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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 10.07.1884
- Erscheinungsdatum
- 1884-07-10
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188407107
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18840710
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18840710
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1884
-
Monat
1884-07
- Tag 1884-07-10
-
Monat
1884-07
-
Jahr
1884
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 10.07.1884
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Erscheint täglich früh 6'/,Uhr. Lrßictlon und Lrpeditioa Iohaiinesgasse 33. Sprechssundkn der Kedartiou: vormittag« 10—13 Uhr. Nachmittag« 5—ü Uhr. «kl »it N»O,«d« etn,et»»din M-miIcrtr«, mach» ftch tm «ictacll»» »ich» »rrdmriich. TaMall »««atme »er für die „L»ftf«l,e«»e N»««er »esttmmten Inserate an vachentaae« bi« I Uhr Nachmittng», an Sann« nn» Festtagen sriitz »t« '/,S Uhr. In den Filialen siir Ins.-Iinnahme: vtt» Klemm. UniverstlSiSftraße 21. rants Lösche, Kalharincnstraße 18, p. nur öi» /,S Uhr. Anzeiger. Organ für Politik, Localgefchichte, Kandels- und Geschäftsverkehr. Auflage L8,«0«. Ldonnnnratoprei» oiertelj. 4V, MK. iricl. Briagerloha 5 Mk.. durch dir Post bezogen 6 DU. grd« einzelne Nummer 20 Ps. velegarmplar 10 Pf. Gebühren für Extrabeilage» (in Tageblatt-Format gesalzt) ahne Vostbesürderung 39 Mk. »tt Postbesörderung »8 Mk. Inserate «gespaltene Petitzeile 20 Pf. Grüben Schriften laut unserem Prris- verzeichniß. Tabellarischer n. Ziffernsatz nach hü Herrn Tarif. Lerlame« unterem Ledakti»n»strich die Spaltzeile 50 Ps. Inserate sind stet« an die Exprdttisn zu senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung xrnanumeranäo oder durch Pst- »achnahme. 182. Donnerstag den 10. Juli 1884. 78. Jahrgang. Amtlicher Theil. Vtkaimlmachnng. Zu Ehren de« um die Stadt Leipzig verdienten Ehren bürger«, de» Herrn ür. Earl Lampe »su. hier, haben wir dir am rechten Pleißenuser vo» der Harkortstraße ab bi» zur Sidonienstraße hinsührende Straße r. de» südwestliche» Bebauung-Plane» Lampe«Gtra-e benannt. Leipzig, am tO. Juli >884. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Vckanntmachung. Im Anschluß an unsere Bekanntmachung vom 30. vorigen Monat», die Bauvorschriften sllr gewisse BauterrainS im Westen und Norden der Stadtflnr Leipzig betreffend, bringen wir hiermit zur öffentlichen Kenntniß, daß die in jenen l657 Vorschriften uähcr bezeichncten vier Pläne I. V. 'gsgz' und 19t2 bei unserer Tiefbau-Derwaitung 1669 3938 3183' 2288 (Rathhau«, U. Stage Zimmer Nr. t<) zu Jedermann« Einsicht vierzehn Tage lang au-liegen. Leipzig, den 7. Juli 1884. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Wilisch. Ast. Bekanntmachung. Dir dnrch den Tod de« Herr» vürgrrmcister Justizrath Hase hier erledigte Stelle de« Bürgermeister» hiesiger Stadt wird somit zur Bewerbung ausgeschrieben. Bewerber müssen die Prüfung al« Referendar bestanden haben. Der Bürgermeister wird vorerst auf 6 Jahre gnvühlt. Der jährlich« Gcbal» ist aus 8700 ^ festgesetzt. Mit der Bürqermeisterstelle sind die Funktionen eine» Standes- beamtea gegen Bezug eine« Jahre«-Honorar« von 750 verbunden gewesen nnd ist dir Wiederübertraguug Vieser Stelle an de» neu- gewählten Bürgermeister von den städtischeu Behörden uachgesucht worden. , L« ist dem z« wühlenden Bürgermeister im Ucbrige» nicht ge stattet, die sachwalierische Praxi- zu betreiben oder ein Nebenamt, mit welchem ein Einkommen verbunden ist, zu bekleide». Bewerber um die Stelle eine- hiesigen Bürgermeister» Wollen ihre Gesuche bis zum I. August d. I. bei un» einreicheu. Schmölln, den 1. Juli 1884. Der Stadtrath, vr. Schubert. Bekanntmachung. I« Eonc»r«versahren über da- Vermag n de« Kaufmann» und Zmkcnvaare»fabrika»len Richard Lchellbach in Firma I. 8. Holzschnher'» Rachsolger in H»f wurde durch Beschluß de« Con- cnr-gerichi- vom Heutigen die Vornahme der Schlußvertheilung ge- «ehmigt und zur Abnahme der Schlußrechnung, zur Erhebung von Einwendungen gegen da» Schlußverzeichniß uns zur Beschlußfassung über di« nicht verwerthbaren BermögenSstücke Schlußtermin auf Freitag, den 1. Angnst 1884, Rachm. 3 Uhr. im Sitzungssaale des künigl. Sml-gericht» Hof, anberaumi, wozu die Betheiligten unter dem Beifügen gelade» «erde», daß Schlußrechnung sammi Belege» spätesten« drei Tage vor obigem Termin zur Linsichtsnahme bei unterfertigter Gerichts- schreibe«! niedergelegt werden wird. Hof, den 5. Juli 1884. Gericht-schreibcrei he« königl. Amtsgericht». Millitzer, königl. Secretair. Nichtamtlicher Theil. Die Folge» des Frtedeusbruches von Langson. Wie lat man sich eigentlich da» gegenwärtige Berhältniß zwischen Frankreich und China vorzustcllcn? Diese Frage drängt sich Jedem unwillkürlich auf, welcher die Erklärungen Ferrv'S in der Kammer liest. Fcrry behandelt den Kamps bei Laugson al» einen abgethanen Zwischenfall, und Da», woraus e» antomme, fei nur noch die Genugthuung. welche China für seinen hinterlisiigen FrieVcnSbruch leisten müsse. So liegt die Sach« aber keineswegs, e» gewinnt vielmehr den Anschein, daß der Tsung-Li-Namen gar keine Lust hat, die tonkinesischen Grenzfestnngen Langson, Kate, Kaobanj und Laokai gutwillig zu räumen, und, wa» da» Bedenk lichste ist, die Abmachungen über die Räumung dieser Festungen stehen gar nicht nn Vertrage von Tientsin. Der betreffende Artikel 2 de» Vertrage», welcher durch den Ueber- fall bei Langson verletzt worden sein soll, lautet nämlich wörtlich: .China, beruhigt Lurch die ausdrücklichen Er klärungen guter Nachbarschaft, die ihm von Frankreich in Betreff der Integrität und Sicherheit seiner Südgrenzen ge geben worden, verpflichtet sich, sofort an seiner Grenz« alle chinesische» Garnisonen au» Tonkin zurückzuziehen und gegen wärtig, sowie in Zukunft die direct zwischen Frankreich und dem Hofe von Anam abgeschlossenen und abznschließenden Verträge zu respectircn." Erst durch eine weitere Verab redung zwischen Capitai» Fournier nnd dem Bicekönig von Prtscheli wurde die Räumung der Festungen Langson, Kate, Kaobanj auf den 6. und von Laokai aus den 26 Juni fest gesetzt, im vertrage von Tientsin stehen aber dies« Daten nickt. Der Ts»ng-Li-Damen hält sich au Da», wa» er unter zeichnet hat, und die Karte von Cbina wird darüber zu ent scheiden haben, ob die genannten Orte zu Tonkin zu rechnen find oder nicht. Wo» lagt nun Ferry? Er erklärte der Kammer am 7. Juli: Er haß» dir mit der Genehmigung der chinesischen Regierung versehene Urkunde über den Vertrag von Tientsin erhalten. Der Vertrag sei von den Chinesen verletzt worden, die Chinesen hätten da« Feuer aus die französischen Truppe» unter Umständen eröffnet, welche außer Zweifel stellten, daß «» sich um einen hinterlistigen Ueberfall gehandelt habe, e« sei daher eine Genngthunng noihwenkig. Die französische Regierung Hab« e», nachdem sie im Mai auf eine Kriegs entschädigung Cbina» Verricht geleistet, für ihre Wicht gehalten, die chinesische Regierung daran zu erinnern, daß derarlige Vertragsverletzungen bezahlt werden müßten oder ein« Grnuglhuung erheischten. Die Regierung er wart« die Antwort ler chinesischen Regierung, sei indeß in zwischen in der Lage, den Verträgen Achtung zu verschaffen, und sie werde die» mit Mäßigung, aber mit einer durch nicht» zu erschütternden Festigkeit thun. Da» klingt allerding« sehr wesentlich ander», al» wa« biSher über den Streilfall bekannt geworden ist. Man scheint aus französischer Seite angenommen zu haben, daß c« gleich- giltig sei, ob eine Abmachung mit dem Bicekönig ober mit rem Tsung-Li-Namen vereinbart sei, während man ans chinesischer Seile nur Da- für perfect ansieht, wa» die Unterschrift de» Tsung-Li-Vamen trägt. Die chinesische Regierung hat die Sachlage so aufgesaßt, daß die Aus- führung de» Vertrage» von Tientsin von der Auswechslung der Friedensurkunden abhängt, und bevor diese geschehen, hat sie die Aufrechterhaltung de» »tatus qua als selbstver ständlich angesehen. Deshalb hat sie eine größere Truppen abtheilung an der tonkinesischen Grenze zwischen Langson und Bacle versammelt und die Annäherung der Franzosen rurückgcwiesen. Ferry sagt au-drückiich: die Chinesen hätten da» Feuer auf die französische» Truppen unter Umständen eröffnet, welche außer Zweifel stellten, daß eS sich um eine» hinterlistigen Ueberfall gehandelt habe. Damit ist also indirect zugestandcn, daß die Eröffnung der Feindseligkeiten an sich nicht vertragswidrig gewesen sei, nur die Umstände hätten da» Feuern als Hinterlist ckarakterisirt. Nun ist rS aber noch keineswegs aus gemacht, daß die Auffassung Ferry'S die richtige ist. Es wäre nämlich sehr wchl denkbar, daß die Chinesen durch die Ankunft der Franzosen gerade so überrascht worden wären wie die Franzosen durch dcn Anblick der Chinesen, und daß die letzteren der von der anderen Seite vermntheten feindlichen Absicht nur zuvorgekommen wäre». Aus französischer Seite schweigt mau über die weitere Ent wickelung des Kampfe», von chinesischer ist aber inzwischen bekannt geworden, daß die Franzosen die Räumung LangsonS verlangte», baß die Chinesen diese abgelehnt und bei dem daraus entstandenen Kamps 5 französische Ofsiciere gefangen genommen hätten. Ohne genauere Keunlniß de» verlaus- der ganzen An gelegenheit ist ein abschließendes Urtheil darüber nickt zu ge winnen,ob einKriedensb ruch vorliegt odernur ganz »»verantwort licher Leichtsinn auf französischer Seite. Da» Letztere gewinnt mehr und mehr an Wahrscheinlichkeit, denn General Millot scheint angenommen zu haben, daß der Weg nach Langson frei sti und daß die Chinesen nur darauf warteten, die Festung an die Truppenabtheilung zu übergeben, welche er nach Langson senden würde, statt sich vorher mit dem chinesischen Ober kommando in» Einvernehmen zu setzen. Ware da» geschehen, so hätte durch ein« Anfrage nach Peking da» Blutvergießen vermieden werden können: Millot wäre dann über die Auf fassung der chinesischen Regierung ins Klare gesetzt worden und hättevorauSsichtlich so lange gewartet, bi- die Bestätigungs- Urkunden über den Vertrag von Tientsin au-gcwechselt waren. Handelte e» sich, wie Ferry annimmt, um einen hinter listigen Ueberfall, dann würden die Chinesen ihren Bortheil wahr genommen und die zurückiveichcnden Franzosen verfolgt »nd ausgerieben haben. Statt besten sind sie ruhig auf ihren Standorten verblieben und haben nur jeden Versuch der Franzosen, vorzudringen, zurückgewiescu. Nach den ersten Nachrichten war anzunchmen, daß die Chinesen nur aus eiu« Gelegenheit gewartet hätten, die Niederlagen von Sontay, Bacninh und Hang Hoa wieder auSzuwetzen und den Krieg gegen die Franzosen nun erst eigentlich anznfangen. Die Sache verhält sich aber ganz ander», der Tsung Li.Aamen hält sich an Da» gebunden, wa« er unterzeichnet hat; er will aber nicht von der Willkür Frankreichs adhängen und räumt deSbalb wichtige Plätze nicht eher, als bi» der Friede zur un widerruflichen Thatsache geworden ist. Weil Fcrry allmälig über die wabre Sachlage Klarheit gewonnen hat, läßt er e» auch zweifelhaft, worin die Genugthuung China» bestehen soll, ob in einer Entschädigungssumme oder in einer anderen noch sestzustellenden Leistung. Di« Stimmung der Franzosen ist augenblicklich sehr erregt, und e« wäre ein vergebliche» Bemühen gewesen, wenn Ferry der Kammer hätte auseinander setzen wolle,», daß die Schuld aus Seiten Millot'» liege. Durch die angebliche Unterredung de» Capitaiu Fournier mit einem Redakteur de» »Petit MarseillaiS" wird die Sache nicht klarer. Danach sollte man glauben, daß die Krieg». Partei in Tsung-Li-Annen da« Heft in Händen hätte und daß die Kaiserin-Mutter von China dieser gegenüber macht los sei. Die Kriegspartei werde aber schon wieder zur Ver nunft kommen, wenn fie sähe, welche» Unglück sie angerichtet habe, die Kaiserin aber werde die Krieg-Partei für ihren Ueber- wuth durch theilweise vermvgen-confiScation bestrafen. Diese Erklärung de» Zwischenfall» leidet aber an einem sehr greif baren Widerspruch, denn danach wäre dir Kaiserin heute macht los und morgen mächtig. Wie sich die Sache nach den neuesten Mitteilungen darstellt, ist die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, daß e» weder einer Kriegsentschädigung noch einer sonstigen Genugthuung China» bedarf, sondern daß der angebliche Ucker- fall sich al» eine ganz gewöhnliche militairischc Vorsichtsmaßregel herausstellt. Chrnesijche Verhältnisse sind eben nicht europäisch«, in Fällen, wo bei un» durch den Telegraphen sofort voll« Klarheit geschaffen werden kann, bedarf es in China mündlich oder schriftlich ertheilter Weisungen, die natürlich nicht binnen 24 Stunden in die Hände der Betreffenden gelangen können. Da« hätte General Millot berücksichtigen solle«, dam» wßre große Verwirrung und Aufregung erlpart worden. Jetzt kommt es nur daraus an. daß die Chinesen genan «ach de« Vertrage von Tientsin verfahre», dann wir» »a» gestört« vertrauen auch aus französischer Seite wiederkehneu «cd bi« Sache wir» den friedlichen Verlauf nehmen, welchen ft« »ach Abschluß de» Frieden» von Tientsin zu verheiße« schte». * Leipzig, 10. Z»N 1884. * Mit ganz besonderer Erbitterung greift nenerding» di« ultramontane Press« die Nationallibrralr» an. Die maßlos heftigen, an di« Blüthezeit de« .Cnlturkampse»' erinnernden Ausfälle der .Germania", de« bekannten Berliner Jesuitenblatte», werden von der zügellosen Presse in den Provinzen noch überbotea Un» lassen Angriffe und Drehmcae» vo» keiner Seite kühler al» gerade von der klerikalen. Wa« die Ultramonlauen der uationalliberalen Partei zu schaden vermögen, haben sie seit langen Jahren gethaa. Nie hat «in Nationallidrraler im Wahlkampf eine einzige ultramontan« Stimme empfangen; er mochte wa» immer für einen Gegner sich gegenüber haben, der letztere hat unter allen Umständen die Unterstützung der Klerikale« g«sn»d«a. Da können also Drohungen unmöglich mehr schrecken. Wir gestehen der An feindung sogar eine gewisse Berechtigung zu. Giebt e» doch im ganzen deutschen Reich keine einzige Partei mehr, welche den stet» wachsenden ultramontanen Ansprüchen entschlossen und consequent Wider stand leistet, außer der nationalliberalen. Und wäre e» doch mit der Machtstellung de» CentrumS dem Tage vorbei, wo die nationalliberale Partei an wieder zu größerer Stärke gelangte. Bon dem Gifte, welche» die ultramontane Agitation gegen die National liberalen ansammelt, spritzt ein Theil sogar aus die Con- servativen Uber, trotz aller Liebedienerei der „Kreuzzeitung" und der Politiker ibreS Schlage». Haben dock die beiden conservativen preußischen Minister neucrding» für daS AuS- wclsungögesey zu stimmen gewagt! „Unter keinen Umständen wird ein Katholik für die Parteigänger dieser Cullurkamps- Gescllschast stimmen", müssen sich auch die näheren Freunde der Herren von Puttkamer und von Goßler bereit- sagen lassen; „jeder Gegner diese« Ausnahmegesetzes ist einem offenen oder heimlichen Freunde desselben vorzuzicben." Diese pol ternde, drohende Sprache glaubt sich die Centrum-Partei er lauben zu dürfen, trotzdem sie eben erst in den wichtigsten Fragen, beim Socialisiengesetz, bei der Dampsersubvention ihre vollständige Unzuverlässigkeit und Unfähigkeit, eine Stütze der Re gierung zu sein, klar bewiesen hat; bei der Neuordrmng der Mili- tairfrage wird da« noch klarer werden, und es kann nickt fehlen, daß auch im conservativen und Regierungslager der Illusion bald ein grausames Ende bereitet wird, als ob da» Cenlrum zur Stütze einer nationalen Politik zu gebrauchen wäre. Wir warten die Zerstörung diese« Wahne» geduldig ab, mit der Gewißheit, daß sie lange doch nicht mehr auf sich warten lassen kann. Die zornigen groben Ausfälle der klerikalen Presse gegen die nationalliberale Partei können uuS nur mit Befriedigung erfüllen. Wir erblicken darin nur Angst und Aerger über da» Wiederaufleben deS gemäßigten und natio nalen Liberalismus. Eine starke ravical« Opposition, der gegenüber die Regierung immer wieder angewiesen ist, an die Hilfe de» CentrumS sich zck wenden, ist der Boden, ans welchem der ultramontane Weizen am üppigsten gedeiht. In diese Berechnungen stößt der Aufschwung der uationalliberalen Partei ein große» Loch, daher der Zorn und Haß. * Daß in der deutschsreisrnniaen Partei, trotz der einstmaligen Behauptung. Herr von Stauffenberg werde der eigentliche Führer sei», die Leitung längst ganz in eie Hand« de» linken Flügel«, speciell Eugen Richter'», überaegangen ist, wird selbst in den ehemals seeessionistiscken Kreisen immer lebhafter empfunden. Al» Beweis mag z. B- eine von der.Nationalzeitung" veröffent lichte Zuschrift eine» dcutschsreisinnigen Politiker» dienen, worin c- heißt: .Geradezu unbegreiflich wäre e», daß die parlamentarischen Parteiführer in dieser sehr populären Frage (der Dampsersubvention) so vollständig die Fühlung mit den Gesinnungsgenossen im Lande verloren haben, wenn nicht der Augenschein dafür spräche, daß di« Parteileitung im wesent lichen von dem radikalen Flügel derselben besorgt wirb. Sollte die Fusion der liberalen Parteien, so lebhaft und freudig sie al» Krastgcwinn für den Liberalismus begrüßt wurde, die alleinige Folge haben, der ehemaligen Fortschritt-Partei Verstärkung zuzuführen und die große neue Partei für di« Maßlosigkeiten der einzelnen Führer der ersteren zu engagirea, so ist die Gefahr nicht ausgeschlossen, daß die Bewegung wiederum rückläufig wird. Ein solche» Verhallen ist nicht mehr die Diagonale der Kräfte, welche die links stehenden Mitglieder der Partei bei der Fusion einzuhaltrn der- sprachen, eS ist ein Hinüberzwingen de» GroS der Partei ans die weiter link» belegeneu Wege der Fortschritt-Partei." Al» wir diesen Entwickelung-gang al» ganz unvermeidlich dorau-sagten, wurden wir einer übelwollenden Vorein genommenheit und eine» unberechtigten Pessimismus be schuldigt. * Ja der .Norddeutschen Allgemeinen Zeitung" wird offiriö« in Abrede gestellt, daß wiederum ein Reich»-Etats- «ntwuri für zwei Jahre in der Au»arbeitung begriffen sei. Hoffentlich ist damit auf diese« Pr»ject, welche» nutzlos so viel Staub ansgewirbelt hat, endgittig verzichtet. * Ter Mangel eine» nationalliberaleu Blatte» in Berlin, zumal «ine» solchen von gennaerem Umfang, war oft mit Bedauern empfunden worden. Diesem Mangel ist jetzt abgeholfen, seitdem di« .Reu« Zeitung" mit Eifer und Geschick den nationalliberaleu Standpunkt vertritt * Die LandeSversammlnng der national- liberale» Partei Hannover« wird i« September ftattfinden, sobald der di« Versammlung leitende Herr von Bennigsen von seiner Urlaubsreife zurückgelehrt sein wird. » * » * vr. Idols Löffler in Wien bat im Eomit» für StandeS- Jnteressen de« Wiener Mebiemischen Doctoren-Tolleaium» einen vemerkenswerthen Antrag eingebrachl bezüglich der Modalitäle», unter welchen in Zukunft da- gerichtlich« Ver fahren «egen anaeblicher Kunstfehler der Arrzt« statt- zufinde» hätte. E» heißt in diesem Anträge: »er Hellt,»de bi» ,a de« t» et,» ne«, PrSfinm denMihaM, Nach. »Rft »ber die bkchh«l»m» de, «angelade» »«ntnifie »ntrriaal «irbe, hat l» »I«» Srzllche» Kreis«, S«,lallen erregt. G« kann ^cht die. «akgabe he« LinllS« für SSandes Jmeresje« sei», da« Unhell selbst, sealle bi« A,Ssage der Sachverständige« einer lla- KL LL LSSLi-'SaL LLLSLL »»» st» beratti» S-lle «lldntzel»^ R» btrHandlanBweis» ein«» Krztr«. »Rche «entneK al«»ebertretnaade» Gins^sepe« „saefabt wir». einna «ll^lrichter «s 8«b »«, Bach- derstSadiger » elaer Messe »barnrtbeilt »Ird, welch« der moralische, Tsbvwg de» vernNheilte» glelchaahalle, ist. Um di« «»gliche V«. »chcdeili,«,, eine« praktische» tUztr« ht»Mn»»Halle» mch di« Frei- bei» da« ärztliche, Ha»b»l,s »» wahre,, gtaab« da« E««iw sstr Standes-Jnteresse, be« «lener Mchtcümcke, DeewmmSOÜegi»« empsekien », maß«,, bäht» »> wirken, daß de, »mpe, ei, ,»». »behnterer Sch»» ihrer Stell»,, i, be» «ne» Strafgesetz« gwaahn mrrd». als bla« bisher b« Fall ist; »«besonder« mit dem Hi»w«>ie a»s den de« Juristen gegenüber eingeholtenea Vorgang, »elch» ,»r a»i 8r»»d de» «»«spräche» der »dvmoten- «der NetariatAKammer »«, der »„»»bang ihrer Praxi« aasgeschlosse, werde» U,»e». Da« Mie»«r Medieiniiche Doeloren-Eellegi,» »olle daher i» einer a» da» Jastizministeriu« gerichteten Eingabe di» Bitte „«spreche,, dat i« »e»en Straigeiep« daltr Berserg« getroffen werde, dat da« Urtbril eine« Richier« »bet angeichuldeie Knnstfehlee der Medicmal- Personen »,r ans Grund eine« Gutachten« »n: medicinische» Facnltät gefällt werden könne. * Der schweizerische Bnnde«rath hat Angesicht« der Choleraaesahr an sämmtliche CantonSregierungen ein KreiSschreiven erlassen, dessen wesentlicher Inhalt folgender ist: Beim Herannahea der Cholera ist in jedem (LanIon eine öffent liche Sesundheiisvslege einzurichten, bezw. die bereit- vorhandene aus ihre Leistungsfähigkeit zu untersuchen. Jede Gemeinde hat eine GesundheitS-Eommission zu ernennen, welche im Anschluß an die AmtSänte und nach Anleitung der kantonalen, dem SauilälS- wesen vorstehenden Oberbehörde alle di« vom BundeSrall, vor- geschriebenen Echutzmaßregeln auSzusühren verpflichtet ist, alS: Bor- nahm« einer Inspektion aller Wohn- nnd Gasthäuser, Gefängnisse, Armen» und Waisenhäuser, Schulen «nd Kranken-Bsnle uud einer nicht über 14 Tage reichenden Nachinspection. Ueber jedes einzelne Hau« ist ein Bericht obzugeben, in welchem namentlich die vor handenen Uebelstünd«, soweit diese die Bevölkerung der Räume, die Reinlichkeit derselben, die Ernährung und die Lebenshaltung der Bewohner, der Zustand der Wasserversorgung, der Aborte und Senkgrube« betreffen, näher bezeichnet «nd die Mittel zur Ab hilfe oorgeschlagen werden sollen. Alle«, was al« dringend erscheint, soll sofort aus öffentliche Koste« unter Rückgriff aus die rechtlich »ur Leistung Verpflichteten auSgesührt werden. Zu den drinaeaden Maßregeln gehört namentlich auch die Unterstützung Armer durch Verabreichung von Nahrungsmitteln und durch Hilfe beim Reinmachen der Wohnungen. Brunnen und Wassergruben sind zu reinigen, verdächtige und schlechte bi« aus Weitere« zu schließen. Senkgruben müssen früh aus reinliche und rasch« Weise geleert werden. Die Lantonalregierunyen haben sofort dafür zu sorgen, daß im Falle de« Bedürfnisse« in >eder Gemeinde «in paffende» Hau bereit und innerhalb 24 Stunden zur Ausnahme und Verpflegung hilfloser Lholerakranker bereit sei. Wo Krankenanstalten vorhanden, können dieselben in Lholeraspitäler umgewaadelt werden; aaderu- sall« ist ein einzelstrhendeS Privathaa« zu miethea.oder auch eia« hölzerne, aber gut heizbare Baracke herzurichten, geruer ist an jeden, größeren Orte oder bei sehr dicht wohnender Bevölkerung letzt schon ein Hau- i» Aussicht zu »ehmeu, welche« al» Zufluchts stätte für die gesunden Bewohner eine» Lholeraherde» dienen kllunte. Diese Entfernung der vo« einem solche» Eholeraherd direkt bedrohte» Einwohner hat sich überall, besonder« auch in Basel uud Zürich, wohl bewährt. ES ist für jede Gemeiade rin Beamter von ge nügender Befähigung zu bezeichnen, der beim Hsmanaheu wie beim AirSbrechen der Keuche di» DeSiafeciion übernimmt, bezw. leitet. Dann bringt da« Kreisschreiben in Erinnern»«, daß die Anzeige- Pflicht die Grundbedingung jeder Seuchenpolizei ist, wo«» bi» Vmidi»- kanzlei den Tantonen Aumeldungssormular« mieatgeltlich verabfolge» wird. Lholerakrankc dürfni nicht Weiterreise», noch von einem Lan- ton in den andern a»Geschoben werde». >»f alle» Einganglstattouea soll bei jedem au- dem angrenzende» Lande, i» «elchem die Lholera ausgetreten ist. „kommende» Zuge «t»e ärztlich« J»spe«ti»> der Reisenden rorgenommen »nd solle» choleraverdächttg« Personen von der Weiterreise znrückgehaltr« «erbe». Alle Märkte nnd Bolksver- sammlungen sind „ EholeraMrtea und in deren Nachbarschaft ein- »aftellen. Ehras, » eine Wirtshantpolizeistnnde z» Handhab«» »nd aller «xcrß de« Wlrt»han»lrbea« poltzeilich z, mllerbräckrn. Die De«inscctton«mittel find von de» Gemeinden anz»schaffe«. Der Verkehr mit Lumpen» gebrauchten Bettdecken» alte» Kleidern, ollabsällr» »nd rohen, an- Federn, ungewaschener Wolle, gebeizten Häuten ist auch i« Jauern »er Lantone zn nnteriagen. Zum Zweck einer einheitlichen Durchführung der nöthige» Schntz- maßregeln wirb der vnndesrath je nach Vetmrsniß Jnspectorr» er» nennen, welche» di« Lontrole über die »a«f»hrnna der vo» de» Behörden anoeordneien Maßregel» obliegt. Diese Jnspettorr» stehen in direeter Verbindung mit dem eidgenössischen Departement de» Innern. Ei» Drittel der Auslage» wird der Vnnd de» Kantonen zurückerstattea. Und endlich sind die lantone aagehaiie», dir strenge Beachtung der znr velllmpsuna der Cholera ousgestrllten Vorschriften durch entsprechrud« Strafbestimmungen und Einschreiten gegen Uedertreiung sicherzustelle». * Unter de» russische» Nihilisten soll »iue Spaltung eingetreten sein. Einem Reuter'sckeu Telegramm au» Peters burg zufolge ist der gemäßigte Flügel der Revolutionspartei letzterer abtrüuncg geworden und hat sich den Behörde» ge stellt. Die Abtrünnigen werden gegen da» Versprechen, vi« Geheimnisse der Omcmisation zu enthüllen, einen Pardon erhalten. Wichtige Enthüllungen sind bereit» erfolgt und die Polizei ist von »er Zuversicht erfüllt, die ganze nihilistische Verschwörung sprenge» z» können. Di« Meldung klingt höchst unwahrscheinlich. * Dem Conserenzvrogramm bleibt jedwede Ueber- eilung fern. Die Finanzsachverständigen haben sich in ebenso gründliche al» zeitraubend« Studien de» fachlichen MaterialS vertirst und sind dabei anscheinend aus Schwierigkeiten ge stoßen. dereo Beseitigung erforderlich ist. ,h« sie in ihren Arbeiten sortfahren, resp. »a» Ergebniß derselben dem Plenum der Eonferrnz unterbreiten können. Der französisch« Bot schafter, Herr Waddingtou, trat eigen» eine Reise nach Pari» an. um seiner Regierung über den Stand ber Dinge Bericht z» erstatten. Er ist «lt neuen Instructionen nach London zurück.,«kehrt, welche sehr detaillirter Art sind und eS nickt wahrscheinlich machen, daß die Eonferenz ihr Werk in dem ansang» vorgesehenen Zeiträume weniger Wochen werde vollenden können. Bekanntlich hat Frankreich von allem Anfang an die Meinung vertreten, daß eS untbunlich sein werde, den Competenrumsang der Berathunaen auf daS finanzielle Gebiet zu beschränken. Andererseits aber bildet die finanzielle Frage den Ausgangspunkt aller weiteren Behandlung der Sache; Frankreich hat daher ein Interesse daran, ein für seine Absichten möglichst förderliche» finanzielle» Arrangement zn erzielen — deshalb die ungemeine Peinlichkeit, >»it weicher bi« französischen Bevollmächtigten bei Prüfung de« englischen Finauzprogramm« zu Werke gehen. * Der Entschluß »er konservativen britiscbenPair». m« Bill zur Erwelteruna de» Stimmrecht» abzulchnen, bietet de» .^Ovserver" Veranlassung, in entschiedener Weise für da» Hau» der Lord« einzustehen. E« paßt den Anhängern »er Regierung — meint da» liberale Wochenblatt —, di« mit der Regierung durch Dick und Dünn gehen, daß di« L»rd» dem Willen de- Volke» zum Trotz bandeln. Die ein fach« Antwort aus diese Art von Geschwätz ist. daß da» Oberhau« nickt» von der Art thut. Die Lord» haben weder »i« Lust, noch die Macht, die unnatürlichen Zustänb« aufrecht zu erhalten, welche zwischen den Land- und Stadtgemeinden »n Bezug auf da» Wahlrecht bestehen: sie denken nicht daran, den baldigen Vollzug der Bill zur Erweiterung de» Stimmrecht» zu verzögern. Sie verlangen einfach, daß dies« Bill mit jener über die Neueintyeiluna der Wahlkreise Hand in Hand geh« uud daß dem Land« Gelegenheit geboten «erd«, hierüber seinen Dahrspruch ab- zugedru. Diese» verlange» mag vernünftig ober uu»er. nünftig sein; die korb» aber find, indem sie e« stellen, un- bedingt ui d vollstllndia innerbalb ihrer Rechte. Wen» da» Oberban« irgend eine Existenzberechtigung hat, so muß e» da» suspendirende Veto ausübeu dürfen. Nutz mehr thun di« Pair» in diesem Falle nicht. Wenn e» nun zu einem Appell an die Wähler kommen sollte, so glauben wir, daß da» Land sür eine Erweiterung dr-Stimmrecht» ist; dagegen tt.
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