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Schluß. 437 die Astronomie gelangt, nnd nach dein gleichen strebt der Physiker auf seinem Gebiete. Soll eine Kraft der Mathematik zugänglich sein, so muß sie ganz me chanisch nach irgend einem Gesetze wirken; gänzlich unfaßbar für mathema tische Formeln ist die Lebenskraft, die wie mit einer Art von Bewußt sein nach einem bestimmten Ziele ringend von vielen Naturforschern als in den Geschöpfen der organischen Welt thätig angenommen wird, und von der oben bereits gesprochen wurde. Die Annahme der Lebenskraft in der gegenwärtigen Fassung widerspricht dem mathematischen Sinne so, daß ihre Gegner vor zugsweise in den Reihen der Mathematiker zu finden sind. Humboldt sagt:' „Um die Erscheinungen dem Calcul zu unterwerfen, wird die Materie aus Atomen (Moleeulcn) constrnirt, deren Zahl, Form, Lage und Polarität die Erscheinungen bedingen soll. Die Mythen von inponderablen Stoffen ^ und von eigenen Lebenskräften in jeglichem Organismus verwickeln und trüben die 'Ansicht der Natur. Unter so verschiedenartigen Bedingnisseu und Formen des Erkcnnens bewegt sich träge die schwere Last unseres angehäuf ten nnd jetzt so schnell anwachsenden empirischen Wissens." Der Umstand, daß aus den Eigenschaften nnd Zuständen der Materie (der eben erwähnten Zahl, Gestalt nnd Anordnung der Atome) die Erschei nungen abgeleitet werden, hat der ganzen Schule den 'Namen „Materialis mus" gegeben nnd dieser hat, was wohl kaum gcläugnet werden kann, die mathematische Behandlung der Naturwissenschaften auf's Wesentlichste ge fördert. Setzen wir den Fall, derselbe Materialismus, der in dev Astronomie so glücklich angewandt wurde, daß er dort alleinherrschend ist, derselbe sei auch in den übrigen Zweigen, namentlich auf dem Gebiete der organischen Welt durchführbar nnd eines Tages durchgeführt, so würde die ganze Schö pfung dadurch zu einer Maschine, die von selbst fortginge, und das Eingrei fen eines höheren Wesens, dieser Lebenskraft des Weltalls, würde dadurch überflüssig, ja sogar schädlich, und cS wird daher mit vollem Rechte gesagt, daß der Materialismus in seinen äußersten Cvnseguenzen direct zum Athe ismus führe. Man pflegt als Kriterium, ob Jemand Materialist sei, oder nicht, das anznnehmen, ob er auf die Frage: Gibt es eine Lebenskraft? mit Nein antwortet ober mit Ja. In diesem Sinne genommen war also Hum boldt Materialist. Dieses, sowie auch der Umstand, daß er vorzugsweise den ruhigen Verstand walten zu lassen liebte, hat ihn häufig den Vorwürfen 1) Kosmos I. 07. 2) Lichtsioff, Wärmestoff u. s. w. S. oben S. 67.