Sonnabend sei der Hauptinhalt der Antwort des Präsidenten Krüger aus Li« Einladung auf telegraphischem Wege eingetroffcn. Die volle Wirkung der Antwort könne nicht gehörig gewürdigt werden ohne Kenntniß der ganzen Depesche und Les ihr vorausgegangenen Schrift wechsels. Der wichtigste Punct sei die Antwort Krügec's auf das Ersuchen arm einen endgiltigen Bescheid auf die Einladung; Krüger antwortet, er sei überzeugt, die britische Regierung werde die Schwierigkeit seiner Stellung anerkennen und würdigen, er halte es für weiser, die Frage seiner Reise nach England gegenwärtig nicht zu erörtern, ganz besonders im Hinblick auf die hcrannahende Tagung des Bollsraads, welche im Mai beginn« und seine Gegenwart wenigstens während eines Theiles derselben in Pretoria nöthig mache, La wichtige Maßregeln von der gesetzgebenden Körper- schäft bcrathcn werden müßten. ES sei klar und er hoffe zuversicht lich, daß durch Geduld und Tact auf beiden Seiten eine friedliche und befriedigende Lösung der Angelegenheit werde erreicht werden. Chamberlain fährt fort, unter diesen Um ständen habe die britische Regierung für jetzt die Einladung zurückgezog«» und an Sir H. Robinson telegraphisch den Wunsch übermittelt, daß, sobald Bower zurückgekehrt sei, und wenn dann die Zusttznde im Matabeleland es gestatteten, Robinson zu einem kurzen Besuche nach England kommen solle, um mit der Regierung zu beratheo und Weisungen zu erhalten, welche er bei sierneren Unterüandlimgen, die beschlossen werden könnten, zu befolgen höben werde. Der gejammte Schriftwechsel werde zur Veröffentlichung voübereitet, und er hoffe, daß derselbe zeitig genug für die am 8. Mai stattstndcnde Berathrmg der Angelegenheit in die Hände der Ab geordneten gelangen werde. Wir werden also nochmal» Gelegenheit bekommen, uns mit dem FiaSco der Cbamberlain'schen Politik zu beschäftigen, vielleicht erhalten wir dann auch die Lösung de» psycholo gischen Näthsels, Laß Chamberlain wenige Tage vor dem Eintreffen der Antwort Krüger'S im Unterhaus sagte, die südafrikanische Repu blik sei daS einzige (?) Land unter den civilisirten Nationen, das der Mehrheit seiner Bevölkerung die gewöhnlichsten Bü.r gerrechte verweigere, und diese Ungerechtig keiten und Mißbrauch, n unterwerfe, sei ein Land, dessen Ver waltung mangelhaft un d corrupt sei, und daß der Staatssecretair trotz dieser beschimpfenden Kritik erwarten konnte, Präsident Krüger werde sich nach London in die Höhle des Löwen be mühen. Die Londoner Presse läßt übrigens, soweit bis jetzt übersehbar, diesmal Her rn Chamberlain im Stich, bis auf tue „Times" natürlich, die Chamberlain auffordern, Krüger bemerklich zu machen, daß England nur ein Recht beanspruche, wenn es seine Unterthanem vor Unrecht schütze. Der „Standard" giebt zu, daß die Lage i» Südafrika Krüger'S Abwesenheit gegenwärtig unmöglich mache, und er hofft auf eine spätere Abstattung des Besuchs, »Daily NewS" sprechen von einer Niederlage Chamberlain's, glauben aber, daß ein Besuch Krüger'S in London nicht viel genutzt hätte, und der „Observer" schlägt sogar allen Ernste« vor, Chamber lain solle sich nach Pretoria begeben, um mit Krjjger die Auslänverfrage zu erörtern. Dies sei dc-halb geboten, weil — waS zweifellos richtig ist — nicht die Engländer, sondern die Boeren das maßgebende Element in Südafrika seien nnd sie selbst im Capland überwiegen. Die Boeren (d. h. die Einwohner holländischer Abkunft) seien — wie von landkundiger Seite unlängst im „L. T" dar gelegt wurde — an Zahl so stark, daß sie das ganze Land in ihre Hände bekommen könnten. Diese Thatsage lege England die Pflicht auf, nichts za versäumen, um die guten Beziehungen zwischen beiden Rassen wiederherzustellen. Da« ist das Vernüftigste, waS in der ganzen Controverse von englischer Seite bisher gesagt worden ist. Hoffentlich hat der englische Hochmuth daß Bcrständniß für vernünftige Gründe noch nicht ganz verloren! Deutsches Reich. «. Berlin, 27. April. Diejenige Berliner Zeitung, die sich als den scandalösen Vorfällen der jüngsten Zeit nahestehend erwiesen und auch das Duell Kotze-Schrader an gekündigt hat, erklärt heule ihre dreiste Absicht, sich an den Kaiser mit einer von ihr veranstalteten, im breitesten und widerwärtigsten Reclamestil geschilderten Publication heran drängen zu wollen. Hoffentlich walten die Hofbeamten ihres Amtes. * Berlin, 27. April. Die Kleinhändler in Lübeck („Detaillisten") haben dem Neichstagsabgeyrdneten für Lübeck, Rechtsanwalt vr. Görtz, «inen Beschluß des Detaillisten- Vereines unterbreitet: er möge bei der Berathung des Gesetz entwurf» über den unlauteren Wettbewerb im Reichs tag einen Antrag einbringen, dahingehend, daß in das Gesetz ein Paragraph ausgenommen werde, daß Jeder, her in der Absickt, Käufer heranzulocken, Waaren mit niedrigen Preisen aus stellt und dann zu hohen Preisen verkauft oder zu ver kaufen sucht, bestraft wird. Hierzu bemerkt die „Deutsche Tagesztg.": „Neber die Einfügung einer Bestimmung, nach welcher Kaufleute, welche in Schaufenstern und Aus lagen Waaren nicht vertretbarer Art mit Preis angaben versehen, gezwungen werden können, eben diese Waaren zu den ausgestellten Preisen zu verkaufen, haben unter den Parteien der Rechten schon Erwägungen slattgefunden. Wir können mittheilen, daß noch zur dritten Lesung des Gesetzentwurfs zur Bekämpfung deS un lauteren Wettbewerbes ein entsprechender tz. 4a beantragt werden soll." — Das Verlangen nach einer Einbeziehung der unreellen Schaufenster-Reclame in die Fälle des unlauteren Wettbewerbs wirv, wie die „B. N. N." constatiren, durch den allgemein gehaltenen Text deS tz. 4 des Gesetzentwurfs bereit» gegenwärtig erfüllt. Daselbst heißt es, daß wissentlich unwahre und zur Irreführung geeignete Angaben auch über die „Preisbemessung" von Waaren unter die im tz. 4 vorgesehene Strafe fallen. Jeden Zweifel in dieser Beziehung schließt die dem Regierungs-Entwurf beigegebene Begründung aus, welche ausdrücklich hervorbebt, daß für die Strafbarkeit einer unzulässigen Preisbemessung z. B. in Betracht kommt, wenn im Widerspruch mit dem Sachverhalt Waaren als unter dem Einkaufspreise u. s. w. erhältlich ausgeboten werden oder wenn — etwa in den Auslagen von Schaufenstern — billigere Preise zur Ankündigung gelangen, al» sie beim Kaufe tatsächlich in Rechnung gestellt werben. * Berlin, 27. April. Gegen die fortdauernden Etatö- überschreitungen bat die RechnungScommission deS Reickstags zum ersten Mal durch Ablehnung einer Etats überschreitung Front gemacht. Die Uebersicht der Reichs ausgaben und Einnahmen für 1894/95 weift, wie s-Lt. mit- getheilt wurde, StatSüberschreitungcn von 42>/. Millionen Mark auf, worin allerdings auch die Einnahmeüberschüsse eingerechnet sind. Hiervon beantragt die RechnungScommission die Etatsüberschreitung von 393 371,12 „zu Versuchen im Bereich des ÄrtilleriewesenS" nicht zu ge nehmigen und zugleich die Regierung zu ersuchen, eine baldige Aenderung der Verordnung über die Umzugs kosten für die gesandtschaftlichen und konsularischen Be- amten in Erwägung zu nehmen. In Bezug auf di« Ver suche für das Artilleriewesen heißt es im Bericht: „Wenn di«S, wie in den Motiven erklärt wird, durch die fort dauernd bezw. in erhöhtem Maße nothwendig gewesenen umfang reichen Versuche auf dem Gebiete des Artilleriematerials und der Munition herbrigcsührt wird, so sollte diese Nothwendigkeit bei der Bewilligung !»«S Etats nachgewiesen werden. An sich unter liegt der umfang derartiger Versuch« keinem äußeren Zwange. ES ist deshalb noch der Nachweis zu erbringen, warum diese Versuche nicht innerhalb des Rahmens der gemachten Bewilligungen gehalten sind. Dir Militairverwoltung erklärte, die Fortschritte auf dem Gebiete der Wafsentechnik seien in neuerer Zeit so gewaltig, daß sich die deutsche Heeresverwaltung der Verpflichtung, sie durch Au- stellung von Versuchen zu prüfen, nicht entziehen könne, wenn nicht die deutsche Artillerie vom AuSlande bald überflügelt werden soll. Da» Tempo der Versuche fei daher kein freiwillige-, sondern werde durch die Entwickelung der Technik aufgezwungen. Die Fortschritte treten unvorgesehen und überraschend aus und gestatten nickt, mit den Versuchen zu warten, bis die Mittel im Etat bereitgestellt sind. Di» für solche Versuche nothwendigen Mittel nicht rechtzeitig aus zuwenden, könnte sogar die bedenklichsten Folgen haben. E» wurde der Antrag deS Berichterstatters, die Genehmigung der Etatsüber schreitung zu versagen, mit 6 gegen 2 Stimmen angenommen. Die Commission lehnte es ab, iu weitere Erörterungen darüber ein- zutreten, zu welchen »tatsrecktlichen Consequenzen dieser Beschluß führen werd»; sie sah kein andere- Mittel, eine Nicht- bewilligung vorqrkommener Gtal-Überschreitungrn a»Szujprecheu, als die Ablehnung ihrer Genehmigung." Zu lebhaften Ausstellungen gaben dqpn die hohen Um zug-kosten und Tagegelder für die gesandtschaftlichen und consularischen Beamten Anlaß. Go sind dem Botschafter Grafen Eulenburg für den Umzug »y» München nach Wien 21 506 Umzugskosten vergütet wqrden; her Minister resident Graf Kleist hat für die Reise von Stuttgart nach Caracas 2- 033 erhalten. Dem Gesandten Frhrn. v. Plesscn sind für den Umzug von Darmstadt nach Athen 13 254 vergütet worden, dem Ministerresidenten Luerßen für den Umzug von Odessa nach Bogota 16 916 dem Gesandten vpn Derenthall für den Umzug von Weimar nach Lissabon 14 054 Die dazu angenommene Resolutivfl soll aus die endliche Revision de» bisherigen Reglement» hinwipken. Schließlich wurden auch die Etatsüberschreitungen bei den Einberufungen der Officiere deS Beyrlaubtepstandes bemängelt. — Fürst Ferdinand von Bulgarien wird nach den bisherigen Bestimmungen am Donnerstag aus Paris hier einlreffen und im königliche» Schlosse absteigen. Auf der türkischen Botschaft wird ihm zu Ehren eine größere Festlich keit stattfinden. — In der Commission für das Bürgerliche Gesetz buch hat heute Abg. Gröber (Centr.) zahlreiche Anträge zu den Bestimmungen über di« Ehescheidung eingebracht. Danach soll tz 1314 (Eine Ehe kann von dem Ehegatten an gefochten werden, der zur Zeit der Eheschließung oder in, Falle de» ß 1308 zur Zeit der Bestätigung in der Geschäfts fähigkeit beschränkt war, wenn die Eheschließung oder die Be, stätigung ohne Einwillignng seines gesetzlichen Vertreter» er folgt ist.) gestrichen werden, tz 1316 soll durch folgende Fassung ersetzt werden: „Eine Ehe kann von dem Ehegatten angefochten werden, der sich bei der Eheschließung in der Person des anderen Ehegatten geirrt hat." Von größter Bedeutung ist die Vorschrift, welche als § 1549 a eingefügt werden soll: „Ein Ehegatte kann auf Scheidung klagen, wenn der andere Ehegatte die zugesagte kirchliche Trauung verweigert. Das Gleiche gilt, wenn die Ehe gatten derselben NeligionSgesellschast angehören und aus Verlangen deS einen Theils der andere Theil die kirchliche Trauung verweigert." — DaS Kreuzergeschwader erhielt den Befehl, von den japanischen nach den chinesischen Gewässern zu laufen, um in den ersten Tagen des MonatS Mai 800 Mann neue Besatzung in Hongkong an Bord zu nehmen. — Ueber eine Friedensfeier der deutschen KriegS- veteranen wurde am Sonntag in einer Versammlung von Veteranen in der Brauerei FriedrickShain vom Verbands vorsitzenden Mittheilung gemacht. Danach ist auf eine Bc- theiligung von mindestens 16 000 alten Kriegern aus allen Theilen Deutschlands zu rechnen. In vier Regimenter ein- getheilt, werden sich am 11. Mai die Teilnehmer um 1 Uhr am Kupfergraben versammeln. Um 2 Uhr findet im Beisein deS gesammten OfsiciercorpS der Berliner Garnison Feld- gottesdienst statt. Der Abmarsch durch die Universitäts straße über den Lustgarten, nach dem Rathhause und dem KönigSthore, wo ein Triumphbogen errichtet werden soll, be ginnt um 3 Uhr regimenterweise mit Musik. Hierauf be geben sich daS erste und zweite Regiment nach der Brauerei Friedrichshain, daS dritte und vierte nach dem Schweizer garten. Für die Fahrt nach und von Berlin hat Minister Thielen den Veteranen Militärkarten bewilligt, während patriotische Bürger Freiguartiere für die alten Krieger in Aussicht gestellt haben. — Im Process« Hammerstein war auch die Ueber- nahme der „Lanvwirthschafts-Zeitung" durch Frei herrn v. Hammerstein zur Sprache gekommen. Die „Deutsche LandwirthschaftS-Zeitung" (vr. Theoder Waage) bittet nun, mitzurheilen, daß die in dem Proccß erwähnte „Landwirth- schaftS-Zeirung" nicht etwa die Fortsetzung der „Deutschen LandwirthschastS-Zeitung", sondern ein Concurrenz- Unternehmen war, welches mit fast genau übereinstimmender Ausstattung (!) von Herrn von Hammerstcin inö Leben ge rufen wurde und bereits nach wenigen Monaten wieder ein ging. Die „Deutsche Landwirthschafts-Zeitung" besteht noch heute und steht im 40. Jahrgange. — In Sachen Auer und Genossen wegen Geheim- bündelei wird am 15. Mai und in den folgenden Tagen vor der Strafkammer des Landgerichts verhandelt werden. — Im „Hambg. Corr." lesen wir: „Nach unserer, auf zuverlässigen Informationen beruhenden Auffassung ist die Reichsregierung nicht gewillt, in der TranS- vaal-Frage über die von dem Staatssecretair Frhrn. v. Marschall im Reichstag erhobene Forderung der Aufrechterhaltung HB »t»ta, guo hinauSzugihen. Schon daran» »rgi»bt sich, dah di» sensatio- nellen Meldungen en»» Berliner Blatte», wonach deutscherseit- Schritte gethau oder beabsichtigt sein sollen, um di« Neutralistrung Tran-vaal- und der Delagoabai herbeizuführeo, d«r thqtsächltchen Unterlage entbehren. Diese Frage könnte nnr von Pretoria aus quf daS Tapet gebracht werden." --- In der ConfectionSbranche sind die Streitig keiten in ejne neue Phase getreten. Der Verein der EngroSfipmen hat, wie telegraphisch schon gemeldet, den Beschluß gefaßt, den bei den Abmachungen VVM 19, Februar d. I. festgesetzten Lohnzuschlag von 12»/, Procent nicht mebr zu zahlen und dies dem Berliner Gewerbeg»richt mitzutheilen. Damit ist der Vertrag zwischen den CouMionajren. M«ist»rn und Arbeitern, der die Grundlage der Einigung bildet», (bal- sächlich aufgelöst. DaS EinigungSamt veS Berliner Ge werbegerichts wird nun sofort die Mitglieder der verschiedenen Commissionen zusammenberufen, um Stellung zu diesem Beschlüsse zu nehmen. In den Kreisen der Meister, Pie in denen der Arbeitnehmer will man, der „Post" zufolge, nun mehr der Frage näher treten, ob sich nicht aus der Grund lage eines Minimaltarifs eine für alle Betheiligten be friedigende Lösung der Wirren herbeiführen lasse. — Als Antwort auf die Aussperrung der Claviatur- arbeiter haben heute früh 5000 Arbeiter der Musil- instrumentenbranche die Arbeit eing»stellt. Sie fordern l0—15 Proc. Lohnerhöhung und Freigabe de» ersten Ms>. Der für heute proclamirte Ausstand der Mechaniker ist nur in beschränktem Maßstabe ejngetreteu. — Der „Kreuzztg." zufolge ist dem bisherigen Landesdirector von Brandenburg von Levetzow der Rothe Adlerorden I. Cl. ver- liehen woroen. — Der UnterstaalSsecretair im Auswärtig»» Amt Wirkliche Ge- heim» Rath Freiherr v. Rotenha» hat ein»» mehrwöchigen Ur- laqb angetreteq. * Ariedrtchsruh, 26. April. Fürst Bi-marck empfing beute Mittag eine Deputation von fechs Herren aus dem Regierungsbezirk Wiesbaden. Nach einer Ansprache des Regierungs-Präsidenten v. Tepper-Laski, in welcher dieser den Gefühlen unwandelbarer Treue der nassauischen und hessischen Bevölkerung des Regierungsbezirks für den Fürsten Ausdruck gegeben und von der bevorstehenden Errichtung eines Denkmals für denselben in Wiesbaden Mittheilung gemacht batte, sprach der Fürst ausführlich über seine Er innerungen an Wiesbaden und über die Gründe, welche ihn seiner Zeit bestimmt hätten, sich für die Annexion Nassaus zu entscheiden. Auch während der FrühstückStafel führte der Fürst eine äußerst angeregte Unterhaltung. — Fürst Bis marcks Aussehen ist vortrefflich. Aus Hannover, 25. April. Die von dem welfischen Pastor Budde in Schnega ohne Genehmigung der Behörden kürzlich errichtete Privatschule ist von der Aufsichtsbehörde geschlossen worden. * Wartburg, 26. April. Als Gast des Großherzogs weilte bier, der „Köln. Ztg." zufolge, während der Aatsertage der Historiker Professor vr. W. Oncken au» Gießen. * Stuttgart, 26. April. Die staatsrechtliche Commission der Abgeordnetenkammer ist mit ibrer Berathung des Gesetz entwurfes über die sogenannten ReligionSrev«rsalien zum Abschlüsse gelangt. Die Berichte der Mehrheit und der Minderheit der Commission werden demnächst in Druck er scheinen. Die Mchrbeit lehnt Art. 1 ab, indem sie ins besondere die von dem kirchlichen Gesetze in Aussicht genommene Berufung dreier evangelischer Mitglieder de» Geheimen RatheS mit der Verpflichtung zum Eintritte in dir Kirchenregierung beseitigt haben will. Die Minderheit beantragt unveränderte Annahme des Gesetzentwurfs. Die Entscheidung durch die Kammer wird Wohl bald nach deren Zusammentritt im nächsten Monat erfolgen. Wie der „Schwäb. Merkur" er fährt, hat sich die Commission auch mit einem Antrag be schäftigt, wonach die Staatsregierung um Neuregelung des sogenannten königlichen Placets für die evangelische Kirche gebeten werden soll. Der Antrag bezweckt eine Abschwächung des Aufsichtsrechts des Staatsoberhaupts über die Ver ordnungen der Kirchengewalt in ähnlicher Weise, wie sie zu Gunsten der katholischen Kirche durch ein Gesetz von 1862 herbeigeführt wurde. Die Mehrheit der staatsrechtlichen Commission hat dem Antrag zugestimmt. * Offenburg, 25. April. (Franks. Ztg.) Der Nedacteur Les hiesigen CentrumSblatteS, der „Offenb. Ztg ", hatte sich vor dem Schwurgericht wegen Verächtlichmachung von Staatseinrichtungen zu verantworten, weil er die Civil- ehe als ein „legales Concubiuat" bezeichnet hatte. Die Ge schworenen sprachen ihn jedoch frei. " München, 27. April. König Otto vollendete heute sein 48. Lebensjahr. AuS diesem Anlaß fand im Dom. in allen katholischen Stadtpfarrkirchen und in der protestan tischen MatthäuSkirche Gottesdienst statt. sollte, dann wird mir der Anblick dieser Zeilen wieder Muth einflößen." „Nun, nun, wo willst Du hin?" rief die Marquise: „WaS ficht Dich an? Die Verliebten sind doch wahre Narren! Habe ich Dir schon gesagt, daß ich Deine Sache aufgebe, daß ich an einem glücklichen Ende verzweifle? Warte doch wenigstens, bis ich Dir'S sage, ehe Du Dich so tragisch grberdest." Maxence kehrte wieder um und blickte seine Tante un schlüssig an. „Wo willst Du hin?" hob die Marquise noch ärgerlicher wieder an; „willst Du Dich aufhängen oder willst Du wieder in die Bretagne heim?" „Ich glaube, liebe Tante", antwortete Maxence mit ge zwungenem Lächeln, „daß das Letztere für mich den meisten Reiz hätte". „DaS lasse ich mir gefallen", gab die alte Dame etwas besänftigt zurück; „aber auch in diesem Fall bitte ich Dich «in paar Tage zu warten, ehe Du diesen schönen Entschluß ausführst. Gehe nach Hause und verlasse Dich ein wenig auf die Zeit, den Zufall und Deine alte Tante. Lic» meinet wegen daS Briefchen, so oft Du willst, wenn e« Dir so sehr gefallt, und wisse, wenn eS Dir Vergnügen machen kann, daß ich jetzt der Madame de Lubersac eine kleine Schuld zurück zuzahlen habe, und daß mir die- mein Verlangen, an Deinem Glück zu arbeiten, verdoppelt und verdreifacht. Geh', mein Sohn, nimm mir'S nicht übel, daß ich ein wenig mürrisch gewesen bin; Du hast mich eben in einem Augenblick gestört, wo ich gerade den Kops voll hatte." Maxence ging. Die Marquise de Chalanyay machte sich wieder eifrig awS Stricken. In den ersten jetzt folgenden Minuten schien e«, als ob etwa« ia ihren Gedanken oder ihrer Wolle nicht in Ordnung wäre; sie hielt inne, zupfte un geduldig an dem Gebinde, rückte auf ihrem Lehnstuhl hin und her, stampfte auch ein paar Mal mit der Fuß spitze auf den Teppich; aber bald schien ihre Arbeit leichter zu gehen, und ein schadenfrohes Lächeln lief über ihre Lippen; rasch strickte sie zwei Nadeln voll herunter, dann warf sie ,hre Arbeit lebhaft bei Seite und zog an der seidenen Troddel, die neben ihr hing. So gleich trat ein Bedienter herein. „Man soll mir einen Wagen hole»", rief sie. „Jean bat soeben angespannt", antwortete der Bediente. „So soll er wieder ausspannen!" erwiderte die Marquise; „ich will einen Fiaker haben. Du wirst mich allein begleiten, «ber nicht in Livrse*. „Und doch giebt eS Leute, die daS nicht beachten", murmelte sie für sich, als der Bediente hinauSgrgangen war, um ihre Befehle auszurichten, „und das ist ein großer Fehler; sich selbst kann man bloßstellen, aber mau muß immer seine Livröe respectiren." Nachdem sie diese diplomatische Maxime halblaut vor- getragen hatte, hüllte sich die Marquise in einen dunkel farbigen Cachemirshawl, setzte sich einen langen engen Hut auf, der ihr Gesicht verbarg und gab, indem sie in den herbeigeholten Fiaker stieg, dem Bedienten, der sich neben den Kutscher setzte, ihre Befehle. Der Wagen rollte schnell vorwärts und hielt bald nachher am Thore eines großen Palais, das Allen als daS Hotel de» nur zu berühmten Polizeiministers Fouchö bekannt war. Die Marquise flüsterte abermals ihrem Bedienten, der an den Wagenschlag getreten war, ein paar Worte ins Ohr, worauf derselbe in der geschäftigen Menge verschwand, die die Höfe füllte, während sich seine Herrin in den Wagen zurückwarf. Nach einer Viertelstunde erschien der Bediente wieder, begleitet von einer ganz in Schwarz gekleideten Person, in der man, nach ihrer ernsten Haltung und sicheren Miene, eines der einflußreichsten Glieder der Bedienung des Hotel erkennen durfte. Dieser Herr öffnete selbst den Kutschen schlag, bot Madame de Chalantzay ehrerbietig den Arm zum Auösteigen und sagte zu ihr mit gemessenem Tone: „Wenn die Frau Marquise die Güte haben will, in dem Zimmer zu warten, wohin ich die Ehre haben werde, sie zu fuhren, so wird der Herr Minister sie bald empfangen. Ich hätte sogar Seine Excellenz benachrichtigt, wenn der aus drückliche Befehl der Frau Marquise muh nicht abgehalten hatte, und ich zweifle nicht, daß, wenn ich ihren Namen .. „O mein Gott! lieber Herr, es hätte mir äußerst leid aethan" sagte die Marquise beim Aussteigen und fügte hinzu, indem sie ihrem Führer durch eine kleine Thür und über Nebentreppen, die den Weg bedeutend abkürzten, folgte: „Ich habe Zeit zu warten, bis eS Sr. Excellenz belieben wird. Melden Sie mich, ich bitte Sie, ja erst, wenn dieselbe nicht mehr beschäftigt ist." Die schwarzgekleidete Person verneigte sich zum Zeichen de- Gehorsam-, ließ die Marquise in einen kleine» Salon eintrete», der ganz mit Teppiche» und Vorhängen verstopft war und worin einige Lehnstühle standen, und (verschwand. Die Marquise blieb allem. Dieser kleine Salon stieß an daS Cabiuet de- Minister-; er war eine Art »weite- Vorzimmer, woriu die bevorzugte» Pers«« und Diejenige», die von de» übrig« Bittsteller» nicht gesehen werden sollten, ihre Audienz erwarteten. Nur eine große Thür mit zwei Flügel» und vergoldeter Füllung trennte sie von Fouche'S Zimmer; aber die Tapeten und Thürvorhänge singen so vollkommen jeden Laut auf, daß man auch nicht das geringste Geräusch weder von innen noch von außen vernahm. Etwa nach einer halben Stunde des Erwartens sah endlich die Marquise die vergoldete Thür sich in ihren Angeln drehen. Ihr Führer erschien wieder und gab mit derselben ehrerbietigen und gewichtigen Miene Madame de Chalantzay daS Zeichen, in das Cabinet des Minister- ein zutreten; dann schloß er die Tbür vorsichtig hinter ihr zu und hielt sich bereit, sie nach Schluß der Audienz zurückzu geleiten. Wir sagten eben, daß diese- Zimmer die für die Um gebung deS Cabinets eine- Polizeiministers höchst kostbare Eigenschaft besaß, für jeden Laut undurchdringlich zu sein. Gleichviel daher, ob der schweigsame Führer vor Neugierde brannte, die wichtige Angelegenheit zu erfahren, die die alte Dame zu Seiner Excellenz dem Herrn Herzog von Otranto führte, oder ob er, zu gewohnt, die hdchstgestellten Persönlichkeiten der Gesellschaft sich in den Vorzimmern seines Herrn ein ander ablösen zu scheu, . die täglich sich erneuernden Ueberraschunqen gänzlich abgestumpft war: kein zu laut ge sprochene« Wort, kein unvorsichtiger Ausruf drang durch die große Thür, an die er sich lehnte, und etwaige Muth- maßungen, die er hätte machen können, blieben obne Nahrung; aber im Augenblick, wo die Thür sich wieder öffnete, um die Marquise zu entlassen, welche der Minister höflich zurück geleitete, konnte er einige der zwischen den Beiden gewechselten Worte erhaschen. „Seien Sie versichert, Frau Marquise", sagte Fouchs, indem er kleine funkelnde Augen, deren List lange Augen lieder verschleiern zu wolle» schienen,auf Madame deCbalantzay heftete, „daß ich glücklich bin, Ihrer Familie nützen zu können. Ich zweifle nicht, daß Alles Ihnen nach Wunsche gehen wird. Wollen Sie mich nur von Allem, wa» bei Ihnen vorsällt, unterrichten; rch werde mein Möglichste« thun. Aber nehmen Sie sich in Acht, ich compromittire mich für Sie, und ich weiß nicht, was der Kaiser sagen wird." „Er ist zu fern von hier und zu beschäftigt, um sich mit solchen Kleinigkeiten zu befassen", antwortete lächelnd die Marquise; „übrigen- würden Ihnen hundert Antworten zur Verfügung stehen. Wissen Sie nicht, daß der Kaiser die Frauen nicht gern bat, die sich mit Politik und Literatur «hgedev, anstatt ihm künftige Rekrut« zn liefern?" „Und sollte diese etwa literarische Politik treiben?" frug der Minister ebenfalls lächelnd. „Ich möchte für nichts stehen, auf jeden Fall kann man eS ja vorgeben", fuhr die Marquise in gleichem Tone fort und that zwei Schritte vorwärts zum kleinen Salon, blieb aber noch einmal stehen und fügte hinzu: „UebrigenS haben Sie mir versprochen, die größte Achtung anzuempfeblen." „In dieser Beziehung haben Sie nichts zu fürchten . . . aber, wahrhaftig, ich würde so etwas für Niemand anrerS thun . . . Vorsicht und Verschwiegenheit, Frau Marquise!" „Die Sache bleibt ganz unter un«, Excellenz", erwiederte die Marquise, indem sie sich noch einmal verneigte. DaS ernste verwelkte Gesicht deS allmächtigen Ministers verschwand wieder hinter der Tbür deS Cabinet» und leichten Schrittes durcheilte Madame de Cbalanoay die winkligen Gänge, durch welche ihr Führer sie geleitete; so kam sie iu den großen Hof zurück, überschritt ihn, fand ihren Fiaker wieder und gab, indem sie sich mit der Miene vollkommener Zufriedenheit hiueinwarf, Befehl, sie in ihr Hotel zurück zu fahren. Zwei Tage nachher empfing Maxence d'Lrtou den folgenden Brief: „Mein lieber Maxence, ein unglaubliche- Ereigniß, von dem ich vielleicht die erste Nachricht erhalte, hat sich soeben iu dem Hotel der Straße Saint-Honor- zugetragen. All unsere Pläne sind zu nichte; ich weiß nicht, wa- un« zu thun bleibt. Komme sofort zu mir. E- ist mir nicht möglich, Dir zu melden, worum c« sich handelt, dieser Brief könnte in unzuverlässige Hände fallen." Da« Billet war nicht unterzeichnet, aber Maxence er kannte leicht die Unterickrift seiner Tante; er eilte sofort mit klopfendem Herzen zu ihr, um die versprochene Erklärung zu erhalte«. Die alte Dam- schien sehr aufgeregt. „Lieber Freund," sagte sie zu Maxence, ohne sein« Fragen abzuwarten, „WaS sich da zuträgt, ist wahrhaft unbegreiflich! Madame de Lubersac ist heute Morgen au» ihrem Hotel verschwunden. Man glaubt, daß sie auf höheren Befehl ver haftet worden ist " „Großer Gott! Das ist unmöglich!" rief d'Arton aus. „Sehr möglich, versichere ich Dir. Alles ist wenigsten ruhig und mit der vollkommenste» Höflichkeit abgelaufeu." „Und Antonine?" „Antoniue scheint nicht beunruhigt worden zu sein; wie eS heißt, bat man sich darauf beschrankt, ihr jede Aufklärung über das Schicksal ihrer Stiefmutter oder der« etwaige« verbrech« zu verweigern." cS-rtfttzsg fol»tä
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