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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 30.05.1877
- Erscheinungsdatum
- 1877-05-30
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-187705308
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18770530
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18770530
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1877
-
Monat
1877-05
- Tag 1877-05-30
-
Monat
1877-05
-
Jahr
1877
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 30.05.1877
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Lr1chei«t tilgUch Uh 6',. ühr. Mt» ««PtttÜL, IohanuiSgaffe 3». Lynchst«»,« »er Lebattttar Bormittags 10—12 Uhr. Nachmittags 4-0 Uhr. «««hm, der fstr die nächst, salamde Nummer bestimmten Inserate an Wochentagen bis v Uhr Nachmittags, an Loun- «nd Kefttagev früh bis '/»V Uhr. L» »« FMalr» für Z>s. L»mch«r: Ott« stlrmm, Univerfitätsstr. 22, 8»Ä1 Löscht, Kathannrnfir. 18,p. »or bis '/H Uhr. MchMer Ausluge 15, IVO. Anzeiger. VW« str Politik, Localgcschichte, HaudelS- md SeschSMerkehr. «cl. vriuacrtohn ö> I durch di« Post bezog» » «k. Jede etu-euie Ruüuu» 30 Ps. Bel^exemplar 10 Pf. Gebühre» für Extrabeilage, «hne Postbesörderimg 30 DL t..it Postbesbrderung 4L DL Zustratt 4aesp. Bourgeois. 20 Pf. Größere Echrifte» laut nufere» ^reiSverzeichmß.Tabellarische« Satz »ach höherem Tarif. >Utt«»r» «Irr »e« strdatttamstrtch di« SvaltzeUe 40 Pf. Inserat« stud fttts an d. Skyrtitlm- »u seudrn. — Nadatt wird vich' gegeben. Zahlung xrrauiuuonuui» oder durch Postvorschuh. W 15«. Mittwoch den Mai 1877. 71. Jahrgang. Bekanntmachung. ES ist nnS von einem nickt genannt sein wollenden hiesige« Bürger „au- Liebe z» seiner theureu Vaterstadt Leipzig" ein Capital von Fünfzehn Lansend Mark zur Begründnng einer Stiftung für Se«i«ariste» - Stipendien schenknngstweife übergeben worden «ud haben wir diese Schenkung angenommen, sowie die Verwaltung und Collatur der Stillung übernommen. Indem wir diÄ hiermit zur öffentliche« Kenntniß bringen, fühlen wir un- gedrungen, dem hochherzigen Scheukgeber für diese Bethätignng wärmster Liebe zn semer Vaterstadt hierdurch unfern aufnchttgslen Dank auSzusprechm. Leipzig, den 28 Mai 1877. Der Skath -er Stadt Leipzig. Wlttsch, vr. Georgi. Resbr. s vr. Ltephaui's Ueichslazsbericht. —r. Leipzig. 29. Mai. Am gestrigen Abend erstattete der Vertreter «nserer Stadt im deutschen Reichstag, Herr Bicebürgermrister a. D. vr. Stephani, vor seinen Wählern Bericht über die letzte ReichStagSfession. Die z« diesem Behuf« von den Vorständen deS ReichSvereinS für Sachsen, de- Städtischen Verein-, der Gemein nützigen Gesellschaft »nd der in den verschiedenen Vorstädten existirendm Bezirk-Vereine nach dem großen Saal de- bchützenhause- einberufene Ver sammlung war trotz de- schönen SommerabendS. der da- Publicum nach so langer Entbehrung de- guten Wetter- in- Freie lockte, sehr zahlreich, von etwa 660 Personen, befncht. Die Versammlung verlies ohne die geringste Störung, da durch die Form der ergangenen Einladung «nd durch die am Eingänge d«S Saale- geübte scharfe Controle Elemente, welche eine solche vielleicht hätten der« anlaflen können, fern gehalten wnrden. Herr Director Pencker «öffnete die Ver sammlung wenige Minuten nach 8 Uhr mit ein« kurzen begrüßende« Ansprache «nd ertheilte al-dann sofort Herrn vr. Stephani da- Wort. Dessen Bortrag, welch« durch die dem Tttoner eigene Klarheit und volle Beherr schung de- Stoffe- anSgezeichnet war, währte volle zwei Stunden «nd wnrde von sämmt- lichen Anwesenden mit gespannt« Aufmerksam keit angehört. Nachdem Hnr vr. Stephani im Eingänge fein« Darlegungen ein Bild vom letzten Wahlkampfe entrollt, der viele unerfreuliche Er- schemnngen an den Tag brachte und die aus einander angewiesenen liberalen Parteien in trau rigem Zwiespalt fand, kam « auf die Verhältnisse im Reichstag selbst z« reden. Glücklicherweise er füllte sich da- schadenfrohe Erwarten gewisser Parteien, die Liberalen würden innerhalb dcS Reichstag- ihren Streit fortsetzen, nicht. Da- Berhältmß der Parteien war gegen früh« nicht wesentlich gestört, die Nationalliberalen imm« noch die w«ta«- stärkste Partei geblieben, an die sich d« Zahl nach zunächst da- Centrum, sodann die deutsche Reich-Partei, die Conservativen, die Fortschritt-Partei, die Polen und endlich die Socialist« anschloffen. Zwischen diesen Parteien gab e- eine Anzahl von 36—40 Abgeordneten, welche sich kein« Partei angeschloffen. Der Reichs tag zeigte auch tu sein« Gesammthaltung nicht die Parteizerrtssenheit de- Wahlkampfe- ES fehlte im großen Ganzen nicht an d« wünfchenS- «ertheu Eintracht zwischen den beiden gesetzgebenden Kactoren, und in einem Puncte, ans dem Gebiete der auswärtigen Politik, war sogar unbedingte Harmonie vorhanden. Man kann sagen, Deutsch land ist d« einzige Staat in Enropa, wo diese Harmonie zwischen Regierung «nd Parlament voll beliebt, f »4ust>mmuna). Die Arbeiten de- Reichstage- «streckten sich zunächst ans die Prüfung d« Legitimatio nen sein« Mitglied«. Diese Wahlprüfuugm »«liefen im Ganzen rnhig »nd objectiv «nd da- Ergebuiß war ein verhältnißmiißig günstige-, in dem nur 10 von den 397 Wahlen ernstlich be anstandet, bez 2 für ungültig «klärt wurden. Gleichsam eine Erbschaft de- vorigen Reichstage» war die Vorlage über dm Sitz de- höchsten Reich-gerichtes. Die ganze Angäegenheit hat mehr Stand aufgewirbut. al- nothig war. Der Grund lag wohl hauptsächlich darin, daß d« preußische Antrag i« Bunde-rath überstimmt worden und viele Männer von gut national« Gesinnung darin «ine Vernachlässigung und Be einträchtigung de- Preuße« legitim zukommenden Einflusses «blickten. Red«« «klärte, daß er für seine» Theil, f» sehr « auch da- Gewicht mancher für Verli» sprechenden Gründe anerkenne, dennoch in der Wahl Sechzig- nicht eine wirkliche Gefähr- dnng der nationalen Interessen habe finden können Da- für ihn ausschlaggebende Moment war der Umstand, daß die oberste rechtsprechevde Institu tion v»n dem Vertrauen de- Volke- getragen, daß sie eine neue nationale Organisation und nicht eine Fortsetzung ein« prenßischen Einrichtung, de- Obertribunal-, sein solle An- diesem Grunde glaubte Red»« in der Verlegung de- Reichs- qericht- außerhalb Berlin- eine Fördern«» d« Reichs« kwickelung «blicken zu sollen. Glücklicher weise ließ sich Kürst Bismarck, bei dem «io aut« Theil d« Entscheidung lag. durch da- Geschrei üb« Vergewaltigung Preußen- nicht beirren, «kannte vielmehr in d« Thal an, daß die Reich-« intereffen dem Interesse de- preußischen Staates voran zu gehen haben. Für Viele im Reichstag war die Stellnng, welche die sächsische Regierung in Bezug auf die Existenz eine- obersten sächsischen Lande-gericht-hose- einnahm, für ihre Abstimmung maßgebend. Redner hatte von vorn herein die Ueberzeugung, daß diese Stellung eine correcte sein, daß die sächsische Regierung bei der Ver legung de- Reichsgericht- nach Le.pzig auf einen obersten SpecialgerichtShof verzichten werde; und wenn der Eindruck der Erklärungen der Regie rung im Reichstag selbst nicht ein «ngethellt günstig« war, so lag Da- nnr an der Form, in welch« die Erklärungen abgegeben wurden. Im rechten Augenblick trat der Abg. vr. LaSker, welcher sich in dies« Beziehung um Leipzig große- Verdienst «worben, mit seinem bekannten Anträge dazwischen. Leipzig hatte beim Au-trag der Frage im Reichs tage einen großen Lortheil für sich durch den Besitz de- ReichS-Oberhandel-gerichtS. Da- jahre lange segensreiche Wirken diese- obersten Gerichts höfe- in uns«« Stadt wnrde von den Freunden «ns«« Stadt mit Erfolg in- Feld geführt. Ein and«« wesentlich« Factor war die Blüthc d« hiesigen Universität, und endlich fiel nicht minder die gute Meinung in die Waagschale, deren sich Leipzig nach außen hin «freut. Die glückliche Mischung der geselschastlicken Kreise, der gute bürgerliche »nd nationale Geist, beide haben zu d« für Leipzig günstigen Lösung der Frage außer ordentlich viel veigctragen. Freuen wir «n- Alle dies« Entscheidung, von der wir wissen, daß sie nur nach rein sachlichen Erwägungen getroffen worden ist. Möge nun uns« Leipzig av« auch bestrebt fein, die Erwartnngen zu erfüllen, welche «an zu ihm hegt. Die außerordentlichen Bor theile. die mit dem höchsten Reich-gericht verknüpft find, bedingen auch große Beipflichtungen. Leipzig- Bürger sind verpflichtet, daß ihre Stadt immerdar eine Stätte das regen »nd unerschütterlichen nationalen Geiste- bleibe, daß die Männ«, welche hiehn kommen, «m im Ramm de- Reiche- da höchste Recht zu sprechen, ein freundliche- Heim finden, damit sie ihrem ehrenvollen Berufe in aller Freudigkeit nachgehcn können. (Lebhafte Zustimmung.) Eine Hauptarbeit de- Reichstage- waren die wirthschaftlichen Fragen, welche gegen wärtig die ganze Welt bewegen. Da- deutsche Reich steht sich gleichzeitig vor zwei Riesenanfaaben gestellt: e- soll da« gesammte Prodnction-leben sein« Bewohn« neu gestalten »nd auf d« andern Seite «nsere politischen Einrichtungen neu anf- banen. Jede dies« beiden Aufgaben allein würde die volle Kraft de- Volke- beausprnchm, wir find ab« daranf angewiesen, sie beide zu gleich« Zeit zu löse». Im Wahlkampf wnrden die wirth- schaft lichen Fragen an die Spitze gestellt; die Meisten, die sich in wirthschastlicher Beziehnng bedrückt fühlte«, waren geneigt, diesen Umstand, vor Allem ab« die Folgen d« wirthschaftlichen Krifi- dem Staat und fein« wirthschaftlichen Gesetzgebung in die Schuhe zu schieben, und man ließ sich in dies« Annahme auch durch die That- fache wenig bei««, daß die Krifi- nicht Deutsch land allein, sondern fast alle Länder «griff« hat von viel« Seit« wurde ein« vollständige Um kehr in d« wirthschaftlichen Gesetzgebung ver- langt. Wie stellte sich nnn d« Reich-tag z« dies« Forderung? Die von den Regierungen in Betreff dies« Krag« veraustaltele Unter- fnchuug «brachte ein Au-einavdergeh« der Mei- v un gen der betheiligten Nassen, welche- in d« Thar überraschend war Vielleicht mochte ein Grnnd mit darin liegen, daß wir in Deutschland znm rrsim Male eine solche Untnsnchung vor- genommen hatten. Im Reich-tag wnrde an die wirthschaftlichen Frag« mit dem Ernste herau- getreteu, den sie verlangen. Die consnvative Partei legte ein« Gesetzentwurf vor, d« in der Hanptsache auf eine Reform de- Lehrling-Wesen- und aus die Wiedereinführung der Arbeitsbücher hinau-lief, Dinge, die allerdina- in ihr« Be- deutnug sehr gegen d« groß« Anlauf «bstachen, den diese Partei bei den Wahl« gegen die Gewerbeaefetzaebuug genommen hatte Die frei- consnvative Parier begnügte sich mit ein« An frage au die Regierung D e nationall>b«ale Partei stellte bestimmte Anträge, ohne ab« gleich zeitig schon die Abänderung d« Gewerbeorduung in bestimmt« Puucten vorzuschlagen. Diese An träge beschränkten fick auf die Reform de-Lehrling- wesen- und die Einführung d« gewerblichen Schiedsgerichte. In «st«« Beziehnng legte die nationalltberale Partei da- Hauptgewicht auf da- «ziehende Mommt und sie konnte sich nicht davon überzeug«, daß. wenn man «ziehen will, man beim Strafgesetzbuch anfangen muß. Seit«- d« Fortschrittspartei wurdm ähnliche Anträge ein gebracht. Die Socialdemokraten legt« ein« sehr um- fassenden und großen Gesetzentwurf vor, von dem anzuerkennm ist, daß diese Partei sich damit znm ersten Male in wirklich productiv« Weise an den gesetzgeberischen Arbeit« betheiligte. ES warm Anträge, die sich im Rahmen der bestehen den GesellschaflSordnung bewegten: freilich ist hinzuzufügm, daß die socialistischm Abgeordneten während d« Bnatbnng d« Anträge «klärt«, sie gäben ihre wirklichen Ziele damit nicht auf und wollten nnr aus Zweckmäßigkeitsgründen sich mit dem augenblicklich Erreichbaren begnüg«. Man kann trotzdem die Hoffnung haben, vaß die Socialvemokrat«, nachdem sie sich einmal, wenn vielleicht auch unbewußt «nd widerwillig, auf dm Boden der herrschenden Gefellfchaft-ordnnng ge stellt, mit derartig« Anträgm fortfahren werden. Neben diesen verschieden« Anträgen stand noch ein and««, derjenige der Centrum-partei, welch« eine ganz andere Bast- hatte. In diesem An- trag war die vollständigste Berurtheilnng deS leitenden PrincipS der Gewerbeordnung a»-ge- sprochen, war die dermalige wirthfchastlich« KrrsiS als eine Folge de- Geiste- der Gewerbeordnung dargestellt. D« Antrag der ultramontan« Partei begehrte die Ern.unung der Grnndsä*« des Shstabus aas wirthswaftlichem Gebiete. Da- Ergebniß der dreitägig« Debatten i« Reichs tag war die Ablehnung de- Anträge- de- Cmtrums uud die Ueberwetsnng all« and«« Anträge au die Regierung zur Prüfung und evmtnellm Berücksichtigung vei Aufstellung de- Gesetzent würfe-, welchen sie dem nächsten Reich-tag vor- leg« wird. Die Regierung faßte ihren Standpunkt in d« Erklärung zusammm. daß sie vom Geiste v« Gewerbeordnung nicht um kehren, sondnn am Grund sätze d« wirthschaftlichen Freiheit festhalt«, im Besonderen ab« die Gewerbegesetzgebnng au-baucn und vorhandme Lücken auSsüllen wolle. Die überwiegende Mehrheit de- Reich-tageS war voll ständig i« Einklänge mit d« Regierung und da darf al- ein nfreullcheS Ergebniß begrüßt werden. Derartige schwierige Fragen lass« sich nicht i« Handumdrehen lös«. Gewiß sind Fehler auf diesem Gebiete gemacht worden, «nd eS, wird Manche- an-zugletchm sein, ab« ein groß« Fehl« würde es sein, von der Gesetzgebnng allein nur da- Heil z« «wart«. Rein, d« Lehrherr, der Arbeitgeb« mnß für seinen Theil prattifch mit an d« Herbeisührung besser« Zustände thätig sein, sie müssen die Lehrlinge zu «ziehen suchen. Die Gesetzgebnng vermag viel, ab« allein helfm kann sie nicht. In Bezug auf die Zollfrage war« die Partei« im Reichstag, mit Ausnahme d« ge schloffen für die freihändlerische Richtung stimmen den Fortschritt-Partei, sämmtlich gespattm. Diese Frage war mit Rücksicht ans dm unmittelbar be vorstehenden Abfchlnß eine- neuen Handelsver trages mit Oesterreich, der nach dem Rechte d« meistbegünstigten Nation« bestimmend für die and«« Verträge ist, eine brennende. Die Re gierung verhielt sich anfänglich passiv, spät«, al- d« Antrag de- Abg. Löwe einaebracht war, trat sie mit dem schon im letzt« Reich-tag von ihr gestellt« Anträge ans Einführung von Retorsions zöllen von Nenem hervor. Diese Retorsion-zölle sollt« ein Au-gleich sein für die Au-fuhrver- aütnngm, welche andere Länder, insbesondere Frankreich, an ihre Produceut« gewähren, sie sollten namentlich »nsere Eismindnstrie gegen die Einfuhr fremdländisch« Eisen- schützen. Die Mehrheit de- Reich-tageS gewann dm Ein druck, daß man mit dem Betretm diese- Wege- anf die schiefe Bahn de- Zollschutze- gelang« werde Bei genaner Untnsnchnng stellte sich heran-, daß die Einrichtnng d« Ausfuhr- Prämien (titre»-ä-e»utio») in Frankreich nicht erst von gestern und heute, sondern au- dem vorig« Jahrhundert herrühre »nd daß mit ihre« Aus- hör« der deutsch« Eisenindustrie in Wirklichkeit nnr sehr wenig geholfen sein würde. Die Hoff- nung ab«, Frankreich werde mit dn Einführnug von Retorsion-zöllm in Dentschland feine tttroa- ä-euution fall« lassen, war gleich Rull. Uni« solch« Umständen lehnte der Reich-tag mit üb«, raschenv großer Mehrheit die Vorlage d« Regie- rung ab und ebenso dm Antrag Barnbüler, ver zwar -»nächst nnr eine Enquete üb« die ein schlagend« Frag« verlangte, eine Forderung, welche die Verhandlung« mit Oesterreich hätte in- Stock« bring« müssen, in Wahrheit ad« daraus hinau-lief, ein Votum de- Reich-tag- i» schutzzöllnerischem Stune herbeizusühr«. (Schluß folgt.) Tagesgeschichtliche Ae-erficht. Leipzig, 28. Mai. Der soeben in Gotha abgehaltme Soeia- listencongreß sollte für da- deutsche vüraer- thum ein ernst« Mahn- und Weckruf sein. Daß die Socialdemokratie gegen da- Vorjahr gewachsen ist, war bereit- gelegentlich der Relch-tag-wahlm hinlänglich sichtbar geworden; dennoch würde es nicht Überflüssig fein, wmn Alle, welche an der Aufrechthaltung der bestehend« Gesellschaftsord nung ein Interesse haben, sich die näher« An gaben üb« diese- Wach-thnm »nd üb« di« agi tatorische Thäligkeit d« Parteiführ« recht genau ansehen wollt«. Vor Allem aber ist beachten-- Werth, waS die Partei für die letzten Wahlen geleistet hat. Ganz abgesehen von den regel mäßigen Bciträgm. welche sich tu d« Zeit von Mitte August v. I. bis Ende April d. I. zu sammen mit dm Einnahmen de- Agitation-fond- und de- UnterstützungSfondS auf nahe an 10,000-4 belauf«, sind für den Wahlfonds nicht weniger al- 28,327 -4 55 vereinnahmt Word«. Zu beachten ist dabet, daß hier Da-jmige, was die local« WahlcomitbS geleistet, nicht mit ver rechnet ist. Von den übrig« Partei« pflegt keine so öffentlich Rechnung zu leg«; e- würde ihn« auch, da keine so wie d»e foclaldemokratische centralistlsch organistrt ist, nicht möglich fein, ein ähnliche-Bild derGesammtthätigkeit »er Partei zu geben. Ab« ohne befürcht« zu müssen, daß wir d« Wahrheit zu nahe treten, behaupt« wir, daß von allen übrigen Partei« keine verhällniß. mäßig anch nur annähernd an die finanzielle Leistungsfähigkeit d« socialdemokratischen hinan reicht. Weitere Betrachtungen über diese» Unteiffchied sind überflüssig. — Eine intereffante Drohnng de- RcichStagSabgeordneten Fritzsche ist au- der «st« Sitzung de- Congresse» hervorznheb«. Bekanntlich beschweren sich die socialistischm Ab geordneten fortwährend, daß man sie im Reich-- tage nicht zu Worte komm« lasse. Die gleiche Klage hat jetzt Herr Fritzsche anch fein« Zu hörern in Gotha vorgetragm «nd daran die An kündigung geknüpft, daß sich die socialistischm Abgeordneten in d« nächst« Session gegm die „Valentinisirnng" (Schluß d« Debatte auf Antrag de» bekannten Schlußmach«- Valentin) durch geeignete Revreffalim zu schütz« wissen würden. D« Rede Sinn ist etwa- sehr dunkel; immerhin kann man aber ans die Lösung de- Räthsel- gespannt sein. Viel helfen werden den Soctaldemokrat« die „Repressalien" jedenfalls nicht; denn man braucht uur die steno araphischen Berichte ein« beliebtam Reich-taaS- session durchrublättern, um zn «kenn«, daß die socialistische Rhetorik ein« Raum einnimmt, der da- Verhältniß d« socialdemokratischeu Abgeord neten zu d« Gesammtzahl d« Abgeordneten beträchtlich üb« steigt. Nicht minder interessart ist die Mittheilung de- Her« Fritzsche, daß in der nächsten Session die focialistischen Abgeord neten im Bunde mit d« drei Bolk-parteileri eine selbstständige Fraktion bildm werden. Die Sache der „süddeutschen Volk-Partei", für welche der schwäbische Reich-bote Pay« in der letzten Session so energisch dm Heiterkeit-tribut des hohm Hans«- forderte, «scheint hiernach in einem mr neuen Lichte. An- dem Berichte de- Wahlvorstande- (zu Ham- bnrg) üb« Gang und Stand d« focialistischen Agitation in Deutschland, mit besonderer Be« rücksichtignng der Wahl« vom 1». Januar 1877, ist hervorzuheben, daß die Partei 6 ständige Agi tator« besitzt «nd 18 solche, die monatliche Zu schüsse «halt«. Einzelne Orte siad während der Wahl mit 50 bi- 150 -4 unterstützt Word«. Ja 175 Wahlkreis«, in denen Candidatm aufgestellt Word« sind, sind 559,211 Stimm«, 179,-99 mehr al- im Jahre 1874, abgegebrn Word«. An Zerlungen besitzt die Partei: dm „Vorwärt-" mit üb« 12,000 Abonnent«, 41 andere social politische Blatt«, 14 Gewerkfchaftsorgane und ein illustrirte- belletristisches Blatt (die „Rene Welt"), letzt«-- mit über 35,000 Abonnent«. Die Zeit schriften werd« redigirt von 44 Redactmr«. »nt« den« sich u. A. 12 akademisch gebildete Literat«, 11 Schriftsetz«, 4 Kaasleute, 4 Schloff«, 1 Loh- gerb«, t Emarrmmach«, 1 Schnhmacher, 1 Gold arbeit«, 1 Schneid« x. befinden. Der Kalender „Der arme Konrad" hat ein« Absatz von 56.000 Exemplar« gefnnd«. Die im verflossen« Jahre argen die Redacteure ausgesprochenen Straf« belanf« sich ans zusammm 8 Jahre Die Partei habe sich — wie dn Bericht am Schluffe sagt — trotz der in Preußen rc. «folgt« Auflösung doch bedeutend gekräftigt; die- sei auch kein Wunter, denn die Sache wäre um deswillen nnauSrvttbare
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