AuS dem Morgenlands. 181 ohne Lücken und Fehler zu wagen, so muß ihm dennoch die Wissenschaft zu höchstem Danke verpflichtet sein, die Inschriften ohne Zeitverlust bekannt gemacht und den diesen Studien ferner stehenden Lesern die Gelegenheit geboten zu haben, eine wenigstens annähernd richtige Vorstellung ihres Inhalts zu gewinnen. Zunächst ist durch das Studium derselben die wichtige Thatsache fcstgestellt worden, daß die Sprache und Hiero- glyphik, deutlicher gesprochen die malerische Seite der letzteren, einer Epoche entlehnt ist, welche den allerältesten Zeiten der ägyptischen Geschichte angehört und wahrscheinlich bis zum ersten König des Landes Menes hinaufrcicht. Die Gramma tik, der Wortschatz, die Satzverbindungen verraten die ersten litterarischen Anfänge der ägyptischen Sprache, die sich be müht, des Ausdrucks Herr zu werden und die ärmlichen Mittel, die ihr zu Gebote stehen nach Möglichkeit auszunutzen. Was die geistige Ausbildung an treffender Kürze versagt, wird durch Umschreibungen, Wiederholungen, Vergleiche und Bilder ersetzt. Selbst das Wortspiel einer naiven Sprach- anschauung und der äußere Klingklang erscheinen wie Hilfs mittel, um den Eindruck des Dichterischen oder Feierlichen hervorzurufen. Alles ist steif und unbeholfen, aber urwüchsig in seiner altertümlichsten Einfachheit bei den gebotenen Sprach- mitteln. Eine wechselseitige Vergleichung der Inschriften, der er haltenen oder nur »och in Bruchstücken vorhandenen, führt zu dem Schluffe, daß sie sämtlich einer Sammlung von Texten angehören, welche ganz allgemein die Bezeichnung „das Buch" tragen. Aber dieses „Buch" mit seiner ungeordneten Folge von Kapiteln oder Abschnitten, längeren und kürzeren, besaß nach der Meinung der uralten Weisen im Nilthale die geheimnisvollen Eigenschaften einer wirksamen Zauberei. Selbst eine spätere Zeit der ägyptischen Entwickelung, als die Sprache eine ausgebildetere und vollendetere Form gewonnen hatte und die schöne Litteratur im Märchen und Roman zuni