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kaum anzunehmen, daß die Könige so verschwenderisch frei gebig gewesen sein sollten, die Spitzen ihrer Obelisken mit echtem Golde zu überziehen. Ein vergoldeter Knpferüberzug erfüllte denselben Zweck, und wenn die Inschriften unablässig nur vom Elektrongolde sprechen, so darf man nicht vergessen, daß Prahlerei eine Eigenschaft der alten Ägypter war, und daß die herrschenden Könige jede sich darbietende Gelegen heit ergriffen, um ihren Handlungen, besonders den Gott heiten gegenüber, den Stempel des Großartigen und Außer gewöhnlichen aufzudrücken. Eine vergoldete Kupferspitze auf einer riesengroßen Spitz säule aus Granit stellte einen Blitzableiter dar, wie man ihn sich nicht besser wünschen konnte. War es auch nicht der Hauptzweck, welchen als solche die Aufstellung von Obelisken vor den Tempeltürmen erfüllte, so war es dennoch ein Neben zweck, dem sie dienten, und die Beobachtung selber, daß der Blitz dadurch angezogen wurde, mußte sehr bald zur Erkennt nis der Anziehungskraft vergoldeter Metallspitzen auf einem ungewöhnlich hohen Gegenstände, sei es eine steülerne Säule, sei es ein Mastbaum, bei einem vorkommenden Gewitter führen. Die Blitzableiter im größten Stile, den je die Welt gesehen, „schnitten das Gewitter" und dienten gleichzeitig zum Schutze der zu ihren Füßen liegenden Tempel. Ägypten gehört nicht zu denjenigen Ländern, in welchen Entladungen der atmosphärischen Elektricität häufig zu be obachten sind. Das wußten schon die Alten, und Plinins führt in seiner Naturgeschichte (II., 50) ganz richtig die Gründe an, welche der Entwickelung von Gewitterbildungen im Nilthale entgegenstehen. Dennoch hat man, besonders iin Frühjahr und im Herbst, nicht allzu selten Gelegenheit, sehr starke, wenn auch kurz andauernde Gewitter zu beobachten. Ich habe ani ersten Katarakt, ferner in Edfn, Theben, Kairo und am Suezkanal deren erlebt, wie sie selten in unserer nordischen Heimat in die Erscheinung treten dürsten. Für die, alten Ägypter hatten die Gewitter einen unheim-