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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 15.09.1890
- Erscheinungsdatum
- 1890-09-15
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189009151
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18900915
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18900915
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1890
-
Monat
1890-09
- Tag 1890-09-15
-
Monat
1890-09
-
Jahr
1890
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 15.09.1890
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88? I -I täglich rüh 6'/, Uhr. . Krdatlion und Skpr-itioo Iohannesgasje 8. AprrchNondr» -rr Nr-action: Bormittag« 10—12 Uhr. > NochinitlagS 5—6 Uhr. >>r 1 „a«,land>-r M-' Met»«« ««ch» ftch d« H«»«r>«n luchl » »Lllch. h», der für »ie »Lchftf»l,e«»e so>er »«stimmten Inserate an lentagrn btü 8 Ubr Nachmittags, sonn- und Festtagen früh dis '/,« Uhr. 3u drn Filialen für Ins.-Annahme: Otta Klemm's bortim. (Alfretz Hahn), Universitälssrroße 1, Louis Lös Ssche, z Kotharinenstr. 14 par'. und KSntgSplotz 7» nur bis /,8 Uhr. MM TlWlM Anzeiger. - - - ^ Organ für Politik, Localgeschichte, Kandels- and Geschäftsverkehr. ÄlbsmremeNtchnkkiO vierteljährlich 4»/, Mk. incl. Bringerlohn 5 Mk., durch di« Post bezogen Ü Mk. J«d« »inzelue Nummer AI Pf. Belegexemplar 10 Pf. Gebühren für Extrabeilagen (in Tageblatt-Format gesalzt) ohne Postbesörderung 60 Mk. Mit Postbesörderung 70 Mk. Inserate 6 gespaltene Petitzeile 20 Pf. Gröber» Schriften laut uns. Preisverzeichnitz. Tabellarischer,». Ztffernsatz nach höhermTarif. ilrelamen unter dem Aedactionsstrich di« Sgespalt. Zeile 50 Pf., vor den F a m i l t e n n a ch r l ch t e a die bgefpaltene Zeile 40 Pf. Inserat« sind stets an die Expedition zu senden. — Rabatt wird nicht gegeben- Zahlung prnemuueeumio oder durch Post« Nachnahme. 258. Montag dm 15. September 1890. 8t. Jahrgang. Amtliche Bekanntmachungen. Litte siir -ie Aeberschwemmten im Llbthale. Wie hinlänglich bekannt, sind die Bewohner de-Elb« IhaleS tu «nchsen durch verheerende Ueberfluthungen schwer hein-gesucht worden. Die Größe de- Unglücks ist derart, daß die ausgedehnten, von diesem Unglück betroffenen Gegenden in der Hauptsache auf öffentliche Unterstützungen angewirscu sind, wenn sie der drohendsten Noth nur einiger maßen entrissen werden sollen. Wir bitten daher hiermit um milde Beiträge für diese Nvthleidenden, «eben u»S der festen Hoffnung hin, daß auch hier, wie in früheren Fällen, der immer hilfsbereite Sinn unserer Bürgerschaft sich freudig betbätigen wird und be merken, daß unsere Ltiftunasbuehhalterei, RathhauS, I. Geschoß, zur Annahme von Beiträgen angewiesen ist. Lewzig, am 13. September 1890. Der Rath der Stadt Leivzi«. vr. Georgi. Kretschmer, Aff. Bekanntmachung, städtische Einkommensteuer betreffend. Der zweite Termin der städtischen Einkommensteuer ist am lS. September dieses IahreS mit dem sechsfachen Betrage des einfachen Steuer satzes fällig. Die Beitragspflichtigen werden deshalb aufgefordert, ihre «Lteuerbelräze bis spätestens L Woche» nach dem Fällig- keilStaae bei Vermeidung der nach Ablauf dieser Frist gegen die Säumigen einlretenden gesetzlichen Maßnahmen zu be zahlen. Die Zahlstellen sind: für Alt-Leipzig im Stadthause, Obstmarll Nr. 3 Erd geschoß: für Leipzig-Reudnitz, Leipzig-Anger-Erottendorf. Leipzig-Tbonberg und Leipziq-Neureudaitz im Ratlihanfe zu Leipzig-Reudnitz, für Leipzig - Rcustadt, Leipzig Reuschönefeld, Leipzig - Dolkmarödors und Leipzig - Seller hausen im RathbausezuLeipjig-Dolkmarüdorf; für Leipzig-Eutritzsch im dortigen Rathhause und für Leivzig-Gvhliö in, früberen sycmcindcamte daselbst. Hinsichtlich der gleichzeitig in de», Ortstbeile Alt- Leipzig zur Erhebung gelangenden persönlichen Anlagen für die evangelisch-lutherische» Kirchen daselbst ver weisen wir aus die untenstehende besondere Bekanntmachung. Leipzig, den 12. September 1890. Der Rath der Stadt Leipzig. Hehler.-koch. Bekanntmachung, die persönliche Anlage für die evangelisch-lutherischen Kirchen in Alt-Leipzig betreffend. Der für den Verband evangelisch-lutherischer Kirchen gemeinden in Leipzig mit dem auf den ZS. September dsS. JhrS. fallenden zweiten städtischen Einkommcnsteuertermin einzu hebende Betrag der persönlichen coangelisch-lutberischen Kirchenanlaac ist mit Sechzig vom Hnndcrt deS a«S der Einschätzung zur staatlichen Einkommensteuer sich ergebenden elnsachen ^.teucrsatzeS der städtischen Einkommensteuer fällig. Die Beitragspflichtigen werden deshalb hierdurch auf- efordert, ihre Beitrage binnen I Wochen von dem falligkeitStrge ab gerechnet an die oben genannten Zahlstellen unseres SladtsteucramteS zu bezahlen. Nack Ablauf dieser Frist wird gegen die Säumigen das Beitreibung-verfahren cingclcitet werten. Leipzig, den 12. September 1890. Der Rath der Stadt Leipzig. , - Hehler. Koch. 2 Äömgl. Baugewerkenschule zu Leipzig. Der Unterricht im bevorstehenden Semester beginnt TonnerS- tag, den 2. Lctobcr, früh 8 Uhr. lieber die Aufnahme, bedinaungen ist das Nähere aus den Prospekten zu erfahren, welche vom Unterzeichneten oder im Schullocal gratis zu erhalten sind. Die regelmäßige Aufnahmeprüfung findet Montag, de» 2k». September 189«, früh 8 Uhr. zu derselben Zeit die Nachprüfungen und vir Prüfungen solcher, welche in höhere (surfe eintreten wollen. Di« Prüfungen höher Vorgebildeter finden ^Dienstag, dc» 2«. September 18»«. früh 8 Uhr. im LchullocaI.sCrasiistr., gegenüber bein(sonservatorium,ftatt. Anmeldungen, welche spater als Sonntag, drn 28. September, Mittags 12 Uhr in die Hände des Unterzeichneten gelangen, oder bei Denen bis zu dieser Zeit noch nicht die vorgeschriebenen Zeug nisse beigebracht wurden, können nur dann noch berücksichtigt werden, wenn Platz zur Lersügung steht. Lelpzig, de- 1. Juli 'l89o. Die Direktion. . ^>lb. Ile), K Baurath. Der Königl. Bekanntmachung. , ür Spareinlag« ufsichtSbehörde vom 1. I auf 30/0 jährlich für Spareinlagen wird mit Genehmigung der Januar 1891 ab von 3'^"/« herabgesetzt. Den Einlegern bleibt es frei, ihre Einlagen nach 8. 21 der abgeanderten Sparcasscnordnung zu kündigen. Leipzig-Reudnitz, am 12. September 1890. Sparkasse in der Parochie Schönefeld zu Reuduiy Äobert Liebcrt, Direktor. Erledigte Bürgermeisterstelle. Die erledigte Stelle eines Bürgermeisters für hiesige Stadt soll möglichst sofort ans die Dauer von 6 Jahren mit einem Juristen, welcher die in 8. 84 Abs. 2 der Revidirten Städteordnung zur An- nähme eines selbstständigen Rtchteramtes bez. zur Ausübung der Advocatnr vorgcschriedene Befähigung besitzen muß. r-u besetzt werden. DaS Einkommen dieser Stelle beträgt einschließlich d«S Fixum« für Verwaltung des SlandttwinteS, die Uebertragung der letzteren auf den zu Wählenden vorausgesetzt, jährlich 4««« .ä. wobei be- merkt wird, daß derselbe als Vorsitzender hiesiger Sparcass« eine Caution von 1000 zu binterlegcn bat. Bewerber wollen ihre Gesuche nebst Zeugnissen und Lebenslauf, sowie mit der Angabe, zu welcher Zeit spätestens ihr Amtsantritt erfolgen kann, bis zum 2«. September 18»« anher gelangen lassen. Markranstädt, den 25. August 1890. Der Stadtrath. I. B.: Siouuiger. Leipzig, 15. September. * Gegenüber den Bemerkungen, welche von einigen Blättern an den Wechsel in der Person des kaiserlichen Eom- missarS für Helgoland geknüpft worden sind, bemerkt der »Deutsche RcichSanzeiger*, daß dieser Ersatz de» bis herigen CommissarS durch einen jüngeren Beamten der Reich-rerwaltung von Anfang an für den Zeitpunkt in Aus sicht genommen war, mit welchem die wichtigeren, durch den Uebergana der Insel in deutschen Besitz bedingten Geschäfte abgewickclt sein würden. Dieser Zcitpünct ist gegenwärtig eingetrete», und die Ablösung des bisherigen CommissarS er scheint demnach um so mehr angezeigt, als derselbe bei den Arbeiten für die Revision de» Patent- und MuslerschutzgesetzeS thätig gewesen ist, welche nunmehr für die parlamentarische Berathung fertig gestellt werden müssen. * Die Allerhöchste CabinetS-Ordre, welche der Oberpräsident von Steinmann den Bewohnern der Provinz Schleswig-Holstein zur Kenutniß gebracht hat, lautet: Es sind Mir wie der Kaiserin und Königin, Meiner Gemahlin, während Unseres Aufenthaltes in der Uns und besonders Meiner Gemahlin so eng verbundeilen Provinz so vielfache Aufmerksam keiten und mancherlei Kundgebungen treuer Ergebenheit zu Theil geworden, daß Ich gern Veranlassung nehme, Unserer lebhaften Be- sriedtgung und Unserer warmen dankenden Anerkenmmg hierdurch Ausdruck zu geben. Indem ich Sie beauftrage, die- zur Kenntnis, der Einwohner der Provinz Schleswig-Holstein zu bringen, füge Ich hinzu, wie Ich auch mit Genugthuuilg vernommen habe, daß den Truppen des IX. Armee-CorpS in den einzelnen Kreisen und Ort schaften der Provinz ei» freundliches Entgegenkommen zu Theil geworden ist. Düppel-Mühle, de» 10. September 1890. Wilhelm, L. * Wie die »Kölnische Zeitung" meldet, ist der Besuch des Königs von Belgien am Berliner Hofe, welcher Ende nächsten Monats stattfindet, ein reiner Höflichkeitsbesuch und eine Erwiderung des Besuchs, welchen Kaiser Wilhelm in Ostende gemacht hat. * Eine Wiederbcsetzung deS erledigten Straßburger Bischofs st uhleS dürfte noch einige Zeit auf sich warten lasten. Es bestätigt sich, daß die in Betracht kommenden RcchtSgrundsätze der Erledigung der Frage nicht unerhebliche Schwierigkeiten eulgegeiiftellcu. Materielle Verhandlungen über diese Angelegenheit haben zwischen der Negierung und dem Vatican noch nicht staltgcfundcn. o o » * Telegraphisch wird ans der Schweiz gemeldet: * Bellinzona, 13. September. Der eidgenössische Lom- missar hat heute Vormittag eine Proclamalion erlassen, ebenso fand Vormittags die Eidesleistung der vom Bundesrathe abgesandien Interventions-Truppen statt. Die provisorische Regierung hat Vor mittags 11 Uhr die Regierungsgeschäste an den Commissar Künzli abgetreten. * Bern, 13. September. Professor Schneider-Zürich ist vom Bnndesgertcht zum außerordentlichen Untersuchungsrichter i» Tessin ernannt und als solcher vereidigt worden. * Die Wahlen, bei denen zum ersten Male daS allgemeine Stimmrecht die Probe bestehen soll, werfen in den spanischen Parteiverhältnissen ihre Schatten voraus. Dem Ministerpräsidenten Canovas ist mit dem Erbe S agasta's auch das allgemeine Wahlrecht überkommen. Die jetzige con- servative Regierung fußt auf den Reformen der Liberalen, und noch in seiner letzten Rebe in Vitoria hat Ca--ovaS unzweideutig betont, baß er fest entschlossen sei, daS Vorge fundene zu achten und auszubauen. Von der wirthschastlichcn Bewegung abgesehen, die alle Parteien durchzieht, scheint als wichtiges Vorspiel deS eigentliche» Wahlkampfes eine Neu gestaltung der Parteiaruppiruna bevorzuftehen. Die Republi kaner der alten Sckulc unter Castelar, Pi y Margall, Sal- meron und Figueras bleiben dieselben, Sagasta wird CanovaS und die Liberalen die Conscrvaliven bekämpfen, wie daS stets geschehen, aber zwei Politiker sind offenbar in einem UmbildungSproccß begriffen und darum wird sich das Interesse zunächst drehen. MartoS, der frühere Kammer präsident, scheint mit dem Opfer, daS Sagasta ihm in seinem Portefeuille gebracht, noch mcht zufrieden, er will dem alten Kampfgenossen auch bei den Wahlen entgegentrcten und mit den Conscrvativen eine Art demokratisch-reactionären Cartels abschließen. Eine Unmöglichkeit wäre ein solch widersinniger Bund nicht, er hat seine Vorbilder in der spanischen Ge schichte^ neu aber wäre cS, wenn auch, wie man munkelt, Zorrilla, der Blutrevolutionair, als Dritter dem Klecbatl sich zugesclltc. Jedenfalls hat Zorrilla eine Schwenkung ge macht, denn auf eine Rede, die er jüngst aus einem Ver- brüdcrungseffen der lateinischen Rassen ,n Paris gehalten, hat er — zum ersten Male seit 15 Jahren — die Noth- wcndigkeit einer friedlichen Propaganda und die Demokratie als den unvermeidlichen DurchgangSzustand bei der Umfor mung der Monarchie zur Republik anerkannt. Für einen Mann wie Zorrilla bedeutet das geradezu die Verleugnung seiner Vergangenheit. * Nach weiteren Berichten aus Dahomey über die be reits erwähnte blutige Schlacht zwischen den Dahomey. anern und dem Stamme EgbaS haben Erstere als Sieger die unmenschlichste Grausamkeit gegen die Besiegten bewiese». Kinder mußten über die Klinge springen oder wurden lebendig verbrannt und 1000 Frauen sollen lnngcrichtct worden sein. * Einem vom 5. August datirten Privatbriefe auS Val paraiso ist die „Nationalztg." in der Lage, Folgendes über die Lage in Chile entnehmen zu dürfen: „Hier in Chile sieht es gegenwärtig recht schlimm aus. Der Conflict zwischen dem Präsidenten und dem National-Cviigreß dauert noch immer fort, und wir haben bereits vor vierzehn Tagen, am 21. Juli, von den Excessen zu leiden gehabt, wie sie durch blinde Parteileidenfchast in skandalöser Weise hervorgerusen worden sind. An lenem Tage durchzogen Pöbelbandcn die Stadt, plündernd und zerstörend, ohne daß die Behörden ernstlich dagegen auflraten, da die Regierung seit einiger Zeit in den größeren Hasen und be- deutenderen Städten des Landes den Pöbel und die niederen Classen durch diese Art von Begünstigung auf ihr« Seite zu bringen sucht, um sich gegen den Sturz zu wehren. In einigen Tagen, so fürchte könnte noch Schlimmeres pajsiren. Der Präsident will sich enbar zum Dictotor machen, aber ich kann nie und nimmer daran lassen. >r »um glauben, daß di« Chilenen sich seine Herrschaft auszwingen es wird zu blutigen Scenen komme», wie in den Nachbarländern. Wie e- scheint, spukt der Nevolutionsgeist einmal wieder in Amerika. Brasilien fing an, Volivia, San Salvador, Argentinien sind ihm gefolgt, und jetzt fängt der Aufruhr auch in Chile an zu toben. Denn zu einer Aussöhnung wird es nicht kommen. Der Präsident ist ein wortbrüchiger, treuloser Mann, mit dem sich nicht verbandeln läßt, srciwilliß abbanken will er nicht, nur durch Gewalt kann das Land sich seiner entledigen. Wer kann Vorhersagen, was nus die nächsten Lag« bringe» werden." * Die neuesten über New-Kork kommenden Nachrichten <w« Sau Salvador besagen, daß General Ezeta mrt allen gegen eine Stimme zum Präsidenten gewählt worden ist. General Ezeta war eS, der Ende Juni d. I. nach dem plötzlichen Tode beS Präsidenten Mcnrndez sich der Regierung bemächtigte, die nun durch sriue Wahl zum Präsi denten die gesetzliche Weihe erhalten hat, wenn man sich diese- Ausdrucks in einem Falle bedienen Vars, wo der Con- grrß von San Salvador die Wahl ohne Zweifel unter eisernem Druck vollzogen bat. Die Wirren, welche nach dem Tode de- Präsidenten Mcnendez in San Salvador entstanden waren, hatte der Präsident von Guatemala benutzen wollen, nm die eigenen Machtgelüste zu befriedigen. ES kam zum Kriege, in welchem daS Glück, wir man heute mit Sicherheit annehmcn darf, auf Seiten San Salvador« stand. Endlich kam nach den in voriger Woche eingegangenen Meldungen der Friede zwischen San Salvador und Guatemala zu Stande, auf den man iodeß nicht viel bauen darf und der jedenfalls noch nicht den Frieden auch für die übrigen Staaten Mittclamcrikas bedeutet. In der That heißt es heute in einer Drahtmeldung auS New-Aork, man befürchte, daß es zwischen Nicaragua uud Honduras zum Kriege kommen werde. Zur Lage. RI-6. Berlin, 13. September. Der Aufenthalt der Herren von Wissmann und vr. Peters in der Heimath, die zahlreichen Berührungen, die sie mit colonialsreundlichcn Kreisen angcknüpst, haben sichtlich dazu beigctragen, daS Interesse an der colonialen Sache in Deutschland neu zu beleben. Die rasche Sicherung der Mittel für einen Dampfer auf dem Victoria-See war nur ein einzelnes An zeichen , daß die Theilnahme und Opferwilligkeit diesen Be strebungen gegenüber keineswegs geschwunden ist. Von dein Übeln Eindruck, den das ungünstige Abkomme» mit England in drn weitesten Kreisen hervorgerusen batte, mochte man dies eine Zeit lang befürchten. Die beiden genannten be rufensten Autoritäten in diesen Fragen haben sich über die durch jenes Abkommen geschaffene Situation nur sehr zurückhaltend ausgesprochen, waö ja bei der amtlichen Stellung, die der eine bereit- inne hat, der andere voraussichtlich demnächst einnchmen wird, sehr be greiflich ist. Man wird wohl nicht irre gehen, wenn man annimmt, daß eS ihnen in dieser Beziehung geht, wie anderen Colonialfreunben auch: Sie werden die Bedenken gegen dieses Abkommen, die zur Genüge geltend gemacht worben sind, theilen, wie sie cS andeutungsweise auch geäußert haben, aber sie werde» der Meinung sein, man dürfe, nachdem die Sache einmal geschehen, nicht Mulhlosigkeit und Verzagtheit einrcisjcn lassen und damit unsere ganze nationale Thätigkeit auf diesem Gebiet lähmen. Daß auch so noch ein weites Feld für er sprießliche Wirksamkeit gegeben, ist ja von keiner Seite ge leugnet worden, und es wäre allerdings im höchsten Grade zu bedauern, wenn man sich wegen eines einzelnen Miß erfolge» verzweifelter Stimmung hingeben und da» Interesse an der weiteren Entwickelung unserer noch immer zukunfto reichen und erfolgversprechenden Unternehmungen verlieren wollte. Daß dies glücklicher Weise nicht der Fall ist, baden uiiö zahlreiche äbundgebungen auö jüngster Zeit bewiesen. Für die wiederbeginnciidc ReichStagSseffion wird u»S ein umfassendes colonialpo''tischcS Programm der Regierung in Aussicht gestellt. Es ist dies in der That ncthwcndig. Denn seit dem Personenwechsel in den obersten Regierungs stellen und den jüngsten Wendungen auf colonialpolitischem Gebiet ist eine neue und feste Stellungnahme der lectendcn Stellen unentbehrlich. Wir hoffe!, daß diese- Programm auch seinerseits dazu beitragen wird, daS eine Zeit lan' etwa- erschütterte Vertrauen in eine ziclbcwußte thalträstige Leitung unserer colonialen Unternehmungen ausS Neue zu beleben. Bei den jüngsten Streitigkeiten unter den Social > demotraten wurde mit besonderer Lebhaftigkeit die Frage erörtert, in wieweit die Betheilianng am parlamen tarischen Leben im Partciinteresse liege. Die radikalere Richtung'denkt sehr geringschätzig von dem Parlamentarismus und die Herrschaft der „Fraclion" ist ihr verhaßt. Sie ver spricht sich von der Betheiligung an den parlamentarischen Arbeiten keinen praktischen Nutzen, befürchtet aber davon eine Verstärkung der gemäßigteren, opportunistischen Richtung. Die parlamentarische Arbeit ist nach dieser Auffassung nutz los; von Werth ist nur daS Wählen selbst, da es eines der wirksamsten Mittel zur agitatorischen Bearbeitung der Massen ist. Sind sie erst gewählt, so bat eS für die socialbcmokratischen Abgeordneten kaum inchr einen Zweck, sich an den Aufgaben der Volksvertretung zu betheiligen, höchsten« soll die Parlamentstribüne mit ihren Freiheiten gelegentlich benutzt werden, um aufreizende Reden „zum Fenster hinaus" zu halten. In früheren Jahren pflegten die socialdemokratischcn Abgeordneten auch nach diesem Necept zu verfahren; bei den gewöhnlichen Verhandlungen ließen sie sich kaum sehen. In dem gegenwärtigen Reichstag mit seiner außerordentlich starken socialdemokratischcn Ver tretung ist insofern eine Aendcrung eiiigetrctcu, als die Mit glieder dieser Partei sich in weit lebhafterer Weise an den Verhandlungen betheiligten, namentlich auch bei dem Arbeiter schutzgesetz, und in der That dabei auch manches nützliche leisteten. DaS eben trägt ihnen jetzt den Vorwurf allzu- aroßen Entgegenkommens voll ihren radikaleren Genossen ein. In der sociald:mokralischen Masse darf eben die Ansicht nicht Eingang finden, daß in der gegenwärtigen Staatsordnung und mit einer von der „Bourgeoisie" beherrschten Gesetz gebung irgend etwas heilsames für die Arbeiter geschaffen werden könne. Colonialpolitisches. * Herr Wolf, der frühere kaufmännische Beiratb des Reichs- commissarS von Wissmann, schreibt der „Kölnischen Zeitung": „Dampser oder Segler aus dem Bictoria-Seer betitelt sich ein sehr interessanter Artikel deS Herrn Karl von der Heydt in Elberfeld. (Wir haben denselben gleichiallS zmn Abdruck gebracht.) Erlauben Sie mir, »u bemerken, Latz Herr v. d. Heudt den Haupt zweck d«S bezw. der Dampfer, die für de» Victoria-Nnanza und andere Seen wünschenswerih sind, nicht berührt hat: das Aussnchen und Verfolgen der Sclaven-Dhaus — diese Dhaus können nicht mit Segelschiffen verfolgt werden — dazu in erster Linie gehören Dampfer. Und wenn Major von Wissmann Dampfer haben will, so geschieht es wohl in erster Linie zu obigem Zweck, serner zur Auslührung de- wichtigen Nachrichtendienstes an unserer äußersten Westgrenze, der ein» schnell« Beförderung verlangt. Der Frachtenverkehr hat ja Zeit, derselbe kann ans DhauS geschehen, die sich ja auch stets auf dem See befunden habe» und dort gebaut wurden. Aber nicht einen, mehrere Dampfer sollte v. Wisimann, meiner Ansicht nach, als Bollwerk gegen die Sclaverei zur Verfügung haben. Tie Trans« porb-Schwieriakeilen kommen heule gar nicht mehr in Betracht, das beweisen die Dampser, die »ach dem oberen Congo, auf den Seen im Innern, wenn auch ab und zu reparaturbedürftig, herumsahren. Reservetheile der empfindlichen Beslandiheile de« Dampfer» gehen ja stets in großer Menge mit. Also je mehr Dampser, desto besser. Das Geld dafür ist in Deutschland vorhanden; die nöthig« Be geisterung ebenkallS. Mit den Segelschiffe» allein ist eben so wenig geholfen als mit Tampseni allem: beide sind nolhwendig, erstere sind vorhanden, letztere muß v. Wissmann haben, soll sein Werk gelingen und Deutschlands Handel schnellen Nutzen au- den See- gebieten ziehen." Sorialpolitislkes. * Berlin, 14. September. In der diesjährigen Versamm lung des Vereins für Socialpolitik wird die Reform der Lanbgemeindeordn ung zur Verhandlung komme». Der Verein hat zur Vorbereitung dieser weben zwei Bande Gulachten erscheinen lassen: in einem Vorwort spricht Geh. Rath 1)r. Thiel aus dem preußischen Laudwirlhschasts-Miiiisterium sich über die Ausgabe wie folgt auS: ES liegt aus der Hand, daß sich ein wirkliche- Gemeindeleben mit solch' polttisciz-erzieherischen und den Stolz der Gemeindegenossen aus ihre Gemeinde- und Staatsangehörigkeit hervorrusendcn Wir kungen nur in einer wirklich leistuugssähigen Gemeinde und nicht in irgendwelche» zersplitterten und verlüminerten Organisationen ent wickeln kan». Einzewerdände zu bestimmten Zwecken mögen noch so nützlich sein zur Erfüllung eben dieser Zwecke, ein Ersatz für eine Gemeindeorganisation werden sie nach dieser Seite hin nü lein können. Ja, indem sie der Gemeinde ihren eigentlichen Inhalt und ihre wichtigsten Ausgaben wegnehmen, zerstören sie geradezu die Ent- Wickelung eines localen GcmeindepatriotismuS und damit eine der sichersten Grundlagen vaterländischer Gesinnung. Für eine Ge- mcinde, die weiter nichlS zu thun hat, als einen Nachiwächtcr und Flurhüter anzustellen, vielleicht noch eine Feuerspritze anziischasfen, und was solcher Kleinigkeiten mehr sind, kann sich Niemand be geistern, in ihr wird sich der einzelne immer a!S einzelner fühlen, für sie wird er keine Opfer bringen und kein ehrgeiziges Streben nach aus eigener Kraft oder unter eigener Mitwirkung geickaffenen, die Nachbargemcinde» überflügelnden öffentlichen Einrichtungen sich entwickeln. Was an Bereitwilligkeit zu öffentlichem Dienst im ge meinnützigen Interesse vorhanden, wird in den sich räumlich und persönlich nicht deckenden Schul-, Wege-, Armen- und sonstigen Ver- bände» zersplittert, wahrend eine Gemeinde, die alle diese Ausgaben ersaßt, mit viel größerm Erfolge wehren Gemeinsinn hegen und durch gegenseitigen Wetteifer zu immer höherer Blüthe fördern kann. Ehe man daher zu dem Ausweg solcher Zweckvcrbände greift, müßte man zu dem Resultat gekommen lein, Laß nach dem Gang der historischen Enlwickelung dieser Verhältnisse und wegen der dünnere» Bevölkerung sowie der Abgeschlossenheit der Bewohner und ihrer Interessen die Schaffung eines den städtischen Gemeinden ähnlichen Geineindelebens für Landgemeinden eine Unmüglichkeit sei. Nun ist zuzugcbcn, daß man eine langjährige hiflorische Entwickelung, wie sie vor Allem in der Trennung der Gemeinden und Gutsbezirke culminirt, nicht ohne Weiteres ungesciieben machen kan», man kann eben im Staatsleben nie ohne Schaden einfach tabula rim» machen und dann abslract consirniren, sondern man muß sich an das Gegebene anschließ n; auch ist zuzugeberfl, daß in den städtischen Gemeinden die Ausgaben, a» denen sich ein Ge« meindelcben entwickeln kann, zahlreicher und maniiigfaliiger sind, auch daß hier das enge Beicinandermvhneii und das gegenseitige Ausein- anderangewicsciisein den Gemeinsiiin kräftiger fördert als die selbst in T» eser», geschweige denn i» Einzelhösen vorwiegende Selbständig keit der ländlichen Wirlhschasten; man kann selbst zugebc», daß andere reineinnützige B dünge», z. B. die verschiedene» Formen des Ge nossenschal lswesens, tme» theilweise» Ersatz für die Beihätigung in der Gcm inde geben können und doch müßte jede Neuorganisation deS ländlichen Gemeindewesens wenigstens Raum für spätere Ent- wicklnnsen im Sinne wirklichen Gemeindelebens lassen und dürste der Zukunft nicht in schädlicher Weise präjudicircn. Tenn aus die Tauer kann sich, zumal seit Einführung des coiisiitulioncllen Systems, der Staat lebenSkräsug ausbauen nur auf der Zusammenfassung seiner Angehörigen in Unterverbändcn, deren letzte Glieder Nicht nur regiert werden, sondern in denen soviel Selbstverwaltung, wie der StaatSzweck nur immer erlaubt, gestattet, ja yesordert wird. Solch« Verbände müssen aber, um ein wirkliches korporatives Leben mit den angedeutetcn erzieherischen und patriotischen Wirkungen enthalten zu können, nicht auf Einzelausgaben beschränkt bleiben, sondern möglichst alle Zweige communaler Thätigkeit umfassen, sie dürfen ferner nicht so groß sein, daß die nahe persönliche Berührung ihrer Insassen verloren geht, und nicht so klein sein, daß sic die Schwankungen in dem Maß ihrer Aufgaben nicht übersiehe» können. Wenn man über dieses Ziel jeder Gcmcilidc-Lrganisation einver standen ist, wird man sich über die Bestimmung solcher Verbände, mag man sie sich nun als Einzel- oder Cainnttgemeinden denken, oder selbst auf größere Bildungen, Amtsbezirke oder kleine Kreise als Träger dieser Ausgaben der Selbstverwaltung zuriickgreisen, sowie über die momentan zu ergreifenden Maßregeln leichter einigen können. Nur zu nahe liegt ober die Versuchung, um momentanen Schwierigkeiten der Lrganisaiion aiiSzuweichen oder um leicht zu erreichende Bcnv> iungsvorihetle etnzuheimscn, die größeren Ziele künftiger Entwickelung außer Augen zu lassen. Arbeiter-Bewegung. * Die Niederlage der Southamptoner Ausstands bewegung bildet zugleich eine Niederlage deS Trade-Unionis- mus socialrevolutionairer Observanz, aus dessen Antrieb allein der Streik in Scene gesetzt wurde. Man möchte meinen, daS englische BolkSgewissen sei erwacht und treibe die Hetzerrottc zu Paaren, welche sich anmaßt, soliden, ehrlichen Arbeitern die Bedingungen vorzujchreiben, unter denen es ihnen erlaubt sein soll, zu existtren und zu verdient». Bis die Massen zu dem Grade wirthschaftlicher Einsicht gelangen, daß sie erkennen, wie auch in diesem Puncte der Gong der Eittmickelung sich nach gewisse», iinumstößlichei! Natur gesetzen regelt, die weder einseitig hinwegdecretirt, noch auf den Kops gestellt werden können, wird noch geraume Zeit verstießen, wenn dies überhaupt so weit kommt. Darin scheint allerdings der englische Durchschnittsarbeiter ieinem festländischen, insbesondere auch dentschen „Genossen" über zn sei», daß er sich nicht so leicht durch halb oder ganz nnsinnige Redensarten übertölpeln und einsange», sogar, wenn gelangen, dauernd scsiholien läßt. Trotz aller Ermahnungen deS soeialrevoltttionären Tribunen John Aurns, den Streik fort- zusctze», sind die Southamptoner Tockarbeiter am Sonnabend zur Arbeit zurückgekehrt, nachdem sie init dem nüchternen praktischen Sinn, den die Engländer in Geschäslssachen entwickeln, ausgerechnet hatten, daß sie bei fortgesetztem Kampfe gegen die Concurrenz der „blnrlileb»' unwiederbringlichen Schaden erleiden müßten. ES ist mit großer Wahrscheinlichkeit anznnchmen, daß seitens der Trade-UntvnS aus Betrieb der Herren Burns St. Eoinp. hinfort der offene und mehr noch der stille Kamps gegen die Nschtnnionisteu in verstärktem Maße und mit wachsender Erbitterung geführt werden wird. Weit weniger wahrscheinlich ist eS. daß dieler Kamps den Erfolg haben wird, den sich die gewerbsmäßigen Aufwiegler davon versprechen. Tenn es liegt aus der Hand, daß, um bei dem Bei- spiel des Southamptoner Streikes stehen zulblciben, die Arbeitgeber ihren Sieg wejealltch dein Rückhalt mit verdanken, tvelchen sie den bu»oLl«8tz »«gen die rohen Vergewaltigungen seitens der Streikenden»
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