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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 15.06.1877
- Erscheinungsdatum
- 1877-06-15
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-187706155
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18770615
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18770615
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1877
-
Monat
1877-06
- Tag 1877-06-15
-
Monat
1877-06
-
Jahr
1877
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 15.06.1877
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Erscheint tiitz»» früh «'/. Uhr. LrMrll», «vtttt», JohanniSgass« 8-. rwrchS»ttr, »«, tttbarü«: Vormittags 10—12 Uhr. Nachmittag» 4—6 Uhr. Annahme der für die »ächst- 'olamde Rnmmrr destimmtrn Inicrate au Woch^rttageu vis 8 Uhr Nachmittags, au Sonn- «atz Festtagen früh dis '/,Ü Uhr. L» de« Filiale, str Jas. Tuuahmt: Otto Klemm, UniversitttSstr. 22. -oui- Lösche, Katharinmstr. 18,p. -ur diS Uhr. UtiWM Tagtlilall Anzeiger. OMn für Politik, Localgeschichte, Handels- nnd KMjftldrrkcbr. Auslässe 15,2SK La» saemr»i»-let» vteririz. 4'/, ML, iucl. Brnigcrlohn b LÜ.. durch di« Post dc^g» « »L Jrd« et^elue Nu»«« »0 Pt Btlegrxrmplar 1« Pf. Gebühre» für Extraktiv-, ahne Postbesltrderung -s gm u.U Postbefvrderuug 4b Mt Zustralr 4aesp. BouraroiSz. 2ü',:i Größere Schrift«» laut unsere»» PreiSverzeichniß. — Tadellattiche: Satz »ach höherem Tarif. A«l«»r, mller de» *edakti»«chrtch di« Spaltzeüe <» Pf. Jusrratr stad stets au d. LePebttt», -u senden. — Rabatt wird «ich« gegeben. Zahlung pr»«n»«rainii »der durch Posworschuß. M 166. Freitag oen 15. Juni 1877. 71. Jahrgang. Tazesgeschichtliche Aeberficht. Leipzig, 14. Juni. Der Tod hat wiederum in die Reihe der deut schen Fürsten, die vor sechs Jahren da- deutsche Reich gründeten, eine Lücke gerissen. Am 13. Juni, Vormittag IS»/, Uhr, ist der Troßherzog von Hesse». Darmstadtnach längerem Unwohlsein, über besten Verlauf die osficiellen Bulletin- mit- getheilt worden find, verstorben. Diese Wendung der Krankheit wird nirgend- überrascht haben, sie war in Ansehung d«S Alter- «nd de- Schwäche- Zustande- de- Patienten voran-zusehen. Der Ver storbene hat ein Alter von 71 Jahren erreicht. Er wurde am S. Inni 180k a!S Sohn deS Großherzog- Ludwig II. geboren. Wenige Monate vor dem Tode ferne- Vater-, am 5 März 1848, wnrde er durch väterlicbe- Decret von diesem Tage in Folge der revo- lutionairen Ereignisse, die im Großherzogthum Hessen denselben Verlauf nahmen wie in anderen kleinen Staaten, zum Mitregenten ernannt. Er kam dem Volke sofort mit der Erfüllung sämmt- licher Märzforderungen entgegen und wechselte da- Ministerium de- Lande-. Al- am 16. Juni 1848 Ludwig II. starb, fiel dem bi-herigen Mitregenten die Alleinherrschaft zu, welche er seit jenem Tage bi- heute, also 29 Jahre lang iunebehalten hat Vermählt war der dahingeschiebene Fürst seit dem 26. Drcember 1833 mit der Sroßherzogin Mathilde Karoline Friederike Wilhelmine Charlotte (geboren den 30. August 1813, gestorben 25. Mai 1862), einer Tochter Ludwig- I. von Bayern. Ludwig III. war eia Kürst, der wenig von sich reden machte und wenn da- bekannte einschlägige Sprüchwort über die Frauen auch auf die Lande-. Herren paßt, so war der Verstorbene der Besten einer. Er war nicht da-, wa- man einen be- deutenden Maan z» neune» pflegt, aber er kannte gen«» seine Pflichten und handelte danach ohne Rücksicht auf feine eigene indivi duelle Meinung. Namentlich io letzter Zeit bekundete Lndwig III. eine recht glückliche Hand in der Au-wahl seiner obersten Rathgcber. Auch der jetzige Präsident de- Reich-kanzleramteS, Staat-minister Hofmann, gehörte bekanntlich al- Präsivent de- großherzoglichen Ministerium- zu seinen Erwählten. Die glückliche Wahl der höchsten Staatsbeamten ist bei einem Fürsten mehr al bte halbe Regentenpflicht. Nachfolger de- Ver dorbenen wird bekanntlich — nach dem vor Kurzem erfolgten Ableben de- Prinzen Karl — Prinz Ludwig sein, der Befehl-Haber der hessischen Division im Jahre 1870/71. Derselbe ist ver. mählt mit der englischen Prinzessin Alice. Die „Nat.-Zta." bemerkt üb« den verstorbenen und dessen Nachfolger: Der Fürst war persönlich von gutmüthigem »nd wohlwollendem Charakter und mteressirte sich für geschichtliche Forschungen, namentlich für solche, die sich auf die Geschichte feine- Hause- bezogen. Leider gelang e- den Ein- slüflen, die sich während der Reaction-zeit in Deutschland Geltung verschafften, sich namentlich in Heflen-Darmstadt eine feste Stätte zu verschaffen und erst in seinen letzten Jahren leukteLutzwig III. in die Wege wieder ein, die er al- Mitregent mit dem Ministerium v. Tageru im Beginn seiner Re- giernng eingeschlagen hatte und welch« die Grund« irge seiner Popularität bildeten. Nach Mitthei« lange«, die jedoch der Bestätigung bedürfen, hätte Ludwig III. in einer zweiten morganatischen Ehe , gestanden. — Per jetzige Großherzog Ludwig IV commandirte im französischen Feldzüge die hessische Division «nd uameutlich mit An-zeichunng bei Gcavelotte. Die nationalen und freisin nigen Gesinnungen de- neuen Großherzog« find bekannt, ebenso wie die Freundschaft, welche die Gemahlin de- Troßherzog- mit D. Fr. Strauß verband, der ihr sein Werk über Voltaire ge widmet hatte. Die Wahlbewegnng im 5. »nd 6. Berliner Reich-tag-wahlkreise wirst täglich höhere Wogen. Die vereinigten Liberalen haben an Duncker'S Gtelle i» b. Bezirk den Landtag-abgeordneten vr. Zimmermann al-Eaudidaten proclamirt. Der Aufruf zur Wahl de- Herrn Löwe im 6. Berliner Wahlkreise beginnt bezeichnender Weise mit dem Geständniß, daß durch „Sorglosigkeit »nd Uutbätigkeit" dieser Wahlkreis in die Hände der Socialdemokraten gefallen sei. Herr Löwe tritt nicht in den Wahlkampf al- Eandidat der Fort schritt-Partei, sondern „al- alleiniger Eandidat aller^arieien bürgerlicher OrdnungMan ist gute^Hoffnnng voll für da- glückliche Gelingen der die-mal wohlgeleiteteu Wahlcampagne, nnd wenn man an- der Haltung der Gegenpartei ans die Aussichten Löwe'- zurückschließen darf, so ist st sehr wahrscheinlich, daß er dnrchkommt Die Socialdemokraten haben bereit- ein gut Theil jener Siegeszuversicht verloren, die sie sonst au-- zeichnete. Für ihre Propaganda finden sie jedoch noch immer reiche Mittll. Ein wohlhabender Parteimaun gab 2000 Lhaler her zur Begrün. düng einer socialistischeu »nd wissenschaftlichen Revue. Der altkatholische „Deutsche Merkur" äußert sich über den Socialistencongreß, der vom 27. bi- 2S. Mai tz. I. in Gotha tagte, in folgen« der Weise: „Die Referate über Einnahmen, Abonuenteozahl der Blätter nnd sonstige Agita« tion-resultate ergaben ein glänzende- Resultat. Wenn sich die Presse mehr mit dem Papfijubiläum al- mit jenem Congrrß beschäftigt, so bezeugt sie dadurch, »aß sie die Sttnation nicht erkennt. Da- Papstjubiläum ist nur, gleich den übrigen römischen M.mifestationen, ein Aufleuchten der allmälig versinkenden Vergangenheit, die Socialdemokratie aber ist eine Weissagung der Zukunft. Wir fürchten, daß gar manche von den social-demo- kratischen Ideen, die jetzt «l- leere Phantasien verspottet werden, im Laufe der Zeit Gestalt und Wirklichkeit gewinnen werden." Die Nothwendigkeit eine- von Reich- wegen festzustellenden Apothekengesetze- ergiebt sich am Deutlichsten au- den verschiedenen landeSgesetz. liehen Bestimmungen über den Erwerb »nd Besitz der Apotheken. In den älteren LandeStheilen Preußen- bedarf e- für diejenigen Apotheken, welche nicht auf einem Realprivilegium beruhen, einer Concession, bei welcher der Ort uno da rum Betriebe de- Gewerbe- bestimmte Grundstück, so wie der Name de- Besitzer- angegeben wird. In den neuen Lande-theilcn bedürfen neue Apo theken einer staatlichen Concession ; in Hannover bestehen neben den Concessionen Apothekerprivile. gieu; in Schleswig. Holstein war früher die Er- richtung einer Apotheke nur auf Grund eine- staatlichen Privilegium- zulässig, welche- für die Person verliehen wurde und für einen neuen Erwerber erneuert werden mußte In Bayern ist der Betrieb einer Apotheke von einer Eou- cession abhängig, welch« für wn« bestrmmt» Goosou und einen bestimmten Ort ertheilt wird. In Sachsen ist der Betrieb einer Apotheke nur ans Trund einer Concession zulässig, ebenso in Württemberg und inBaden. Der Apotheken betrieb in Hessen bleibt abhängig von einer Eon- cession oder von einem Realrecht. Im Großherzog- lhum Sachsen, in Schwarzburg-SonderShaufen und in Sacbsen-Nltenbura sind Realprivilegien, »n Sachsen. Meiningen, Koburg, Anhalt, Schwarz. burg-Ruvolstadt und in beiden Reuß stutz theil- Realprivilegien, theil- persönliche Concessionen vor handen. Ja Reuß älterer Linie können die Realprivi. legier, nur auf approbtrte Apotheker übergehe», in Schwarzburg. Rudolstadt sind die neuen Con. cession-inhaber verpflichtet, die Teräthschaften »nd Vorrtthe der früheren Apotheke zu übernehmen. In Anhalt werden neue Concessionen nnr «l- persönliche auf LebaVzeit ertheilt. In Mecklen burg-Schwerin «nd Mecklenburg-Strelitz giebt eS theil- vererbliche und veräußerliche Realprivilegien, theil- Personal. Concessionen. In Braunschweig bestehen einige ältere Realprivilegien, in Oldenburg und Waldeck beruht der Apothekenbetrieb tbeilS auf persönlichen Concessionen, theil- auf Real. Privilegien, von welchen einige a»-fchließliche Be- rechtigungen sind. In Lippe, Schanmburg.LlPpenntz Bremen setzt die Errichtung von Apotheken ein« Concession voran-; in Lübeck werden nnr Real privilegien ertheilt »nd in der Stadt Hamburg ist die Zahl der Apotheken ans eine bestimmte Ziffer festgesetzt, während in den Vorstädten nnd m dem übrigen hamburgiscken Gebiet znr, An legung einer Apotheke eine Concession erforderlich ist. Kür Elsaß-Lothrinaeu bleibt feit 1877 die Errichtung einer Apotheke von der Genehmigung de- Oberpräsidenten abhängig; bi- dahin konnte im nenen Reich-lande Jeder, welcher die gesetzlich« Befähigung nachgewirseu hatte, eine Apotheke er richten oder eine bestehende Apotheke übernehmen. Der „CzaS" vom 8. d M enthält einen Be richt au- Rom über den Besuch, welchen die pol nischen Pilger de« Cardinal Ledochow-ki im Vaiican aogestattet haben. »Le Anwesenden, den Cardinal inbegriffen, seien zu Thrtnen gerührt gewesen, die Pilger hätten sich de« Cardmal zu Füßm geworfen »nd seinen Gegen erbeten. Letzterer habe sie zur Ausdauer ermahnt und ihnen eivge. schärft, sich von allen Denjenigen fern z» halten, welche der göttlichen Gnade nicht theilhastig wären. Der Corrrspondent hebt mit Befriedigung hervor, daß der Prima- von Polen so zum ersten Male die Gelegenheit gehabt habe, vor einer Ver- sammlung von Pole», welche allen Provinzen de alten Polen« angehörten, sich vernehmen zu lassen Zum verständmß der letzten Bemerkung,ft daran zu erinnern, daß der Prima- von Polen durch die Verfassung der Republik zum Interrex (Zwischev- köaig) bestellt war, d. h. in der Zeit von dem Tode eine- König- bi- zur Wahl seine- Nach, folger- königliche Functionen an-zuüben hatte. Nach den au- Amsterdam vorliegenden Be richten üb-r die Wahlen znr Kammer find bi- jetzt 18 Candidaten der liberalen Partei »nd - Candidaten verschiedener autiltberaler Parteien gewählt, «nd zwei Stichwahlen »othwendig ge worden. Der „Polit. Corresp" zufolge sollen die Be hauptungen von einem eigenmächtigen Vorgehen es österreichisch-»ngarischen Botschafter- in London Grafen B e« st) aus einfacher Erfindung beruhen.(?) Ein in der „Polit. Corresp." veröffentlichte- Schreiben au- Petersburg erklärt die Nachrichten, daß der russische Botschafter in London, Gras Schuwaloff, eine halbamtliche Note de- sseich-kanzler-, Fürsten Gortschakoff, an da- eng» ische Cabinet überbracht habe, für unbegründet »nd fügt Hinz», daß die letzte von dem Pete,-, burger Cabinet al- diplomatisch nicht gebräuchlich »nd schroff befundene Note de- Grasen Derby bi- jetzt »nbeantwortet geblieben ist. Graf Schu- waloff habe bei Gelegenheit feiner Urlaubsreife die Darlegung der englischen Interessen, welche schon au- der Rede d«S englischen Staat-fecretair- Croß bekannt waren, überbracht «nd sei mit Weisungen zurückgereist, welche ihn zu der Erklärung er. mächllgten, daß Rußland keine-weg- etwa- geaen den Suez. Canal oder Egypten unter nehmen wolle. Diese Weisungen hätten sich auf die Ermächtigung zu dieser Erklärung »«schränkt. Von einer halbamtlichen Rote sei Licht- bekannt und zu einem angeblichen Rund, chreiben liege gleichfalls keine Veranlassung vor. Jedoch sei die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, daß Rußland den unmittelbar bevorstehenden Uebergang über die Dona» zum Anlaß einer neuerlichen Kundgebung seiner Gesinnung nehme. Die Correspondenz der „Agence gbnSrale ruffe" bespricht die Aeußerungen auswärtiger Journale, weiche in der Anwesenheit de- Kaiser- Alexander in Rumänien da- Signal eine- Ausstande- n Bulgarien sehen wollen »nd meint, daß Nicht-mehr die türkenfreundlichen Neignngen dieser Journale verratheu könnte, da solche Aeußerungen darauf abzweckteu, etwaige neue Greuel in Bulgarien unter dem Vorwände eine- angeblichen AufstandeS z» rechtfertigen. Dieselbe Correspondenz hebt hervor, daß Rußland geneigt fei, den Weg nach Indien, Suez und Egypten zu respectiren, alle- Uebrige hänge von den militairischen Ereignissen ab In einer Betheiliaung Griechenland- am Kriege sieht die Correspondenz nnr eine nicht wünschenSwerthe Vermehrung der bereit- vorhan- denen Verwickelungen. Nach einem Telegramm au- Konstantinopel meldet Mehemet Ali ein am 11. Juni nn District von Kolaschin mit den Montenegri nern stattgehabtrS Gefecht, wobei Letztere in die Flucht geschlagen worden seien. BonMonkhtar Pascha heißt e-, daß sich derselbe in Kuepruekoi aushalte. Daß die unheimliche Wirkung der Torpedo- «nch ihre Grenzen hat, beweisen die Mißerfolge der russischen Torpedoboote an der Sulinamün- duna. Die Ersahrnog, daß Vorsicht und Wach samkeit selbst gegen Torpedo- schützt, können sich auch Diejenigen zu Nutze machen, welche nach dem Vorgänge im Canal von Matschin sich beeilten, die englische Panzerflotte für alte- Eisen zu er klären. Der Torpedo al- Mittel zur Vertheibigung von Küsten, Hafeneinfahrten ». dgl. wird seine Bedeutung behalten, der Offeusivtorpedo aber wird immer nnr einer sehr beschränkten Anwendung fähig sein, wenigsten- gegenüber einem Wohlge stalten »nd pflichttreuen SeeofficiercorpS. Heber die Iu deuhetzen in dem im Districte Dorohoi» t» der Moldau gelegenen Städtchen Darabaua erfährt die ,.Pol. Lorr " an- Bukarest vom S. d. M. die folgenden positiven Detail-: ..Sowohl die christlichen wie auch die jüdischen In fassen de- genannten Städtchen- stehen mit dem GrundeigeuthümerClnmara tu einem jener Lehen-. Verhältnisse, deren Abwickelnog, durch spezielle Gesetze geregelt, i« Zuge ist, die aber schon au vielen Orten zu Processen zwischen den Grnud- eigevthümern »nd den sich ablösenden Insassen geführt hat. Letztere- war anch hier der Fall »nd schon seit der längsten Zeit herrschten zwifch« den Juden »nd dem genannten Besitzer ernste Zer »ürfniffe, die wiederholte Intervention der Be Hörde» nothwendig gemacht hatten. Am jüngst- verflossenen Montage, 3. Inni, kam die Gattin Ciumara'S von ihrer Besitzung »m die achte Morgenstunde nach Darabana; sie saß in einer offenen Kutsche, hielt zwei Revolver in den Händen, hat zwei mit langen Pistolen »nd Uata aan« bewaffnete Aruanteu vorn ans dem Kutsch, bock und fnhr durch da- ganz« Städtchen, wo e- eben wegen de- Wochenmarkt«- von vaneru »uS^-n umliegenden Dörfern wimmelte. Die Dame rief lau. nnd vernehmlich den Bauern z», sie ,outen über die Juden herfallen, sie schlagen, sie tvdteo »nd sich dann die Habe derselben al- Belohnung theilen. Hinter ihrer Kutsche fnhr ein GutSoer« Walter Etnmara'S, der mehrere Käßchen Vrannt- wein ans seinem Wagen hatte, die al-bald «ns der Straße abgeladeo und den Banern gespendet wurden Jeder konnte unentgeltlich trwke», so viel er wollte «nd so viel er vermochte. Die Dame hatte auch 2« Griechen von ihre« Gute mit sich gebracht, welch« die Banern ebenfalls «ufhetzten und sich — nachdem der Schnaps feine Wirkung getha« hatte — an die Spitze derselben stellten nnd Über die Juden her fielen. Vierhundert jüdische Hänser wurden ganz au-geplündert. Die Maaren au- den Buden der Juden wurdea auf Bauernwagen geladen; alle- Geld, Silberzeug. Schmnck geraubt, die Bücher »nd Schriften verbrannt oder zerfetzt, alle Inden, ohne Au-nahme, thätlich mißhandelt, Weiber, Greise und Kinder nicht au-genommen; Vielen wurden durch die yatagan- der Aruauten die Sehnen durchschnitten; die Syriagoge wurde erbrochen, alle darin befindlichen geheiligten Gegenstände wurden auf die Straße geschilpt, unter dem Gejohle der besoffenen Meute mit Füßen getreten und in tausend Stücke zer trümmert. Der Werth der geraubten Maaren, Geld« «nd sonstigen Werthfachen wird auf min- besten- 80,000 Dukaten veranschlagt, 400 Famtlirn find obdach- und brodloS geworden. Bon den nach »er Stadt Dorohoi» in- Spital geschafften miß' handelten Juden sind bereit- mehrere ihren Wun den erlegen. — Nachdem der traurige Act voll bracht war, erschienen der Präfect und der Pro- curor au- der Stadt Dorohotu, nahmen mehr« e Verhaftungen vor »nd leiteten sofort die Unter« suchung ein. — Die Regierung ist tief ru beklagen. Sie, von den schwersten Sorgen in Anspruch genommen, kann für diesen Fall nicht verantwortlich gemacht werden. Tie wird sicherlich auch jetzt die strengste Justiz «alten iassen und vergüten, wa- nämlich noch vergütet »erden kann." Telegraphisch wird der ,H»l. Torr." au- Jassy vom 12. Juni gemeldet: „Der »er Anstiftung der letzten Iuden.Excesse in Dara bana bezichtigte Gut-befitzer Eiumara und dessen Fra« wurden verhaftet. Andere Schuldige find gleichfalls verhaftet. Die Gerichte untersuchen vie Angelegenheit eisrigst." — Soeben meldet ein Telegramm au- Jassy nene Iudenhetzeu! Meißner Couferenz. H. (Die sociale Krage.) -r Meißen« 13. Juni. Die zweite Versamm lung der Meißner Conferenz fand gestern Abend von 8—10 Uhr statt. Dieselbe war trotz der Erschöpfung, welche die den ganz« Tag an dauernde tropische Hitze erzeugt hatte, zahlreich besucht. Herr Reaierung-rath vr. Böhmert au- Dresden erstattete Bericht über d«S Thema: „Die Mitwirkung der Kirche bei Lösnvg der socialen Frage." Der Berichterstatter legte al- Grundlage feine« Vorträge- eine An zahl von Sätzen vor, welche sich bereit- in Nummer 184 d. Bl. abgedruckt finden und bo- gründete diese Sätze in etwa folgender Weise. Die sociale Frage verlange ernstlich, daß «an sich mit ihr beschäftige, da die focialdemokratifche Bewegung eine derartige Ausdehnung erlangt und mit solchen Mitteln arbeite, daß, wen» nicht von anderer Seite Widerstand geleistet werde, der zeitwellige Sieg der sociaustischen Umsturzpartei leicht möglich sei. Referent betonte, er sage au-drücklich . zeitweilig", weil dem Socic». li-mu- ja ganz unmöglich auf die Dauer da- Uebcrgewicht zufallen könne. Man habe bekannt lich vorübergehend in der Welt schon manchen Unsinn erlebt, z B. während der französischen Revolution die Absetzung Gotte- »nd die Erhebung der Göttin „vernnuft" an feine Stelle. Indem man nun aber der socialen Frage näher trete, müsse man sich immer da- Eine vor Augen halten, daß man den wirklichen Grund der vorhandene» Unzufriedenheit tu sich selbst zu suchen, daß «an Selbsterkenntniß z« üben habe. Referent ging in Folge eine- an ihn gerichteten Wunsche- sofort zu den Sätzen 6—8 über, welche sich mit dem Verhältniß der Kirche znr socialen Frage im Besonder« befassen. E- sei bringend zu wünschen, daß die Geistlichen den wirthfchaft- lichen Dinge« etwa- näher treten, da sie ge- Früher, al- die Geistlichen durchgängig noch t« Besitze von Psarrgütern waren, lenchteten sie in der Regel den Angehörigen ihrer Gemein den in der Vewirthschaftnva von Grund und Boden voran und eS lag da- ja in ihrem eigenen Inter- hente ist da- unn freilich ander- geworden, die meisten Geistlichen find nicht «ehr im Besitz solcher Güter. Sie sind ferner der Schulaufsicht enthoben »nd haben somit viel Zeit gewonueu, sich tu socialer Beziehung mit den Erwachsenen und Halberwachsene» zu beschäftigen. Die Geist lich«,, welche in sehr vielen Fällen die Meist- gebildeten in den Gemeinden find, können so recht au- dem praktischen Leben heran-schöpsen. Worin
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