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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 10.05.1884
- Erscheinungsdatum
- 1884-05-10
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188405105
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18840510
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18840510
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1884
-
Monat
1884-05
- Tag 1884-05-10
-
Monat
1884-05
-
Jahr
1884
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 10.05.1884
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Erscheint täglich früh 6'/,Uhr. Netaction und Lrpeditioa Johanne-gaffc 33. SprechÜunden -er Nedartion: Bormittag» 10—12 Uhr. Nachmittag- ö—6 Uhr. GA »u UiiSa-de nn»k<andl-r M»nuIcN»Ie »acht sich die Redoclioll mcht »erdiidlich. A»»ar«e der skr die «Schsts«l,,n»e N««»er hestimmten Inserate an 8»chentaaen dt« 8 Uhr Nachmittag«. anTonu- und Festtagen früh dt« /,V Uhr. Ja den Filialen fiir Zns.-Ännahme: Ott« Klemm, UntversttSt-strahe 21. taut« Lösche, Katharinenstraßc 18, p. unr dt« '/,S Uhr. 1Z1. Zur gchlligen VeilGlmg. Unsere (Spedition ist morgen Sonntag, den 11. Mai, Bormittags nur bis Uhr geöffnet. LxpväMon des L-viprixer ^sxedluttes. Amtlicher Thetl. dekaniilmlnhung. Da« Aretbad am Kopswebr wirv am 15. laufenden Monet« eröffnet. Die Beaufsichtigung desselben haben wir auch in diesen, Jahre Herrn Fischermeisier Earl Wilhelm Met-uer übertragen. Für Benutzung de« Bade- gelten die unter D nach stehenden Borschriften. Leipzig, den 6. Mai 1884. Der Rath der Stadt Leipzig vr. Georgi. Kretschmer. D 1) Die Anstalt kan» in der Jett von Morgen« 5 bi« Mittag« 1'/, Uhr und von Nachmittag« 3'/, Uhr bi« zum Dunkelwerden «entgeltlich benutzt werden. 2) Die tägliche Schlußzeit wird durch zwei Zeichen mit der Glocke angegeben. 3) Nach dem ersten Zeichen wird Niemand mehr eingeloffen, nach dem zweiten haben die Badenden sich sofort au» den Bassin« und sodann mit möglichster Beschleunigung aus der Anstalt zu entfernen. 4) Erwachsene werden in da« Bad nur gelassen, wenn He mit Badehosen versehen sind. b) Di« Perron». Brücken, Ln»- nnd Ankleidestelle«, Bassin« und sonsttgen Räumlichkeiten der Rustalt dürfe» in keiner Weis« verun reinigt werden. 6) Niemand darf den Anderen bespritzen, untertauchea oder sonst belangen 7s Alle» unnöthige Schreien, Lärmen und Herumlaufea t» der Anstalt ist untersagt. 8) Abwaschungen mit Seife dürfen nur an dem dazu bestimmte» Orte vorgenommen werden. 9) Da« Ein- und AuSstergen darf nur auf den Treppen geschehen. 10) Die jedesmalige Benutzung der Anstalt ist auf die Dauer einer Stundc beschränkt. 11) Das Mitbringen von Hunden in die Anstalt ist verboten. 12) TaS Betreten der Rasenböschungcn, das Uebersteigen der Barriörca und da» Baden in den Zu» und Abflußgräben ist nicht gestaltet. 13) Jeder Besucher der Anstalt hat dem Aufseher aus dessen Ver< langen seinen Namen und Stand, sowie seine Wohnung zu nennen. 14) Den Auordnnngcu de« Aufseher« ist unweigerlich Folge zu leisten. 15) Widersetzlichkeiten gegen denselben oder Zuwiderhandlungen gegen diese Vorschriften werden mit Geldstrafe oder Hast, oder auch mit dem Verbote fernerer Benutzung der Anstalt geahndet. Bekanntmachung. Wir macken hierdurch auf die hierorts bestehende Bestimmung aufmerksam, wonach, wenn eine Familie mehr als drei Kinder z» gleicher Zeit zur Bolk«scknle schickt, auf Ansuchen der Eltern oder deren Stellvertreter nur für die drei jüngsten Kinder Schulgeld erhoben werten soll. Liese Bestimmung kann selbstverständlich dann keine Anwendung finden, wenn schon einem oder mehreren Kindern einer Familie freier Schulunterricht gewährt wird. Leipzig, am 1. Mai 188«. Der Rath der Stadt Leipzig. > i. Lehm TllMaü vr. Georgi oehiiert. Bekanntmachung. Wegen vorzunehmendcr Wafferrobrlegungen wird da» Ranudörfche» auf der Strecke vom Ranstävter Steinwege bi- an den Fleischerplatz aus die Zeit vom 12. biS mit I4l. diese- Monat» für sckmmtltche» Fährverkehr gesperrt. Leipzig, am 8. Mai 1884. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Hennig. Bekanntmachung. Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- «nd Geschäftsverkehr. Meß-Auflage 1S,»«0 HbonnementsPrns viertelj. 4'/, incl. Bringerlohn 5 Mk., durch die Post bezogen 6 Mk. Jede einzelne Nummer 20 Pf. Belegexemplar 10 Pf. Gebühre» jbr Extrabeilagen (in Tageblatt-Format gesalzt) ahne Postbesörderung 39 Mk. «it Postbesörderung 48 Mk. Inserate SgespalteneHetitzeile 20 Pf. Größere Schriste» laut unserem Preis« verzeichniß. Tabellarischer u. Ziffernsatz nach höherm Tarif. Nkktamen unter dem Nkdactionsfirich die Spalitzeile 50 Pf. Inserate sind stet« a» die Expedition zu senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung pruenumeriwa» oder durch Pest. Nachnahme. Sonnabend den 10. Mai 1884. 78. Jahrgang. Aus einstimmige Befürwortung seiten« der hiesigen cvan- grlisch-iutherijche» Kirchenvorstänke bat die Kirckeninspection die Einsammlung einer Kirchencollecte in den kiesigen evangelisch - lutherischen Kirchen für die Zwecke des Leipziger Kirchenbauvereins an einem von den einzelnen Pfarrämtern frei zu wählenden Sonn- oder Festtage vor Pnngslen d. I. genehmig», wa« hiermit zur öffentlichen Kenntniß gebracht wird. Leipzig, den !). Mai 1884. Der Ephortevermeser Pank. L - 1 . r - 50. Im Monat April gingen bei», Armenamte hier ein: -ck KO^s Zeugengebühren von dem Pferdehändler Herrn Schwarz, durch da« königl. Amtsgericht, « für daS Leihen von JlluminationSlämpcken, von Herrn Emil Schwarze, durch die RathSnuntiatur, . al« Sühne in der Gew-rb-^eit.^ ^.rch da» loche ". /. A. I IN der Gkwerbcstreit- s fache 3t. /. M j s-l"-dsg-r,cl>t. « Sachen S. '/- Th.» durch Herrn Friedensrichter Wünschmann. . - S.K./.E.W. . - J.B. /. A. L. . - R.G.T.'/.K.H' - - A K. /. I.G. . -I.C.S.-/-R.G. >M.CK. V-W.K. ' -/. R.s -/. L IO - — 20 - — 10 - — 10 . — 5 « — 5 - — 5 « — 1 - — 1 « — 9. —> 1 - — . 10 . — . 5 » — > 1 - — > 10 - — durch Herrn Friedensrichter Nagel, durch Herrn Kv -// M Friedensrichter H -/' K Oauck^en. N.' ^ R L. V. G. ., 1 durch Herrn ^"edcnSrich^- Conrad. «r. ^Friedensrichter -/. R 112^4 lO^z Dankend quittiren wir hiermit. Leipzig, am S. Mai 1884. Der Rath -er Stadt Leipzig. (Ärmenamt." ,vwig-Wol .> Lange. Nichtamtlicher Thetl. Die Debatte über das Socialistengesetz. Wenn diese Zeilen dem Leser zu Gesicht kommen, dann hat der Reichstag wohk bereits sei» Urlhcil über das Sccicilifteii- gesctz gesprochen. Wie dic Würfel anck fallen „lögen, ob für oder gegen die Verlängerung der Geltungsdauer beS Gesetzes, eins wird durch die Abstimmung erreicht: Gewißheit und Klärung der Lage. Daß die Entscheidung nickt länger hinausgeschoben werden dürfe, hat der Reichstag anerkannt, dadurch, daß er die Vorlage der Regierung zur Grundlage der Generaldebatte wählte und nicht die Windthorst'schen Anträge. Diese Anträge waren durch das ablehnende Volum in der Commission beseitigt, ihnen die erste Stelle cinzuräumen und sie zum Gegenstände ausführlicher Erörterungen zu mache», wäre nickt- als zwecklose Zeitvergeudung gewesen, wie eigentlich Alles, wa- in der Commission üocr dic brennende Frage der Verlängerung deS Gesetzes verhandelt worden ist. Schon am 2l. März war eS unzweifelhaft, wohin die öfsent- licke Meinung neigt, daß die große Mehrzahl deS deutschen Volkes daS Gesetz für jetzt noch alS unenlbehrlich er achtet; andererseits wußte man, daß die verbündeten Regierungen sich bei der Ablehnung des Gesetze» durch den Reichstag nicht beruhigen, sondern Berufung an die Wähler gegen ein ablehnendes Votum einlegen würden. Diese Sachlage ist noch heute dieselbe, mit der eiiuigen Maß gabe. daß ein Thcil deS CentrumS und der Freisinnigen sich inzwischen von der Nothwendigkeit, das Gesetz »och einige Jahre beizubehalten, überzeugt haben. Insoweit ist die Aus sicht auf Annahme der Regierungsvorlage näher gerückt, die Wahrscheinlichkeit der Auslösung deS Reichstages also geringer geworden. Aber dieser UmwaizvelungSproceb hätte sich auch >n der Zeit vom 6. hiS zum 21. März vollziehen können, Die Herstellung der Straße VIII dcS südwestlichen Be bauungsplanes soll an einen Unternehmer in Accord verdungen werden. Die Bedingungen und Zeichnungen für diese Arbeiten liegen in unserer Tiefbau Verwaltung, RathhanS. Zimmer Nr. 11, au« und können daselbst eingeseben rcfp. entnommen werde». Bezügliche Offerten sind versiegelt und mit der Aufschrift: „Ehausfirang der Straße VLU Versehen ebendaselbst und zwar bis zum SV. lausenden Monats RachmittagS S Uhr riozureichen. Leipzig, am 8. Mai 1884. DeS Rath- der Stadt Leipzig Straßendau'Depntatioitt Die Herstellung einer Schleiche III. Clafle in der Wind- «Lhlengass« soll an einen Unternehmer in Accord vergeben werden. Die Bedingungen und Blanket» für diesen Scbleußenbau können in unserer Tiesbau>Berwalki»ig. Rathbau«, 2. Etage, Zimmer Nr. 1t entnommen werden, woselbst auch die ver siegelten und mit der Aujschrist: «Schlenßeabau tu der Windmühlengaffe" versehenen Osserlen bis zum 20. Mai cr., Nachmittags 5 Uhr einznreichen sind. Leipzig, den 8. Mai 1844. DeS RathS der Stadt Leipzig Straßendan-Depntattan. welche ihm die Ausarbeitung seiner AbändcrungSanträgc gekostet hat. Den Freunden der Vorlage waren sie unan nehmbar, weil sie die Wirkung des Gesetze» in Frage stellten und den Gegnern, weil sie diese Wirkung nicht vollständig aushoben. Es kann daher, weil diese Thatsacke dem Antrag steller nicht verborgen bleiben konnte, nur angenommen werden, daß Windthorst die Entscheidung hinauSschiebcn wollte. Das ist ihm denn auch gelungen, denn zwischen dein 21. März und dem 9. Mai liegen sieben Wochen, um welche die Abstimmung binauSgeschoben worden ist, ein Zeitraum, wäh rend dessen sich daS deutsche Volk in quälender Ungewißheit über diese hochwichtige Angelegenheit befunden hat. Dafür hat eS sich bei Herrn Windthorst zu bedanken. Nächst dem erfreulichen Beschluß, die Regierungsvorlage zur Basis der Generalberatbung zu wählen, brachte die ReichstagSsitziing vom 8. Mai die Ueberraschuna, daß der Abgeordnete v. Staufsenberg als Wortführer der Freisinnigen für die Ablehnung der Vorlage und als erster Redner aus trat. ES herrschte allaemeine» Erstaunen in liberalen Kreisen, daß Herr v. Stauffenverg den Zweck deS Gesetze» als ver fehlt bezeichnet unv daß er die psychologische Wirkung des selben schädlich nannte. „Tie lange Dauer deS Gesetzes trägt dic Schuld, daß eine Partei im Entstehen begriffen ist, welche vor Verbrechen nickt niebr zuriicksckcut". Die» war dic Quintessenz der Stansfenberg'scken Reke. Der her vorragendste Abgeordnete des bayerischen Landtages und eines der bedciitendslen Mitglieder dcS deittschen Reichstages stellt sich durcb diesen AuSlpruck aus die Seite Derjenige», welche e», Gesetz gegen de» Mißbrauch von Sprengstoffen s»r nöthig. ein Gesetz gegen die Ali-sckreituiigen der Unistnrzpartei aber für überflüssig und schädlich kalten. Der verbrecherische Keim, welcher in den Dynamit-Attentaten der Anarchisten heute zur verderblichen Giftpflanze sich enttvickelt hat, war in der sociatdemokratische» Bewegung von Anfang an vorhanden, dir Ueberzeugung, daß nur durch gewalttbälige Mittel der Staat im svcialistischen Sinne »mgcsormt werden könne, ist schon vor dem Jabre l878 in der socialdemokratischen Presse unzählige Male ausgesprochen worden, eS ist also ein Jrrtbum dcS Ab geordneten von Slauffenberg. wenn er die Neigung der Anarchisten zu verbrecherischen Ausschreitungen als eine Frucht de- Sccialistengesetze- erklärt. Die unrichtige Voraussetzung hat notbwcllbig auch einen falschen Schluß zur Folge. Nach der Auffassung de» Abg. v. Slausfenberg kann die Wirkung der Fortdauer deS SecialistengesctzcS nur die sein, daß die davon Betroffenen immer mehr vom gesetzlichen Wege ab- weichen. Und doch ist es sllr jeden unbefangenen Beobachter deS Volkslebens unzweifelhaft, daß dic Socialdemokralcn sich seit der Geltung des SrcialislengesetzeS vor GesetzeSverletzungen gehütet unv sich bemüht haben, die bürgerliche Ordnung aufrecht zu erhalten. Gedanken sind bekanntlich zollfrei, und daSGcsetz hat es sich noch niemals zur Ausgabe gestellt, verbrecherische Ge danken mit Strafe zu belegen, bevor sie zur Ausführung ge langten. Wenn die Secialisien der Meinung sind, daß erst alles Bestehende zertrümmert und vernichtet werden muß, bevor ihr Ideal, der socialistische Staat, ausgerichtet werden kann, so ist das ihre Sache, und Niemand hat daS Recht, sie wegen Vieser Meinung zu verfolgen unv unter Anklage zu stellen; aber zur That dürfen sie nicht schreiten, und daß sie von dieser That »och sehr weit entfernt sind, daS haben wir vorzugsweise dein Sociallstengcsetz zu verdanke». Unzufrieden heit mit dein Loose, welches ihnen zu Thcil geworden, findet sich auch bei vielen Nichtsocialvemokraten, und der Wunsch, durch irgend eine That eine Verbesserung ihrer Lage herbcizu- führen, wohnt in der Brust Vieler, welche nur die Achtung vor dein Gesetze von Durchbrechung der bestehenden Rechts ordnung zurückhält. Herr von Staufsenberg würde also mit demselben Rechte die Anshebung der Strafgesetze befürworten könne», wie er sich für Abschaffung deS Socialistenaesetzes bemüht, kenn auch die Strafgesetze sorgen dafür, daß diele verbrecherische Gedanken und Wünsche nicht zur Ausführung gelangen. Auch Windthorst bekennt sich zu der Ansicht, daß die Anarchisten erst nach dem Erlaß de» SocialistcngesetzeS ent standen seien, und er saßt seinen Abscheu gegen das Gesetz in die Worte:,„Ein Gesetz von solcher Hart» muß zur Explosion sührni." Aber de» Beweis für die Ricktigkest dieser Ansicht ist Windthorst gerade so schuldig geblieben wze Staufsenberg. Beite Abgeordnete haben sich in ihre Parteibestrrbungen ver rannt. Die Freisinnigen haben al» Progrenimpunct c»if- gcstcllt: „Keine AuS»ahi»egcsetze*, und daS Ccnlrum sagt: „Wir stimmen nur für die Vorlagen einer Regierung, welche der Kirche schrankenlose Herrschaft einräumt." Bei Äeurthei- lung der socialen Frage und der Mittel zur Bekämpfung socialistischer Ausschreitungen fallen aber Parteiprogramme nickt ins Gewicht, im Geaentheil» sie verdunkeln nur den klaren Blick, welcher die Thatsachen und ihre Wirkungen verstehen und beurtheilen lehrt. Die Frage lautet nicht: „Paßt die Verlängerung deS SocialistcngesetzeS in das frei sinnige oder das ultramvntane Programm?" sondern: „Ist daS «ccialistengesetz geeignet, die Achtung vor dem Gesetze auch bei dein Socialistcn zu erreichen?" Die bisherigen Erfahrungen führe» zur zweifellosen Bejahung der letzten Frage, und deshalb müsiea wir dem Abgeordneten Marquardse» bcistimmen, ganz abgesehen von seiner Parlei- stelluug, wenn er sagt: „Vor 1878 ist die Nnbotmäßigkeit der Arbeiter und die Trrrorisirung der Arbeitgeber an der Tagesordnung gewesen, da» Gesetz hat eine beruhigende Wirkung geübt." Wir sind sogar in der seltenen Lage, uns in voller Uebereinstimmung mit Frhrn. von Minnigerode zu befinden, welcher im Gegensatz zu Herrn von Staufsenberg behauptet, daß früher öffentlich conspirirt worden sei und gebciin, heute nur geheim. Auch vor Erlaß des Soctalisten- gesekeS gab eS für die Socialisten rin Gebiet, welches sie der Ocssentlichkeit vorcnthielten, weil sie wußten, daß die Vcr- öffentlichuug sie mit dem Staatsanwalt in Berührung bringen muffe. Da- Socialistengesetz hat aber siir Beschränkung der öffentlichen Ausschreitungen Sorge getragen und damit zugleich den Austritt au» dem geheimen in da» öffentlich« Gebiet ver hindert. Deshalb würden wir den Tag, an welchem die fernere Geltung des Socialistcngefetzes vom Reichstage votirt würde, al» einen scgenbrinaenden für da» gesammte deutsche Reich betrachten. Die Verlängerung der Geltungsdauer des SocialisteiiaesetzeS ist keine Parteisache, sie ist Sache deS ganzen deutschen Volkes und eine nothwendige Bedingung für seine Wohlfahrt. * Leipzig, 10. Mai 1884. * Zur Parteilag e schreibt die „Nationalliberale Cor- rcspondenz": „Die Presse verschiedener Richtungen wird nicht müde, von angeblichen Spaltungen innerhalb der nationalliberalen Partei und vesonderS von einem tiefen Gegensätze zwischen Herrn Miguel und der Lermaligcn Parteileitung sowohl wie Herrn von Bennigsen zu er zähle»; sogar da» Zeugniß „nationalliberalcr Führer", deren Namen man jedoch verschweigt, wird dafür inS Felv geführt. Man stellt Herrn Miguel dar. als habe er in Nriistavt eine Art Pronunciamento unternommen zu dem Zwecke, die nationalliberale Partei bedingungslos in da» RegiernngSlager hinübrrzuziehen. Die Wahrheit ist, daß Herr Miguel in Neustadt mit größtem Nachdruck die Unabhängigkeit der Partei nach allen Seiten hin aufrechterhalten, jede Qualifikation derselben als Regierungspartei zurückgrwicsen, daß er ferner die Rechte de- Parlament» und de» Volke», unter den letzteren besonder» da» geheime Wahlrecht, aus da» Be stimmteste vertreten, daß er ankererfeit» aber auch jede factiöse OpvositionSstellung abgelehnt, vielmehr die rein sachliche Prüfung aller RegierungShandlungen Vorbehalten und unter diesem Vorbehalte die Nolhwendigieit möglichster Unterstützung der Biümarck'i'che» Socialpolitik betont hat. Damit ist Herr Miguel, wie jeder Unbefangene sieht, durchaus aus dem Boden de» nationgllibcralen Programms von >881 verblieben, an welchem festzuhalten er obendrein au»'S Ausdrücklichste erklärt hat. Es braucht nach alledem nickt erst versickert zu werde», daß da« ganze Gerede von einci» tiefe» Gegensätze zwischen Herrn Miguel unv der Parteileitung bezw. Herrn v. Bennigsen ein« Halliicinatien Derjenigen ist, bei welchen der Wunsch „ach Spaltung der Nationallibcralen die Phantasie so übermäßig erbitzl hat. daß sic die cinsackstcn Thatlackc» nicht mehr zu erkennen vermögen. Im Uebrigen wird der am 18. d. M. staltsindenke Parteitag l:»zwcice>ilig genug die Einmütlngkeit der „atioiiallibcralen Partei ans Licht stellen. Ganz besauter« auch wird — wir zweifeln daran nicht — aus demselben klar werden, daß die Nationalliberalcn NvrddeutscklandS. wcit entfernt, in dem Vorgehen von Heidelberg und Neustadt ei» feindseliges Pronuiiciaincnto zu erblicken, dasselbe vielmehr als einen erfreulichen Anfang neuer Thäligkeit der gesammlcu Partei begrüßen." * Von der nationalliberalen Fractioir de» Reichstage» fehlte in der Sitzung am DienStag mit ZluSnahme dcS schon seit längerer Zeit kranken Abgeordneten, v. Bcaulieu kein einziges Mitglied. — Die schlagendf:« Widerlegung einer durch verschiedene Blätter gegangenen beispiellosen Insinuation, daß eine Anzahl nationalliberaler Abgeottdneter sich von der Berathung de» SocialistcngesetzeS fernhalte«» wolle, um dadurch eine ablehnende Majorität sicherzustellen. * Nachdem der Abg. Windthorst vergeblich versucht hatte, vor der Entscheidung über da» Soci.aliste ng esetz eine große kirchenpolitische Verhandlung durch Berathung seines Antrags auf Beseitigung deS Gesetzes >über die unbefugte Ausübung von Kirchenämtern herbeizufikbren, hat er jetzt einen kirchenpolitis chen Antrag ummittelbar an das Socialistengesetz angeknüpst. Einen mühsameren und künstlicheren Versuch, die kirchenpolitische niit der Socialisten- srage in Verbindung zu bringen, kann »«an sich allerding« nicht denken, als diesen Antrag» den Bund-esrath zu ersuchen, soweit seine Compelenz reicht, dahin zu wirken, daß überall die Heniinnisse beseitigt werden, welche, die verschiedenen Religionsgemeinschaften in der freien umd ungeschmälerten Wirksamkeit für Fortpflanzung »nd Förderung christlichen Glauben» und Leben» hindern oder beengen. Mit demselben Recht könnte man jede Frage ciuS dein gesammten gesetz geberischen Gebiet mit dem Socialistengesetz in Verbindung dringen. Es giebt schlechterdings kein sehlewhastcS Gesetz, vou dem man nicht behaupten könnte, eS »ähre die Unzufrieden heit im Volke und leist« damit dem WachSthmn der Social demokratie Vorschub. Deutlicher al» durch diesen Antrag konnte daS Crntruin nicht beweisen, wie bei ihm jede Frage nur unter dem kirchenpolitischen GesichtSpunct betrachtet und nur der dabei möglicherweise zu erzielende kirchenpolitische Gewinn in Berechnung gezogen wird. Unter den taktischen Kunststücken de» Herrn Windthorst nimmt da» vorliegende die Verquickung mit der kirclfenpolitischen Frage sich nunmehr gestalten wird. * In den Ausschüssen de» BundeSrathe» ist da» Gesetz gegen den Mißbrauch mit Sprengstoffen mit einigen ganz unerbeblichen redaktionellen Aenderungen angenommen worden. Im Plenum erfolgte die einmüthige Zustimmung zu den Anträgen der Au»schüsse, und so gelangte ver Entwurf an den Reichstag. Motive sind demselben auch jetzt noch nicht beigefügt, indessen ist eine Nachlieferung derselben zu erwarten. * In der Sitzung vom Freitag den 2. Mai nahm die Unfallversicherung»^»,Mission die tztz. 22—27, die von der Bildung der Genossenschaft-Vorstände handeln, mit wenig erheblichen Abänderungen »ach der Fassung der Re gierungsvorlage an. In der Sitzung vom Montag den 5. Mar gelangte der tz. 28 der Vorlage, der die Bildung der Gefahrenklassen regelt» mit dem Anträge der Nationalliberalen zur Annahme. Nach diesem Abänderungsantrage erhält der letzte Absatz deS H. 28 der Regierungsvorlage folgende Fassung: „Der Gesetzentwurf ist nach Ablauf von längsten» zwei Rech nungsjahren und sodann mindestens von 5 zu 5 Iayren unter Berücksichtigung der in den einzelnen Betrieben vorgekommenen Unfälle einer Revision zu unterziehen. Die Ergebnisse der selben sind mit dem Verzeichnisse der in den einzelneu Be trieben vorgekommenen» aus Grund diese» Gesetze» zu ent schädigenden Unfälle der GenosscnschaflSversainiiiluiig zur Beschlußfassung über die Beibehaltung oder Acnderiing der bisheriqen Gefahrenklasse oder Gcsahrcntarisc vorzulegcn. Dic OenossenschastSversammlung kann den einzelnen Be trieben auf Grund der in ihnen vorgekommenen Un fälle für die nächste Periode Zuschläge auslegen oder Nachlässe bewilligen. Tie über die Aenderung der bisherigen Gesahrcnclassm oder Gesahrentarife gefaßten Beschlüsse bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Genehmigung de» ReichSversichernngScimteS; dcinselbrn ist daS Verzeichniß der vvrgekomnienen Unfälle vorzulegcn." Der tz. 33, der anordnet» „daß die Rechtsansprüche und Verpflichtungen auf gelöster Genossenschasten auf da» Reich übergehen sollen", ist durch den Antrag von Maltzabn dahin abgeändcrt, „daß diese Verpflichtungen auf die Gesammlkeit der BerufSgenosseu- schasten übergehen sollen". Tie Htz. 34—40, welche die Mitgliedschaft der einzelnen Betriebe behandeln, wurden mit unwesentlichen Abänderungen nach der Fassung der Regie rungsvorlage angenommen. In der Sitzung vom DienStag den 6. Mai kam der Abschnitt IV, „ArbeiterauSschüsse und Schiedsgerichte", zur Berbandlung und e» wurde nach fünf stündiger Debatte ein AbänverungSantrag der Naliviial- liberalen und deS Abg. von Hertting mit 13 gegen 1 l Stimmen angenommen. Derselbe lautet: den tz. 4l zu streichen und durch folgende Bestimmungen zu ersetzen: In jedem Ge- nossenschastövo,stände tz. 18 und SectionSvorstande H. 18 müssen die Arbeiter de» Bezirk-. für welchen die Genossen schaft gebildet ist, vertreten sein. Die Zahl der Vertreter muß der Zahl der noch außer dem Vorsitzenden in den Ge nossenschaft-Vorstand von den Betrieb-Unternehmern gewählten Mitgliedern gleich sein. Die von den Arbeitern gewählten Mitglieder haben gleiche Rechte und Pflichten, wie die von den Betrieb-Unternehmern gewählten. Die Majorität setzte sich zusammen au» den Nationalliberalen, dem Centrum mit Ausnahme deS Abg. Slötzcl und dem Abg. von Knlmiz. Dic Annahme diese» Antrages bedingt eine Umarbeitung de» ganzen Abschnitt» IV, welche Aufgabe einer Subcommission von vier Mitgliedern übertragen wurde. * Ueber die Aussichten de» Unfallversicherungs gesetze» schreibt die heutige „Provinzial-Correjpon« denz:" „Nack Allem, wa» über den Gang der in der NrichStagSconimission zur Berathung de» Unfallversicherung»- gesetzt» gepflogenen Beralhungen bisher bekannt geworden ist. darf aus einen günstigen Verlauf dieser wichtigen An gelegenheit gehasst werden. Schon jetzt läßt sich absehen, daß die ans die AliSarbeitnnq n»d Durchberathnnq der Entwürfe von l88t und 1883 verwendete Zeit »nv Mühe keine ver lorene gewesen ist. An ihrem Thcil haben die früheren Arbeiten wesentlich dazu bcigetragen, daß die Meinungen über den schon wegen seiner Neuheit schwierigen Gegenstand
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